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FamilienpoolDer „Familienpool“ als Gestaltungsalternative bei der vorweggenommenen Erbfolge
| Insbesondere, wenn ein größeres Immobilienvermögen in die nächste Generation übertragen werden soll, sollte zwingend über die Errichtung eines „Familienpools“ als Alternative zur unmittelbaren Übertragung von (Mit-)Eigentum nachgedacht werden. Das Anwendungsfeld „Familienpool“ beschränkt sich allerdings nicht auf Immobilien. Auch Aktiendepots, Beteiligungen etc. können in solchen vermögensverwaltenden Familiengesellschaften gebündelt und anschließend mittelbar auf Gesellschaftsebene übertragen werden. |
1. Beweggründe und Gestaltungsmöglichkeiten
Nicht abschließend sollen hier einige Argumente für die Wahl einer Familiengesellschaft im Rahmen der Vermögensfolge herausgestellt werden:
a) Erhalt des Familienfriedens und -vermögens
Die Übertragung von Immobilien im Rahmen der Nachfolgeplanung stellt den bzw. die Übergeber meist vor einige Herausforderungen. Die starren gesetzlichen Regelungen der Miteigentümergemeinschaft sind unflexibel und streitfördernd, sodass eine direkte Übertragung von Bruchteilseigentum auf mehrere Abkömmlinge – insbesondere, wenn diese minderjährig sind – gut überlegt werden sollte. Zudem sind Immobilien aufgrund ihrer jeweiligen Lage, ihres Zuschnitts und der jeweiligen Vermietungssituation nur in den seltensten Fällen vergleichbar. Bei mehreren Erben gestaltet sich eine „gerechte“ Verteilung des Familienvermögens daher meist schwierig, zumal sich die Wertentwicklung einzelner Immobilien für die Zukunft nur schwer antizipieren lässt.
Durch die Einbringung meist unterschiedlicher Immobilien in den Familienpool und die damit einhergehende Verlagerung der Vermögensnachfolge auf die Ebene der Übertragung von Gesellschaftsanteilen partizipieren grundsätzlich sämtliche Gesellschafter gleichermaßen an den Wertsteigerungen und Erträgen des in einer Gesellschaft gebündelten Immobilienvermögens.
Das Gesellschaftsrecht ist dabei weitgehend disponibel, sodass mithilfe von dezidierten Satzungsregelungen zur Geschäftsführung, zu Stimmrechten und zu Ausschüttungen sichergestellt werden kann, dass die übergebende Elterngeneration auch nach einer Übertragung einer Mehrheit der Gesellschaftsanteile und auch nach dem Ableben des Erstversterbenden das Ruder in der Hand behält. Auch die Möglichkeit der späteren Umschichtung des eingebrachten Gesellschaftsvermögens kann sichergestellt werden. Alternativ können die Abkömmlinge jedoch auch schrittweise und bereits zu Lebzeiten an die Vermögensverwaltung in der Gesellschaft herangeführt werden, um hier etwaige Interessen und Stärken auszuloten.
Anhand von eingeschränkten Kündigungsmöglichkeiten, zeitlich gestreckten und der Höhe nach beschränkten Abfindungen, anhand von Vinkulierung der Anteile und der Qualifizierung von Nachfolgern kann der Übergeber zu Lebzeiten die Weichen für den Erhalt des Familienvermögens stellen. Auch können künftige Gesellschafter sowohl im Rahmen der Übertragung als auch durch die Satzung zum Abschluss von Eheverträgen angehalten werden. Es kann damit nicht nur der Gesellschafterkreis eingeschränkt werden, auch etwaigen Streitigkeiten kann vorgebeugt werden.
b) Individuelle Zuordnung der wirtschaftlichen Vorteile
Insbesondere bei hohen Erträgen des eingebrachten Vermögens besteht unter Umständen ein Interesse der Übergeber, den (ggf. sogar minderjährigen) Abkömmlingen keine größeren liquiden Mittel zukommen zu lassen, über welche nach Erreichen der Volljährigkeit frei verfügt werden kann. Oftmals benötigen die Übergeber zudem die Erträge zur Deckung des täglichen Bedarfs und der Alterssicherung. Hier bieten sich drei Lösungswege an:
- Ein Nießbrauchsrecht wird seitens der Übergeber bereits im Rahmen der Einbringung der Vermögensgegenstände in den Pool vorbehalten.
- Ein Nießbrauchsrecht wird an den schenkweisen übertragenen Anteilen vorbehalten.
- Der Gewinn wird über eine entsprechende Satzungsregel ggf. disquotal verteilt.
Welcher dieser Varianten der Vorzug zu gewähren ist, bestimmt sich – wie so oft – nach dem konkreten Einzelfall. Eine generelle Aussage verbietet sich.
Die erste Variante bietet sich insbesondere an, wenn die laufenden Beratungskosten möglichst gering gehalten werden sollen. Auf Ebene der Gesellschaft werden dann keine Erträge erzielt, sondern ausschließlich auf Ebene des einbringenden Nießbrauchsberechtigten. Die Anforderungen an die laufende Beratung auf Ebene der Gesellschaft können so reduziert werden.
Zudem ist die erste Variante vertraglich einfacher auszugestalten, wenn die Gründung der Gesellschaft und die schenkweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen nicht zweiaktig erfolgen sollen, sondern den Abkömmlingen direkt eine Gesellschafterstellung im Rahmen der Gründung eingeräumt werden soll. Weiter ist nur so eine grundbuchrechtliche Sicherung des Nießbrauchs mit den entsprechenden gesicherten Rangvorteilen abbildbar.
Die zweite und dritte Variante ist insbesondere dann vorteilig, wenn das eingebrachte Immobilienvermögen absehbar umgeschichtet werden soll und ein rein gegenstandsbezogener Nießbrauch an den Immobilien damit zu kurz greift. Zudem kann auf diese Weise auch zielgenau bestimmt werden, welche Gesellschaftsanteile mit einem Nießbrauch belastet werden sollen und welche nicht, während ein Nießbrauch an der eingebrachten Immobilie dem gesamten Pool die Erträge entzieht.
Praxistipp | Zwei Problemkreisen sollte im Rahmen der Strukturierung des Familienpools eine erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet werden. Zum einen ist darauf zu achten, dass der Nießbrauch so ausgestaltet wird, dass Erhaltungsaufwendungen auch weiterhin dort steuerlich geltend gemacht werden können, wo auch die Erträge erzielt werden. Zum anderen ist bei der Ausgestaltung eines Nießbrauchsrechts an Gesellschaftsanteilen große Sorgfalt walten zu lassen. Dies insbesondere deshalb, da der BGH zwischenzeitlich zwar entschieden hat, dass ein Nießbrauch auch an Gesellschaftsbeteiligungen bestellt werden kann, weitergehende Fragen der Wahrnehmung von Stimmrechten und der Verwaltung der Gesellschaft jedoch weiter unklar und teilweise umstritten sind. |
c) Steuerliche Erwägungen
Vor die Klammer gezogen kann konstatiert werden, dass der Einsatz von Familiengesellschaften – abgesehen von exotischen und damit ggf. unsicheren Gestaltungen – steuerlich keine „Wunderwaffe“ darstellt. Gleichzeitig können sämtliche Privilegierungen, Freibeträge und Abzugsmöglichkeiten auch hier nutzbar gemacht werden, sodass der Einsatz von Familiengesellschaften steuerlich neutral ist. Personengesellschaften sind insofern steuerlich transparent. Hier ein kurzer Überblick über die wichtigsten Aspekte:
aa) Grundsteuer
Im Kontext der Grundsteuer hat die Einführung des MoPeG zunächst zu großen Unsicherheiten geführt, da mit dem Gesetz das Gesamthandsprinzip bei Personengesellschaften aufgegeben wurde, die bisherigen Grundsteuerbefreiungen bei der Einbringung jedoch an dieses Gesamthandsprinzip anknüpften. Bis kurz vor Ende 2023 war aufgrund gesetzgeberischer Untätigkeit damit nicht klar, ob die Immobilieneinbringung mit Einführung des MoPeG zum 1.1.24 Grundsteuern auslösen wird oder nicht. Erst kurz vor Jahresende hat der Gesetzgeber mit § 24 GrEStG die Privilegierung von Personengesellschaften im Rahmen des GrEStG zunächst befristet zum 31.12.26 fortgeschrieben. Sollte die Privilegierung von Personengesellschaften nach dem 31.12.26 entfallen, unterläge die Einbringung von Immobilien in eine Personengesellschaft der Grunderwerbsteuer, was die Attraktivität von Familienpools deutlich einschränken dürfte. Das Thema ist deshalb im Blick zu behalten und Mandanten sind entsprechend darauf hinzuweisen. Privilegiert ist nur die Einbringung in Personengesellschaften. Die Einbringung in eine GmbH löst Grunderwerbsteuern aus.
bb) Schenkungsteuer
Aufgrund der steuerlichen Transparenz der Personengesellschaft und des steuerlichen Blicks auf die beteiligten Gesellschafter ergeben sich hier kaum Unterschiede zu einer direkten Übertragung von Eigentum. Das eingebrachte Gesellschaftsvermögen ist steuerlich nach den bekannten Regeln des BewG zu bewerten und repräsentiert den steuerlichen Wert des übertragenen Anteils. Auch bei dem Einsatz von Familiengesellschaften sind die Schenkungsteuerfreibeträge nach § 16 ErbStG zu beachten, wobei diese Freibeträge alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden können, vgl. § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Auch hier führt ein vorbehaltener Nießbrauch zu einer Reduktion des steuerlichen Erwerbs. Ebenfalls gelten sämtliche Privilegien wie bspw. § 13d ErbStG. Das Nutzbarmachen der Freibeträge durch sukzessive Anteilsübertragungen ist jedoch insofern besonders attraktiv, als Anteilsübertragungen bei Personengesellschaften keinem Beurkundungszwang unterliegen und die Beteiligung nicht laufend grundbuchrechtlich nachvollzogen werden muss. Die Transaktionskosten können bei einem größeren Vermögen damit reduziert werden.
cc) Ertragsteuer
Vorbehaltlich einer alternativen Ausgestaltung der Gewinn- und Verlustverteilung aus der Vermietung und Verpachtung des Immobilienvermögens (vgl. oben) unterliegen diese Einkünfte der Einkommensteuer auf der Ebene der Gesellschafter, wobei grundsätzlich die jeweiligen Anteile an der Gesellschaft maßgeblich sind. Durch Ausnutzung sämtlicher Freibeträge der Gesellschafter und durch Ausnutzung der Progression der Einkommensbesteuerung kann die Ertragsteuerlast der gesamten Familie optimiert werden (sog. Familiensplitting). Auch hier sollte der Berater die ertragsteuerlichen Minenfelder wie „Spekulationsbesteuerung“ i. S. d. § 23 EStG und gewerblicher Grundstückshandel stets kritisch im Blick behalten.
2. Die Wahl der passenden Rechtsform
Wenn die Analyse der o. g. Vor- und Nachteile zu dem Ergebnis führt, dass eine Familiengesellschaft eingesetzt werden soll, stellt sich anschließend die Frage, in welcher Rechtsform der Familienpool gegründet werden soll. In der Praxis kommen grundsätzlich folgende Rechtsformen im Rahmen der Errichtung eines Familienpools in Betracht:
- Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
- Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
- Kommanditgesellschaft (KG)
Der Rückgriff auf eine GmbH kommt meist nur aus steuerlichen Gründen in speziellen Konstellationen in Betracht, welche aufgrund des vornehmlich erbrechtlichen und damit zivilrechtlichen Blickwinkels dieses Beitrags nicht tiefergreifend beleuchtet werden sollen. Als Beispiel sei erwähnt, dass durch das Einbringen von Immobilien in eine GmbH neues AfA-Potenzial geschaffen wird. In den meisten sonstigen Konstellationen dürfte allein der Umstand, dass die Einbringung des Immobilienvermögens Grunderwerbsteuer auslöst und sämtliche Satzungsänderungen und Anteilsübertragungen eine notarielle Beurkundung erfordern, prohibitiv wirken. Auch eine Haftungsbeschränkung beispielsweise bei „Problemimmobilien“ lässt sich beispielsweise durch das Zuschalten einer GmbH als Komplementärin zu einer GmbH & Co. KG darstellen. Hier ist allerdings zu beachten, dass eine solche GmbH & Co. KG grundsätzlich gewerblich geprägt ist, mit den entsprechenden Steuerfolgen.
Unter den Personengesellschaften ist für die weit überwiegenden Anwendungsfälle die KG das Mittel der Wahl.
Auch nach Inkrafttreten des MoPeG dürfte sich dieser Trend nicht umkehren, sondern vielmehr noch verstärken. Dies insbesondere deshalb, weil mit Einführung von § 707 BGB n. F. i. V. m. § 47 Abs. 2 GBO ein faktischer Eintragungszwang der GbR in das neu geschaffene Gesellschaftsregister vorliegt, da nur in diesem Fall eine GbR an dem Grundbuchverkehr teilnehmen kann. Das bislang stets bemühte Argument einer größeren Anonymität bei der Verwendung einer GbR hat sich damit egalisiert, ebenso wie auch das Kostenargument einer bislang nicht notwendigen Eintragung. Da eine Familiengesellschaft ihr Potenzial erst mit einer dezidiert ausgestalteten Satzung entfaltet, welche rechtsformunabhängig mit Beratungsbedarf einhergeht, greift auch hier ein Kostenargument i. d. R. zu kurz. Hinzu kommen weitere Argumente:
Sollen Minderjährige an der Gesellschaft beteiligt werden, stellt sich die Frage, ob im Rahmen der schenkweisen Einräumung der Gesellschaftsbeteiligung und auch im Rahmen der laufenden Verwaltung für die minderjährigen Kinder Ergänzungspfleger bestellt und familiengerichtliche Genehmigungen eingeholt werden müssen. Dies insbesondere deshalb, weil die Vertretung der Kinder durch die Eltern bei Insichgeschäften und bei der Vertretung mehrerer Abkömmlinge ausgeschlossen ist (vgl. §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1795 Abs. 1 und 2 BGB).
GbR-Gesellschafter haften gem. § 128, 130 HGB analog unbeschränkt für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Dies hat zur Folge, dass eine Beteiligung Minderjähriger an einer GbR nie lediglich rechtlich vorteilhaft gem. § 107 BGB ist. Es ist damit stets mindestens ein Ergänzungspfleger zu bestellen und eine familiengerichtliche Genehmigung einzuholen. Notwendige familiengerichtliche Genehmigungen werden hingegen in der Praxis kaum noch erteilt. Aufgrund der gem. § 161 Abs. 1 HGB auf die Haftsumme beschränkten Kommanditistenhaftung ist die Beteiligung des Minderjährigen und auch die spätere Verwaltung der Gesellschaft unter Beteiligung Minderjähriger vereinfacht umsetzbar.
Praxistipps |
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- Mit der Gestaltung der Satzung, der Einbringung und der Anteilsübertragung bei einem Familienpool befasst sich ein Folgebeitrag in EE.
AUSGABE: EE 7/2024, S. 122 · ID: 50061056