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SteuerberaterhaftungJahresabschluss und Veröffentlichung im Bundesanzeiger
| Bei der Veröffentlichung im Bundesanzeiger handelt es sich nicht um einen „Annex“ zum Auftrag an den Steuerberater, den Jahresabschluss zu erstellen (LG Aachen 20.10.15, 10 O 9/15). |
Sachverhalt
Das BMJ verhängte nach vorheriger Androhung gegen zwei Gesellschaften Ordnungsgelder, weil die jeweiligen Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig beim Bundesanzeiger zur Veröffentlichung vorgelegt wurden. Eine Schadenersatzklage gegen den mit der Erstellung der Abschlüsse beauftragten Berater blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Das Gericht zweifelt bereits, ob der Beklagte überhaupt den Auftrag hatte, die Abschlüsse beim Bundesanzeiger einzureichen. Hierzu wäre eine – im Streitfall weder substantiiert vorgetragene noch unter Beweis gestellte – explizite Beauftragung erforderlich gewesen. Insbesondere handelt es sich bei einer solchen Veröffentlichung auch nicht etwa um einen automatisch anzunehmenden „Annex“ zum Auftrag, die Jahresabschlüsse anzufertigen, d. h., das Beratungsmandat umfasst nicht von vornherein auch die Erfüllung der Publizitätspflicht.
Die Kammer ließ diese Frage aber letztlich dahinstehen. Denn die Klägerinnen trifft nach ihrer Auffassung hier ein so erhebliches Mitverschulden (§ 254 BGB) an der Entstehung des geltend gemachten Schadens, dass eine etwaige Haftung des Berufsangehörigen dahinter vollkommen zurücktritt. Zwar kann ein haftpflichtiger Steuerberater seinem Mandanten im Regelfall kein Mitverschulden vorwerfen, wenn dieser infolge eines Beratungsfehlers einen Schaden erlitten hat. In Ausnahmefällen kann aber auch zugunsten des Beraters der Einwand des mitwirkenden Verschuldens des Mandanten eingreifen. Insbesondere bei dessen Untätigkeit in einem Bereich, den auch der Auftraggeber eigenverantwortlich zu gestalten und zu überwachen hat, kommt ein Mitverschulden wegen fehlender Überwachung des Beauftragten in Betracht. In der entschiedenen Sache hatte das BMJ den Gesellschaften die Ordnungsgeldfestsetzung rechtzeitig explizit angedroht. Eine Reaktion erfolgte jedoch nicht, weshalb das Gericht ein überwiegendes Mitverschulden an der Schadensentstehung annahm, welches einen Ersatzanspruch ausschließt.
Relevanz für die Praxis
Wird der Berater ausdrücklich beauftragt, den Jahresabschluss beim Bundesanzeiger einzureichen, entbindet auch dies den Mandanten nicht von seiner öffentlich-rechtlich begründeten Kontrollpflicht (§ 325 HGB). Da eine umfassende Delegation solcher Obliegenheiten nicht möglich ist, muss er also auf jeden Fall entsprechende Prüfungen vornehmen (LG Braunschweig 1.8.24, 5 O 3033/22).
AUSGABE: KP 9/2025, S. 169 · ID: 50328614