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CBChefärzteBrief

VergütungBei MD-Prüfung zur Qualitätssicherungsrichtlinie Bauchaortenaneurysma durchgefallen – und jetzt?

Abo-Inhalt21.06.20236527 Min. LesedauerVon RA, FA MedR Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte, Hannover

| Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat u. a. für zugelassene Krankenhäuser Richtlinien zur Qualitätssicherung erlassen. Deren Einhaltung hatte der Medizinische Dienst (MD) in den letzten Jahren aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht geprüft. Inzwischen wird dies aber verstärkt nachgeholt. Unter den Krankenhausträgern sorgt dies für erhebliche Unruhe. Denn wer die Prüfung nicht besteht, muss mit enormen Umsatzverlusten rechnen. Prüfgegenstand sind u. a. die Qualitätssicherungsrichtlinie Bauchaortenaneurysma (QBAA-RL) und voraussichtlich ab dem 01.01.2024 die Richtlinie zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL). Wie Sie auf einen negativen MD-Prüfbescheid zur QBAA-RL reagieren, lesen Sie in diesem Beitrag, ein Folgebeitrag befasst sich mit MD-Prüfungen zur PPP-RL. |

Rechtlicher Hintergrund und Bedeutung

In den §§ 136 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) V hat der Gesetzgeber den G-BA ermächtigt, für die vertragsärztliche Versorgung und für zugelassene Krankenhäuser u. a. Qualitätssicherungsrichtlinien zu erlassen. Wichtige Bestandteile der Richtlinien sind differenzierte Leistungsanforderungen und Personaluntergrenzen gemäß PPP-RL. Nach der PPP-RL sind Krankenhäuser verpflichtet, die Zahlen über die Einhaltung der Personaluntergrenzen quartalsweise zu melden. Kommt das Krankenhaus seiner Mitwirkungspflicht nicht fristgerecht nach, wird dies schon jetzt mit Vergütungsabschlägen sanktioniert.

Merke | Bzgl. der Einhaltung der QBAA-RL gelten die Sanktionsregelungen schon jetzt. Für die PPP-RL sollen sie erst zum 01.01.2024 scharf geschaltet werden.

Aktuelle Prüfungen und formaler Prüfungsablauf

Nach Informationen des Verfassers hat der MD die Einhaltung der QBAA-RL in Norddeutschland bisher in Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein geprüft. In Bremen stehen die Prüfungen kurz bevor. In Niedersachsen sollen im ersten Anlauf von ca. 30 geprüften Krankenhäusern mehr als 50 Prozent durchgefallen sein, für Sachsen-Anhalt wird von Krankenhäusern an der Landesgrenze zu Niedersachsen Ähnliches berichtet und in Schleswig-Holstein sollen alle geprüften Krankenhäuser durchgefallen sein.

Die Einzelheiten der Prüfung sind in der MD-Qualitätskontroll-Richtlinie (MD-QK-RL) geregelt. Die Krankenkassen beauftragen den MD mit der Prüfung. Anschließend erstellt der MD über die durchgeführte Qualitätskontrolle einen schriftlichen Kontrollbericht (§ 14 Abs. 1 MD-QK-RL). Den Kontrollbericht übermittelt der MD sowohl an die beauftragende Krankenkasse als auch unverzüglich an das kontrollierte Krankenhaus. Das Krankenhaus kann zum Kontrollbericht innerhalb von zehn Arbeitstagen ab Zugang des Berichts gegenüber der beauftragenden Stelle eine Stellungnahme abgeben (§ 15 Abs. 1 MD-QK-RL). Als Arbeitstage im Sinne dieser Vorschrift sind Montag bis Samstag anzusehen. Der Umgang der beauftragenden Stelle (d. h., der Krankenkasse) mit der Stellungnahme des Krankenhauses zum Kontrollbericht des MD ist in der MD-QK-RL nicht geregelt. Der Umgang steht somit im Belieben der Krankenkassen.

Das betroffene Krankenhaus kann die Durchführung einer Wiederholungsprüfung bei der beauftragenden Stelle beantragen, um die Beseitigung der vom MD festgestellten Qualitätsmängel nachweisen zu können. Die beauftragende Stelle ist i. d. R. die Krankenkasse, die den MD beauftragt hat. In diesen Fällen hat die Qualitätskontrolle innerhalb von zwölf Wochen ab Antragstellung durch das Krankenhaus zu erfolgen, sofern dies zur Feststellung der Beseitigung der Mängel erforderlich ist (§ 15 Abs. 4 MD-QK-RL). Welche Rechtsfolgen die Wiederholungsprüfung nach § 15 Abs. 4 MD-QK-RL hat, ist ebenfalls nicht geregelt. Die Krankenkasse als beauftragende Stelle wird nicht verpflichtet, auf ein positives Ergebnis für das betroffene Krankenhaus im Rahmen der Wiederholungsprüfung innerhalb einer bestimmten Frist zu reagieren. Sollte die Wiederholungsprüfung dagegen ebenfalls negativ ausfallen, sind Rechtsmittel wiederum in der MD-QK-RL nicht vorgesehen.

Festgestellte Qualitätsmängel in den Prüfungen des MD

Derzeit gibt es nach Kenntnis des Verfassers keinen umfassenden Überblick darüber, welche Qualitätsmängel, die der MD in den Prüfungen festgestellt hat, zu den hohen Durchfallquoten bei der QBAA-RL geführt haben. Typische Qualitätsmängel, die bei den Mandanten des Verfassers festgestellt wurden, sind:

Merke | Die Krankenhäuser gehen davon aus, dass sie die Grenze zum Bereitschaftsdienst überschreiten würden, wenn sie zeitliche Vorgaben zur Anwesenheit machten würden. Folge wäre, dass die Ärzte zusätzliche Vergütungsansprüche geltend machen würden. In vielen Häusern gibt es auch Vereinbarungen mit dem Betriebsrat oder der Mitarbeitervertretung, die Regelungen wie sie in § 4 Abs. 2 QBAA-RL gefordert werden, ausschließen.

  • Jede Einrichtung, die die elektive stationäre Versorgung von Patienten mit offen-chirurgisch oder endovaskulär behandlungsbedürftigem Bauchaortenaneurysma durchführen will, muss gewährleisten, dass entweder ein eigenständiger fachärztlicher gefäßchirurgischer Bereitschaftsdienst im Haus oder binnen 30 Minuten ein fachärztlicher gefäßchirurgischer Rufbereitschaftsdienst am Patienten zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 2 QBAA-RL). Fachärzte für Gefäßchirurgie befinden sich zumeist im Rufbereitschaftsdienst. Dieser unterscheidet sich vom Bereitschaftsdienst vor allem dadurch, dass zeitliche Vorgaben dahin gehend, bis wann der Arzt, der sich im Rufbereitschaftsdienst befindet, in der Klinik zu sein hat, nicht gemacht werden (vgl. CB 11/2021, Seite 10 und CB 10/2022, Seite 4).
  • Nach § 4 Abs. 3 QBAA-RL muss der Pflegedienst der Intensivstation der Einrichtung, die die Leistungen erbringen will, aus Gesundheits- und Krankenpflegerinnen oder Gesundheits- und Krankenpflegern bestehen, von denen 50 Prozent eine Fachweiterbildung im Bereich Intensivpflege und Anästhesie gemäß Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) oder einer gleichwertigen landesrechtlichen Regelung abgeschlossen haben. Personal mit dieser Qualifikation ist in vielen Krankenhäusern nicht im ausreichenden Umfang vorhanden.
  • Invasive Kardiologie und Nierenersatztherapie müssen binnen 24 Stunden/7 Tage einsatzbereit sein.
  • Für die präoperative Diagnostik des Bauchaortenaneurysmas wird auch die Labormedizin verlangt. Die Labormedizin bzw. ein klinisch-chemisches Labor müssen jederzeit und sofort für die Versorgung einsatzbereit sein (§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 QBAA-RL). Hier fehlt es teilweise an der geforderten Personalausstattung rund um die Uhr.

Das können betroffene Krankenhäuser organisatorisch tun

Krankenhäuser, denen der MD bescheinigt hat, dass sie die Anforderungen der QBAA-RL nicht erfüllen, haben verschiedene Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Hierzu im Einzelnen:

Merke | Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist dies für Ärzte an Universitätskliniken nach Maßgabe des Tarifvertrags Ärzte Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TV-Ärzte/TdL) wohl möglich (Urteil vom 25.03.2021, Az. 6 AZR 264/20), lässt sich für alle Krankenhäuser aber hier nicht abschließend beantworten. Nachdem sich dieses Problem für Krankenhäuser auch im Rahmen der Strukturprüfungen nach § 275d Sozialgesetzbuch (SGB) V stellt (vgl. CB 12/2022, Seite 20), kann nur dringend geraten werden, hier mit den jeweiligen Betriebsräten oder Mitarbeitervertretungen eine Regelung zu finden.

  • Wenn vonseiten des MD festgestellte Qualitätsmängel behoben sind oder das Krankenhaus der Auffassung ist, dass solche Qualitätsmängel gar nicht bestehen, sollte das Krankenhaus zunächst eine Wiederholungsprüfung nach § 15 Abs. 4 MD-QK-RL beantragen.
  • Dafür, dass Fachärzte für Gefäßchirurgie auch im Rahmen des Rufbereitschaftsdienstes binnen 30 Minuten am Bett des Patienten sind, verlangt der Begutachtungsleitfaden – G-BA-Richtlinien-Kontrollen, Stand: 03.04.2023 (online unter iww.de/s8215) einen Nachweis (ebenda, Seite 68 f.). Dieser dürfte nur im Rahmen einer Dienstanweisung des Krankenhausträgers erbracht werden können. Die Frage, ob derartige Vorgaben im Rahmen der Rufbereitschaft gemacht werden können, ist bislang nicht eindeutig geklärt.
  • Ein weiteres großes Problem für Krankenhäuser stellen die Anforderungen an den Pflegedienst der Intensivstation nach § 4 Abs. 3 QBAA-RL dar. Sollte das Pflegepersonal nicht in ausreichendem Umfang über die dort geforderte Qualifikation verfügen, lassen sich diese Qualifikationen oder zusätzliches Personal nicht ohne Weiteres „herbeizaubern“. Hier kommt vermutlich nur eine Lösung dahin gehend in Betracht, dass man die Intensivstation sowohl organisatorisch als auch räumlich in mindestens zwei Intensivstationen aufteilt, um in der Intensivstation, die für Patienten gemäß der QBAA-RL vorgesehen ist, über hinreichend qualifiziertes Personal zu verfügen. Beide Intensivstationen sollten räumlich getrennt werden, wenn dies möglich ist, bzw. die Trennung sollte auch nach außen hin deutlich gemacht werden. Zudem müsste mit separaten Dienstplänen gearbeitet werden.
  • Hinsichtlich fehlenden ärztlichen Personals kann nur vorgeschlagen werden, mit Kooperationsverträgen zu arbeiten.

Rechtliche Möglichkeiten gegen einen negativen Prüfbescheid

Die nächste Frage, die sich stellt, ist die nach den rechtlichen Möglichkeiten, die dem Krankenhaus verbleiben. Hier ist wiederum zu differenzieren: Nach § 3 Abs. 1 der QBAA-RL dürfen Patienten mit behandlungsbedürftigen Bauchaortenaneurysma nur in einer Einrichtung elektiv stationär versorgt werden, die die Anforderungen gemäß den §§ 4 und 5 QBAA-RL erfüllt. Diese Vorschrift kann man auf zwei Arten verstehen:

  • Krankenhäuser, die die Anforderungen nicht erfüllen, die Leistungen aber trotzdem erbringen, bekommen sie nicht mehr vergütet.
  • Gegen Krankenhäuser, die die Anforderungen nicht erfüllen, wird ein Leistungserbringungsverbot verhängt, sodass die Krankenhäuser derartige Leistungen gar nicht mehr erbringen dürfen.

Für Krankenhäuser, denen die Krankenkasse, die zuvor den MD beauftragt hat, mitteilt, dass sie die Anforderungen der §§ 4 und 5 QBAA-RL nicht erfüllen, ist es auf den ersten Blick irrelevant, ob die Krankenkasse ein Leistungserbringungsverbot verhängt oder sie die Leistungen zwar erbringen können, aber nicht mehr vergütet bekommen. Wirtschaftlich ist die Konsequenz die gleiche. Juristisch ist dies jedoch von erheblicher Bedeutung, da es für ein Verbot keine Rechtsgrundlage gibt.

Merke | Gegen ein Leistungserbringungsverbot spricht zunächst, dass die Notfallbehandlung nach § 3 Abs. 4 QBAA-RL bei derartigen Patienten weiterhin möglich sein soll. Auch die anderen einschlägigen Vorschriften zur Durchsetzung der G-BA-Qualitätskriterien sehen kein Leistungserbringungsverbot vor – weder § 137 SGB V, der die Ermächtigungsgrundlage dafür enthält, dass der G-BA Sanktionsregelungen bei Nichteinhaltung der Anforderungen in den Qualitätssicherungsrichtlinien festlegen kann, noch die Qualitätsförderungs- und Durchsetzungsrichtlinie des G-BA (QFD-RL).

Klärung im sozialgerichtlichen Verfahren

Wenn das betroffene Krankenhaus die elektive Versorgung des Bauchaortenaneurysmas weiterhin abrechnet, obwohl ihm bescheinigt worden ist, die Anforderungen der §§4 und 5 QBAA-RL nicht zu erfüllen, werden Krankenkassen die erbrachten Leistungen nicht vergüten. Das Krankenhaus hat dann die Möglichkeit, im sozialgerichtlichen Verfahren immanent prüfen zu lassen, ob es die Anforderungen an die QBAA-RL doch erfüllt oder ob es die Anforderungen zumindest insoweit erfüllt, dass ein Wegfall der Vergütung unverhältnismäßig wäre (so Sozialgericht [SG] Duisburg, Urteil vom 14.12.2020, Az. S 60 KR 2374/19). Das SG Duisburg verweist hier zu Recht auf den § 137 SGB V. Dieser sieht vor, dass Sanktionsregelungen bei der Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen im Rahmen der Qualitätssicherungs-Richtlinien verhältnismäßig und angemessen sein müssen.

Widerspruch/Klage gegen das Handeln des MD und/oder der Krankenkasse

Dieser Weg zu den Sozialgerichten ist bekanntlich zeitaufwendig und kann eine generelle Klärung nicht ersetzen. Die Frage ist deshalb, ob das Krankenhaus entweder gegen den Kontrollbericht des MD oder gegen Erklärungen der Krankenkassen, die sich auf den Kontrollbericht des MD stützen, mit Aussicht auf Erfolg juristisch vorgehen kann. Die MD-QK-RL sieht dies – wie bereits ausgeführt – ausdrücklich nicht vor.

Voraussetzung für derartige rechtliche Schritte wäre ein Verwaltungsakt, der als jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme definiert wird, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Praxistipp | Krankenhäuser, die ein entsprechendes Schreiben von der Krankenkasse erhalten, sollten der Krankenkasse mitteilen, dass sie das Schreiben als Verwaltungsakt ansehen und Widerspruch einlegen. Dieser Widerspruch hätte auch aufschiebende Wirkung mit den entsprechenden Folgen für die Abrechnung. Auch wenn der Erfolg einer solchen Vorgehensweise nicht sicher ist, erscheint dies als der einzige denkbare Weg, eine grundsätzliche Klärung herbeizuführen.

  • Der Kontrollbericht des MD an die beauftragende Krankenkasse wird nicht als Verwaltungsakt anzusehen sein. Der Bericht geht zwar zu Informationszwecken auch an das betroffene Krankenhaus. Primär wird er aber im Auftragsverhältnis zwischen MD und Krankenkasse erstellt und ist für die beauftragende Stelle bestimmt. Rechtsmittel, die das Krankenhaus gegen den Kontrollbericht des MD einlegt, dürften somit eher keinen Erfolg haben.
  • Bei Schreiben der Krankenkassen an die Krankenhäuser kommt es darauf an, wie diese abgefasst sind. Ein bloßes Informationsschreiben dahin gehend, dass elektive Eingriffe bei behandlungsbedürftigen Bauchaortenaneurysmen zukünftig nicht mehr vergütet werden, dürfte eher nicht als Verwaltungsakt angesehen werden können, der mit Rechtsmitteln angreifbar ist. Anders ist es, wenn die Krankenkasse in dem Schreiben dem betroffenen Krankenhaus gewissermaßen untersagt, elektive Eingriffe bei behandlungsbedürftigem Bauchaortenaneurysma weiterhin zu erbringen (Leistungserbringungsverbot). Zum einen gibt es dafür keine Rechtsgrundlage (s. o.), zum anderen könnte man bei einem derartigen Inhalt davon ausgehen, dass das Schreiben Regelungscharakter hat und auf mittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

AUSGABE: CB 7/2023, S. 2 · ID: 49538213

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