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Einsatzmöglichkeiten von KISo hilft KI beim Nachhaltigkeitsmanagement

Abo-Inhalt05.06.20253605 Min. LesedauerVon Helmut van Rinsum, München

| Die Anforderungen an Unternehmen in Bezug auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) sind gestiegen und Gesetzgeber sowie Investoren fordern eine transparente Berichterstattung über Nachhaltigkeitsleistungen. Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU verpflichtet viele Unternehmen zur Offenlegung detaillierter Nachhaltigkeitsdaten. Auch Stakeholder erwarten eine verbesserte ESG-Performance. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, die oft fragmentierten Daten effektiv zu verwalten. Hier kann Künstliche Intelligenz (KI) unterstützen. |

1. Einsatzgebiete und Vorteile von KI

Durch den Einsatz von maschinellem Lernen und datengetriebenen Analysen lassen sich komplexe Zusammenhänge schneller erkennen, Berichtsprozesse automatisieren und regulatorische Vorgaben effizienter einhalten. KI kann große Datenmengen strukturieren, Muster in ESG-Informationen erkennen und automatisierte Prüfmechanismen für Regulierungskonformität implementieren. KI kann damit in verschiedenen Bereichen des Nachhaltigkeitsmanagements unterstützend eingreifen.

1.1 KI verringert den manuellen Aufwand

Schon heute setzen viele Unternehmen auf KI-gestützte ESG-Software, um beispielsweise CO2-Emissionen zu berechnen, Lieferketten zu überwachen oder Betrugsrisiken im Nachhaltigkeitsreporting frühzeitig zu erkennen. Eine Studie von PwC zeigt, dass 73 % der großen Unternehmen weltweit KI nutzen oder planen, sie in ihrem ESG-Reporting einzusetzen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Automatisierung spart Zeit und Ressourcen, KI-gestützte Analysen helfen, Risiken besser zu identifizieren, und intelligente Prognosemodelle ermöglichen eine präzisere Nachhaltigkeitsstrategie.

Beispiel

Eine zentrale Aufgabe im ESG-Reporting ist die Erfassung und Strukturierung von Daten, die aus unterschiedlichen Quellen stammen. Dazu gehören Energieverbrauchsdaten aus Smart-Meter-Systemen, CO2-Emissionsberechnungen aus der Lieferkette, Mitarbeiterdaten zur sozialen Nachhaltigkeit sowie Compliance-Daten, die Governance-Vorgaben betreffen. KI-gestützte Systeme können diese Daten automatisiert auswerten und in ein einheitliches Format überführen, was den manuellen Aufwand deutlich reduziert. Unternehmen, die solche Lösungen bereits einsetzen, berichten von einer bis zu 40 % schnelleren Datenerfassung und einer signifikanten Reduktion von Fehlern.

1.2 KI kann ESG-Risiken schneller identifizieren

Auch bei der Bewertung von ESG-Risiken bietet KI wertvolle Unterstützung. Sie kann Millionen von Datenquellen durchforsten – von Nachrichtenmeldungen über Branchenberichte bis hin zu Social-Media-Diskussionen – und so Risiken frühzeitig identifizieren. Durch den Einsatz von Natural Language Processing (NLP) ist es möglich, Muster zu erkennen, die auf Probleme hindeuten könnten, beispielsweise negative Berichterstattung über Zulieferer oder Hinweise auf Arbeitsrechtsverstöße. Unternehmen, die KI zur Bewertung von ESG-Risiken einsetzen, identifizieren relevante Bedrohungen bis zu 30 % schneller als solche, die auf manuelle Analysen angewiesen sind.

1.3 KI optimiert das Energie- und Ressourcenmanagement

Ein weiteres Anwendungsfeld für KI ist die Optimierung des Energie- und Ressourcenmanagements. In vielen Unternehmen ist der Energieverbrauch eine der größten Stellschrauben für mehr Nachhaltigkeit. KI kann Verbrauchsmuster in Echtzeit analysieren und beispielsweise smarte Gebäudesteuerungen anpassen, um unnötigen Energieaufwand zu vermeiden. In Produktionsprozessen hilft KI, Maschinen so zu steuern, dass sie mit einem Minimum an Ressourcen ein Maximum an Effizienz erreichen. Darüber hinaus lassen sich mithilfe von KI präzise CO2-Bilanzen erstellen, die eine Grundlage für Reduktionsstrategien bilden. Unternehmen wie Walmart setzen bereits auf KI-gestützte Analysen, um den Energieverbrauch ihrer Filialen zu senken. Der Konzern konnte so seinen Stromverbrauch um 10 % pro Jahr senken, was nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft ist.

1.4 KI bekämpft Greenwashing

Neben diesen positiven Effekten kann KI auch einen entscheidenden Beitrag gegen Greenwashing leisten. Viele Unternehmen stehen in der Kritik, Nachhaltigkeitsmaßnahmen stärker in der Kommunikation als in der Praxis zu verankern. KI kann hier Abhilfe schaffen, indem sie ESG-Berichte mit realen Umwelt- und Sozialleistungen abgleicht, Widersprüche in Texten erkennt und Lieferketteninformationen mit den tatsächlichen Produktionsbedingungen verknüpft. Regulierungsbehörden setzen bereits KI-basierte Tools ein, um Greenwashing gezielt aufzudecken. So nutzt die Europäische Kommission automatisierte Textanalyse-Algorithmen, um ESG-Reports zu prüfen und irreführende Nachhaltigkeitsversprechen aufzudecken.

1.5 KI liefert ein zuverlässiges Monitoring

Da sich die ESG-Vorschriften ständig weiterentwickeln, ist ein zuverlässiges Monitoring erforderlich. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Nachhaltigkeitsberichte den neuesten regulatorischen Anforderungen entsprechen. Auch hier kann KI eine wichtige Rolle spielen, indem die Algorithmen neue Gesetze und Richtlinien automatisch analysieren und Unternehmen auf drohende Verstöße hinweisen. Viele Großunternehmen setzen bereits auf KI-gestützte Compliance-Plattformen, die Berichte mit aktuellen regulatorischen Anforderungen abgleichen und potenzielle Lücken oder Fehler frühzeitig identifizieren.

2. Unternehmen dürfen KI nicht blind vertrauen

Trotz aller Vorteile bleibt der Einsatz von KI im ESG-Management nicht ohne Herausforderungen. Datenqualität und -transparenz sind zentrale Aspekte, die über den Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Fehlen verlässliche Datengrundlagen, können selbst hoch entwickelte KI-Modelle zu falschen Schlussfolgerungen kommen. Zudem besteht die Gefahr, dass Unternehmen KI nutzen, um ESG-Daten gezielt zu optimieren, ohne dass sich ihre tatsächliche Nachhaltigkeitsleistung verbessert. Entscheidend ist deshalb, dass Unternehmen nicht blind auf KI vertrauen, sondern ihre Ergebnisse stets kritisch hinterfragen und mit menschlicher Expertise kombinieren. Denn auch wenn KI leistungsfähig ist – Nachhaltigkeitsmanagement bleibt eine Aufgabe, die fundierte Analysen, ethische Verantwortung und strategisches Denken erfordert. Und hier muss immer der Mensch das entscheidende letzte Wort haben.

Merke | KI bleibt damit ein Werkzeug, das richtig gehandhabt werden muss. KI kann nie allein die Lösung sein, sondern nur eine Ergänzung. Klare Vorgaben für ihren Einsatz, die Kombination mit manuellen Prüfprozessen und transparente Modelle sind essenziell, um Risiken zu minimieren.

Die Zukunft des ESG-Managements wird zunehmend von digitalen Lösungen geprägt sein – doch der verantwortungsvolle Umgang mit KI entscheidet darüber, ob diese Technologien tatsächlich zu mehr Nachhaltigkeit beitragen oder neue Herausforderungen schaffen. Unternehmen stehen daher vor der Aufgabe, KI bewusst und reflektiert einzusetzen, um langfristig sowohl ökonomische als auch ökologische Ziele zu erreichen.

3. Risiken im Zusammenhang mit KI und ihre Vermeidung

3.1 Fehlinterpretationen durch intransparente KI-Modelle („Black Box“)

Viele moderne KI-Systeme basieren auf komplexen maschinellen Lernmodellen, deren Entscheidungsfindung nicht immer nachvollziehbar ist. Dies ist insbesondere im ESG-Bereich problematisch, da Unternehmen nachvollziehbare und auditierbare Nachhaltigkeitsberichte erstellen müssen.

Beispiel

Ein großes Finanzinstitut nutzte eine KI zur ESG-Bewertung von Investitionen. Nachträgliche Analysen zeigten jedoch, dass das Modell Unternehmen bevorzugte, die zwar viele Umweltinitiativen kommunizierten, aber tatsächlich schlechtere Nachhaltigkeitskennzahlen aufwiesen.

Herausforderungen

  • Unklare Entscheidungsgrundlagen: Wie genau bewertet eine KI die ESG-Performance eines Unternehmens?
  • Mangelnde Erklärbarkeit: Regulierungsbehörden fordern zunehmend, dass KI-basierte Analysen transparent und überprüfbar sind.
  • Risiko von Fehleinschätzungen: Ohne klare Dokumentation kann eine KI Nachhaltigkeitsleistungen falsch bewerten oder übersehen.

Lösung:

  • Einsatz von erklärbarer KI (Explainable AI), um Entscheidungen transparent zu machen
  • Manuelle Validierung wichtiger ESG-Kennzahlen durch unabhängige Prüfer
  • Regulatorische Vorgaben für KI-gestützte ESG-Bewertungen, die Erklärbarkeit sicherstellen

3.2 Datenqualität und -verfügbarkeit als Problem

KI ist nur so gut wie die Daten, auf denen sie basiert. ESG-Daten sind jedoch häufig fragmentiert, unvollständig oder widersprüchlich. Insbesondere in globalen Lieferketten fehlen oft präzise Informationen zu CO2-Emissionen, Arbeitsbedingungen oder Umweltstandards.

Herausforderungen

  • Unterschiedliche Datenformate: Unternehmen nutzen verschiedene ESG-Kennzahlen und Metriken.
  • Fehlende historische Vergleichsdaten: Viele Nachhaltigkeitsindikatoren haben sich erst in den letzten Jahren etabliert.
  • Manipulationsrisiko: Unternehmen könnten bewusst unzureichende oder geschönte ESG-Daten liefern.

Lösung:

  • Automatisierte KI-gestützte Datenvalidierung, die Inkonsistenzen erkennt
  • Einsatz standardisierter ESG-Frameworks wie CSRD, GRI oder SASB, um Vergleichbarkeit zu gewährleisten
  • Regulatorische Anforderungen an die Datenverifizierung, um Greenwashing zu verhindern

3.3 Greenwashing durch KI-Optimierung

Ein weiteres Risiko besteht darin, dass KI so trainiert werden kann, dass sie ESG-Berichte optimiert, ohne dass tatsächliche Verbesserungen in der Nachhaltigkeitsleistung erfolgen.

Beispiel

Ein KI-System könnte so programmiert werden, dass es nur besonders positive ESG-Daten in Berichten hervorhebt, während problematische Bereiche unterrepräsentiert bleiben.

Herausforderungen

  • ESG-Kennzahlen könnten gezielt optimiert werden, ohne dass sich reale Veränderungen ergeben.
  • Unternehmen könnten regulatorische Schlupflöcher nutzen, um Nachhaltigkeitsberichte KI-gestützt „grüner“ aussehen zu lassen, als sie tatsächlich sind.

Lösung:

  • KI-gestützte Prozessaudit, die Unstimmigkeiten aufdecken
  • Regulierungsbehörden, die gezielt KI-generierte ESG-Berichte überprüfen
  • Einsatz von Blockchain-Technologie, um ESG-Daten fälschungssicher zu dokumentieren

3.4 Energieverbrauch von KI als Nachhaltigkeitsproblem

KI kann zwar dazu beitragen, den Energieverbrauch in Unternehmen zu optimieren, ist aber selbst ein enormer Energieverbraucher. Insbesondere das Training großer KI-Modelle erfordert hohe Rechenkapazitäten, die mit einem entsprechenden Stromverbrauch verbunden sind.

Herausforderungen

  • Hoher CO2-Fußabdruck großer KI-Modelle
  • Einsatz fossiler Energiequellen für Rechenzentren
  • Widerspruch zwischen Nachhaltigkeitszielen und energieintensiver KI-Nutzung

Lösung:

  • Verwendung von KI-Modellen, die weniger Rechenleistung benötigen
  • Nutzung von Rechenzentren, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden
  • Förderung von „grüner KI“, die speziell auf Energieeffizienz optimiert ist

4. KI im ESG-Management erfolgreich einsetzen

Praxisleitfaden / Einsatz von KI im ESG-Management

  • 1. Geeignete KI-Tools auswählen
  • Spezialisierte ESG-Software prüfen: Welche Anbieter bieten KI-gestützte Lösungen für das ESG-Reporting, CO2-Berechnungen oder das Risikomanagement an?
  • Regulatorische Konformität sicherstellen: Ist die Software mit der CSRD, der EU-Taxonomie und den GRI-Standards kompatibel?
  • Transparenz der KI-Modelle hinterfragen: Liefert die Lösung nachvollziehbare und auditierbare Ergebnisse?
  • 2. Datenqualität sicherstellen
  • Quellen validieren: Woher stammen die ESG-Daten? Sind sie vollständig, korrekt und aktuell?
  • KI-gestützte Datenprüfung nutzen: Automatische Algorithmen können Datenfehler, doppelte Einträge und Inkonsistenzen erkennen.
  • Menschliche Kontrolle beibehalten: ESG-Daten sollten zusätzlich von Experten überprüft werden, um Fehlschlüsse zu vermeiden.
  • 3. Greenwashing und Fehlinformationen vermeiden
  • Automatisierte Plausibilitätschecks integrieren: Systeme, die ESG-Angaben mit realen Unternehmensdaten und externen Berichten abgleichen, helfen, Manipulationen zu vermeiden.
  • Unabhängige Audits einplanen: Externe Prüfer können die Richtigkeit der KI-generierten Berichte sicherstellen.
  • 4. KI in bestehende Prozesse integrieren
  • Schnittstellen zu Finanz- und Nachhaltigkeitssoftware schaffen: ESG-Daten sollten direkt aus ERP- und Controlling-Systemen verarbeitet werden können.
  • Mitarbeiter schulen: Nachhaltigkeitsmanager und Wirtschaftsprüfer müssen KI-gestützte Analysen richtig interpretieren können.
  • Schrittweise Einführung planen: Pilotprojekte helfen, Praxisprobleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
  • 5. Energieverbrauch von KI berücksichtigen
  • Nachhaltige Rechenzentren nutzen: Anbieter mit grüner IT und erneuerbaren Energien sollten bevorzugt werden.
  • Energieeffiziente KI-Modelle einsetzen: Kleinere spezialisierte Modelle sind oft ressourcenschonender als große Sprachmodelle.
  • CO2-Bilanz der KI-Nutzung ausweisen: Der Energieaufwand für ESG-Analysen sollte transparent in die Nachhaltigkeitsstrategie einfließen.

AUSGABE: BBP 6/2025, S. 162 · ID: 50326010

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