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TestierverbotWirksame Erbeinsetzung eines behandelnden Arztes?

Abo-Inhalt24.01.2024312 Min. Lesedauer

| Das OLG Frankfurt hatte sich u. a. mit der Frage zu beschäftigen, ob die Erbeinsetzung eines behandelnden Arztes (teil-)nichtig ist. |

Die Erblasserin hatte ihren behandelnden Arzt in mehreren Testamenten, zuletzt in einem Testament aus dem Jahr 2021, neben weiteren Personen zum Miterben eingesetzt. Auf ihr Bitten hin hat der Arzt die Testierfähigkeit der Erblasserin auf dem Testament mit einem Vermerk bestätigt. Nach dem Tod der Erblasserin beantragten der behandelnde Arzt und zwei weitere Miterben die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage dieses Testaments.

Im Erbscheinsverfahren hatte einer der übrigen Miterben das Testament mit der Begründung angefochten, es liege ein Verstoß gegen § 32 der Berufsordnung der hessischen Ärztekammer (BO-Ä) vor. Gemäß § 32 Abs. 1 BO-Ä ist es „Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten Geschenke oder andere Vorteile … sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird“. Zudem sei die herzkranke und pflegebedürftige Erblasserin testierunfähig gewesen. Der Miterbe hatte seinerseits einen Erbscheinsantrag auf Grundlage eines vorangegangenen Testaments gestellt.

Das Nachlassgericht hatte beide Erbscheinsanträge zurückgewiesen. Das Testament aus dem Jahr 2021 sei betreffend die Erbeinsetzung des behandelnden Arztes wegen eines Verstoßes gegen § 32 BO-Ä teilnichtig, so dass keiner der beiden Erbscheinsanträge zutreffend sei. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Arzt mit der Beschwerde, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat. Nach Vorlage der Entscheidung an das OLG Frankfurt (21.12.23, 21 W 91/23, Abruf-Nr. 239202) hat dieses der Beschwerde stattgegeben. Sie sei begründet, weil der Arzt wirksam als Miterbe eingesetzt worden sei.

Die Regelung in der Satzung der Ärztekammer stelle zwar im Ausgangspunkt ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB dar. Eine verfassungskonforme Auslegung ergebe jedoch, dass ein etwaiger Verstoß des Arztes nicht zur Nichtigkeit der Testierung durch den Erblasser führe. Anders als vergleichbare Verbotsgesetze für den Bereich der Pflege in Heimen (früher § 14 HeimG, heute § 6 HBPG), deren Schutzbereich auch den Testierenden erfasse, richte sich § 32 BO-Ä in erster Linie an den behandelnden Arzt als Mitglied der Ärztekammer. § 32 BO-Ä enthalte demnach kein an den Testierenden gerichtetes Testierverbot. Eine solche Auslegung würde einen unangemessenen Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Testierfreiheit darstellen, so das OLG. Das OLG Frankfurt hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Merke | § 30 BO-Ä in Hessen und entsprechende Regelungen anderer Ärztekammern können mit der neuen Regelung des § 30 Abs. 1 BtOG verglichen werden. Nach allgemeiner Meinung stellt dieses Verbot, Begünstigungen anzunehmen, eine Berufspflicht des Betreuers dar und beeinträchtigt deshalb die Testierfreiheit nicht. Die Annahmeverbote für „Vorteile“ finden sich auch in anderen Vorschriften, wie z. B. § 71 Abs. 1 BBG, § 3 Abs. 2 TVöD, § 78 Abs. 2 ZDG sowie § 32 Pfarrdienstgesetz EKD und sind in ihrer Bedeutung umstritten. Ggf. wird in dieser Sache der BGH auf eine Rechtsbeschwerde entscheiden.

AUSGABE: EE 2/2024, S. 19 · ID: 49871225

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