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Psychologie der Gesprächsführung (Teil 1)So können Sie sich auf Honorarverhandlungen vorbereiten

Top-BeitragAbo-Inhalt06.03.2024268 Min. LesedauerVon Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht

| Anwaltliche Vergütungsvereinbarungen sind nicht nur für den Bereich der außergerichtlichen Beratung, für Mediatorentätigkeiten und für die Ausarbeitung schriftlicher Gutachten von Bedeutung. Sie können auch jederzeit die Vergütung nach dem RVG ersetzen, sofern § 49b BRAO und §§ 3a ff. RVG beachtet werden. Dass Vergütungsvereinbarungen also generell möglich sind, heißt jedoch noch lange nicht, dass sie auch so einfach realisiert werden können. Im Gegenteil: Erfolgreiche Honorarverhandlungen müssen sorgfältig vorbereitet werden. |

1. Überdenken Sie die möglichen Honorarmodelle

Arbeiten Sie mit Honorarmodellen, die zu Ihnen und Ihrer Kanzlei passen und die Gesamtstrategie der Kanzlei unterstützen. Auch äußere Faktoren spielen dabei eine Rolle: So kann vielleicht nicht jeder Familien-, Sozial- oder Arbeitsrechtsanwalt auf Mandate mit Prozesskostenhilfe verzichten – das gilt gerade für den ländlichen Raum. In großen Städten hingegen sind leichter Spezialisierungen möglich, die höhere Honorare ermöglichen. Auch die höhere Dichte von Anwaltskanzleien und eine größere Vielfalt an Rechtsdienstleistungen können dazu führen, dass die Honorare in Städten tendenziell höher sind als in ländlichen Gebieten.

Beispiele für zulässige Honorarmodelle

  • Vergütung nach RVG
  • Vergütung nach RVG mit vereinbartem Streitwert
  • Vergütung nach RVG mit vereinbartem Leistungsumfang
  • Vergütung nach Zeitaufwand (Stundenhonorar)
  • Vergütung nach Zeitaufwand mit fester Untergrenze
  • Vergütung nach Zeitaufwand mit fester Obergrenze
  • Vergütung mit Festpreis (Fixhonorar, Pauschalhonorar)
  • Vergütung mit Höchstpreis
  • Erfolgshonorar in bestimmten Fällen (vgl. § 4a Abs. 1 RVG)

2. Passen Sie Ihre Strategie an den Mandantentyp an

Sie müssen auch die Frage beantworten: Wer ist mein potenzieller Mandant? Das kann eine Privatperson oder ein gewerblicher Mandant sein, der ein kleines oder großes Unternehmen vertritt. Bei Privatpersonen könnten Sie ein betuchtes Geschwisterpaar vor sich haben, das gerade zusätzliche Immobilien geerbt hat, oder einen geringverdienenden Elternteil, der um das Sorgerecht für gemeinsame Kinder kämpft. Unternehmensvertreter wiederum gehören vielleicht der Rechtsabteilung, dem Vorstand oder der Geschäftsführung an. Klären Sie, wessen Interessen genau Sie vertreten sollen und wer später Ihr Honorar zahlen wird. Nicht immer ist es der eigentliche „Mandant“, den Sie von Ihrer Honorarforderung überzeugen müssen. Passen Sie Ihre Verhandlungsstrategie den jeweiligen Umständen an.

Praxistipp | Überlegen Sie vorab, welches Honorarmodell in der jeweiligen Konstellation am plausibelsten ist.

3. Sammeln Sie Informationen über Mandant, Mandat und Preise

Das Unternehmen, das Sie beauftragen will, steht schlecht da? Dem Mandanten steht generell oder für dieses Projekt leider nur wenig Geld zur Verfügung? Seine bisherige Kanzlei hat für einen deutlich geringeren Stundensatz gearbeitet? Der Verhandlungsführer ist bekannt für seine manipulativen Verhandlungsmethoden? Damit Sie den tatsächlichen Aufwand, den finanziellen Spielraum und mögliches Mandantenverhalten abschätzen können, sollten Sie sich vorab so genau wie möglich über den Mandanten und sein Anliegen informieren. Je besser Sie vorbereitet sind, desto zielgerichteter können Sie argumentieren (wie Sie unfairen Verhandlungstricks begegnen, erfahren Sie in Teil 3 der Beitragsserie).

Praxistipp | Für jede Honorarverhandlung sollten Sie das marktübliche Honorar kennen, um bei kritischen Nachfragen genau zu wissen, wo Sie im Wettbewerb stehen. Gerade beim Verhandeln mit Unternehmen ist es nicht unüblich, offiziell höhere Honorarsätze anzugeben als jene, mit denen Sie tatsächlich kalkulieren. Privatpersonen hilft es, Ihre Sätze mit den durchschnittlichen Stundensätzen vergleichen zu können. Sie können dazu sogar ein paar statistische Angaben in Schriftform bereithalten, die Sie den Mandanten mitgeben.

4. Begründen Sie Ihre Honorarvorstellungen

Gerade „große“ Mandanten haben oft eine klare Vorstellung davon, wie hoch ein Anwaltshonorar sein darf. Das gilt nicht nur für Mandate, für die Pitches ausgeschrieben werden. Bereiten Sie sich detailliert darauf vor, Ihre Honorarvorstellungen zu begründen: Was rechtfertigt Ihre (höheren) Sätze? Folgende Aspekte sind für Mandanten besonders wichtig:

Argumente für höhere Anwaltshonorare

  • Erfahrung, Wissen, Qualifikationen in Form von spezifischen Rechts- und / oder Branchenkenntnissen
  • Zuverlässigkeit der Ergebnisse
  • Besondere Schnelligkeit
  • Übersichtliche Organisation komplexer Rechtslagen und klare und verständliche Struktur und Information (z. B. bei Zwangsvollstreckung oder Markenrecht)
  • Übernahme von Haftungsrisiken
  • Mandate, bei denen Dritte die Kosten tragen, z. B. Unternehmensübernahmen

Praxistipp | Eine wichtige Basis Ihrer Honorarverhandlungen ist es, dem potenziellen Mandanten zu verdeutlichen, inwiefern sich Ihre eigenen Dienstleistungen von denen anderer Kanzleien abheben. Die allgemeine Honorarpolitik kann solche Alleinstellungsmerkmale noch hervorheben, z. B. indem Sie grundsätzlich nur nach Stunden abrechnen.

5. Setzen Sie Referenzen ein

Halten Sie für jede Honorarverhandlung außerdem eine Liste von Referenzen bereit. Sie sollten idealerweise Fälle betreffen, die dem erwünschten Mandat ähneln. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt, denn mit dem Verweis auf Referenzen dürfen Sie nicht den Eindruck erwecken, als mangelte es Ihnen an Diskretion. Stellen Sie Ihrer Referenzliste einen deutlichen Hinweis voran, dass die jeweiligen Mandanten gemäß § 6 BRAO ihrer Nennung ausdrücklich zugestimmt haben.

Möglichkeiten für die Nennung von Referenzen

  • Ausführliche Mandantenstimmen mit vollen Namen / Firmen oder abgekürzten Namen
  • Beschreibung von Mandaten ohne Namensnennung
  • Firmen mit oder ohne Beschreibung des Mandats
  • Nennung der Berufe von Mandanten
  • Angebot, auf Anfrage Mandanten für eine persönliche Referenz zu vermitteln
  • Gegnerlisten

Praxistipp | Die eigene Qualifikation ist eines der wichtigsten Argumente bei Honorarverhandlungen. Ein Fachanwaltstitel und/oder Fortbildungsnachweise sind ebenso wie Referenzen handfeste Belege für Mandanten, dass sie es wirklich mit einem Spezialisten zu tun haben. Auf dieser Basis erhalten Sie auch Mandate, die allein aufgrund ihrer Schwierigkeit einen Honoraraufschlag rechtfertigen.

Fazit | „Gut vorbereitet ist halb gewonnen.“ Für Honorarverhandlungen reicht es nicht aus, im Vorfeld für sich selbst vernünftig kalkuliert zu haben. Sie benötigen auch umfassende Informationen über den potenziellen Mandanten selbst, über das Mandat, eventuell über die entsprechenden Branchen und über Ihr eigenes Marktumfeld. Auf der anderen Seite ist es unerlässlich, sich argumentativ vorzubereiten: Was macht Ihre Kanzlei zum idealen Dienstleister in diesem Fall? Womit können Sie besonders punkten, und welche bisherigen Mandanten können das belegen? Sie sehen: Erfolgreiche Honorarverhandlungen sind keine kurzfristige Angelegenheit. Vielmehr ist es sinnvoll, „von langer Hand“ die Voraussetzungen für Ihren Erfolg zu schaffen. Wie Sie sich in der Verhandlungssituation selbst richtig verhalten, ist Thema des Teils 2 dieser Beitragsserie.

AUSGABE: AK 3/2024, S. 52 · ID: 49909478

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