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AbgasmanipulationThermofenster: BGH ändert Rechtsprechung und erleichtert Schadenersatz gegen Hersteller

Top-BeitragAbo-Inhalt08.08.202329 Min. Lesedauer

| Der BGH hat die Hürden für Schadenersatz-Klagen von Diesel-Käufern gesenkt. Das ist das Ergebnis einer Anpassung der bisherigen BGH-Rechtsprechung an den EuGH. ASR nennt die Eckpunkte. |

BGH-Rechtsprechung – Das galt bisher

Bislang hat der BGH einen Schadenersatzanspruch gegen den Hersteller nur bei einer bewussten sittenwidrigen Manipulation zugesprochen.

Strenge Vorgaben des EuGH bewirken Rechtsprechungsänderung

Nun reicht schon das Ausnutzen der „Grauzone“ rund um das Thermofenster, – in dem Bewusstsein, dass das zu weit gehen könnte – für einen Schadenersatzanspruch gegen den Hersteller aus. Diese Änderung in seiner Rechtsprechung musste der BGH aufgrund einer Entscheidung des EuGH vornehmen. Der hatte in seinem Urteil vom 21.03.2023, Rs. C-100/21, Abruf-Nr. 235972, aus dem Gesamtzusammenhang des unionsrechtlichen Regelungsgefüges nämlich gefolgert, dass der Käufer beim Erwerb eines Kfz, das zur Serie eines genehmigten Typs gehört und mit einer Übereinstimmungsbescheinigung versehen ist, vernünftigerweise erwarten könne, dass die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und insbesondere deren Art. 5 eingehalten sei. Sprich: Werde er in diesem Vertrauen enttäuscht, kann er von dem Fahrzeughersteller, der die Übereinstimmungsbescheinigung ausgegeben habe, Schadensersatz nach Maßgabe des nationalen Rechts verlangen.

Fahrlässigkeit für Schadenersatzanspruch jetzt ausreichend

Das hatte der BGH bisher nicht so gesehen. Ohne einen Betrugsvorsatz des Herstellers gab es nichts. Die Thermofensterregelungen waren jedoch so unscharf formuliert, dass der Betrugsvorsatz bei der Überdehnung des nach Auffassung des EuGH zulässigen Thermofensters nicht zuverlässig nachweisbar war. Aufgrund der EuGH-Vorgabe muss nun auch Fahrlässigkeit ausreichen (BGH, Urteile vom 26.06.2023, Az. VIa ZR 335/21, Abruf-Nr. 235973, Az. VIa ZR 533/21, Abruf-Nr. 235974 und Az. VIa ZR 1031/22, Abruf-Nr. 235975).

BGH-Marschrichtung: Entschädigung zwischen fünf und 15 Prozent

Damit die Gerichte unter der Flut der Verfahren – es sollen mehr als 100.000 sein, die in der Warteschleife auf die BGH-Entscheidung hängen – nicht zusammenbrechen, hat der BGH folgende Marschrichtung ausgegeben: Die Gerichte sollen je nach Einzelfall zwischen fünf und 15 Prozent des Kaufpreises als Entschädigung zusprechen, ohne Gutachten von Sachverständigen einzuholen. Das klingt vernünftig, denn die könnten vermutlich einen Wertverlust auch nur durch Handauflegen ermitteln.

Weiterführender Hinweis
  • Bisher liegen lediglich die Pressemitteilungen des BGH vor. Sobald die BGH-Urteile im Wortlaut veröffentlicht sind, wird ASR insbesondere im Hinblick auf kaufrechtliche Streitigkeiten zwischen Händler und Käufer berichten.

AUSGABE: ASR 8/2023, S. 7 · ID: 49581069

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