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LeistungserbringungKeine Heilmittelblankotherapien durch Krankenhäuser
| Seit dem 01.11.2024 können sogenannte Blankoverordnungen für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten in der Physiotherapie ausgestellt werden. Diese gilt für über 100 Schulter-Diagnosen aus der physiotherapeutischen Diagnosegruppe EX. Grundlage ist der „Vertrag nach § 125a (Sozialgesetzbuch) SGB V über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung in der Physiotherapie“ inklusive der Anlagen (iww.de/s12285). Viele Krankenhäuser betreiben Physiotherapieabteilungen, die auch ambulante Leistungen erbringen. Nach der bisherigen Rechtslage ist jedoch den Physiotherapieabteilungen der Krankenhäuser die Leistungserbringung bei Blankoverordnungen versagt. |
Hintergrund: Blankoverordnung sorgt für mehr Flexibilität
Der Gesetzgeber hat die Blankoverordnungen Ende 2024 auf Wunsch von Ärzteschaft und Heilmittelerbringern ermöglicht. Seitdem können bei über 100 Schulter-Diagnosen Blankoverordnungen ausgestellt werden. Das heißt, dass ärztlicherseits kein konkretes Heilmittel mehr verordnet wird. Vielmehr entscheidet der Heilmitteltherapeut über das Heilmittel innerhalb der Diagnosegruppe EX (z. B. Krankengymnastik) sowie die Anzahl und Frequenz der Therapie. Dadurch sollen die Heilmitteltherapeuten die Therapie flexibler gestalten können. Die Blankoverordnungen gelten für einen Zeitraum von 16 Wochen.
Die Therapeutinnen und Therapeuten tragen sodann jedoch auch das „Wirtschaftlichkeitsrisiko“. Aus der Praxis ist bereits bekannt geworden, dass insbesondere niedergelassene Ärztinnen und Ärzte gern auf die „Blankoverordnung“ umstellen, um so selbst dem Risiko einer Wirtschaftlichkeitsprüfung auszuweichen bzw. anders formuliert, das Risiko so an die Therapeuten weiterzureichen. Diese sind wiederum gut beraten, sich mit dem gleichermaßen eingeführten „Ampelsystem“ bei der Wahl der Therapie und deren Ausgestaltung zu beschäftigen: Eine unverhältnismäßige Mengenausweitung wird andernfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in ein Prüfverfahren münden, bei dem sodann Regresse drohen. Bekanntermaßen sind etwaig geleistete Therapien im Falle eines Regresses nicht „gegenzurechnen“, der Therapeut zahlt bei Unwirtschaftlichkeit also den (vermeintlichen) Schaden der Kostenträger, da unwirtschaftliche Leistungen nicht erbracht werden dürfen im System, vgl. § 2 SGB V.
Therapeuten haben Informationen über die erfolgte Behandlung an die Verordnerin oder den Verordner nachlaufend zu übermitteln, wenn auf einer Heilmittelverordnung mit erweiterter Versorgungsverantwortung ein Therapiebericht angefordert wurde.
Krankenhäuser haben keine Leistungsberechtigung
Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und ihnen vergleichbare Einrichtungen können gemäß § 124 Abs. 5 SGB V unter bestimmten Voraussetzungen an der Versorgung von GKV-Versicherten mit Heilmitteln teilnehmen. Viele Häuser haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und erfüllen insoweit den bestehenden Versorgungsbedarf im Bereich der Heilmittelherapie. Die Blankoverordnungen wurden rechtlich durch einen Vertrag nach § 125a SGB V eingeführt, der zwischen dem GKV-Spitzenverband und verschiedenen Verbänden von Physiotherapeuten geschlossen wurde. Dieser Vertrag schließt Krankenhäuser jedoch von der Leistungserbringung aus.
Geltungsbereich gemäß § 1 des Vertrags zur Blankoverordnung |
„Leistungen nach diesem Vertrag dürfen nicht von Leistungserbringern nach § 124 Abs. 5 SGB V abgegeben werden. Darüber hinaus sind die Vorschriften für Verordnungen mit erweiterter Versorgungsverantwortung (Anm.: Blankoverordnungen) nach § 73 Abs. 1 SGB V i. V. m. den Regelungen dieses Vertrags für Krankenhausärztinnen und -ärzte im Rahmen des Entlassmanagements nicht anwendbar.“ |
Warum die Physiotherapieabteilungen der Krankenhäuser ausgeschlossen wurden, ist dem Verfasser nicht bekannt. Sinnvoll erscheint dieser Ausschluss angesichts der relevanten Versorgungsleistung, die durch diese Abteilungen erbracht wird, nicht. Entsprechend hat auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft im Gesetzgebungsverfahren erneut Stellung bezogen mit dem Anliegen, hier Abhilfe zu schaffen. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten.
Patienten ohne übliche Verordnung müssen auf andere Leistungserbringer ausweichen
Bis auf Weiteres sind Physiotherapieabteilungen der Krankenhäuser somit von der Leistungserbringung bei Blankoverordnungen ausgeschlossen. Patientinnen und Patienten müssen entweder auf andere Leistungserbringer verwiesen werden unter Hinweis auf die Rechtslage oder aber gebeten werden, den verordnenden Arzt um Ausstellung einer üblichen Heilmittelverordnung zu bitten. Vielfach wird dies auch ohne relevantes Regressrisiko möglich sein, wenn ein besonderer Versorgungsbedarf im Sinne der Heilmittelrichtlinie vorliegt, was etwa bei Schulterläsionen (ICD M75.1) der Fall ist. Hier ist in der Beratungspraxis festzustellen, dass vielen verordnenden Ärzten die Vorgaben zum besonderen Versorgungsbedarf nicht (ausreichend) bekannt sind.
Auch beim Entlassmanagement keine Blankoverordnung
Abschließend ist noch klarzustellen, dass Blankoverordnungen auch nicht im Rahmen des Entlassmanagements möglich sind; dies ist nachvollziehbar, da das Entlassmanagement nur dazu dienen soll, den Übergang für den Patienten bis zur nächsten Vorstellung in der Praxis des niedergelassenen Kollegen zu sichern. Ob und welche Heilmittelverordnung sodann ausgestellt wird, muss sodann systemgetreu in der Tat der niedergelassene Kollege entscheiden. Losgelöst davon kann ein ermächtigter Arzt aber, soweit er Heilmittelverordnungen ausstellen darf, auch Blankoverordnungen ausgeben.
AUSGABE: CB 2/2025, S. 12 · ID: 50289286