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CBChefärzteBrief

DRG-AbrechnungStrukturprüfung nach § 275d SGB V: datenschutzrechtliche Probleme und Lösungen

Abo-Inhalt13.07.2022641 Min. LesedauerVon RA und FA MedR, Dr. Tilman Clausen, Hannover, und RA und FA MedR Dr. Kyrill Makoski, Düsseldorfvon RA und FA MedR, Dr. Tilman Clausen, Hannover, und RA und FA MedR Dr. Kyrill Makoski, Düsseldorf

| Nachdem man es schon nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Richtlinie des MD Bund „Regelmäßige Begutachtungen zur Einhaltung von Strukturmerkmalen von OPS-Codes nach § 275d SGB V (StrOPS-RL)“, Version 2022, inklusive aller Anlagen am 21.06.2022 genehmigt. Am 25.06.2022 (einem Samstag!) war die Richtlinie dann online (iww.de/s6607). Dieser Beitrag befasst sich mit datenschutzrechtlichen Problemen, die aus der Umsetzung der o. g. Richtlinie entstehen können, ein Folgebeitrag liefert eine vorläufige Analyse der Richtlinie und zeigt auf, was auf die Krankenhäuser in den Strukturprüfungen 2022 voraussichtlich zukommen wird (vgl. auch CB 07/2021, Seite 14 ff.) |

Beschränkung auf Vorgaben der DSGVO

Wenn das Krankenhaus zusammen mit dem Strukturprüfungsantrag Unterlagen einreicht, die der Medizinische Dienst (MD) in der Richtlinie für das Jahr 2022 neu angefordert hat, werden u. a. auch personenbezogene Daten übermittelt. Fraglich ist, ob die Krankenhäuser dabei möglicherweise gegen die Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder der kirchlichen Datenschutzgesetze verstoßen (sofern letztere in dem jeweiligen Krankenhaus Anwendung finden). Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Prüfung der Vorgaben laut DSGVO, da die kirchlichen Datenschutzgesetze weitgehend identische Regelungen enthalten.

Datenschutzrechtliche Probleme in der MD-Richtlinie

In der Richtlinie des MD Bund nach § 283 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB V (StrOPS-RL) heißt es unter Ziffer 10 (S. 22/23), dass „die Verarbeitung einschließlich der Übermittlung der aus der Strukturprüfung gewonnenen Daten [...] ausschließlich für Zwecke der Begutachtung zur Einhaltung von Strukturmerkmalen von OPS-Codes nach Maßgabe der Richtlinie“ erfolgt und die Krankenhäuser verpflichtet seien, die für die Strukturprüfung erforderlichen (Anm. d. Red.: Hervorhebung durch die Verfasser) personen- und einrichtungsbezogenen Daten nach § 275d Abs. 1 SGB V dem MD zu übermitteln.

Arbeitsverträge enthalten i. d. R. personenbezogene Daten

Aus Anlage 6a zur Richtlinie ergeben sich weiterhin die erforderlichen Unterlagen je abrechnungsrelevanten OPS-Code. Zu diesen Unterlagen, die nach der Richtlinie übermittelt werden müssen, gehören jetzt auch die Arbeitsverträge des eigenen Personals, welches das Krankenhaus für die Erfüllung der allgemeinen Strukturmerkmale einsetzen will. Arbeitsverträge enthalten regelmäßig personenbezogene Daten der Arbeitnehmer (z. B. Name, Vorname, Adresse, Alter, Vergütung, ggf. Bankverbindung des Arbeitnehmers).

Strenge Anforderungen an die Einwilligung im Beschäftigtendatenschutz

Nach § 26 Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) dürfen personenbezogene Daten von Beschäftigten grundsätzlich nur im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis verarbeitet werden. Etwas anderes gilt prinzipiell dann, wenn der Beschäftigte in eine weitergehende Datenverarbeitung eingewilligt hat.

Merke | An die Einwilligung sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist die im Beschäftigungsverhältnis bestehende Abhängigkeit der beschäftigten Personen zu berücksichtigen (§ 36 Abs. 2 BDSG). § 36 Abs. 3 BDSG nennt dann weitere Gründe für die Verarbeitung personenbezogener Daten aus dem Beschäftigungsverhältnis, die im Zusammenhang mit den Strukturprüfungen nach § 275d SGB V nicht einschlägig sind. Auf der Grundlage von Kollektivvereinbarungen im Arbeitsrecht können ebenfalls personenbezogene Daten verarbeitet werden (§ 36 Abs. 4 BDSG).

Herausgabe von Arbeitsverträgen verstößt zumindest gegen § 26 BDSG

Nach § 26 BDSG allein ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten im Rahmen der Strukturprüfungen nach § 275d SGB V somit nicht zulässig. Daher müssen sich Krankenhäuser fragen, ob sie berechtigt sind, Arbeitsverträge ohne Einschränkungen herauszugeben – wie dies jetzt in der Richtlinie des MD-Bund nach § 283 SGB V gefordert wird. Bei den Beschäftigten in den Krankenhäusern, die von den Strukturprüfungen betroffen sind, dürfte dies sicherlich nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen.

Liegt eine rechtliche Verpflichtung des Krankenhauses nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchstabe c DSGVO vor?

Nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchstabe c DSGVO ist die Datenverarbeitung auch ohne Einwilligung der betroffenen Person zulässig, wenn die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt. Die Richtlinie des MD Bund nach § 283 SGB V i. V. m. Anlage 6a zu dieser Richtlinie verlangt bei den dort bezeichneten OPS-Codes die Vorlage der Arbeitsverträge. Dabei werden keine Einschränkungen dahin gehend gemacht, dass die Krankenhäuser etwa berechtigt sind, Teile der Verträge zu anonymisieren. Diese Vorgabe könnte man als rechtliche Verpflichtung der Krankenhäuser ansehen, die Arbeitsverträge einschränkungslos herausgeben, damit der MD die darin enthaltenen personenbezogenen Daten speichern und verarbeiten kann.

Vollständige Herausgabe des Arbeitsvertrags verstößt gegen Grundsatz der Datenminimierung

Art. 6 Abs. 1 S. 1 Buchstabe c DSGVO steht jedoch unter dem Vorbehalt der Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten in Art. 5 DSGVO. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchstabe c DSGVO muss die Verarbeitung personenbezogener Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein („Datenminimierung“). Nach dem Grundsatz der Datenminimierung ist nicht erkennbar, warum der MD, um die allgemeinen Strukturmerkmale eines bestimmten OPS-Codes zu prüfen, z. B. wissen muss, wo der Beschäftigte wohnt, wann er geboren wurde, wie viel er verdient und ggf. noch, wo sich sein Konto befindet.

Praxistipp | Bei Namen und Vornamen z. B. wird man vermutlich differenzieren müssen. Hier könnte man daran denken, jeweils den ersten Buchstaben des Vor- und des Nachnamens freizulassen und nur den Rest von Vor- und Nachnamen zu schwärzen, um dem Datenschutz zu genügen. Der MD kann dann überprüfen, dass es sich um verschiedene Mitarbeiter handelt und er nicht denselben Mitarbeiter mehrfach vorgesetzt bekommt, was für den Prüfungszweck ausreichend sein sollte. Ebenso könnte auch die Personalnummer als Pseudonym ausreichen.

Schwärzen von Daten sinnvoll

Aus Gründen des Datenschutzes kann deshalb Krankenhäusern zurzeit nicht geraten werden, die Arbeitsverträge der Mitarbeiter im Rahmen von Strukturprüfungen nach § 275d SGB V ohne Schwärzung der darin enthaltenen personenbezogenen Daten zu übermitteln. Der MD hat selbst zugestanden, dass Angaben zur Vergütung unkenntlich gemacht werden können. Aus dem Schweigen zu anderen Punkten ergibt sich allerdings, dass jedenfalls der MD Bund sonstige Schwärzungen für unzulässig hält.

Lösungweg für betroffene Krankenhäuser

Angesichts der für Krankenhäuser rechtlich unklaren Situation empfiehlt sich das folgende Prozedere.

Strukturprüfung und Herausgabe von Arbeitsverträgen: So sind Sie auf der sicheren Seite

  • 1. Bieten Sie dem MD die Übermittlung geschwärzter Arbeitsverträge an. Nehmen Sie mit dem zuständigen MD Kontakt auf. Teilen Sie mit, dass Sie grundsätzlich bereit sind, die Arbeitsverträge zu übermitteln, die darin enthaltenen personenbezogenen Daten aber mit der Maßgabe unkenntlich machen würden (jeweils der erste Buchstabe des Vor- und Nachnamens des Mitarbeiters bleibt frei). Somit kann der MD erkennen, dass es sich um unterschiedliche Verträge handelt. Wenn der MD damit einverstanden ist, ist das Problem wohl gelöst. Den Verfassern sind Krankenhäuser bekannt, wo dies bereits so praktiziert worden ist.
  • 2. Wenn der MD nicht kooperiert, übermitteln Sie geschwärzte Arbeitsverträge und schalten Sie die Datenschutzbehörde ein. Wenn der MD diese Vorgehensweise nicht akzeptieren sollte, machen Sie die personenbezogenen Daten in den Arbeitsverträgen gleichwohl vor der Übergabe wie oben beschrieben unkenntlich. Schalten Sie zugleich die regional zuständige Datenschutzbehörde ein. Bitten Sie um Prüfung des Vorgangs und ggf. um Einschreiten. Wenn die örtlich zuständige Datenschutzbehörde bzw. der Landesdatenschutzbeauftragte das Anliegen des MD unbedenklich finden und der hier vertretenen Auffassung nicht folgen, können Sie die Arbeitsverträge ohne Schwärzungen nachreichen. Falls die Behörde Ihre Bedenken dagegen teilt, finden Sie hier auch entsprechende Unterstützung.
  • Sollte der MD auf der Vorlage der ungeschwärzten Arbeitsverträge bestehen und Sie nach Ziffer 4.2.2 oder Ziffer 4.2.3 StrOPS-RL unter Fristsetzung von zehn Werktagen (Montag–Freitag) zur Vorlage der ungeschwärzten Verträge auffordern und eine Stellungnahme des Landesdatenschutzbeauftragten noch nicht vorliegen, nehmen Sie erneut Kontakt mit der Landesdatenschutzbehörde auf und fragen Sie, wie dort der Sachverhalt beurteilt wird.
  • 3. Beantragen Sie ggf. Einrechtsschutz beim zuständigen Sozialgericht. Ggf. wäre auch über Eilrechtsschutz vor den Sozialgerichten nachzudenken, wenn Sie datenschutzrechtliche Probleme vermeiden, gleichwohl aber die Erlangung einer Positivbescheinigung nicht gefährden wollen. Hält das Gericht die Herausgabe für zulässig, können Sie sich auf einen Verbotsirrtum berufen.
  • 4. Bitten Sie Ihre Mitarbeiter um Einwilligung in die Übermittlung. Eine Alternative wäre es, wenn Sie Ihre Mitarbeiter um ihre Einwilligung bitten. Allerdings dürfte diese Einwilligung wegen der Zwangslage, in der sich der Arbeitgeber befindet, kaum freiwillig sein.

AUSGABE: CB 9/2022, S. 3 · ID: 48440958

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