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InteressenkollisionVertretung widerstreitender Interessen auch bei paralleler privater Tätigkeit möglich

Abo-Inhalt02.07.20255265 Min. LesedauerVon RA und FA Handels- und Gesellschaftsrecht Dr. Achim Zimmermann, Zimmermann Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover

| Berät ein Rechtsanwalt einen Mandanten in einer Sache und wird er – wenn auch unter Umständen etwas später – in einer anderen, gegenläufigen Sache nicht-anwaltlich tätig, kann das die Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO) bedeuten. |

Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt berät seine Mandantin in einem Erbfall. Sie wollte einen Großteil des Erbes so verteilen, dass ihre Kinder nur einen Teil der Erbmasse erhalten. Im Fall des Todes der Mandantin wünschte sie eine Zahlung an ihre Tochter. Um das Vermögen zu kontrollieren, nutzte der Rechtsanwalt eine von ihm gegründete Gesellschaft. Mit seiner Mandantin schloss diese Gesellschaft sodann einen Darlehensvertrag über einen Betrag in Höhe von 93.000 EUR bei Zinsen von 0,5 % p. a. und über einen Zeitraum von 15 Jahren. Zugleich schloss der Vertrag die ordentliche Kündigung aus. Der Darlehensbetrag und die Zinsen sollten erst am Ende der Vertragslaufzeit fällig werden (BGH 31.1.23, AnwSt (R) 6/22, Abruf-Nr. 234302).

Entscheidungsgründe

Nach der Auffassung des Anwaltssenats des BGH hatte der Rechtsanwalt durch die Beratung zum Abschluss des Darlehensvertrags mit seiner eigenen Gesellschaft eine Interessenkollision. Die Richter sahen konträre Interessen: Der Anwalt als Geschäftsführer der Gesellschaft war daran interessiert, dass diese für sich so günstige Konditionen wie möglich erhält. Das Interesse der Mandantin war gerade entgegengesetzt. Sie wollte einen Darlehensvertrag, der ihr Vorteile bringt. Die lange Laufzeit stand im Widerspruch zu den Wünschen der Mandantin.

Als wesentliches Argument sahen die Richter zugleich an, dass der Anwalt Informationen aus dem Mandat zugunsten seiner Gesellschaft nutzen konnte. Diese flossen in die Ausgestaltung des Darlehensvertrags ein. Somit waren die Lebenssachverhalte verklammert. Dabei spielte es keine Rolle, ob die weitere Tätigkeit dem nicht-anwaltlichen Bereich, insbesondere einem Zweitberuf, entstammt.

Merke | Ein widerstreitendes Interesse liegt auch vor, wenn das Interesse nur teilweise konträr ist. Hier hatte zwar der Rechtsanwalt als Geschäftsführer einen Vertrag entworfen, der zumindest teilweise den Interessen der Mandantin entsprach. Aber auf der anderen Seite hatte dieser auch Aspekte, die für die Mandantin nachteilig waren, etwa die lange Laufzeit.

Relevanz für die Praxis

Der BGH hat zwar entschieden, dass eine Tätigkeit des Rechtsanwalts in seinem Zweitberuf nicht zwingend zu einer Interessenkollision führen muss. Eine nicht-anwaltliche Tätigkeit ist bei der Frage einer Interessenkollision aber einzubeziehen. Denn diese kann auf die anwaltliche Tätigkeit ausstrahlen. So darf der Rechtsanwalt etwa neben dem eigentlichen Mandat eine betriebswirtschaftliche Beratung durchführen. Der BGH verweist hierzu auf die Gesetzesbegründung zur Berufsrechtsreform aus dem Jahr 2021. Aber dennoch sind die Grenzen noch nicht klar gezogen.

Praxistipp | Die Neufassung der Regelungen zum widerstreitenden Interesse bedeutet, dass Sie Ihre Tätigkeit noch sorgfältiger prüfen müssen. Überlegen Sie zum einen, ob im anwaltlichen Bereich widerstreitende Interessen vorliegen könnten. Untersuchen Sie zum anderen die privaten Tätigkeiten auf eine Interessenkollision. Wenn Sie für den Mandanten über die rein anwaltliche Tätigkeit hinaus tätig werden wollen, prüfen Sie immer eine mögliche Interessenkollision. Denkbar sind Fälle, in denen Sie einem Miet-Mandanten eine eigene Wohnung zur Vermietung anbieten. Damit dürften sich ebenfalls sämtliche Fälle erledigt haben, in denen Sie eine Provision von einem Dritten erhalten, etwa für die Vermittlung eines Geschäftsanteils.

Weiterführende Hinweise
  • Widerstreitende Interessen – sind „Chinese Walls“ die Lösung?, AK 25, 51
  • Interessenkollision: Gibt es ein Clearingverfahren der Kammer? AK 22, 109
  • Verbot der Vertretung beider Parteien: Gibt es Urteile dazu? AK 22, 110

AUSGABE: AK 7/2025, S. 112 · ID: 50386595

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