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Kanzlei-HomepageBarrierefreiheit als Chance – mehr Sichtbarkeit bei Google und ein besseres Arbeitgeberimage

Abo-Inhalt19.08.2025235 Min. LesedauerVon Yvonne Homann, Isernhagen/Hannover

| In den meisten Fällen besteht für Steuerkanzleien keine Pflicht zur Barrierefreiheit – auch wenn es Ausnahmen gibt (Homann, KP 25, 140). Es gibt aber noch ein gewichtigeres Argument für eine barrierefreie Webseite; denn sie setzt ein starkes Zeichen für Inklusion. Und mehr noch: Sie bietet Ihrer Kanzlei echte Chancen. In diesem Beitrag möchte ich den Horizont weiten – weg von der Frage nach gesetzlichen Vorgaben hin zu den Chancen und strategischen Vorteilen, die Barrierefreiheit für Ihre Kanzlei bietet – mit Blick auf Ihre Sichtbarkeit bei Google und die Stärkung Ihres Arbeitgeberimages. |

Barrierefreiheit verbessert die Position in den Google-Suchergebnissen

Wenn Sie beim Thema Barrierefreiheit bisher die Augen verdreht haben, könnte dieser Aspekt für Sie interessant sein, wenn Sie unzufrieden mit der Sichtbarkeit Ihrer Webseite sind: Barrierefreiheit sorgt nämlich nicht nur für mehr digitale Teilhabe – sie unterstützt auch die Sichtbarkeit Ihrer Webseite in Suchmaschinen und bei KI-gestützten Suchen. Google und Co. bewerten heute nicht mehr nur die Inhalte, sondern auch die Nutzerfreundlichkeit und das Surferlebnis einer Webseite als zentralen Ranking-Faktor.

Merkmale barrierefreier Webseiten

Barrierefreie Webseiten überzeugen durch:

  • Saubere HTML-Strukturen
  • Klare Überschriftenhierarchien
  • Optimierte Bildgrößen und beschreibende Alt-Texte
  • Gute Lesbarkeit und intuitive Navigation
  • Mehrwert, der Vertrauen aufbaut und Menschen möglichst lange auf der Webseite hält

Hier anzusetzen kann sich also auszahlen, und zwar in Sichtbarkeit: Eine Studie von AccessibilityChecker.org in Kooperation mit Semrush zeigt, dass 73 % der barriere-optimierten Webseiten mehr organischen Traffic erhielten (das sind Seitenaufrufe über die Google-Suchergebnisse, ohne dass Werbeanzeigen geschaltet wurden). 66 % konnten ihre natürliche Reichweite um 1 bis 50 % steigern, im Durchschnitt wuchs der Webseiten-Traffic um rund 12 %. Warum das so ist? Barrierefreiheit verbessert das Surferlebnis auf Ihrer Webseite, die sogenannte User Experience. Die Inhalte sind für Menschen und Maschinen besser zugänglich. Die Verweildauer steigt, die Absprungrate sinkt, was Google als positives Qualitätsmerkmal wertet. Die Folge: Ihre Seite wird häufiger und weiter vorne in den Suchergebnissen ausgespielt.

Barrierearmes Design lohnt sich also auch, wenn es für Sie keine Pflicht ist: Es zeigt Haltung, stärkt Ihre Kanzlei als verantwortungsvolle Marke – und wirkt sich positiv auf Ihre Sichtbarkeit aus. Für Kanzleien, die keine passenden Bewerber auf ihre offenen Stellen finden, könnte genau das den Unterschied machen, wenn sie mit einer barrierefreien Webseite auftreten und so ihr Arbeitgeberimage stärken.

Stärkung des Arbeitgeberimages: Barrierefreiheit als Wettbewerbsvorteil auf dem Bewerbermarkt

Neben besseren Google-Rankings kann eine barrierearme Webseite auch Ihre Position als attraktiver Arbeitgeber stärken – ein Aspekt, der für Steuerkanzleien immer wichtiger wird. Viele Kanzleien tun sich nach wie vor schwer, passende Fachkräfte für offene Stellen zu finden. Gleichzeitig legen besonders junge Talente zunehmend Wert auf soziale Verantwortung, Haltung und digitale Qualität. Sie achten darauf, ob Arbeitgeber gesellschaftliche Themen ernst nehmen – und werfen oft einen genauen Blick auf die Webseite, bevor sie sich bewerben. Eine sichtbar barrierearme, moderne Webseite signalisiert: Diese Kanzlei denkt mit. Sie übernimmt Verantwortung und gestaltet ihren digitalen Auftritt so, dass er für alle Menschen zugänglich ist. Das kann ein entscheidender Pluspunkt im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeitende sein – vor allem, wenn sich Ihre Kanzlei als moderne, zukunftsorientierte Arbeitgebermarke positionieren möchte. Lassen Sie uns deshalb einen Blick auf die Grundprinzipien von Barrierefreiheit werfen, an denen Sie sich orientieren können.

Barrierefreiheit – und was das für Ihre Kanzlei-Webseite bedeuten kann

Barrierefreiheit folgt vier übergeordneten Prinzipien. Sie stammen aus den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und helfen dabei, digitale Angebote für alle Menschen zugänglich zu machen – unabhängig von ihren Fähigkeiten oder Einschränkungen. Diese Prinzipien bilden das POUR-Modell:

Beispiel

1. P: Perceivable/Wahrnehmbar

Alle Inhalte müssen so gestaltet sein, dass sie von unterschiedlichen Sinneswahrnehmungen erfasst werden können. Die häufigste Hürde ist hier das Kontrastverhältnis der Farben von Text zu Hintergrund. Bei normalem Text sollte mindestens ein Wert von 4,5 :1 erreicht werden, was Sie selbst ganz einfach und kostenlos mit Tools wie dem Color Contrast Analyser von Adobe testen können.

Was nicht geht:

  • Text auf Bild ist für die meisten Screenreader, die Menschen mit einer Sehbehinderung nutzen, nicht lesbar und für Menschen mit Seheinschränkungen nur schwer lesbar.
  • Fehlen Alternativtexte (Alt-Texte) bei Bildern, bleibt Menschen, die auf Screenreader angewiesen sind, der Bildinhalt verborgen, weil nicht vorgelesen werden kann, was auf dem Bild zu sehen ist. Die Seite wirkt unvollständig/verwirrend.
  • Animationen und Slider ohne Stopp-Funktion können bei empfindlichen Personen (z. B. mit Epilepsie) gesundheitliche Risiken auslösen.
  • Mangelnde Farbkontraste von Text zu Hintergrund: Besonders bei Buttons führen sie dazu, dass wichtige Elemente schlicht übersehen werden.
  • Inhalte, die bei 200 % Vergrößerung unlesbar oder unbedienbar werden (z. B. weil sie abgeschnitten sind).

2. O: Operable/Bedienbar

Die Webseite muss für alle nutzbar sein – auch ohne Maus. Sie sollte einem logischen Aufbau folgen, mit klarer Überschriftenhierarchie (H1 bis H6) und sauber benannten Abschnitten oder Handlungsaufforderungen vor den Buttons. „Mehr dazu“ oder „Weiter“ funktionieren hier nicht (mehr). Textlinks sollten klar als solche gekennzeichnet sein und beschreibend deutlich machen, wo es hingeht: z. B. „E-Book herunterladen“ statt „Download“.

Was nicht geht:

  • Menüs oder Formulare, die nur mit der Maus bedient werden können, schließen Menschen aus, die auf Tastatur- oder Sprachsteuerung angewiesen sind.
  • Ein Link öffnet unerwartet ein neues Tab oder Fenster – ohne vorherigen Hinweis. Menschen merken nicht, warum die „Zurück“-Funktion nicht funktioniert oder warum sie den Kontext verlieren.

3. U: Understandable/Verständlich

Sowohl Inhalte als auch Navigation müssen leicht verständlich und vorhersehbar sein. Verzichten Sie auf unklare Beschreibungen. Vereinfachte Sprache erleichtert die schnelle Erfassung von Inhalten. (Hier lohnt es sich, zertifizierte Agenturen für Texte in leichter oder einfacher Sprache einzubinden.)

Was nicht geht:

  • Automatisch startende Audio- oder Videoelemente: Besonders problematisch für Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder für Screenreader, weil es ablenkt oder das Vorlesen akustisch überlagert.
  • Formularfelder ohne eindeutige Beschriftung oder Beispielangaben (Datumsformat: „01.02.2025“, „2025-02-01“ oder „01/02/25“?) zwingen die Nutzenden herumzuprobieren, und frustrieren, wenn die Fehlermeldung dann auch noch „Fehler im Feld Datum“ lautet, ohne Hinweis darauf, wie man es richtig macht.

4. R: Robust

Die Inhalte müssen so gestaltet sein, dass sie zuverlässig von Assistenztechnologien wie Screenreadern interpretiert werden können – auch in Zukunft.

Was nicht geht:

  • Unsauberer Code oder fehlende Strukturelemente (z. B. keine korrekte Überschriftenhierarchie) führen dazu, dass Screenreader die Seite nicht sinnvoll auslesen können.
  • Keine Beschriftung von Formularelementen über

Vielleicht haben Sie beim Lesen schon das ein oder andere entdeckt, das Sie auf Ihrer Webseite in wenigen Schritten selbst anpassen können, um sie barriereärmer zu machen. Barrierefreiheit bedeutet nämlich nicht, alles auf einmal perfekt zu machen. Aber: Wer die Grundprinzipien ernst nimmt, legt bereits die Basis für einen inklusiven Webauftritt. Auch ohne kostspieliges Audit können Sie die folgenden Punkte prüfen oder umsetzen (lassen).

Ansatzmöglichkeiten für eine barrierefreie Gestaltung

  • Ausreichende Kontraste zwischen den Farben von Text und Hintergrund (z. B. mindestens 4,5 : 1 bei normalem Text). Der Adobe Color Contrast Analyzer ist kostenlos nutzbar und macht, bei einem unzureichenden Kontrastverhältnis direkt Vorschläge für passende Kombinationen.
  • Bedienbarkeit per Tastatur (alle Funktionen müssen ohne Maus zugänglich sein)
  • Verständliche und klar beschriftete Formulare und Eingabefelder (inkl. sinnvoller Fehlermeldungen)
  • Beschreibende Alternativtexte für Bilder, damit Screenreader Inhalte vorlesen können und das Bild nicht DSC16r7839zw oder „Startseite-Header-1“ heißt, so wie es aus der Kamera springt.
  • Pausierbare Animationen (alles, was länger als 5 Sekunden automatisch läuft, braucht einen Stopp-Button, um beispielsweise das Risiko epileptischer Anfälle zu reduzieren)
  • Saubere Überschriftenstruktur, die die Navigation erleichtert. Screenreader lesen genau wie Google von H1 als oberste Hierarchieebene bis zur H6. Hier sollte eine klare Reihenfolge eingehalten werden.

Für diese Maßnahmen braucht es jedoch kein umfangreiches und oft (zu) teures Audit einer Agentur, zumal Steuerkanzleien nur in Ausnahmefällen betroffen sind.

Macht die Nutzung von KI-Angeboten Barrierefreiheit in Zukunft relevant?

Weil Barrierefreiheit keine einmalige Angelegenheit, sondern ein fortlaufender Prozess ist, lohnt sich ein Blick in die Zukunft der Kanzlei: Schon jetzt zeichnet sich ab, dass künstliche Intelligenz (KI) die Arbeit von Steuerkanzleien und die Gestaltung ihrer digitalen Angebote grundlegend verändern wird.

Was kann auf Kanzlei-Webseiten zukommen? Laut Haufe und tax-tech.de ist mit tiefgreifenden Veränderungen bis 2030 zu rechnen:

  • KI-gestützte Formulare und Chatbots werden Mandanten auf der Webseite direkt unterstützen – bei der Beantwortung steuerlicher Fragen oder dem strukturierten Einreichen von Unterlagen.
  • Dynamische Buchungstools und smarte Portale führen die Mandanten durch den Prozess und schlagen passgenaue Services vor.
  • Smarte Termin- und Leistungsbuchung: Statt starrer Formulare könnten Mandanten künftig dynamisch durch den Buchungsprozess geführt werden – mit KI-Assistenz, die den Bedarf erkennt und die passenden Leistungen vorschlägt.

Und was bedeutet das für Barrierefreiheit im Zeitalter von KI? Je mehr digitale Services geboten werden, desto wichtiger wird es, dass diese für alle Menschen zugänglich sind. Barrierearmut ist nicht nur Pflicht, sondern ein zentrales Qualitätsmerkmal in einer zunehmend digitalen und KI-gestützten Steuerberatung. Die Kanzlei-Webseite von morgen ist mehr als eine digitale Visitenkarte – sie wird zur Plattform für smarte, inklusive und individuelle Services. Wer zukunftsorientiert und barrierearm denkt und handelt, investiert in die (digitale) Zukunft der Kanzlei.

Fazit: Barrierefreiheit ist ein Gewinn für alle!

Barrierefreiheit ist keine lästige Pflicht, sondern eine strategische Chance. Sie zeigt Haltung, macht Ihre Kanzlei sichtbar und stärkt Ihr Arbeitgeberimage in einer zunehmend digitalen und werteorientierten Welt. Betrachten Sie Barrierefreiheit daher nicht als Pflichtvorgabe oder als etwas, das „Sie nicht betrifft“ – sondern nutzen Sie barrierearmes Design gezielt als strategischen Hebel im Wettbewerb um Sichtbarkeit und passende Mitarbeitende.

Die Vorteile einer barrierearmen Webseite

Eine barrierearme Webseite

  • signalisiert Verantwortung und digitale Teilhabe,
  • unterstützt Ihre Sichtbarkeit bei Google und in KI-gestützten Suchen,
  • spricht qualifizierte Fachkräfte an, die Wert auf soziale Verantwortung und digitale Qualität legen,
  • leistet einen Beitrag zu einer inklusiven Gesellschaft – und macht Ihre Kanzlei zukunftsfähig.

Was Sie aus diesem Beitrag mitnehmen können

  • Barrierefreiheit ist keine Pflicht für die meisten Steuerkanzleien – aber eine große Chance.
  • Eine barrierearme Webseite stärkt Ihre Sichtbarkeit, Ihr Arbeitgeberimage und das Vertrauen potenzieller Mandanten.
  • Erste Schritte können Sie bereits ohne großen Aufwand umsetzen: klare Überschriften, gute Kontraste, Alternativtexte, saubere Navigation.
  • Ein teures Audit ist selten der beste erste Schritt. Ein strategischer Maßnahmenplan und Quick-Checks führen nachhaltiger zum Ziel.
  • Barrierefreiheit ist ein fortlaufender Prozess – und die Grundlage für smarte, inklusive digitale Services von morgen.

Zur Autorin | Yvonne Homann von Nova & Bow ist Brand- und Webdesignerin mit Sitz in Isernhagen bei Hannover. Sie begleitet Unternehmen und Selbstständige dabei, ihre Marke von innen nach außen zu entwickeln und für die richtigen Menschen sichtbar zu machen (https://nova-and-bow.com).

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AUSGABE: KP 9/2025, S. 161 · ID: 50463920

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