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Notarielles NachlassverzeichnisBGH äußert sich zu Kernfragen des notariellen Nachlassverzeichnisses, § 2314 Abs. 1 S. 1 und 3 BGB
| Der BGH hatte sich im Rahmen der Einlegung der Rechtsbeschwerde mit wesentlichen Fragen der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu beschäftigen. |
Abruf-Nr. 240748
Ergänzend zu seiner bisherigen Rechtsprechung und zu einem Nichtannahmebeschluss des BVerfG (BGH NJW 16, 2943) hat der BGH (7.3.24, I ZB 40/23, Abruf-Nr. 240748) im Wesentlichen ausgeführt:
Gesetzgeberischer Zweck des § 2314 BGB ist es, dem Pflichtteilsberechtigten die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung des Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen (BGH NJW 19, 231). Ein notarielles Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft als das Privatverzeichnis des Pflichtteilsbelasteten bieten (BVerfG a. a. O.). Dementsprechend muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet (BGH NJW 19, 231).
Der Notar ist in der Ausgestaltung des Verfahrens weitgehend frei. Er muss zunächst von den Angaben des Auskunftspflichtigen ausgehen. Allerdings darf er sich hierauf nicht beschränken und insbesondere nicht lediglich eine Plausibilitätsprüfung durchführen. Dabei hat er diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten würde (vgl. BGH NJW 19, 231; NJW 20, 2187).
Liegt ein notarielles Nachlassverzeichnis vor, so ist die Pflicht zur Auskunftserteilung gemäß § 2314 Abs. 1 S. 1 und 3 BGB erfüllt und der Pflichtteilsberechtigte kann grundsätzlich nicht dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Vielmehr ist er in diesem Fall, soweit die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB vorliegen, auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung verwiesen.
Von diesem Grundsatz sind jedoch verschiedene Ausnahmen anerkannt (BGH NJW 20, 2187). Es kann dann ein Anspruch auf Ergänzung bzw. Berichtigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses bestehen, wenn
- sich der Notar auf die Wiedergabe der Bekundungen des Erben ohne eigene Ermittlungstätigkeit beschränkt,
- die Auskunft zwar dem Wissensstand des Verpflichteten entspricht, dieser sich jedoch fremdes Wissen trotz Zumutbarkeit nicht verschafft hat oder
- in dem Verzeichnis eine unbestimmte Mehrheit von Nachlassgegenständen – etwa aufgrund eines Rechtsirrtums des Pflichtigen – nicht aufgeführt ist und beispielsweise Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen.
AUSGABE: EE 5/2024, S. 73 · ID: 49999306