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VermögensnachfolgeÜbertragung von Grundstücken des Privatvermögens unter Nießbrauchsvorbehalt

Abo-Inhalt25.07.202540 Min. LesedauerVon StBin Dr. Katrin Dorn, Fachberaterin für Unternehmensnachfolge DStV e. V., Partnerin bei Möhrle Happ Luther, München/Hamburg

| Der Nießbrauch stellt immer noch eines der vielseitigsten Instrumente im Bereich der Vermögensnachfolge dar, um Ihren Mandanten schon zu Lebzeiten gezielt eine strukturierte Vermögensnachfolge zu ermöglichen. Grundstücke des Privatvermögens werden typischerweise unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen. Ziel ist es häufig, die Erträge in den Fällen der Vermietung der Grundstücke oder eines Nutzungsrechts zurückzubehalten sowie die Bemessungsgrundlage für die Schenkungsteuer aktiv zu mindern. Der folgende Beitrag zeigt nicht nur die schenkungsteuerlichen Folgen auf. Auch die oft unterschätzten ertrag- und grunderwerbsteuerlichen Folgen solcher Übertragungen werden kurz skizziert. |

1. Steuerliche Konsequenzen der Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt

1.1 Ertragsteuerliche Folgen

Die Übertragung eines Grundstücks des Privatvermögens unter Nießbrauchsvorbehalt stellt aus ertragsteuerlicher Sicht eine unentgeltliche Vermögensübertragung dar. Übertragungsgegenstand ist das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück. Ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 EStG wird durch diese Übertragung nicht ausgelöst. Es kommt daher auch zu keiner Aufstockung der Bemessungsgrundlage für die Abschreibung (vgl. BMF 30.9.13, BStBl I 13, 1184, Rn. 40; u. a. BFH 28.7.81, VIII R 124/76, BStBl II 82, 378).

Beispiel

A überträgt ein vermietetes Grundstück unter Nießbrauchsvorbehalt auf seine Tochter. Der Nießbrauch wird für die Lebenszeit des A vereinbart. Das Grundstück hat er vor fünf Jahren angeschafft.

Durch diese Übertragung wird keine entgeltliche Übertragung ausgelöst. § 23 EStG greift nicht. Aus ertragsteuerlicher Sicht würde eine unentgeltliche Übertragung vorliegen. So ist insbesondere § 23 Abs. 1 S. 3 EStG zu beachten. Damit tritt der Beschenkte (hier die Tochter) aus steuerlicher Sicht in die Fußstapfen des Schenkers (hier des Vaters).

Merke | Etwas anderes würde gelten, wenn das Grundstück beispielsweise auch unter Übernahme von Verbindlichkeiten übertragen wird. Dann würden die Verbindlichkeiten aus ertragsteuerlicher Sicht ein Entgelt darstellen (vgl. BMF 13.1.93, IV B 3 – S 2190 – 37/92, BStBl I 1993, 80, Rn. 9). Je nach Höhe der Verbindlichkeiten würde dann eine (teil-)entgeltliche Übertragung vorliegen. Die Besteuerung erfolgt unter Anwendung der Trennungstheorie (vgl. dazu ausführlich Dorn/Niesmann/Först, ErbBstg 24, 46 ff.).

1.2 Schenkungsteuerliche Beurteilung

Der Nießbrauch würde den Wert der Schenkung, wie jede andere Gegenleistung auch (z. B. in Form der übernommenen Verbindlichkeiten), mindern. Lediglich der Restbetrag würde der Schenkungsteuer unterliegen. Dadurch ist eine aktive Steuerung der Bemessungsgrundlage bei der Schenkungsteuer möglich.

Fortsetzung des Beispiels

Das übertragene Grundstück hat einen Wert von 1 Mio. EUR. Der Nießbrauch (Wert von 400 TEUR) mindert den Wert der Schenkung. Die Bemessungsgrundlage der Schenkung beträgt vor Berücksichtigung der sachlichen und persönlichen Freibeträge 600.000 EUR. Eine weitere Senkung der Schenkungsteuer wäre durch Vereinbarung weiterer Gegenleistungen möglich. Die damit verbundenen ertragsteuerlichen Folgen müssen allerdings berücksichtigt werden.

Es besteht darüber hinaus die Möglichkeit, für das mit dem Nießbrauch belastete Grundstück einen niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG z. B. durch ein Gutachten nachzuweisen. Damit kann der Wert der Schenkung deutlich verringert werden.

Fortsetzung des Beispiels

Die Beteiligten lassen das Grundstück durch ein Gutachten bewerten, bei welchem der Nießbrauch als Last berücksichtigt wird. Die Bewertung des nießbrauchbelasteten Grundstücks durch den Gutachter führt zu einem Wert von 450.000 EUR. Damit wird nur dieser Wert der Schenkungsteuer zugrunde gelegt.

1.3 Grunderwerbsteuerliche Beurteilung

Durch die Übertragung des Grundstücks kommt es zu einem Rechtsträgerwechsel. Bei Belegenheit des Grundstücks im Inland unterliegt diese Übertragung der Grunderwerbsteuer. Für diese kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG in Betracht, soweit es sich um eine Grundstücksschenkung unter Lebenden i. S. d. Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes handelt. Dagegen unterliegen Schenkungen unter einer Auflage der Besteuerung hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind. Dies betrifft auch die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt. Insoweit kommt eine Steuerbefreiung nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen für eine weitere personenbezogene Steuerbefreiung, z. B. aufgrund Verwandtschaft in gerader Linie oder zwischen Eheleuten/Lebenspartnern, erfüllt sind.

Fortsetzung des Beispiels

Die Übertragung des Grundstücks unterliegt der Grunderwerbsteuer. Für die Übertragung „ohne Nießbrauchsvorbehalt“ wird eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG gewährt, insoweit erfolgt die Übertragung unentgeltlich. Soweit die Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt erfolgt, ist eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG möglich. Da die Übertragung des Grundstücks auf die Tochter von A erfolgt, ist diese steuerfrei. Etwas anderes würde beispielsweise gelten, wenn A das Grundstück auf seine Nichte übertragen würde.

Da zwischen diesen Beteiligten keine Verwandtschaft in gerader Linie vorliegt, kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG nicht in Betracht. Für Übertragungen zwischen Eheleuten/Lebenspartnern wäre eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG möglich.

2. Zuordnung der Einkünfte aus der V + V nach Übertragung des Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt

Zu den ertragsteuerlichen Folgen der Übertragung eines Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt hat die Finanzverwaltung umfangreich in dem sog. Nießbrauchserlass vom 30.9.13 (BStBl I 13, 1184) Stellung bezogen.

Handelt es sich bei dem übertragenen Grundstück um ein Grundstück, das vermietet wird, erzielt auch nach der Übertragung des Eigentums weiterhin der Nießbraucher, d. h. der bisherige Eigentümer, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. S. d. § 21 EStG (vgl. BStBl I 13, 1184 Rn. 1). Der neue Eigentümer (Begünstigte, Nießbrauchbelastete) erzielt diese erst nach Ende des Nießbrauchs. Bis dahin kann ausschließlich der Nießbraucher die Abschreibung geltend machen.

Beachten Sie | In den Übertragungsverträgen sollte klargestellt werden, wer welche Ausgaben trägt. Typischerweise trägt der Nießbraucher die laufenden Aufwendungen, der Nießbrauchsbelastete die außergewöhnlichen Aufwendungen, wobei abweichende Regelungen möglich sind. Dabei ist zu beachten, dass der Nießbrauchsbelastete, solange dieser keine Einkünfte aus der Vermietung erzielt, steuerlich auch keine Werbungskosten geltend machen kann (vgl. BStBl I 13, 1184, Rn. 1).

Fortsetzung des Beispiels

Das Grundstück wird ungeachtet des Nießbrauchs weiter vermietet. Die Einkünfte aus der Vermietung erzielt weiterhin der bisherige Eigentümer, also der jetzige Nießbraucher A. A hat diese als Einkünfte i. S. d. § 21 EStG zu versteuern und kann auch die Abschreibung geltend machen. Soweit der Nießbrauchsbelastete Aufwendungen trägt, kann er diese nicht steuerlich geltend machen, solange er keine Einkünfte i. S. d. § 21 EStG erzielt.

2.1 Steuerfolgen bei Beendigung des Nießbrauchs

Typischerweise werden Nießbräuche als lebenslange Rechte vereinbart. Sollte der Nießbrauch abweichend von der getroffenen Vereinbarung vor Ende der angedachten Laufzeit beendet werden, kann dies eine Steuerbelastung auslösen. Sollte der Nießbrauch dagegen mit der vereinbarten Laufzeit enden, löst dies keine weitere Besteuerung aus. Etwas anderes kann nur gelten, wenn ausnahmsweise ein Anwendungsfall nach § 14 Abs. 2 BewG vorliegt. Dies ist zu prüfen. Dazu sogleich.

Fortsetzung des Beispiels

Mit dem Tod des A endet der Nießbrauch. Dadurch werden grundsätzlich keine weiteren Steuerfolgen ausgelöst. Mit der Beendigung des Nießbrauchs entfällt diese Belastung.

Die Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks erzielt nunmehr die Tochter. Auf diese geht die bisherige Bemessungsgrundlage für die Abschreibung über. Sie tritt insoweit in die Rechtsstellung des Nießbrauchers ein. Da sie nunmehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, kann sie nun auch Werbungskosten steuerlich geltend machen, m. E. auch für die Aufwendungen (z. B. in Gestalt von Abschreibungen), die sie z. B. aufgrund von außergewöhnlichen Aufwendungen vor Beendigung des Nießbrauchs getätigt hat.

Zu prüfen ist, ob die Beendigung des Nießbrauchs einen Anwendungsfall nach § 14 Abs. 2 BewG auslöst. Diese Regelung greift, wenn ein lebenslang vereinbartes Recht vor Ablauf einer bestimmten Zeit nach der Vereinbarung beendet wird.

Fortsetzung des Beispiels

Als der Nießbrauch vereinbart wurde, war A 61 Jahre alt. Die Schenkung wird unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Dauer des Nießbrauchs und damit unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Lebensdauer von A ermittelt. Der so ermittelte Nießbrauch mindert den Wert der Schenkung. Dementsprechend erfolgt auch die Veranlagung. Kurze Zeit nach der Übertragung des Grundstücks verstirbt A unerwartet.

Sollte A innerhalb von nicht mehr als sieben Jahren nach der Übertragung versterben, liegt ein Anwendungsfall nach § 14 Abs. 2 BewG vor. Dies führt dazu, dass eine Neuberechnung der Schenkung erfolgt, bei welcher der Nießbrauch lediglich nach seiner tatsächlichen Dauer (hier z. B. fünf Jahre) berücksichtigt wird. Der Wert der Schenkung erhöht sich dadurch deutlich. Es kommt, sofern die persönlichen Freibeträge dies nicht auffangen, zu einer Nachversteuerung.

Ob ein Anwendungsfall des § 14 Abs. 2 BewG vorliegt, richtet sich nach dem Alter des Nießbrauchers zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Nießbrauchs und der tatsächlichen Dauer des Nießbrauchs. Die Einzelheiten sind in § 14 Abs. 2 BewG geregelt.

Beachten Sie | Sollte der Nießbrauch im Rahmen einer Bewertung nach § 198 BewG und damit nicht als Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks berücksichtigt werden, findet § 14 Abs. 2 BewG keine Anwendung (vgl. Scharfenberg/Dorn, ZEV 21, S. 431).

Fortsetzung des Beispiels

Die Bewertung des nießbrauchbelasteten Grundstücks erfolgt nach § 198 BewG. Dies führt zu einem Wert von 450.000 EUR. Dass A kurze Zeit nach der Übertragung verstirbt, löst keine Nachberechnung der Steuer nach § 14 Abs. 2 BewG aus.

2.2 Konkrete Steuerfolgen der vorzeitigen Beendigung des Nießbrauchs

Die (gewollte) vorzeitige Beendigung des Nießbrauchs kann entgeltlich, teilentgeltlich und unentgeltlich erfolgen. Danach bestimmen sich die Steuerfolgen. Sollte die Beendigung unentgeltlich erfolgen, wird dadurch eine Schenkung ausgelöst. Der Wert der Schenkung entspricht dem Wert des Nießbrauchs zum Zeitpunkt des Verzichts. Dadurch kann eine Besteuerung mit Schenkungsteuer ausgelöst werden. Eine sachliche Steuerbefreiung kommt dafür nicht in Betracht.

Fortsetzung des Beispiels

Nach einigen Jahren entscheidet A sich dazu, dass er den Nießbrauch beenden möchte. Dadurch wird eine Schenkung ausgelöst. Diese unterliegt der Schenkungsteuer.

Alternativ kann der Verzicht auf den Nießbrauch auch entgeltlich erfolgen. Ein schenkungsteuerrelevanter Vorgang liegt nicht vor, soweit der Verzicht in vollem Umfang entgeltlich erfolgt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt hierin aus ertragsteuerlicher Sicht eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung (Nießbrauchserlass, Rn. 58), die beim Eigentümer zu nachträglichen Anschaffungskosten führt (Nießbrauchserlass, Rn. 59). Auch nach Auffassung des FG Münster (12.12.23, 6 K 2489/22 E, Rev. BFH IX R 4/24) liegt hierin kein von § 23 EStG erfasster veräußerungsähnlicher Vorgang.

Fortsetzung des Beispiels

Die Ablösung des Nießbrauchs erfolgt entgeltlich. Die Tochter zahlt an ihren Vater ein Entgelt, welches dem Wert des Nießbrauchs entspricht. Dieses Entgelt führt bei ihr zu nachträglichen Anschaffungskosten. Es erhöht die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung (fortgeführte Anschaffungskosten von dem Vater). Bei dem Vater unterliegt das Entgelt keiner Besteuerung, insbesondere nicht nach § 23 EStG. Es liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung vor.

Sollte die Beendigung des Nießbrauchs teilentgeltlich erfolgen, müsste eine Aufteilung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Verzicht auf den Nießbrauch erfolgen.

Weiterführende Hinweise
  • Neues IWW-Webinar „Nießbrauch als attraktives Steuersparmodell“ mit Dr. Katrin Dorn und Dr. Thomas Stein am 22.9.25: nähere Infos unter iww.de/webinare
  • Ebenfalls neu aufgelegt: IWW-Webinar „Die Güterstandsschaukel im Praxis-Check“ am 20.10.25 – bitte vormerken!

AUSGABE: ErbBstg 8/2025, S. 197 · ID: 50470950

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