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Arbeitseffizienz„Wir dürfen gewonnene Arztzeit nicht an die Bürokratie verlieren!“
| Ärztinnen und Ärzte an Krankenhäusern arbeiten viel. Aber arbeiten sie auch effizient? Dr. Yüksel König sieht Potenzial, um den Arbeitsalltag effizienter zu gestalten. Als Chefärztin der Klinik für Endokrine Chirurgie des Vivantes Humboldt-Klinikums in Berlin-Reinickendorf weiß sie, wovon sie spricht. Ursula Katthöfer (textwiese.com) fragte sie nach ihren Erfahrungen bei der Optimierung der Arztzeit. |
Frage: Frau Dr. König, was müsste sich ändern, damit Ärzte effizienter arbeiten können – die Struktur im Krankenhaus oder das persönliche Zeitmanagement?
Antwort: Beides muss optimiert werden. Wenn Ärzte ihre Aufgaben überwiegend durch Multitasking erledigen müssen, weist dies auf einen dringenden Optimierungsbedarf bei internen Prozessen und Strukturen hin. Wir müssen besser priorisieren – es ist ein Trugschluss, dass Multitasking zu mehr Effizienz führt. Besonders die junge Ärztegeneration geht anders mit Aufgaben um, was einen Wandel bewirkt. Der entscheidende Faktor liegt jedoch in den Strukturen und Prozessen im Krankenhaus. Eine effiziente Patientenaufnahme, durchdachte Behandlungspläne und klare Kommunikation im Team sind unverzichtbar.
Frage: Wo wird Arbeit doppelt gemacht und was ließe sich dagegen tun?
Antwort: Doppelte Arbeit entsteht oft durch ineffiziente Abläufe und fehlende oder unzureichende Kommunikation zwischen den Bereichen – sowohl innerhalb des Krankenhauses als auch zwischen ambulantem und stationärem Sektor. Ein zentrales Defizit liegt im Informationsmanagement: Häufig fehlen zeitnahe und vollständige Informationen, was dazu führt, dass Patienten mehrfach befragt oder Untersuchungen wiederholt werden müssen. Um dieses Problem zu lösen und Informationen schnell auszutauschen, haben wir das digitale mobile System CheckPad MED eingeführt. Über PC, Tablet oder Smartphone können Kollegen per Chat Rückfragen stellen, Informationen teilen und Benachrichtigungen senden. So wird die Kommunikation deutlich verbessert und redundante Arbeit vermieden. Besonders die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) stellt einen entscheidenden Schritt dar, um den Informationsaustausch zu beschleunigen und die Arbeitsabläufe zu optimieren.
Frage: Andererseits erleben Patienten im Krankenhaus viel Leerlauf, weil sie lange auf Untersuchungen und Gespräche warten. Wie ließe sich das vermeiden?
Antwort: Durch effizientere Arbeitsabläufe, bessere Personalausstattung und klare Zuständigkeiten. Am Humboldt-Klinikum haben wir spezialisierte Departments eingeführt, um die Versorgung gezielt zu optimieren. Im Department für Chirurgie sind vier Kliniken entstanden: Hernienchirurgie, Pankreas- und Leberchirurgie, endokrine Chirurgie und Koloproktologie. Diese Struktur ermöglicht es uns, fokussiert auf Krankheitsbilder einzugehen und individuelle Checklisten für jeden Bereich zu nutzen. Leerlauf und Wartezeiten wurden durch optimierte Prozesse und ein digitales Terminbuch reduziert, sodass Patienten innerhalb von 30 Minuten aufgesucht werden.
Frage: Das verlangt von Ihnen als Chefärztin und Ihrem Team aber eine hohe Flexibilität.
Antwort: Das stimmt. Mit einer gut abgestimmten Planung können wir unsere Zeit gezielt für die Patienten nutzen, was auch für die OP-Planung gilt: Um Ausfälle zu vermeiden, haben wir einen Rufdienst eingerichtet, der bei Krankheitsfällen einspringt. Allerdings besteht durch den Fachkräftemangel das Risiko, die durch Optimierung gewonnene Arztzeit durch Bürokratie und andere nicht patientennahe Aufgaben zu verlieren.
Mir persönlich ist wichtig, Zeit für den direkten Patientenkontakt zu haben, denn das ist der Kern unserer Profession: Menschen bestmöglich zu behandeln. Genau das gibt unserer Arbeit Sinn und Zufriedenheit. Um dies zu erreichen, spielt persönliches Zeitmanagement eine entscheidende Rolle. Wir müssen lernen, Aufgaben effektiv zu delegieren. Klare, verständliche und wertschätzende Kommunikation ist dabei essenziell. Je präziser die Absprachen sind, desto weniger Zeitverlust und Fehler entstehen.
Frage: Was ließe sich sowohl bei der Arzt-Patienten-Kommunikation als auch bei der Kommunikation im Team verbessern?
Antwort: Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Es ist entscheidend, nicht nur zu sprechen, sondern sicherzustellen, dass ich verstanden werde – und genauso wichtig, dass ich selbst verstehe. Wenn wir Patienten oder ihren Angehörigen Diagnose und Behandlungsplan verständlich erklären, reduziert das Nachfragen und gibt Sicherheit. Ein Flyer oder eine Broschüre kann ergänzen, ersetzt aber nie das persönliche Gespräch – besonders bei Patienten mit Sprachbarrieren oder unterschiedlichen soziokulturellen Hintergründen. Im Team ist Kommunikation ebenfalls der Schlüssel, um alle einzubinden. 2025 planen wir einen Teamtag, an dem wir uns intensiv mit Abläufen und Zuständigkeiten befassen. Solche Fortbildungen sind wichtig, um neue Prozesse zu etablieren. Dabei machen wir keinen Unterschied zwischen Ärzteschaft und Pflege – sie sind untrennbar miteinander verbunden. Am Ende zählt: Nur wenn wir klar und respektvoll miteinander sprechen, können wir gemeinsam die bestmögliche Versorgung für unsere Patienten sicherstellen. Das ist unser Ziel, und das treibt uns an.
Frau Dr. König, vielen Dank für das Gespräch! L
- „Wer jungen Kollegen ein besseres Selbstmanagement nahelegt, entlastet sich selbst!“(CB 05/2024, Seite 4 f.)
- „Bedürfnisorientiertes Arbeiten dient dem Personal, den Patienten und dem Krankenhaus!“ (CB 08/2023, Seite 17 ff.)
AUSGABE: CB 2/2025, S. 8 · ID: 50268707