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Einheitlicher Erwerbsvorgang10 %-Schwelle: BFH segnet Steuerbefreiung von Dividenden bei „Blockerwerb“ ab
. 239073
| Grundsätzlich gilt die rückwirkende Steuerfreiheit für Dividendenausschüttungen einer Tochtergesellschaft nur dann, wenn die Beteiligung, die der Ausschüttung zugrunde liegt, im Laufe des Jahres zu mehr als 10 % in einem Erwerbsvorgang erworben wurde (§ 8b Abs. 4 S. 6 KStG). In einer für die steuerpflichtige GmbH sehr erfreulichen Entscheidung hat der BFH nun klargestellt, dass die Steuerfreiheit auch dann gilt, wenn durch einen Blockerwerb zwar insgesamt mehr als 10 % der Stammanteile erworben werden, daran aber mehrere Veräußerer mit jeweils kleineren Paketen beteiligt sind (BFH 6.9.23, I R 16/21, Abruf-Nr. 239073). |
Allgemeine Vorbemerkung
Gemäß § 8b Abs. 1 S. 1 KStG bleiben Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchst. a EStG (d. h. insbesondere Dividenden) bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz. Nach § 8b Abs. 5 S. 1 KStG gelten jedoch 5 % dieser Bezüge als nicht abziehbare Betriebsausgaben. Voraussetzung für die Steuerbefreiung von im Ergebnis 95 % der Bezüge ist jedoch eine Mindestbeteiligung von 10 % zu Beginn des Kalenderjahres (§ 8b Abs. 4 S. 1 KStG). Nach der Ausnahmeregelung des § 8b Abs. 4 S. 6 KStG gilt der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % im Laufe des Jahres jedoch als bereits zu Beginn des Kalenderjahres erfolgt.
Sachverhalt
Im Streitfall wurden insgesamt 15 % der Anteile in einem Blockerwerb, d. h. in einer einheitlichen notariellen Urkunde erstanden, dabei hatten jedoch insgesamt drei Verkäufer jeweils weniger als 10 % der Stammanteile abgegeben.
Nach Auffassung des BFH kann die in § 8b Abs. 4 S. 6 KStG angeführte Beteiligungsschwelle (10 % des Grund- oder Stammkapitals) durch einen aus Sicht des Erwerbers wirtschaftlich einheitlichen Erwerbsvorgang auch dann erreicht werden, wenn an diesem Vorgang mehrere Veräußerer beteiligt sind.
Der BFH hält die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Erträge aus Beteiligungen je nach der Beteiligungshöhe (§ 8b Abs. 4 S. 1 KStG) für gerechtfertigt. Er lässt sich dabei von folgender Überlegung leiten. Bei einer Streubesitzbeteiligung von unter 10 % stehe der Gesichtspunkt der Kapitalanlage im Vordergrund, weil in der Regel keine dauerhafte Beteiligung an der Unternehmung angestrebt werde. Entsprechend könne der Anteilseigner aufgrund der niedrigen Beteiligung auch keinen unternehmerischen Einfluss auf die Entscheidungen bei der Kapitalgesellschaft ausüben. Bei einer Beteiligung von mindestens 10 % könne hingegen regelmäßig ein betriebliches Engagement des Anteilseigners unterstellt werden.
Entsprechend sei es dann auch nicht zu beanstanden, wenn bei der begünstigenden Rückwirkungsregelung in § 8b Abs. 4 S. 6 KStG auf den einzelnen Erwerb abgestellt wird. Allerdings kann es aus der maßgeblichen Sicht des Erwerbers und angesichts des Ausnahmecharakters des § 8b Abs. 4 KStG keinen Unterschied machen, ob der Erwerb von einem Veräußerer oder von mehreren Veräußerern erfolgt. Entscheidend ist, ob durch den Erwerb der Beteiligung ein unternehmerischer Einfluss auf die Entscheidungen bei der Kapitalgesellschaft ausgeübt werden kann oder nicht. Die Antwort auf diese Frage hängt aber nicht von der Zahl der Veräußerer, sondern allein von der Höhe der erworbenen Beteiligung ab. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die maßgebliche Beteiligung von mindestens 10 % in einem wirtschaftlich einheitlichen Vorgang erworben wird – also aufgrund eines einheitlichen Erwerbsentschlusses.
Relevanz für die Praxis
Noch nicht entschieden ist die Frage, ob die Anwendung der Rückwirkungsfiktion des § 8b Abs. 4 S. 6 KStG für jeden einzelnen Hinzuerwerb eines Geschäftsanteils zu prüfen ist, oder ob mit dem Erwerb einer einzelnen Beteiligung von über 10 % durch die Rückbeziehungsfunktion des § 8b Abs. 4 S. 6 KStG zu Beginn des Kalenderjahres eine sog. Schachtelbeteiligung vorliegt, sodass unabhängig von der Höhe weiterer Erwerbe die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG auf alle Beteiligungserträge anzuwenden ist?
Es geht also um die Frage, ob nicht nur die Ausschüttung aufgrund der 15%igen Beteiligung steuerfrei ist, sondern auch die Ausschüttung aufgrund der 5%igen Beteiligung. Das FG Sachsen (13.10.20, 8 K 666/20) bejaht diese Frage. Die Revision ist unter Az. I R 30/ 21 beim BFH anhängig.
AUSGABE: GStB 7/2024, S. 236 · ID: 49910028