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FamilienpoolDie Gestaltung eines „Familienpools“ im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge
| In EE 24, 122 wurde aufgezeigt, dass Familiengesellschaften als Gestaltungsmöglichkeit zur strukturierten Übertragung von mittleren bis größeren Vermögen in den juristischen Werkzeugkasten des Nachfolgeberaters gehören. Während der vorgenannte Beitrag die Vorteile und Grenzen der Gestaltung, die Rechtsformwahl und eine kursorische Übersicht über steuerrechtlich zu beachtende Themen beleuchtet hat, stehen im Folgenden ausgewählte Fragen der Gründung der Gesellschaft, der Übertragung von Anteilen und der Satzungsgestaltung im Fokus, erläutert an einem Fallbeispiel. |
1. Gründung der Gesellschaft, Einbringung des Vermögens und Übertragung von Anteilen
In dem Grundlagenbeitrag (siehe EE 24, 122) wurde herausgearbeitet, dass in aller Regel die Kommanditgesellschaft die geeignete Rechtsform für die Begründung eines „Familienpools“ darstellt. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich dementsprechend auf diese Rechtsform.
Fallbeispiel |
Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende, erfolglose Künstler (K) ist mit der erfolgreichen Unternehmerin (U) im gesetzlichen Güterstand verheiratet. U hält am Ende Ihrer Karriere zwei lastenfreie Mietshäuser in München im Alleineigentum. Das Ehepaar hat den gemeinsamen 17-jährigen Sohn (S), der seinerseits in jungen Jahren Nachwuchs erwartet. Angesichts der überschaubaren zur Verfügung stehenden Freibeträge (400.000 EUR pro Elternteil und künftig 200.000 EUR pro Großelternteil) soll möglichst bald die schenkungsteuerliche Zehnjahresfrist durch lebzeitige Schenkungen in Gang gesetzt werden. Gleichzeitig sollen die Mieterträge weiterhin den aufwendigen Lebensstil von K und U finanzieren. Wie ist hier vorzugehen? |
a) Analyse der Ausgangslage
Aus rein steuerlicher Sicht kann es sich vorliegend anbieten, das Vermögen zunächst unter den Eheleuten gleichmäßig(-er) zu verteilen und erst anschließend die nächsten Generationen schenkweise zu beteiligen. Hierdurch können die steuerlichen Freibeträge der Erwerber auch zum anderen Ehepartner nutzbar gemacht werden und zudem die steuersatzerhöhenden Schwellwerte des einzelnen Erwerbs i. S. d. § 19 Abs. 1 ErbStG möglichst unterschritten werden.
Im Fallbeispiel leben die Eheleute in der Zugewinngemeinschaft, wobei der Zugewinn während der Ehezeit einseitig bei U entstanden ist, sodass sich im Falle der Beendigung des Güterstandes eine hohe Zugewinnausgleichsforderung des K errechnet. Es handelt sich bei dem Zugewinnausgleich nicht um eine freigiebige Zuwendung, sondern um die Erfüllung eines gesetzlichen Anspruchs, sodass dieser Ausgleich nicht schenkungsteuerrelevant ist. In Vorbereitung einer Übertragung an den Sohn könnten die Eheleute daher die Zugewinngemeinschaft durch einen Güterstandswechsel beenden und den Zugewinn steuerfrei unter den Eheleuten ausgleichen. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte je nach Bedarf wieder in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurückgewechselt werden (sog. Güterstandsschaukel).
Alternativ könnte U dem K auch zunächst im Rahmen der Gründung und Einbringung des Vermögens eine werthaltige Kommanditbeteiligung schenken, welche er später an S bzw. an das Enkelkind weitergibt.
Beachten Sie | Hier ist die finanzgerichtliche Rechtsprechung zur sog. Kettenschenkung zu beachten. Zudem ist der limitierende Freibetrag zwischen Eheleuten i. H. v. 500.000 EUR zu beachten.
b) Gründung der Gesellschaft und Einbringung des Poolvermögens
Grundsätzlich kommen zwei Modelle bei der Gründung der Kommanditgesellschaft in Betracht. Zum einen kann die Gesellschaft direkt einaktig von der Elterngeneration gemeinsam mit den Kindern und Enkeln gegründet werden. Standardmäßig sollte die Gesellschaft jedoch zunächst von der Elterngeneration gegründet werden und erst in einem zweiten Schritt sollten Gesellschaftsanteile an den oder die Erwerber verschenkt werden. Dies aus folgenden Gründen:
Sollen – wie im Fallbeispiel – Minderjährige im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge bedacht werden, sollte insbesondere auf dieses zweiaktige Modell zurückgegriffen werden. Wie bereits im Grundlagenbeitrag (siehe EE 24, 122) dargelegt, ist bei der Beteiligung Minderjähriger eine familiengerichtliche Genehmigung einzuholen und zudem ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Wird hingegen ein bereits voll eingezahlter KG-Anteil übertragen, ist diese Übertragung (wenn die sonstigen Satzungsregelungen keinen Nachteil begründen) lediglich rechtlich vorteilig und damit einer der wesentlichen Prüfungspunkte übersprungen (siehe OLG München 3.8.23, 16 WF 193/23). Andernfalls würde die gesellschaftsrechtliche Einlageverpflichtung einen rechtlichen Nachteil begründen.
Zudem ist meist gewünscht, dass die Schenkung gerade aufgrund der nicht vorhersehbaren Entwicklung minderjähriger Erwerber mit verschiedenen Rückforderungsrechten, bspw. für die Fälle des Vorversterbens, der Insolvenz und des Gläubigerzugriffs, der Verfügung über den Schenkungsgegenstand und dessen Belastung etc., abgesichert wird. Dies ist bei dem zweiaktigen Modell deutlich einfacher umzusetzen, da solche Rückforderungsrechte dann, wie auch bei der „normalen“ Übertragung von Bruchteilseigentum, direkt im Rahmen des Schenkungs- und Abtretungsvertrages vereinbart werden können. Bei einer einaktigen Gründung müsste hingegen eine Surrogationslösung vertraglich ausgestaltet werden, nach welcher geregelt wird, dass die erhaltenen Gesellschaftsanteile letztlich das Surrogat der eingebrachten Vermögensgegenstände darstellen, weshalb der Einbringende im Rückforderungsfall nach seiner Wahl entweder die Immobilie herausverlangen kann oder den eingeräumten Gesellschaftsanteil.
Merke | Sollten nicht zwingende zeitliche Einschränkungen vorliegen, welche eine schnelle Errichtung des Familienpools notwendig machen, sollte regelmäßig auf eine zweiaktige Gründung zurückgegriffen werden. |
Übersicht / Gründung und Einbringung |
Die Errichtung des Familienpools läuft grundsätzlich in folgenden Schritten ab:
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Sollte die konkrete Beratungssituation – wie im Fallbeispiel – ergeben, dass eine Güterstandsschaukel sinnvoll ist, könnte der erste Schritt der Gründung insofern abgewandelt werden, als dass der Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet wird. Die Parteien des Zugewinnausgleichs vereinbaren zugleich, dass die kraft Gesetzes auf eine Geldzahlung gerichtete Verpflichtung zum Zugewinnausgleich dadurch zum Erlöschen gebracht wird, dass an Erfüllungs statt Immobilienvermögen in die gegründete Gesellschaft durch U eingebracht wird. Der Wert des Kommanditanteils des K erhöht sich hierdurch entsprechend, wobei der Zugewinnausgleich und die Werterhöhung konkret und detailscharf auszurechnen sind. Insbesondere Vorschenkungen unter den Eheleuten müssen lückenlos aufgeklärt werden.
Praxistipps | Die Leistung an Erfüllung statt begründet eine Entgeltlichkeit, sodass sämtliche insbesondere hieraus erwachsende ertragsteuerliche Fragestellungen genauestens geprüft werden müssen. So ist bspw. an § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und an den gewerblichen Grundstückshandel zu denken. Bei Minderjährigen rechtliche Nachteile im Fall der Rückforderung vermeiden Auch im Rahmen der Einbringung des Immobilienvermögens kann der Einbringende sich den Nießbrauch vorbehalten und können Rückforderungsrechte im Einbringungsvertrag aufgenommen werden. Dies stellt eine zusätzliche Absicherung des Schenkers dar, der notfalls in vordefinierten Fällen der Gesellschaft das eingebrachte Vermögen entziehen kann. Hier ist allerdings darauf zu achten, dass in diesem Fall die Hafteinlage des minderjährigen Kommanditisten nicht durch die Einbringung des Immobilienvermögens erfüllt wird. Da die Verpflichtung zur Einlage im Falle der Rückforderung wieder auflebt, läge hierin ein rechtlicher Nachteil, der zu der Verweigerung der familiengerichtlichen Genehmigung führen kann. |
2. Ausgewählte Satzungsregelungen
Ein großer Vorteil einer Familiengesellschaft ist, dass das Gesellschaftsrecht weitgehend flexible Ausgestaltungen der Satzung zulässt, während die gesetzlichen Regelungen des Miteigentums kaum disponibel und damit unflexibel sind. Im Folgenden werden daher einige regelungsbedürftige Elemente der Satzung herausgegriffen, um ein Problembewusstsein zu schaffen.
a) Gesellschaftszweck
Dem Gesellschaftszweck wird oftmals wenig Augenmerk gewidmet. Gerade bei der Beteiligung Minderjähriger ist jedoch strikt darauf zu achten, dass sich nicht aus dem Zweck der Gesellschaft eine rechtliche Nachteiligkeit der Schenkung oder ein genehmigungspflichtiger Zweck, z. B. für ein Erwerbsgeschäft i. S. d. § 1852 Nr. 1a BGB, ergeben kann. Der Gesellschaftszweck ist dementsprechend möglichst eng zu halten und auf die Verwaltung des Immobilienvermögens zu konzentrieren.
b) Gewinnbezugsrechte und Entnahmerechte
Oftmals soll der Gewinnbezug individuell ausgestaltet werden, entweder in dem Sinne, dass die Gewinne möglichst bei der Elterngeneration verbleiben oder andersherum, dass Gesellschafter ohne sonstiges Einkommen möglichst an den Erträgen beteiligt werden, um im Wege des sogenannten „Familiensplittings“ die ertragsteuerlichen Freibeträge und die Steuerprogression nutzbar zu machen.
Hier kann und sollte grundsätzlich mit vorbehaltenen Nießbrauchrechten entweder bereits auf Ebene der Einbringung des Vermögens oder auf Ebene der Anteilsübertragung gearbeitet werden. Gewinnbezugsrechte können jedoch auch gesellschaftsrechtlich disquotal ausgestaltet werden. Dies bietet sich bspw. dann an, wenn ein Ausschluss des Bezugsrechts nur zeitlich begrenzt erfolgen soll oder feste Gewinnbezugsquoten für sämtliche Erwerber vorgesehen werden sollen. Über den Gesellschaftsvertrag wäre dann eine Regelung für alle Gesellschafter möglich. Wenn hingegen Erwerber unterschiedlich behandelt werden sollen und dies nicht für sämtliche Gesellschafter ersichtlich sein soll, ist die Vereinbarung individueller Nießbrauchrechte auf Übertragungsebene vorzugswürdig.
Auch die Entnahmerechte können insofern modifiziert werden, als bspw. Entnahmebeschränkungen für minderjährige Gesellschafter oder Mindestentnahmen z. B. in Höhe der voraussichtlichen Einkommensteuerbelastung geregelt werden können. Auch kann der Elterngeneration im Rahmen der Satzung eine Mindestentnahme aus der Gesellschaft garantiert werden.
c) Eingeschränkte Übertragung und Belastung von Gesellschaftsanteilen
Bereits dem gesetzgeberisch vorgesehenen Regelungsregime entspricht es, dass KG-Anteile nur mit Zustimmung der Gesellschafter belastet oder übertragen werden können (§ 711 BGB i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB). Der Beschluss sollte mit qualifizierter Mehrheit ausgestaltet werden. Es kann allerdings eine bereits antizipierte Zustimmung, bspw. für Übertragungen an Abkömmlinge oder an andere Gesellschafter, aufgenommen werden. Regelmäßig schützen auch die im Rahmen der Übertragung vorgesehenen Rückforderungsrechte vor Alleingängen der Beschenkten.
d) Stimmrechte
Oftmals wollen die Übergeber auch nach der Übertragung weiter „das Ruder in der Hand halten“. Ein Konflikt ergibt sich insbesondere dann, wenn die Freibeträge bereits mehrmals ausgeschöpft wurden und bereits so viele Anteile übertragen wurden, dass die Erwerber irgendwann die Stimmmehrheit in der Gesellschaft vereinen und u. U. mit einer qualifizierten Mehrheit auch die Satzung aushebeln könnten. Hier sollten die Gesellschafter der Elterngeneration mit „goldenen Stimmrechten“ und Vetorechten ausgestattet werden. So wird sichergestellt, dass die verbleibende wirtschaftliche Beteiligung nicht zu einer Verwässerung der Stimmrechte führt. Es ist insbesondere auch der überlebende Ehepartner in den Blick zu nehmen und auch dieser entsprechend abzusichern.
Merke | Bei gewerblich geprägten Gesellschaften ist steuerlich Vorsicht geboten, da eine von der Gesellschafterstellung abweichende Zuordnung von Stimmrechten eine Mitunternehmerschaft und damit verbundene Privilegierungen entfallen lassen kann. |
e) Kündigungsausschlüsse und Abfindungsregelungen
Grundsätzlich möglich ist es auch, dass ordentliche Kündigungen der Gesellschafter für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen werden. Hinsichtlich der Dauer spielen zwei Faktoren eine wesentliche Rolle. Einerseits ist die Rechtsprechung zu der Thematik im Blick zu behalten, da nach dem BGH die konkreten Umstände des Einzelfalles bei der Frage der Zulässigkeit eines Ausschlusses zu beachten sind. Dass die Familiengesellschaft vermögensverwaltend tätig ist, dürfte für die Möglichkeit eines längeren Ausschlusses sprechen. Man sollte dennoch Mandantenwünsche durchaus auch kritisch hinterfragen. So kann ein erzwungener Verbleib in der Gesellschaft zwar dem Erhalt des Familienvermögens dienen, gleichzeitig aber die Gesellschaft durch konstante Streitigkeiten lähmen.
Ein besonderes Augenmerk sollte auch den Abfindungsregelungen gewidmet werden, wobei auch hier die umfangreiche Rechtsprechung zu der Thematik in den Blick zu nehmen ist. Standardisiert dürfte sein, zur Liquiditätsschonung einen gewissen Abschlag auf die Abfindungshöhe vorzunehmen und die Abfindung zeitlich über einen längeren Zeitraum zu strecken. Inwieweit man hier eingreift, sollte mit dem Mandanten eingehend besprochen werden und auch anhand der voraussichtlichen Liquiditätslage der Gesellschaft geplant werden.
3. Fazit
Das Gesellschaftsrecht ist aufgrund der großen Flexibilität meist nicht der limitierende Faktor. Dementsprechend folgt der jeweilige Satzungsinhalt aus der konkreten Beratungssituation und den konkreten Mandantenwünschen. Sehr viele dieser Vorstellungen sind auch abbildbar. Auch wenn der Familienpool nicht mit gesonderten steuerlichen Privilegierungen einhergeht, sprechen die gesellschaftsrechtliche Flexibilität und auch die auf lange Sicht reduzierten Transaktionskosten oftmals für den Einsatz dieser Strukturen.
AUSGABE: EE 9/2024, S. 151 · ID: 50128712