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UmsatzsteuerEindeutige Entnahmehandlung als Voraussetzung für das „Entnahme-Verkauf-Modell“

Abo-Inhalt16.07.20256502 Min. LesedauerVon Dipl.-Finw. StB Christian Herold, Herten/Westf.

| Soll ein Fahrzeug, das ohne Vorsteuerabzug erworben und ins Unternehmensvermögen eingelegt worden ist, nicht umsatzsteuerbar aus dem Unternehmen entnommen und anschließend nicht steuerbar verkauft werden, bedarf es objektiver Anhaltspunkte und einer gewissen Zeitspanne zwischen Entnahme und Verkauf (FG Niedersachsen 3.4.25, 5 K 15/24). |

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Veräußerung von zwei Fahrzeugen des Klägers jeweils als umsatzsteuerpflichtige Lieferung zu behandeln ist oder ob die Fahrzeuge aus dem Unternehmensvermögen nicht steuerbar entnommen worden sind. Im November 2015 legte der Kläger einen Pkw aus seinem Privatvermögen in das Betriebsvermögen ein und ordnete ihn seinem Unternehmensvermögen zu. Ein Vorsteuerabzug erfolgte nicht. In 2016 ließ der Kläger den Pkw umfassend reparieren. Aus den Reparaturaufwendungen und den laufenden Betriebskosten für den Pkw machte er Vorsteuerbeträge geltend. Am 22.10.16 veräußerte der Kläger den Pkw. Im Kaufvertrag wurde keine Umsatzsteuer ausgewiesen. In der Buchhaltung des Klägers wurde eine Entnahme des Pkw zum 25.10.16 erfasst.

Im Januar 2018 legte der Kläger zudem ein Wohnmobil aus seinem Privatvermögen in das Betriebsvermögen ein und ordnete auch dieses seinem Unternehmensvermögen zu. Ein Vorsteuerabzug erfolgte auch hier nicht. In der Folgezeit vermietete der Kläger das Wohnmobil im Rahmen seines Unternehmens. Aus den laufenden Reparaturaufwendungen für das Wohnmobil machte der Kläger Vorsteuerbeträge geltend. Am 25.8.18 veräußerte der Kläger das Wohnmobil; Umsatzsteuer wurde dabei nicht ausgewiesen. In der Buchhaltung des Klägers wurde eine Entnahme des Wohnmobils zum 25.8.18 erfasst.

Das Finanzamt ging davon aus, dass die beiden streitgegenständlichen Fahrzeuge zum Zeitpunkt der Veräußerung Unternehmensvermögen dargestellt hätten und nicht zuvor aus dem Unternehmensvermögen entnommen worden seien, sodass die Veräußerungen umsatzsteuerpflichtig zum allgemeinen Steuersatz seien. Aufgrund der engen zeitlichen Zusammenhänge liege weder für den Pkw noch für das Wohnmobil ein ausreichender Nachweis einer Entnahmehandlung vor. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe

Die Veräußerung eines Gegenstands erfolgt nur dann im Rahmen des Unternehmens, wenn der betreffende Gegenstand vorher dem Unternehmen (wirtschaftlicher Bereich) zugeordnet und wenn er nicht vor der Veräußerung bereits wieder aus dem Unternehmen entnommen worden ist.

Ein Wirtschaftsgut kann vor der Veräußerung dem Unternehmen mit der Folge entnommen werden, dass die nachfolgende Veräußerung nicht mehr gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG im Rahmen seines Unternehmens erfolgt. Dies ändert aber nichts daran, dass es für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit (unbesteuerte Veräußerung außerhalb des Unternehmens) objektiver Anhaltspunkte für eine vorherige Entnahme bedarf. Die bloße (wenn auch ausdrückliche) Erklärung des Unternehmers, den Umsatz nicht versteuern zu wollen, reicht als Nachweis für die Entnahmehandlung nicht aus.

Der Umstand, dass eine Entnahme zeitlich mit der Lieferung am selben Tag erfolgt sein soll, spricht gegen eine Entnahme. Vielmehr muss die nach außen erkennbare Entnahme des Gegenstandes zeitlich vor dem Verkauf erfolgen, wobei es zur erforderlichen eindeutigen Abgrenzung auf den Zeitpunkt des ersten Angebots zum Verkauf des Gegenstandes bzw. die erste Verkaufsbemühung ankommt. Es bedarf also einer gewissen Zeitspanne zwischen Entnahme und Verkauf.

Relevanz für die Praxis

Grundsätzlich ist es möglich, ein Wirtschaftsgut, das ohne Vorsteuerabzug erworben und ins Unternehmensvermögen eingelegt worden ist, nicht umsatzsteuerbar zu entnehmen und anschließend ohne Umsatzsteuer zu veräußern. Dies basiert insbesondere auf dem EuGH-Urteil vom 8.3.01 (C-415/98) und dem BFH-Urteil vom 31.1.02 (V R 61/96, BStBl II 03, 813). Der vierte Leitsatz des BFH-Urteils lautet nämlich: Entnimmt der Steuerpflichtige den Pkw, der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hatte, vor der Veräußerung seinem Unternehmen, ist es nach Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG unzulässig, die Entnahme zu besteuern. Wenn der Steuerpflichtige den Pkw dann veräußert, so ist diese Leistung seinem privaten Bereich zuzurechnen; sie unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer.

Zumindest im Fall des Pkw war es daher offenbar die Absicht des Klägers, diesen kurzzeitig ins Unternehmensvermögen einzulegen, um die Vorsteuer aus den hohen Reparaturkosten geltend machen zu können und um das Kfz anschließend unbesteuert wieder entnehmen und veräußern zu können. Doch er hat diesen „Vorteil“ teuer bezahlt, weil anschließend der Veräußerungserlös des Kfz der Umsatzsteuer unterlag. Die vermeintliche Gestaltung ist nicht nur gescheitert, sondern hat sich ins Gegenteil verkehrt. Das lag daran, dass die Entnahmehandlung nicht erkennbar war.

Es bedarf also einer eindeutigen Entnahmehandlung. Doch wie ist eine solche zu dokumentieren? Insoweit kann wohl die ertragsteuerliche Handhabung zumindest als Indiz dienen (vgl. R 4.3 Abs. 3 EStR): „Bei buchführenden Steuerpflichtigen bietet die Buchung einen wesentlichen Anhalt, ob und wann ein Wirtschaftsgut entnommen worden ist. Eine Entnahme liegt auch ohne Entnahmeerklärung oder Entnahmebuchung vor, wenn der Steuerpflichtige die bisherige betriebliche oder berufliche Nutzung eines Wirtschaftsgutes auf Dauer so ändert, dass es seine Beziehung zum Betrieb verliert und dadurch zu notwendigem Privatvermögen wird …“.

Es sei aber daran erinnert, dass umsatzsteuerliches Unternehmensvermögen und ertragsteuerliches Betriebsvermögen „zwei Paar Schuhe“ sind. Sie müssen nicht identisch sein. In Zweifelsfällen kann es daher angezeigt sein, die Entnahme – vor allem auch die Entnahme aus dem Unternehmensvermögen und nicht (nur) die aus dem ertragsteuerlichen Betriebsvermögen – dem Finanzamt mittels eines gesonderten Schreibens anzuzeigen.

Beachten Sie | Eine Entnahmehandlung lässt sich als tatsächlicher Vorgang im Übrigen grundsätzlich nicht rückbeziehen. Das heißt, eine rückwirkende Entnahme nach Veräußerung des Wirtschaftsguts ist nicht zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 25.8.03, V B 254/02). Es reicht nicht aus, wenn erst die Entnahme bei Erstellung des Jahresabschlusses verbucht wird.

Das Besprechungsurteil sollte zum Anlass genommen werden, die Mandanten dahin gehend zu sensibilisieren, dass es oftmals von Vorteil ist, ein Kfz von vornherein weder dem Unternehmensvermögen noch dem Betriebsvermögen zuzuordnen. Die Möglichkeit, einen – auch – privat genutzten Gegenstand im Privatvermögen zu belassen (oder ihn ganz bzw. teilweise dem Unternehmensvermögen zuzuordnen), ergibt sich unter anderem aus dem EuGH-Urteil vom 8.3.01 (C-415/98). Auch hier kann gegebenenfalls ein gesondertes Anschreiben an das Finanzamt bezüglich der Zuordnung des Wirtschaftsguts hilfreich sein.

Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen. Ob diese tatsächlich eingelegt worden ist, war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

AUSGABE: GStB 8/2025, S. 267 · ID: 50436852

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