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Psychologie der Gesprächsführung (Teil 2)So führen Sie eine erfolgreiche Honorarverhandlung

Top-BeitragAbo-Inhalt15.03.2024382 Min. LesedauerVon Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht

| Honorarverhandlungen sind komplexe Kommunikationsprozesse, für die neben guter Vorbereitung, Sachkompetenz und klugen Argumenten auch psychologisches und strategisches Geschick notwendig ist. Im ersten Teil der Serie haben Sie erfahren, wie Sie die besten Voraussetzungen für Honorarabreden schaffen können (AK 24, 52). In Teil 2 geht es nun um wichtige Aspekte beim Verhandeln selbst. |

1. Sorgen Sie für einen guten Gesprächsstart

Schaffen Sie einen guten Start in Ihre Verhandlungen, indem Sie für eine positive Gesprächsatmosphäre sorgen und (überzeugend) Ihr Interesse an der Übernahme des Mandats bekunden.

Da Anwaltshonorarmodelle für Mandanten ohne entsprechende Erfahrung schwer zu durchschauen sind, ist die Einschätzung des Arbeits- bzw. Zeitaufwands ein guter Einstieg in das Honorargespräch. Dies ist nicht nur informativ, sondern vor allem auch verhandlungspsychologisch wichtig. Mandanten können den nötigen Zeitaufwand selbst kaum einschätzen und unterschätzen ihn in der Regel. Auf der Grundlage Ihrer Vorbereitungen und Recherche zeigen Sie dem Mandanten, mit welchem Aufwand des Anwalts er rechnen muss (alle relevanten Informationen einholen, Korrespondenz führen, Schriftsätze erstellen, Gerichtstermine wahrnehmen usw.)

Erläutern Sie bei Bedarf auch, wie Gegenstands- bzw. Streitwerte ermittelt werden, wie die Honorarberechnung nach dem RVG funktioniert und dass es gesetzliche Mindestgebühren gibt, die in der Regel nicht unterschritten werden dürfen (vgl. RVG prof. 24, 68). Das signalisiert Fairness und Verlässlichkeit – ein wichtiger emotionaler Effekt, der zum Verhandlungserfolg beiträgt.

Praxistipp | Überzeugen Sie Ihre Mandanten mit Vorabinformationen, die Sie bereits beim Erstgespräch aushändigen können – z. B. eine Checkliste, welche Informationen der Mandant für Sie zusammenstellen sollte. Damit zeigen Sie, dass Sie viel Erfahrung mit den jeweiligen Abläufen haben. Gleichzeitig machen Sie deutlich, dass sich seine gute Vorarbeit positiv auf das Stundenhonorar auswirken kann.

2. Begründen Sie Ihr Vergütungsmodell

Im Rahmen Ihrer Gesprächsvorbereitung haben Sie sich bereits für ein oder zwei mögliche Vergütungsmodelle entschieden. Diese Entscheidung sollten Sie auch gegenüber dem Mandanten begründen können. Während die Vergütung nach RVG als gesetzliche Abrechnungsgrundlage kaum Gründe benötigt, kann die Argumentation vor allem beim Stundenhonorar schwieriger werden.

a) Beispiel Zeithonorar

Zeithonorare verlangen ein besonderes Feingefühl in der Argumentation, weil der Mandant nicht sicher sein kann, dass die Aufwandseinschätzung zutrifft, die Sie ihm eingangs gegeben haben. Er kann sogar mutmaßen, dass Sie mehr Stunden abrechnen werden, als tatsächlich angefallen sind. Stärken Sie das Vertrauen, indem Sie anbieten, z. B. nach erledigten Schritten oder monatlich nach Stunden abzurechnen. So hat der Mandant immer einen guten Überblick und es sammeln sich keine hohen Rechnungssummen an. Laufen die ersten Phasen gut, werden auch die weiteren Honorarnoten meist als angemessen akzeptiert. Ein weiterer Pluspunkt für Sie dabei ist: Falls es wiederholt zu Zahlungsverzögerungen kommen sollte, ermöglicht die schrittweise Abrechnung, das Mandat von Ihrer Seite aus rechtzeitig zu beenden.

Praxistipp | Nach § 627 BGB haben Mandanten jederzeit die Freiheit, ein Mandat zu beenden. Mandanten sind oft entgegenkommender in der Verhandlung, wenn Sie sie gleich zu Anfang offen über diese Möglichkeit aufklären.

b) Beispiel Kombi-Honorar

Eine oft noch bessere Strategie ist die Kombination von Zeit- und Pauschalhonorar – der Festpreis für eine Standardaufgabe, der Stundensatz für zusätzliche Tätigkeiten, die zeitlich nicht genau einzuschätzen sind. Festpreise sind für den Mandanten sehr gut berechenbar. Das ist fair und schafft Vertrauen in der Zusammenarbeit. Zudem kommen Sie mit einem Pauschalhonorar als Basis nicht in die Verlegenheit, Zeit für Aufgaben abschätzen zu müssen, mit denen Sie eventuell noch nicht so viel Erfahrung haben. Der Mandant muss sich keine Sorgen darüber machen, dass er die Zeit bezahlen muss, die Sie benötigen, um sich einzuarbeiten. Ein weiterer Vorteil ist: Durch das anteilige Zeithonorar werden Mandanten motiviert, selbst gut mitzuarbeiten.

3. Machen Sie nur bei Gegenleistungen Zugeständnisse

Vor allem gewerbliche Mandanten werden zum Teil hart um Ihr Honorar verhandeln wollen. Auf die Frage, ob sich „da nicht noch etwas tun“ ließe, sollten Sie gelassen reagieren. Lassen Sie sich nicht provozieren, sondern legen Sie sich eine freundliche, aber bestimmte Standardantwort zurecht. So gewinnen Sie auch Zeit zum Nachdenken. Kontern Sie etwa „Mein Honorar steht in dieser Form so fest – aber es ist okay, dass Sie fragen.“ Sie können zusätzlich betonen, dass Ihr Honorar fair berechnet ist und/oder dass die Gleichbehandlung aller Mandanten ein wichtiger Grundsatz Ihrer Kanzlei ist. So bleibt die Verhandlungsstimmung positiv.

Mit den Formulierungen „in dieser Form“ und „so“ in der eben vorgeschlagenen Standardantwort haben Sie gleichzeitig die Basis für ein mögliches Entgegenkommen gelegt. Denn gewisse Zugeständnisse sind durchaus erlaubt. Um glaubwürdig zu bleiben, sollten Sie aber unbedingt auf einer Gegenleistung bestehen. Das kann ein Vorschusshonorar, die besonders gute Vorbereitung relevanter Informationen durch den Mandanten oder die Zusage sein, Termine so zu vereinbaren, dass Sie Reisekosten sparen. Mit einem „Aber ich kann Ihnen trotzdem entgegenkommen“ leiten Sie Ihr Angebot ein.

Praxistipp | „Rabatte“ ohne Gegenleistung reduzieren Ihre Glaubwürdigkeit („Der hat ja schnell eingelenkt – bestimmt verlangt er immer erst einmal überhöhte Honorare, um dann runterzugehen …“), sprechen sich schnell herum und suggerieren ggf. sogar, dass der Anwalt auch bei Verhandlungen mit der Gegenseite schnell einbricht! Eine entsprechende Mund-zu-Mund-Propaganda unter Ihren Mandanten erschwert auch spätere Honorarverhandlungen.

4. Gehen Sie nicht auf inakzeptable Honorarvorschläge ein

Ist derzeit keine für Sie akzeptable Honorarlösung zu finden, sollten Sie keine faulen Kompromisse eingehen. Signalisieren Sie dem Interessenten zunächst, dass Sie an einer für beide guten Vereinbarung interessiert sind. Darauf folgt Ihre freundliche Absage: „Allerdings kann ich nicht …“. Bieten Sie dann eine Lösung an, beispielsweise eine der beschriebenen Honoraralternativen oder einen weiteren Gesprächstermin. Lassen Sie Ihr Gegenüber Ihr Nein verdauen, indem Sie sich einen Moment zurücknehmen. Schieben Sie keine Argumente nach. Das würde Ihre Position nur schwächen.

Es gibt immer wieder Fälle, in denen ein Mandat nicht zustande kommt, weil der Mandant das von Ihnen geforderte Honorar (so gerechtfertigt es sein mag) nicht bezahlen kann. Nutzen Sie diese Gelegenheit, Ihren Ruf als fairer Verhandlungspartner zu festigen, indem Sie dem Mandanten Alternativen eröffnen. Nennen Sie geringverdienenden Privatpersonen Kollegen, die auch pro bono arbeiten, oder geben Sie ihnen die Kontaktdaten von Rechtsberatungsstellen weiter.

5. Berücksichtigen Sie die zwischenmenschliche Ebene

Um Mandanten ergebnisorientiert von Ihren Honorarvorstellungen zu überzeugen, ist neben Sachkompetenz die zwischenmenschliche Ebene entscheidend. Schließlich soll die Beziehung nicht unter der Verhandlungssituation leiden, sondern eher gestärkt werden – gerade im Hinblick auf weitere Mandate. Offenheit und Transparenz bilden dafür die Basis. Aktives Zuhören (AK 23, 32) und bewusste nonverbale Kommunikation helfen zusätzlich, die Verhandlung für alle Beteiligten fair und positiv zu gestalten (wie Sie mit unfairen Verhandlungstricks umgehen, lesen Sie in Teil 3 der Serie).

Praxistipp | Das Verhandeln von Honoraren kann man lernen – und muss man üben. Vielleicht möchten Sie ein entsprechendes Seminar besuchen oder sich in die Grundregeln des aktiven Zuhörens oder der nonverbalen Kommunikation vertiefen. Die Angebote sind vielfältig und müssen nicht unbedingt speziell auf Rechtsanwälte zugeschnitten sein: Präsenzveranstaltungen, Online- oder Inhouse-Seminare oder auch Fachbücher bieten für jeden Bedarf etwas.

6. Halten Sie Ihre Honorarabrede schriftlich fest

Sie haben sich mit Ihrem Mandanten geeinigt? Sehr gut! Um Missverständnisse zu vermeiden und späteren Problemen vorzubeugen, sollten Sie Ihre Honorarabrede zum Abschluss immer schriftlich festhalten. Dazu gehören Taktung des Zeithonorars, Umfang Ihrer Leistungen, Höhe und Fälligkeit des Honorars, Aufschlüsselung der Gebühren, Kostentragungspflicht im Fall eines Gerichtsverfahrens etc. Das gibt allen Beteiligen rechtliche Sicherheit und der Mandant kann seine finanziellen Verpflichtungen gut einschätzen. So beugen Sie späteren Problemen vor. Geben Sie dem Mandanten dennoch das Gefühl, dass er sich bei Bedarf jederzeit an Sie wenden kann.

7. Und wenn das Honorar sich als zu niedrig herausstellt?

Manchmal zeigt sich, dass die Honorarvereinbarung für ein Mandat nicht angemessen war. Eigentlich hätten Sie ein höheres Honorar gebraucht, um kostendeckend zu arbeiten. Hier haben Sie zwei Möglichkeiten:

Zusammenfassung: So führen Sie erfolgreiche Honorarverhandlungen

  • Nehmen Sie sich Zeit, um sich auf das Gespräch vorzubereiten.
  • Schaffen Sie eine angemessene Atmosphäre.
  • Eröffnen Sie das Gespräch und verwenden Sie Ich-Botschaften.
  • Verstehen Sie die Bedürfnisse des Mandanten. Kommunizieren Sie Ihren Wert. Zeigen Sie dem Mandanten, wie Sie seine Bedürfnisse erfüllen und Probleme lösen können.
  • Lassen Sie Ihrem Gesprächspartner Zeit, um seine Gedanken und Bedenken auszudrücken und Fragen zu stellen – hören Sie aktiv zu, ohne ihn zu unterbrechen oder zu urteilen.
  • Zeigen Sie Verständnis und Empathie für die Sichtweise Ihres Mandanten.
  • Seien Sie klar und konkret in Ihren Aussagen. Legen Sie die Honorarstruktur und die Zahlungsbedingungen klar und transparent dar.
  • Stellen Sie sicher, dass das Gespräch nicht nur einseitig ist, sondern suchen Sie aktiv nach Lösungen.
  • Fassen Sie die wichtigsten Punkte des Gesprächs zusammen.
  • Stellen Sie sicher, dass Sie auch nach dem Honorargespräch mögliche weitere Fragen der Vergütung klären.
  • Sie können eine höhere Rechnung ankündigen. Begründen Sie die höhere Summe mit belegbaren Fakten. Fragen Sie nach, ob der Mandant das angemessen findet und ob er mit der bisherigen Arbeit zufrieden war. Falls das nicht der Fall ist, signalisieren Sie Entgegenkommen – allerdings unter grundsätzlicher Beibehaltung Ihrer Position. Sie können z. B. anbieten, bei einem zukünftigen Mandat einen ersten Arbeitsschritt, einen Vertragsentwurf o. Ä. ohne Berechnung zu erledigen.
  • Nachträglich ein höheres Honorar einzufordern, kann der falsche Weg sein – gerade bei Mandanten, auf deren Folgemandate Sie hoffen. Eine gute Basis für zukünftige Honorarverhandlungen ist es, den Mandanten sachlich darüber zu informieren, dass Sie durch ungünstige Einflussfaktoren dieses Mal ein Minus gemacht haben. So können Sie bei eventuellen späteren Mandaten gleich entsprechend argumentieren.

AUSGABE: AK 4/2024, S. 59 · ID: 49909521

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