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EhevertragInfektionsrisiken beim Erb- und Pflichtteilsverzicht
| Leben die Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrags getrennt und soll keine oder nur eine der Höhe nach begrenzte Vereinbarung zum nachehelichen Unterhalt getroffen werden, wird der Ehevertrag häufig mit einem gegenseitigen Pflichtteilsverzicht der Ehegatten verknüpft, § 2346 Abs. 2 BGB. Dabei gilt einiges zu beachten. |
Inhaltsverzeichnis
- 1. Keimzelle der Nichtigkeit des Vertrags
- 2. Erb- oder Pflichtteilsverzicht und seine Wirkungen
- 3. Pflichtteilsverzicht – Inhaltskontrolle nach § 138 BGB?
- 4. Erb- und Pflichtteilsverzicht und seine Fernwirkungen
- 5. Notwendigkeit eines Pflichtteilsverzichts?
- 6. Auswirkungen des Verzichts auf Ehevertrag
- 7. Lösung des Dilemmas: Aufspaltung in zwei Urkunden
1. Keimzelle der Nichtigkeit des Vertrags
Jeder Ehegatte kann vor der Scheidung der Ehe frei, z. B. zugunsten der gemeinsamen Kinder, über sein Vermögen letztwillig verfügen. Leben die Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes des Unterhaltspflichtigen getrennt, ist fraglich, ob der nacheheliche Unterhaltsanspruch entfällt (§ 1586b BGB, ggf. i. V. m. § 1933 S. 1 oder S. 2 BGB), sog. Fernwirkung. Fraglich ist ferner, ob eine unzulässige Klausel im Ehevertrag die weiteren Regelungen infiziert oder nur eine isolierte Wirksamkeitskontrolle des Pflichtteilsverzichts erfolgt.
Aber auch vorsorgende Eheverträge, z. B. in einer Freiberufler- oder Unternehmerehe, werden oft mit einem Erb- und Pflichtteilsverzicht (§ 2346 Abs. 1 BGB) verbunden. Ein Motiv dafür war bis zum 31.8.09 das Kostenprivileg des § 46 Abs. 3 KostO, das aber mit Inkrafttreten des GNotKG entfallen ist.
Merke | Es besteht das Risiko, dass der Ehevertrag bei einer Gesamtschau insgesamt nichtig ist wegen einer evident einseitigen und durch die individuelle Gestaltung der individuellen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten und nicht durch anderweitige Vorteile kompensierten Lastenverteilung (BGH FK 15, 110 ff; 116 ff.; 17, 91; 112 ff.; 19, 22 ff.; 19, 44 ff.). Bedeutsam ist dies, wenn ein eindeutig ehevertraglich benachteiligter Ehegatte nach dem Tod des Begünstigten – also in einer nicht geschiedenen Ehe – im Wege der Inhaltskontrolle nach Maßgabe der Gesamtschau auf der Rechtsfolgenseite den mitbeurkundeten Erb- und Pflichtteilsverzicht zu Fall zu bringen versucht, obwohl ihm dies bei einer isolierten Prüfung nicht gelungen wäre. |
2. Erb- oder Pflichtteilsverzicht und seine Wirkungen
Bei gesetzlicher Erbfolge erbt der längstlebende Ehegatte im Güterstand der Zugewinngemeinschaft neben Abkömmlingen zu 1/2. Hat ein Ehegatte gegenüber dem anderen auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet, entfallen auch die Ansprüche nach § 1932 BGB (Voraus) und § 1969 BGB (Dreißigster), ebenso ein Pflichtteilsrecht, § 2346 Abs. 1 S. 2, Hs. 2 BGB. Es entfällt damit aber nicht sogleich der ZGA-Anspruch nach § 1371 Abs. 2 BGB, wohl aber der Anspruch auf den erhöhten Erbteil nach § 1371 Abs. 1 BGB. Den Anspruch aus § 1371 Abs. 2 BGB kann er jedoch nur geltend machen, wenn er auch kein Vermächtnisnehmer wird. Ein Vermächtnis ist ggf. auszuschlagen. Bei Gütertrennung gibt es keinen ZGA-Anspruch nach § 1371 Abs. 2 BGB.
3. Pflichtteilsverzicht – Inhaltskontrolle nach § 138 BGB?
Seit den Grundentscheidungen des BVerfG (FamRZ 01, 343 und 985) und des BGH (FK 04, 73 f.; 75 ff.) wird diskutiert, ob auch Pflichtteilsverzichtsverträge den dort entwickelten Grundsätzen zur Inhaltskontrolle unterliegen (Brambring, NJW 07, 865; Bengel, ZEV 06, 192; Kuchinke, FPR 06, 125). Nach Ansicht des BGH ist der Pflichtteilsverzicht eines behinderten Sozialhilfebeziehers nicht grundsätzlich sittenwidrig (Erbrecht effektiv EE 11, 55 ff.). Die Grundsätze zur Unwirksamkeit von Unterhaltsverzichten in Eheverträgen und Scheidungsfolgenvereinbarungen, die einen Sozialhilfeträger benachteiligen (vgl. dazu BGH FK 07, 37; FK 08, 75 f.), seien nicht übertragbar. Die Entscheidung behandelt den Sonderfall einer möglichen Sittenwidrigkeit von Verträgen zulasten der öffentlichen Hand, ist also nicht ohne Weiteres auf andere Fälle übertragbar.
Das OLG München bejaht – ohne die Zulässigkeit einer Inhaltskontrolle zu erörtern – eine Umstandssittenwidrigkeit in einer besonderen Fallgestaltung, in dem nicht eheliche Kinder gegenüber ihrem Vater einen Erbverzicht gegen eine Abfindung erklärt hatten (FamRZ 07, 418 [„Wildmoser“] – die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH mit einem nicht veröffentlichten Beschluss vom 28.2.07, IV ZR 50/06 zurückgewiesen; dazu zu Recht kritisch Theiss/Boger, ZErb 06, 164). Dem Vorschlag des Anwalts des Vaters folgend wurde der Abfindung die Unterhaltspauschalierung des § 1934d Abs. 2 BGB a. F. zugrunde gelegt. Den Kindern wurde aber nicht mitgeteilt, dass im Erbfall ihr Erbersatzanspruch nach dem tatsächlichen Nachlasswert zu bemessen gewesen wäre. Das OLG hat darin eine vorwerfbare Ausnutzung der alters- und erfahrungsmäßig schwächeren Verhandlungsposition der Verzichtenden gesehen. Die Entscheidung ist zweifelhaft, weil die Abfindung höher war, als im Klagewege nach der damaligen Rechtslage hätte erstritten werden können.
Gegen eine Übertragung der für den Bereich des Ehevertragsrechts entwickelten Grundsätze sprechen ein
- unterschiedlicher Schutzzweck und
- anderer Rechtscharakter der einzelnen Rechtsinstitute (MüKo/Wegerhoff BGB, 8. Aufl., § 2346 Rn. 35a).
Denn das gesetzliche Ehegattenerb- und Pflichtteilsrecht erlischt mit der Scheidung nach § 1933 S. 1 und 2 BGB und gehört nicht zum Kernbereich der Scheidungsfolgen (Bamberger/Roth/J. Mayer, BGB, 3. Aufl., § 2346 Rn. 39). Der Grundgedanke des Scheidungsfolgenrechts ist vorrangig, ehebedingte Nachteile auszugleichen (Weidlich, NotBZ 09, 158).
Beim Erb- und Pflichtteilsverzicht ist es dagegen wegen seines „aleatorischen Rechtscharakters“ typisch, dass sich die Vermögens- und Einkommensverhältnisse anders entwickeln. Wegen seines Risikocharakters soll daher ein Erb- und Pflichtteilverzicht in diesem Fall Bestand haben (MüKo/Wegerhoff, BGB, a. a. O., § 2346 Rn. 35a). Ein Erb- und Pflichtteilsverzicht braucht eine „causa“ (Grüneberg/Weidlich, BGB, 80. Aufl., § 2346 Rn. 6). Diese ist beim unentgeltlichen Pflichtteilsverzicht ein einseitiges Rechtsgeschäft. Es ist zwischen dem schuldrechtlichen Grundgeschäft und dem verfügenden Vertrag zu unterscheiden. Bei der Wirksamkeitskontrolle (§ 138 BGB) ist ein nach § 2346 BGB zugelassener Verzicht als solcher wertneutral (Kuchinke, FPR 06, 125, 127). Dies gilt auch bei isolierter Prüfung eines Erb- und Pflichtteilsverzichts im Ehevertrag.
4. Erb- und Pflichtteilsverzicht und seine Fernwirkungen
Bei Abschluss eines Ehevertrags unter Beteiligung von Unternehmern oder Freiberuflern wird oft gefordert, dass der andere Ehegatte auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht (§ 2346 Abs. 1 S. 2, Hs. 2 BGB) oder nur auf das Pflichtteilsrecht verzichtet, § 2346 Abs. 2 BGB. Das Gesetz ermöglicht (auch künftigen Ehegatten) den Abschluss eines notariellen Vertrags (§ 2348 BGB), in dem ein- oder wechselseitig auf das gesetzliche Erbrecht verzichtet wird. Begründung: Der Verzicht sichere die gesellschaftsvertraglich vorgesehene Unternehmensnachfolge auf die Abkömmlinge. Dieser Wunsch kann gerechtfertigt sein, wenn bei einem Familienunternehmen der Gesellschaftsvertrag festlegt, dass außer den Abkömmlingen eines Gesellschafters kein anderer nachfolgeberechtigt ist. Diesem Interesse kann aber auch ohne einen Erbverzicht Genüge getan werden. Denn dieser kann dazu führen, dass der längstlebende Ehegatte unversorgt ist. Sofern die Ehegatten keinen Unterhaltsverzicht vereinbart haben, kann durch eine klarstellende Klausel im Vertrag die Problematik einer möglichen Fernwirkung des Verzichts auf den Unterhaltsanspruch nach dem Tod eines Erblassers entschärft werden. Erfasst werden folgende Fälle: Ein Ehegatte stirbt
- zum Zeitpunkt, in dem die Scheidungsvoraussetzungen erfüllt sind und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat, § 1933 S. 1 BGB;
- zum Zeitpunkt, in dem er die Aufhebung der Ehe (§ 1318 BGB) beantragen konnte und dies auch getan hat, § 1933 S. 2 BGB;
- nach rechtskräftiger Scheidung, § 1586b Abs. 1 BGB;
- nach rechtskräftiger Aufhebung, § 1318 Abs. 2 BGB.
Bestand ein entsprechender Anspruch gegen den Erblasser, kann der überlebende Ehegatte einen Unterhaltsanspruch gegen die Erben geltend machen, sofern darauf nicht wirksam gem. § 1585c BGB verzichtet worden ist. Nach § 1586b Abs. 1 S. 1 BGB geht mit dem Tod des Ehegatten die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlassverbindlichkeit über, begrenzt auf den Betrag, der dem Pflichtteil entspricht, der dem Berechtigten zustehen würde, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre, § 1586b Abs. 1 S. 3, Abs. 2 BGB.
Nach einer in der Literatur (MüKo/Maurer, BGB, 8. Aufl., § 1585b Rn. 6; Wendl/Dose/Bömelburg, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 4 Rn. 125; Büte in: Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 3. Aufl., § 1586b Rn. 3) vertretenen Ansicht gilt: Ein Verzicht beim Tod eines unterhaltsberechtigten Ehegatten führt zum Verlust des Unterhaltsanspruchs nach § 1586b, § 1933 S. 3 BGB gegen die Erben. Grund sei der Gesetzeszweck (vgl. BT-Drucksache 7/650, S. 152 f.), einem Unterhaltsberechtigten einen Ausgleich für den Verlust erbrechtlicher Ansprüche zu bieten, die er ohne die Scheidung gehabt hätte. Bömelburg weist darauf hin, dass bei Fortbestehen eines Anspruchs aus § 1586b BGB ein geschiedener Ehegatte bei einem Erbverzicht besser stünde als ein nicht geschiedener Ehegatte. Bei einem Pflichtteilsverzicht spreche dagegen, § 1586b BGB anzuwenden, dass die Vorschrift einen geschiedenen Ehegatten so behandele, als habe er sein Pflichtteilsrecht behalten. Es sei daher wenig nachvollziehbar, dass dieses wieder auflebe, wenn er vor der Scheidung darauf verzichtet habe.
Andere (Johannsen/Henrich/Hammermann, Familienrecht, 7. Aufl., § 1586b Rn. 20; Bamberger/Roth/J. Mayer, BGB, § 1586b Rn. 21) verneinen eine Fernwirkung und lassen die Ansprüche aus § 1586b BGB fortbestehen. Regelungszweck eines Erb- oder Pflichtteilsverzichtsvertrags sei es i. d. R., jedem Ehegatten uneingeschränkte Testierfreiheit auch vor der Scheidung der Ehe zu geben. § 1586b BGB beinhalte nur einen unterhaltsrechtlichen Anspruch. Nur zur Ermittlung des Haftungsrahmens des Unterhaltsanspruchs werde auf die Höhe eines fiktiven Pflichtteils verwiesen (Bömelburg, a. a. O. Fn. 7).
Im Hinblick darauf, dass sich der BGH zu dieser Streitfrage noch nicht geäußert hat, und stets der sicherste Weg zu gehen ist, sollten die Vertragsparteien, die die (Nicht-)Anwendbarkeit des § 1586b BGB frei regeln können (Staudinger/Schotten, BGB, [2016], § 2346 Rn. 68), den Risiken durch eine Klarstellung im notariellen Vertrag Rechnung tragen. Damit ist auch das Risiko einer Totalnichtigkeit des mit dem Pflichtteilsverzicht verbundenen Ehevertrags entfallen.
Musterformulierung / Pflichtteilsverzicht mit/ohne Fernwirkung |
Keine Fernwirkung: Der gegenseitige Verzicht auf den Pflichtteil lässt den Unterhaltsanspruch nach § 1586b BGB, ggf. i. V. m. § 1933 S. 1 und 3 BGB unberührt. Mit Fernwirkung: Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt erlöschen spätestens mit dem Tod des Unterhaltspflichtigen. Abweichend von § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB, ggf. i. V. m. § 1933 S. 3 BGB gehen Unterhaltsansprüche nicht auf dessen Erben über. Dies gilt unabhängig davon, ob die Erschienenen bereits rechtskräftig geschieden waren oder nicht. |
Beachten Sie | Wird ein Erbverzicht unter Vorbehalt des Pflichtteils erklärt, stellt sich die Problematik der Fernwirkung nicht (v. Proff, ZErb 17, 33).
5. Notwendigkeit eines Pflichtteilsverzichts?
Oft legt ein Ehegatte Wert darauf, über sein Unternehmen oder seine Unternehmensbeteiligung letztwillig frei verfügen zu können, ohne dass der andere Ehegatte durch die Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsansprüche nach seinem Tod die gewünschte Unternehmensnachfolge wirtschaftlich gefährdet. Diesem Interesse kann aber auch wie folgt rechtssicher Genüge getan werden: Da ein Pflichtteilsanspruch nur eine Geldforderung (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB) gegen den Nachlass begründet, bietet sich stattdessen ein gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht an, (FA-FamR/Heisel, 11. Aufl., Kap. 19 Rn. 155) indem das Unternehmen oder die Beteiligung daran ausdrücklich ausgenommen und damit bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs unbeachtet bleiben.
Musterformulierung / Gegenständlich beschränkter Verzicht |
Die Ehefrau verzichtet gegenüber ihrem Ehemann auf ihr Pflichtteilsrecht, jedoch nur insoweit, als für das Pflichtteilsrecht der Wert der Beteiligung des Ehemannes an der … Kommanditgesellschaft ausgenommen bleibt. Der Ehemann nimmt diesen Verzicht an. |
6. Auswirkungen des Verzichts auf Ehevertrag
Wird in einer Scheidungsfolgenvereinbarung oder einem einheitlichen Ehevertrag auch ein Erb- und Pflichtteilsverzicht erklärt, besteht die Gefahr, dass eine etwaige Gesamtnichtigkeit der Scheidungsfolgenregelungen im Rahmen einer Gesamtschau den Erb- und Pflichtteilsverzicht infiziert. In diesem Fall würde auch eine qualifizierte salvatorische Klausel nichts an der Gesamtnichtigkeit ändern (BGH FK 09, 30 f.; 17, 91; 112 ff.).
Der Pflichtteilsverzicht unterfällt nicht dem Kernbereich der Scheidungsfolgen. Grund: Das Ehegattenerb- und -pflichtteilsrecht ist mit der Scheidung bzw. bei Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen nach § 1933 S. 1 und 2 BGB ausgeschlossen (Münch, ZEV 08, 576) und das Pflichtteilsrecht ist gegenüber dem Scheidungsfolgenrecht ein Aliud (Bengel, ZEV 06, 192). Bezüglich der Rechtsfolgenseite gilt (BGH FK 17, 91; 112 ff.): Im Einzelfall kann eine Gesamtschau der Klauseln zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führen, inklusive der kernbereichsfernen Regelungen (BGH FK 06, 128). Das gilt vor allem, wenn selbst die Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange der anderen Partei zu rechtfertigen sind. Daher ist es möglich, dass die im Kern für den Ehevertrag entwickelten Grundsätze auch einen mitbeurkundeten Pflichtteilsverzicht unwirksam werden lassen (OLG Hamm NotBZ 12, 390). M. E. erfasst die Nichtigkeitsfolge aber nicht einen gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht, wenn dieser in einem vorsorgenden Ehevertrag vereinbart wird, damit z. B. das Familienvermögen ungeschmälert auf die nächste Generation übergehen kann (Muscheler in: Festschrift für Spiegelberger [2009], 1079, 1092 f.).
Praxistipp | Münch empfiehlt im Hinblick auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf (FamRZ 14, 68), beim Pflichtteilsverzicht mitaufzunehmen, dass dieser unabhängig von den derzeitigen Vermögensverhältnissen abgegeben werde (Ehebezogene Rechtsgeschäfte, 4. Aufl., Rn. 1047). |
7. Lösung des Dilemmas: Aufspaltung in zwei Urkunden
Streitig ist, ob eine solche Aufteilung eine Gesamtnichtigkeit verhindert (verneinend Wachter, ZErb 04, 238, 244). Gegen einen vom Bestand des Ehevertrags unabhängigen Willen der Parteien, also gegen einen Gesamtplan, kann sprechen, wenn zwischen beiden Urkunden ein gewisser zeitlicher Abstand liegt. Fraglich ist, ob die im Steuerrecht geltende Gesamtplanrechtsprechung (BFH BStBl. II 12, 638) übertragen werden kann. Ein Gesamtplan ist i. d. R. dadurch gekennzeichnet, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines zielgerichteten Plans „künstlich“ zerlegt wird und die Teilakte dabei nur insoweit bedeutsam sind, als sie fördern, den Endzustand zu erreichen. Dies gilt in folgendem Fall nicht: Ein Steuerpflichtiger entscheidet sich bewusst für die Übertragung in Einzelakte. Diese Schritte erweisen sich als notwendig, um das „Gesamtziel zu erreichen, auch wenn dem Ganzen ein Konzept zugrunde liegt und die Übertragungen in unmittelbarer zeitlicher Nähe erfolgen (BFH 22.10.13, X R 14/11). Sollen mit einem Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht die oben dargestellten Ziele erreicht werden, dürfte dies gegen einen Gesamtplan sprechen, sodass die Aufspaltung in zwei getrennte Urkunden zu empfehlen ist, was aber zu erhöhten Kosten führen kann.
AUSGABE: FK 2/2023, S. 28 · ID: 46287940