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NachhaltigkeitsberichterstattungZeigen Sie, was Sie (nachhaltig) draufhaben – wie KMU vom freiwilligen ESG-Report profitieren

Abo-Inhalt05.06.20259 Min. LesedauerVon Angela Hamatschek, Neidenstein

| Große Bühne, kleiner Bericht – manchmal braucht es gar kein offizielles Regelwerk, um Eindruck zu hinterlassen. Unternehmen, die nicht unter die ESG-Berichtspflicht fallen, haben trotzdem gute Gründe, öffentlich über ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu sprechen, und zwar freiwillig, kreativ und wirksam. Warum? Weil Transparenz Vertrauen schafft, weil Haltung sichtbar wird – und weil die Zukunft den Mutigen gehört. |

1. Die große Chance für kleine Unternehmen

Wer denkt, nur börsennotierte Konzerne müssten sich verpflichtend um Nachhaltigkeitskommunikation kümmern, liegt zwar richtig, unterschätzt jedoch die Wirkungskraft für kleine und mittlere Unternehmen. Gerade im regionalen Umfeld, bei Kunden, Banken oder künftigen Mitarbeitenden zählt der Eindruck, den ein Unternehmen hinterlässt. Und das gilt nicht nur für Produkte und Dienstleistungen, sondern zunehmend auch für ökologische und soziale Verantwortung.

1.1 Die Änderungen der CSRD-Anwendung

Mit dem Omnibus-Verfahren hat die EU geplante Verpflichtungen wieder revidiert. Die CSRD soll nunmehr nur noch für große Kapitalgesellschaften mit durchschnittlich über 1.000 Beschäftigten und mit entweder einer Bilanzsumme über 25 Mio. EUR oder Nettoumsatzerlösen über 50 Mio. EUR gelten. Für Unternehmen, die eigentlich ab dem Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtig gewesen sind, verschieben sich die Berichtspflichten um zwei Jahre. Ab dem Geschäftsjahr 2024 berichtspflichtige Unternehmen profitieren nicht von einer Verschiebung. Je nach Beschäftigtenzahl könnten sie allerdings zukünftig nicht mehr unter den Anwendungsbereich der CSRD fallen, womit die Berichtspflicht für sie wieder entfallen würde.

1.2 Freiwillige Berichterstattung

Für Unternehmen, die nicht unter die CSRD-Berichtspflicht fallen, soll ein weiterer Berichtsstandard entwickelt werden. Dieser soll den Umfang an Informationen begrenzen, die diese Unternehmen an berichtspflichtige Unternehmen als Teil der Wertschöpfungskette weitergeben müssen (sog. Value Chain Cap). Dadurch soll verhindert werden, dass nicht-berichtspflichtige Unternehmen mehr Angaben machen müssen, als sie es tun müssten, wenn sie selbst berichtspflichtig wären.

1.3 Chance statt Pflicht

Viele kleinere Betriebe lehnen sich aufgrund der neuen Regelungen erst einmal zurück und atmen erleichtert auf: „Dieser Kelch ist an uns vorübergegangen.“ Wer will schließlich noch ein bürokratisches Monster füttern? Verständlich. Doch im freiwilligen Nachhaltigkeitsbericht steckt weit mehr als nur Pflichterfüllung – er ist eine echte Chance.

Wenn Sie beispielsweise bereits Energieeffizienzmaßnahmen umsetzen, soziales Engagement zeigen oder bei der Mitarbeiterführung neue Wege gehen, warum nicht darüber sprechen? Ein freiwilliger Bericht macht Ihre Anstrengungen sichtbar – ohne gesetzlichen Druck, aber mit starker Wirkung. Denn wer freiwillig berichtet, sendet ein starkes Signal: Wir übernehmen Verantwortung. Wir denken voraus. Wir gestalten aktiv mit. Das schafft Vertrauen – bei Kunden, bei Partnern und bei Mitarbeitenden. Und nicht zuletzt: Auch Banken und Förderstellen schauen immer häufiger auf die „grünen“ Qualitäten eines Unternehmens.

2. Warum berichten, wenn man nicht muss?

Weil Sichtbarkeit zählt. Gerade kleinere Unternehmen haben oft eine Menge zu erzählen – von der Umstellung auf Ökostrom über soziale Projekte bis hin zu einem fairen Umgang mit Mitarbeitenden. Doch wenn diese Maßnahmen in der Schublade bleiben, verpufft ihr Effekt. Ein freiwilliger Nachhaltigkeitsbericht ist kein Hochglanzprodukt für die Börse, sondern ein Statement an die Stakeholder: Wir übernehmen Verantwortung – freiwillig. Damit zeigen die Unternehmen Haltung und schaffen Vertrauen bei Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitenden.

Auch in der Finanzierung wird Nachhaltigkeit zum Thema: Banken fragen zunehmend nach ESG-Kriterien, wenn es um Kredite und Fördermittel geht. Wer hier gut vorbereitet ist und seine Maßnahmen nachvollziehbar dokumentiert, punktet nicht nur beim Image, sondern auch bei der nächsten Finanzierungsrunde.

Und nicht zu unterschätzen: Ein solcher Bericht macht das Unternehmen auch für Bewerber attraktiver. Immer mehr Fachkräfte achten auf die Werte eines Unternehmens – ein freiwilliger Nachhaltigkeitsbericht kann dabei ein echter Türöffner sein.

3. Was gehört rein? Der „kleine, feine Nachhaltigkeitsbericht“

Ein Nachhaltigkeitsbericht muss nicht dick, aber er sollte glaubwürdig sein. Gerade kleine und mittlere Unternehmen können mit einem kompakten, authentischen Bericht punkten – ganz ohne ESG-Abteilung und Rechtsberatung. Zum Vergleich: Die Nachhaltigkeitsberichte großer Konzerne umfassen oft 100 Seiten oder mehr – inklusive Kennzahlen, Strategien und Prüfvermerken. Für ein kleines oder mittelständisches Unternehmen hingegen reichen oft schon fünf bis acht Seiten aus, um relevante Inhalte übersichtlich und verständlich darzustellen. Die gute Nachricht: Die drei klassischen ESG-Bereiche (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) lassen sich auch im kleinen Rahmen sinnvoll abbilden.

3.1 Umwelt (E wie „Environmental“)

Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um Ressourcen zu sparen, Emissionen zu senken oder Abfälle zu vermeiden? Vielleicht setzen Sie schon auf LED-Beleuchtung, digitale Prozesse oder grüne Energie. Schreiben Sie darüber – konkret und ehrlich.

Beispiel für das „E“ im Unternehmen

„Eine Steuerkanzlei aus der Region Ulm hat kürzlich ihre Reinigungsmittel unter die Lupe genommen – mit überraschendem Ergebnis: Viele der eingesetzten Produkte enthielten schädliche Chemikalien. Inzwischen wurde das Sortiment komplett auf umweltfreundliche Alternativen umgestellt – mit Nachfüllpackungen statt Einwegplastik. Ein kleiner Schritt mit großer Wirkung – und ein schönes Beispiel für gelebte Nachhaltigkeit im Alltag.“

3.2 Soziales (S wie „Social“)

Wie fördern Sie Ihre Mitarbeitenden? Gibt es flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsangebote oder soziales Engagement in der Region? Auch ein familienfreundliches Betriebsklima oder Inklusionsmaßnahmen gehören hierhin.

Beispiel für das „S“ im Unternehmen

„Unsere Azubis bekommen einen kostenlosen Werkzeugkoffer zum Start – das ist für uns mehr als ein Willkommensgeschenk, es ist ein Zeichen der Wertschätzung. Außerdem bieten wir zweimal im Jahr einen Erste-Hilfe-Kurs für alle Mitarbeitenden an – nicht vorgeschrieben, aber sinnvoll.“

3.3 Gute Unternehmensführung (G wie „Governance“)

Wie stellen Sie sicher, dass Entscheidungen verantwortungsvoll getroffen werden? Gibt es klare Werte, ethische Leitlinien oder transparente Prozesse? Auch das gehört zur Nachhaltigkeit.

Beispiel für das „G“ im Unternehmen

„Unsere Geschäftsleitung trifft alle Investitionsentscheidungen gemeinsam mit dem Team – insbesondere dann, wenn sie Auswirkungen auf den Arbeitsalltag haben. Transparenz ist uns wichtig – das gilt auch für unsere Lieferantenauswahl.“

4. So gelingt der Bericht

Die gute Nachricht vorweg: Sie müssen nicht bei null anfangen – und Sie müssen es auch nicht allein tun. Vieles, was Sie für einen glaubwürdigen Nachhaltigkeitsbericht brauchen, liegt bereits vor. Und mit dem richtigen Partner an Ihrer Seite wird aus der Herausforderung eine machbare Aufgabe.

4.1 Nutzen Sie bestehende Datenquellen

In der Buchhaltung stecken mehr Nachhaltigkeitsinformationen, als Sie vielleicht denken: Strom- und Heizkosten, Fahrtenbuch, Papierverbrauch, Investitionen in neue Geräte – all das sind Anknüpfungspunkte für Ihre Umweltbilanz. Auch im Einkauf, Personalwesen oder der Logistik finden sich wertvolle Daten für den Bericht.

4.2 Der Steuerberater als nachhaltiger Mitdenker

Gerade der Steuerberater kennt viele dieser Zahlen bereits – und kann helfen, sie richtig einzuordnen. Er unterstützt bei der Strukturierung der Inhalte, bei der Kosten-Nutzen-Abschätzung von Maßnahmen und bei der Investitionsplanung. Gemeinsam lassen sich die Inhalte erarbeiten, die für den Bericht relevant sind – vom Fuhrpark bis zur Förderung.

Beispiel aus dem Fahrradhandel

Ein Fahrradhändler hat – auf Empfehlung und in Zusammenarbeit mit seinem Steuerberater – die komplette Buchhaltung auf digitale Prozesse umgestellt. Statt Papier und Pendelordner gibt es nun digitale Belege, Online-Zugriff und strukturierte Abläufe. Das spart jährlich rund 15.000 Blatt Papier, etwa 40 Aktenordner und rund 3 qm Regalfläche. Die Kolleginnen im Büro haben die frei gewordene Regalwand kurzerhand für motivierende Bilder, Pflanzen und ein bisschen gute Laune genutzt. Und der Wald? Der freut sich auch – denn pro Jahr bleiben dadurch ca. 165 kg Holz und 3.900 l Wasser in der Natur. Nachhaltigkeit, wie sie leibt und lebt.

4.3 Setzen Sie auf klare Struktur und authentische Sprache.

Ein freiwilliger Nachhaltigkeitsbericht muss kein literarisches Meisterwerk sein. Eine einfache Gliederung (z. B. nach den drei ESG-Bereichen) reicht völlig aus. Schreiben Sie so, wie Sie auch mit einem guten Kunden sprechen würden: ehrlich, konkret und auf den Punkt gebracht. Und wenn es mal holpert – umso besser. Denn nichts ist sympathischer als ein Unternehmen, das sich sichtbar auf den Weg macht.

4.4 Erzählen Sie Geschichten

Zahlen sind wichtig – aber Menschen lieben Geschichten. Warum haben Sie sich für Ökostrom entschieden? Was hat das Team bei der Einführung digitaler Prozesse erlebt? Gab es Aha-Momente oder unerwartete Hindernisse? Erzählen Sie davon. Das macht den Bericht lebendig und glaubwürdig.

Beispiele

Aus einer Zahnarztpraxis: „Wir haben unsere Praxis auf digitale Patientenakten umgestellt – das spart uns nicht nur Papier, sondern auch täglich Zeit. Und weil unsere Behandlungsstühle sowieso modernisiert werden mussten, haben wir uns direkt für Modelle mit nachhaltigen Materialien entschieden.“
Aus einem Floristikbetrieb: „Seit einem Jahr verzichten wir komplett auf Plastikverpackungen. Stattdessen nutzen wir recyceltes Papier und kompostierbare Folien. Unsere Kunden schätzen das sehr – und wir freuen uns, dass Nachhaltigkeit bei uns nicht nur gut aussieht, sondern sich auch gut anfühlt.“

4.5 Holen Sie sich Hilfe

Es gibt inzwischen viele Vorlagen, Checklisten und Tools, die Sie bei der Erstellung unterstützen. Auch Kammern und Verbände stellen oft kostenfreie Materialien zur Verfügung. Und wie gesagt: Fragen Sie Ihren Steuerberater. Der hat vielleicht nicht auf alles eine Antwort – aber ganz sicher viele gute Fragen.

5. Der kreative Weg zur Sichtbarkeit

Was nützt der schönste Nachhaltigkeitsbericht, wenn ihn niemand liest? Genau – nicht viel. Deshalb lohnt es sich, über das „Wie“ der Veröffentlichung nachzudenken. Denn der Bericht ist nicht nur ein Dokument, sondern auch ein starkes Kommunikationsinstrument.

Ein PDF auf der Website ist ein guter Anfang. Aber es geht auch anders: Eine kleine Broschüre für Kunden, ein übersichtlicher Flyer im Laden (natürlich aus recycelbarem Papier), eine Präsentation für Geschäftspartner oder ein kurzer Film für Ihre Social-Media-Kanäle. Erlaubt ist, was zu Ihnen passt – und was Ihre Zielgruppe erreicht.

Zeigen Sie, was Sie tun. Fotos aus dem Betriebsalltag, Vorher-Nachher-Bilder oder ein kleiner Rundgang durch Ihre Maßnahmen sagen oft mehr als tausend Worte. Achten Sie auf eine klare, verständliche Sprache – verzichten Sie auf Fachchinesisch und sprechen Sie lieber wie ein Mensch zu Menschen.

Beispiele

Aus einer Bäckerei: Eine kleine Bäckerei veröffentlichte auf Instagram ein Making-of-Video zur Umstellung auf Bio-Mehl – inklusive Mehlstaub, Lacher im Team und dem Satz: „Schmeckt gut. Tut gut. Machen wir jetzt so.“
Aus der Tischlerei „Gut Holz“: Nachhaltigkeit mit Augenzwinkern – das ist das Motto der Tischlerei „Gut Holz“. Für ihren freiwilligen ESG-Bericht haben sie sich drei charmante Maskottchen ausgedacht: E-rich, der Umwelt-Gartenzwerg, S-usi, die soziale Gartenzwergin, und G-ustav, der für gute Unternehmensführung steht. Die drei führen durch den Bericht, erklären Maßnahmen in einfacher Sprache und lockern das Thema mit einem Augenzwinkern auf. Das kommt nicht nur bei den Kunden gut an, sondern zeigt auch: Nachhaltigkeit darf verständlich – und gern auch unterhaltsam – sein.

Ihr Bericht muss nicht auf der Website verstauben. Erzählen Sie in Etappen auf LinkedIn oder Facebook, wie Ihr Unternehmen nachhaltiger wird. Schreiben Sie eine kurze Info an Ihre Kunden oder ein Update im Newsletter. Vielleicht ergibt sich sogar ein Artikel in der Regionalpresse.

Beispiel aus einer Steuerberatungskanzlei

Eine Kanzlei im Münsterland hat ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen in einer kleinen Insta-Serie unter dem Motto „Grün gedacht. Smart gemacht.“ vorgestellt. Gezeigt wurden unter anderem das neue papierlose Mandantenportal, die Umstellung auf Ökostrom, Dienst eBikes für alle Mitarbeitenden und ein Hochbeet auf der Terrasse, dass die Azubis gemeinsam bepflanzt haben. Das Ergebnis? Nicht nur positive Rückmeldungen von Mandanten, sondern auch zwei Bewerbungen von jungen Talenten, die über den Kanal auf die Kanzlei aufmerksam wurden. Eine davon schrieb: „Fand’s super sympathisch, dass Ihr Nachhaltigkeit nicht nur predigt, sondern auch lebt.“
Fazit | Nachhaltigkeit ist längst kein Nice-to-have mehr, sondern ein echter Erfolgsfaktor. Wer sich freiwillig auf den Weg macht und seine Maßnahmen sichtbar macht, zeigt Haltung, schafft Vertrauen und stärkt seine Wettbewerbsposition. Dabei geht es nicht darum, perfekt zu sein oder gleich einen 100-seitigen Bericht vorzulegen. Es reicht, mit dem anzufangen, was da ist – ehrlich, authentisch und mit dem Blick nach vorn. Ob Stromsparen im Büro, soziales Engagement im Ort oder neue Wege der Mitarbeiterführung – all das gehört erzählt. Und der freiwillige Nachhaltigkeitsbericht ist das ideale Format dafür.

AUSGABE: BBP 6/2025, S. 167 · ID: 50380271

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