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Kfz-Handel über die GrenzeVerkauf eines Ersatzteils an einen anderen Händler in der EU ohne Transportverantwortung

Abo-Inhalt02.04.2025178 Min. LesedauerVon Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent, Lehrbeauftragter und freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Dortmund

| Unerwünschte Folgen hat eine Ersatzteillieferung für Ihr Autohaus, wenn der Kunde ein anderer Händler oder ein sonstiger Unternehmenskunde im EU-Ausland ist, Sie das Ersatzteil selbst vorab in einem anderen EU-Ausland einkaufen müssen und der Kunde das Ersatzteil dort selbst abholt oder abholen lässt. ASR erläutert anhand des Praxisfalls 51, warum Sie diese Fallgestaltung unbedingt vermeiden sollten. |

Wenn der Endkunde die Transportverantwortung trägt

Ein Abholfall liegt vor, wenn der Endkunde z. B. ein gekauftes Ersatzteil durch einen Kurier abholen lässt. Dazu ein Beispiel:

Beispiel

Ihr Autohaus (DE) mit Sitz in Ravensburg (Bodenseekreis/Deutschland) übernimmt für einen italienischen Lkw- und Reisebushersteller (IT) die Ersatzteilversorgung für Deutschland und Österreich.

Ein Busunternehmer (AT) aus Bregenz (Bodenseekreis/Österreich) bestellt bei DE ein dringend benötigtes Ersatzteil (Klimakompressor) zum Nettopreis in Höhe von 980 Euro. Bei der Bestellung benennt AT seine österreichische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.). Diese lautet: ATU12345678. DE bestellt das Ersatzteil seinerseits bei IT zum Nettopreis von 820 Euro und benennt dabei seine deutsche USt-IdNr. Diese lautet: DE123456789.

Weil er das Teil so dringend benötigt, lässt AT dieses vereinbarungsgemäß von einem Kurier bei IT in Mailand abholen und zu sich nach Bregenz bringen.

Endkunde AT trägt in diesem „Abholfall“ die Transportverantwortung, da DE nach dem Kaufvertrag lediglich die Übergabe des Klimakompressors in Mailand schuldet. Wie der Kunde den Transport tatsächlich durchführt, ob er

  • das Ersatzteil persönlich abholt oder
  • einen Arbeitnehmer,
  • einen Spediteur oder
  • einen Frachtführer beauftragt,

ist für die Transportverantwortung ohne Bedeutung.

Autohaus liefert Ersatzteil steuerfrei innergemeinschaftlich

Die Warenbewegung ist der Lieferung des DE an AT zuzuordnen („bewegte Lieferung“). Da auch die weiteren Voraussetzungen der §§ 4 Nr. 1 Buchst. b, 6a UStG vorliegen, liefert Ihr Autohaus DE das Ersatzteil an AT aus Italien heraus (Beginn der Warenbewegung) nach Österreich (Ende der Warenbewegung) steuerfrei innergemeinschaftlich.

Die Möglichkeit der Vereinfachung durch ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft besteht hier nicht. Denn § 25b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG und auch Abschn. 25b.1 Abs. 5 S. 4 UStAE fordern den Transport durch den ersten Lieferer (IT) oder den ersten Abnehmer (DE).

Lieferung von Italien nach Deutschland ist eine ruhende Lieferung

Die Warenbewegung ist der Lieferung DE an AT zuzuordnen (s. o.). Damit ist die Lieferung IT nach DE eine ruhende Lieferung, die einer bewegten vorangeht. Ort der Lieferung ist dort, wo der Transport beginnt (Mailand). IT müsste DE damit eine Bruttorechnung unter Ausweis der italienischen Umsatzsteuer ausstellen. Unter den weiteren Voraussetzungen des italienischen Umsatzsteuerrechts kann DE die Umsatzsteuer in Italien als Vorsteuer abziehen.

Wichtig | Der Vorsteuerabzug erfolgt ausschließlich in einem italienischen Festsetzungsverfahren und nicht in einem Vorsteuer-Vergütungsverfahren!

Warum ein Autohaus diesen Fall vermeiden sollte

Die Vereinfachungsregelung des § 25b UStG findet keine Anwendung. DE müsste sich daher

  • in Italien umsatzsteuerlich registrieren lassen,
  • seinen Kunden AT aus Italien heraus steuerfrei innergemeinschaftlich beliefern,
  • in Italien eine Umsatzsteuer-Voranmeldung erstellen,
  • in Italien eine Zusammenfassende Meldung erstellen und
  • in Deutschland einen nicht steuerbaren Umsatz erklären.

All dies und insbesondere die Registrierung würde für DE einen erhöhten administrativen Aufwand auslösen durch

  • Umstellung der Buchführung,
  • Einrichtung der EDV,
  • Bestellung eines Steuerberaters und
  • Bestellung eines Fiskalvertreters,

der bereits bei der Kalkulation eines Auftrags und damit von den (in der Regel mit steuerlichen Fragen wenig befassten) Ein- und Verkaufsabteilungen berücksichtigt werden muss. Erfahrungsgemäß beläuft sich dieser Mehraufwand auf 10.000 bis 12.000 Euro (pro zusätzliche Registrierung).

Wichtig | Von dieser Sachverhaltsgestaltung ist abzuraten. Etwas anderes gilt nur, wenn DE als erster Abnehmer zufällig auch bereits im Ursprungsland (Land, in dem der Transport beginnt hier: Italien) registriert ist.

Weiterführende Hinweise
  • Beitrag „Reihengeschäfte: Das neue BMF-Schreiben und seine Auswirkungen für die Praxis“, ASR 9/2023, Seite 7 → Abruf-Nr. 49668226 und ASR 10/2023, Seite 9 → Abruf-Nr. 49607901
  • Beitrag „Verkauf eines Ersatzteils an einen anderen Händler in der EU mit Transportverantwortung“, ASR 5/2025, Seite 8Abruf-Nr. 50326229

AUSGABE: ASR 6/2025, S. 15 · ID: 50351357

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