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CBChefärzteBrief

KassenabrechnungPlausibilitätsprüfung: Stundenzahl für ermächtigte Ärzte und Vertragsärzte nur ausnahmsweise gleich

Abo-Inhalt03.03.20223111 Min. LesedauerVon RA und FA für Medizinrecht Sören Kleinke, Kanzlei für Medizin- & Sportrecht, Münster

| Wenn ermächtigte Ärzte im gleichen Umfang tätig sind wie Vertragsärzte, kann für sie in Ausnahmefällen bei der zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung (s. Kasten am Ende des Beitrags) anstatt der üblichen 156 h/Quartal die gleiche Stundenzahl als Auffälligkeitsgrenze anerkannt werden wie bei Vertragsärzten (780 h/Quartal). Zudem bedürfen Abrechnungsvereinbarungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) der Schriftform. Darüber hinaus sind coronabedingte Liquiditätsengpässe für betroffene Ärzte – im Gegensatz zur Situation Anfang/Mitte 2020 – keine unbillige Härte mehr, die die Aussetzung des Vollzugs von Honorarrückforderungsbescheiden rechtfertigen (Sozialgericht [SG] München, Beschluss vom 14.12.2021, Az. S 38 KA 298/21 ER). |

Der Sachverhalt

Der Antragsteller ist ermächtigter Arzt und ärztlicher Leiter einer Tagesklinik für neurologische Komplexbehandlung und Nachsorge, in der ausschließlich Patienten mit Schlaganfällen und erworbenen Hirnschäden behandelt werden. In der Einrichtung beschäftigt der Antragsteller 24 Mitarbeiter – darunter Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sprachtherapeuten, Neuropsychologen und Sozialpädagogen.

Die KV Bayerns (KVB) hatte bei dem ermächtigten Arzt nach einer zeitbezogenen Plausibilitätsprüfung eine Honorarberichtigung i. H. v. 79.648,84 Euro vorgenommen. Der Arzt wandte sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das SG München. Er beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner bereits eingereichten Klage gegen den Honorarrückforderungsbescheid der KVB. Mit dem Antrag wollte er sich dagegen wehren, dass die KVB schon während des laufenden Klageverfahrens das streitige Honorar einbehalten hatte. Das SG wies den Antrag des Arztes auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zurück.

Die Entscheidungsgründe

Das Gericht stützte seine Entscheidung, den Antrag des Arztes abzulehnen, auf folgende drei Gründe.

Gleiche Stundenzahl für ermächtigte Ärzte und Vertragsärzte nur Ausnahme

Zwar entschied das SG zugunsten des Arztes, dass bei ihm auch als ermächtigtem Arzt ausnahmsweise als Aufgreifkriterium das Quartalsprofil für zugelassene Vertragsärzte heranzuziehen sei. Denn sein Leistungsangebot und Leistungsumfang unterscheide sich deutlich von dem anderer ermächtigter Ärzte. Bei diesen handele es sich hauptsächlich um ermächtigte Krankenhausärzte, die in erster Linie stationäre ärztliche Leistungen erbringen.

Allerdings hatte der Arzt zusätzlich auch in allen Quartalen an mindestens drei Tagen über 12 Stunden Leistungen in Ansatz gebracht, sodass die Plausibilitätsprüfung seiner Abrechnung berechtigt war.

Die Plausibilitätsprüfung ergab Auffälligkeiten bei der Abrechnung der GOP 16220 EBM für u. a. ein neurologisches Gespräch, das zwingend einen persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt (APK) voraussetzt. Dies hatte der Arzt nicht dokumentiert, sodass er den entsprechenden erforderlichen Nachweis, die Leistungen doch persönlich erbracht zu haben, nicht führen konnte.

Mündliche Absprachen mit der KV sind unwirksam

Soweit der Arzt sich darauf berief, dass es eine mündliche Absprache mit der KVB aus dem Jahr 2013 gebe, dass er die Leistungen so erbringen und abrechnen dürfe, war das für das SG unerheblich. Zwar wäre eine Abrechnung der GOP grundsätzlich möglich, wenn dem Arzt dies seitens der KV zugesichert worden wäre. Eine Zusicherung bedürfe aber für ihre Wirksamkeit der Schriftform, die hier nicht eingehalten war.

Coronapandemie und Liquiditätsengpässe keine unbillige Härte mehr

Das SG sah trotz der immer noch andauernden Coronapandemie keine unbillige Härte mehr als gegeben an. Zwar sei davon auszugehen, dass sich die coronabedingten Einschränkungen nach wie vor auch auf den Praxisalltag bei den Vertragsärzten und ermächtigten Ärzten auswirke. Aber die Ärzte hätten inzwischen genügend Zeit gehabt, sich auf die sich abzeichnende länger dauernde Situation unter Pandemiebedingungen einzustellen, insbesondere durch organisatorische Maßnahmen auch den Praxisalltag darauf anzupassen und ggf. das Patientenaufkommen zu steigern.

Merke | In einem vorhergehenden Verfahren (S 38 KA 125/20 ER) hatte das Sozialgericht noch für andere Quartale zugunsten des Arztes die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet, weil es von einer unbilligen Härte ausgegangen war. Grund dafür war die besondere Situation seit dem Ausbruch der Coronapandemie ab Februar/März 2020.

Hintergrund: zeitbezogene Plausibilitätsprüfung durch die KV

Die KVen prüfen bei der Plausibilitätsprüfung gemäß § 106d Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V sowohl den Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen als auch den Umfang der im gesamten Quartal abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Arztes. Für die einzelnen Leistungen ist seit dem am 01.04.2003 in Kraft getretenen EBM 2000plus die jeweilige Mindestzeitvorgabe im EBM im Anhang 3 angegeben:

  • Bei den Quartalsprofilen gilt bei Vertragsärzten die Auffälligkeitsgrenze von 780 h,
  • bei ermächtigten Ärzten besteht dagegen grundsätzlich eine deutlich geringere Auffälligkeitsgrenze von lediglich 156 h, weil sie vertragsärztliche Leistungen im Regelfall nur im Rahmen einer Nebentätigkeit oder zumindest in geringem Umfang erbringen.

AUSGABE: CB 6/2022, S. 17 · ID: 47998421

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