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Klimaschutz in der KanzleiE-Auto, Jobrad, Bahnfahrt – das Mobilitätskonzept der Kanzlei hat viele Facetten

Abo-Inhalt25.03.2024904 Min. LesedauerVon Ursula Katthöfer, Wissenschaftsjournalistin, Bonn

| Der Trend zum Auto ist in Deutschland ungebrochen – das gilt besonders für Dienstwagen. Doch der Anteil von E-Fahrzeugen wächst. Zudem können Kanzleien für ihr Team intelligente Mobilitätskonzepte entwickeln, in die sie Fahrrad, E-Bike, Deutschlandticket und BahnCard einbeziehen. |

1. Eckdaten

Ob Steuer oder Abgabe – über diese Instrumente lässt sich der Klimaschutz politisch steuern. Länder wie Norwegen, Dänemark und die Niederlande machen vor, wie sich die Umweltauswirkungen des Autoverkehrs darüber lenken lassen. Dort sind z. B. Kfz- und Dienstwagensteuer höher als in Deutschland und das Autofahren ist insgesamt teurer. In Deutschland gilt:

a) Die Zulassungen von Privatfahrzeugen steigen auf mehr als 60 Millionen

Im Jahr 2023 waren in Deutschland zum ersten Mal über 60 Millionen Autos, Motorräder und Lkw zugelassen – ein Rekord. Wer in Deutschland ein Fahrzeug kauft, zahlt Umsatz- und Zulassungssteuer sowie Zulassungsgebühren. Wer eines besitzt, führt Kraftfahrzeug- und Versicherungssteuer ab, beim Tanken fossiler Energien kommen Umsatz- und Energiesteuer hinzu. Seit 2021 gilt ein CO2-Preis für Benzin und Diesel, der nach und nach steigt. Zum 1.1.24 wurde er auf 45 EUR pro ausgestoßener Tonne Kohlendioxid angehoben. Das war noch einmal ein Sprung von mehr als 4,3 Cent pro Liter Benzin und 4,7 Cent pro Liter Diesel im Vergleich zum Vorjahr. Bei der CO2-Abgabe handelt es sich allerdings nicht um eine Steuer, da die Einnahmen daraus zweckgebunden sind. Sie fließen in den Klima- und Transformationsfonds, um den Klimaschutz zu finanzieren.

Merke | Verbrennerfahrzeuge stoßen weniger CO2-Emissionen aus, wenn die Route klug gewählt ist. Navigationsgeräte mit Eco-Funktion halten jedoch nicht immer, was sie versprechen. Häufig ist die Eco-Route zwar die kürzeste, nicht aber die sparsamste Strecke mit wenigen Ampeln und ohne hohes Staurisiko. Nicht zuletzt hilft ein ruhiger Fahrstil ohne ständiges Beschleunigen und Bremsen, Sprit und damit CO2-Emissionen zu sparen.

b) Auch Dienstwagen erreichen einen Rekord

Die Zahl der neuzugelassenen Dienstwagen stieg laut Automobilmarktbeobachter Dataforce (iww.de/s10240) im Jahr 2023 auf ein Rekordhoch. Der sog. Relevante Flottenmarkt erreichte 976.696 Neuzulassungen. Der Anteil von E-Fahrzeugen legte zu: „Dienstwagenfahrende und Fuhrparkverantwortliche entschieden sich deutlich öfter für einen batterieelektrischen Pkw als noch 2022. Der Marktanteil kletterte von 16,6 auf 18,7 Prozent“, heißt es bei Dataforce.

2. Investition in Elektromobilität

Neuinvestitionen eignen sich gut, um klimafreundliche Entscheidungen zu treffen. Auch Ihr nächstes Kanzleifahrzeug könnte ein E-Auto sein (AK 23, 122; AK 23, 141; AK 23, 161): Die Reichweiten von E-Autos wachsen, die Ladeinfrastruktur wird zunehmend besser (die Bundesnetzagentur informiert ausführlich zur Elektromobilität unter iww.de/s10243). Allein Berlin meldet, die Zahl der E-Ladepunkte im Jahr 2023 auf 2.360 erhöht und damit im Vergleich zu 2022 fast verdoppelt zu haben. Die Kaufprämie für Elektroautos ist zwar Ende 2023 weggefallen. Dennoch kommt der ADAC zu dem Schluss, dass die Gesamtkosten bei E-Autos oft günstiger als bei Verbrennern sind (iww.de/s10242). In diese Rechnung wurden die Ausgaben für Kauf, Betrieb, Wartung und der Wertverlust einbezogen.

Von der Kfz-Steuer sind E-Fahrzeuge bis zum 31.12.30 befreit (das gilt nicht für Plug-in-Hybride). Beschäftigte, die einen E-Dienstwagen fahren, haben außerdem einen Steuervorteil: Liegt der Bruttolistenpreis unter 60.000 EUR, muss das Auto monatlich nur mit 0,25 Prozent des Bruttolistenpreises als geldwerter Vorteil besteuert werden. Liegt der Bruttolistenpreis über 60.000 EUR, gelten 0,5 Prozent. Das ist immer noch günstiger als ein Prozent, was bei Verbrennern angesetzt wird.

3. Wallboxen machen unabhängig

Das E-Auto an einer normalen Steckdose zu laden, kann zu Kurzschlüssen und Kabelbränden führen. Denn das Stromsystem ist einer solchen Belastung auf Dauer nicht gewachsen. Ein Parkplatz mit einer eigenen Wallbox macht von öffentlichen Stromtankstellen unabhängig. Auch soll das relativ langsame Laden für die Langlebigkeit der Batterie besser als das Auftanken an Schnellladesäulen sein. Allerdings sind bei den Wallboxen, die inzwischen auch von den Automobilherstellern angeboten werden, räumliche, technische und eigentumsrechtliche Aspekte zu beachten. Für die Installation und den Betrieb gilt:

  • Alle (stationären und mobilen) Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge müssen – unabhängig von ihrer Leistung – vor der Installation beim zuständigen Netzbetreiber angemeldet werden. Die meisten Netzbetreiber halten dafür auf ihrer Homepage ein Anmeldeformular bereit.
  • Da es sich um einen Starkstromanschluss handelt, muss ein Elektrounternehmen mit der Installation beauftragt werden.
  • Die Kosten für eine Wallbox inklusive Installation liegen bei ca. 2.000 EUR. Bei der KfW können Unternehmen keine Zuschüsse mehr beantragen. Es lohnt sich jedoch, in Kommunen und Bundesländern nach Fördermöglichkeiten (eventuell in Zusammenhang mit einer Photovoltaikanlage) zu recherchieren.
  • Je nach Stromanbieter können die Preise für das Laden des E-Fahrzeugs stark variieren. Inzwischen machen sich einige Unternehmen nicht nur von der öffentlichen Ladeinfrastruktur, sondern auch vom Strompreis unabhängig: Sie nutzen den Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage zum Laden ihrer E-Fahrzeugflotte. Bidirektionale Ladesäulen ermöglichen sogar, den Strom in der Autobatterie zu speichern und später für elektrische Geräte am Standort zurückfließen zu lassen.

4. Fahrrad als „Motor“ der Verkehrswende

Die Begeisterung der Deutschen für das Autofahren hat zur Folge, dass der Verkehrssektor bisher keinen nennenswerten Beitrag geleistet hat, um das im Pariser Klimaschutzabkommen festgelegte 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Hoffnungen ruhen auf dem Fahrrad. Die Zahl der Radfahrer nimmt zu. Gerade für Beschäftigte mit kleinem Einkommen sind ressourcenfreundliche Alternativen zum Auto Gold wert. Insofern kann eine Kanzlei ihren Beschäftigten Folgendes bieten:

Merke | Ein Umdenken findet statt, wenn Meinungsführer und Führungskräfte eine Sache vorleben. Seien Sie Vorbild. Auch wenn Sie selbst nicht mit dem Fahrrad in die Kanzlei radeln können, kommt es sehr gut an, Radfahrer wertzuschätzen – schenken Sie Fahrradtaschen und -körbe, Schutzwesten, Helme oder Radcomputer, die Wertschätzung ausdrücken.

  • Leasen Sie Diensträder mit oder ohne Elektroantrieb für Ihre Beschäftigten. Oft sind Reparaturen und Versicherungen inbegriffen. Die Leasingrate ziehen Sie im Rahmen einer Gehaltsumwandlung vom Gehalt ab. Die Leasingrate lässt sich als Betriebsausgabe absetzen.
  • Steuerlich werden Diensträder ähnlich wie Dienstwagen behandelt. Für den geldwerten Vorteil, der zu versteuern ist, lag die Bemessungsgrenze bis Ende 2018 wie beim Dienstwagen bei 1 Prozent der unverbindlichen Preisempfehlung des Rads. Seit 2019 ist das Dienstrad als Gehaltsextra steuerfrei, seit dem 1.1.20 wird es im Fall einer Gehaltsumwandlung nur noch mit 0,25 Prozent versteuert (vgl. ausführlich AK 24, 67).
  • Prüfen Sie, ob die Verkehrsgesellschaft in Ihrer Region zulässt, dass private Fahrräder in Bus und Bahn mitgenommen werden. Das kann für regnerische Tage eine Alternative sein, um nicht doch ins Auto zu steigen. Oft ist das Angebot des ÖPNV besser als sein Ruf. Es lohnt sich, nach neuen Linien und Taktverdichtungen zu gucken.
  • Nehmen Sie im Sommer als Kanzleiteam an der Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ teil (iww.de/s10244). Es gibt Fahrräder, Städtetrips und Fahrradzubehör zu gewinnen.
  • Richten Sie gut beleuchtete und bequem zu erreichende Fahrradständer ein, an denen Räder sicher angeschlossen werden können. Ideal ist eine Kombination mit einer E-Bike-Ladestation. Viele Kommunen bauen ihr Radwegenetz aus und sorgen für sichere Abstellplätze.

5. Bus- und Bahnangebote rechnen sich für Vielfahrer

Für längere Strecken sind Bus und Bahn günstiger als das individuelle Auto.

Fazit | Bahnfahrt, E-Auto, Jobrad – ein Mobilitätskonzept hat viele Facetten, die sich im besten Fall ergänzen. Viele alte Gewohnheiten gehen im Zuge der Verkehrswende über Bord. Das verlangt nicht nur den Beschäftigten einer Kanzlei, sondern unter Umständen auch der Mandantschaft einiges ab. Doch ohne neue Wege sind klimafreundliche Städte und Gemeinden nicht zu schaffen. Es ist mutig, einen Parkplatz vor der Kanzlei in eine Bienenweide mit insektenfreundlichen Stauden umzuwandeln, setzt aber ein Zeichen: Hier sitzt eine umwelt- und klimafreundliche Kanzlei, die die Verkehrswende ernst nimmt. Jede Kanzlei muss insofern für sich abwägen, ob und inwieweit sie Veränderungen für die Umwelt und den Klimaschutz möchte.

  • Besprechen Sie im Team, ob Jobtickets gewünscht sind (iww.de/s10245; AK 23, 104): Wer würde vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen, wenn das Jobticket für ihn preiswert oder sogar kostenfrei wäre? Falls es Zuspruch gibt, können Sie einen Rahmenvertrag mit dem Verkehrsanbieter Ihrer Region schließen. Wenn Sie als Arbeitgeber einen Mindestzuschuss von 25 Prozent (12,25 EUR) auf die 49 EUR, die das Deutschlandticket monatlich kostet, gewähren, erhalten Sie einen weiteren Rabatt von 5 Prozent. Die Leistung ist lohnsteuerfrei, wenn sie zusätzlich zum Arbeitslohn erbracht wird.
  • Schaffen Sie Incentives für Beschäftigte, die Bahn fahren. Diese lassen sich nach Kilometern staffeln. Für diejenigen, die freiwillig auf den Dienstwagen verzichten, ist vlt. die BahnCard 100 1. Klasse eine Belohnung.
  • Bei Dienstreisen unter 500 Kilometern sollte das Flugzeug die Ausnahme bleiben. Für längere Strecken setzt die Deutsche Bahn zwischen den Metropolen inzwischen Sprinter ein, die selten stoppen und mit Ökostrom fahren. Eine Zugfahrt dauert laut Fahrplan häufig nicht länger als ein Flug. Zudem arbeitet die Deutsche Bahn am Deutschlandtakt, also einem auf ganz Deutschland abgestimmtem Fahrplan, bei dem Züge immer zur selben Zeit abfahren. Der Deutschlandtakt besteht der Bahn zufolge aus 170 Maßnahmen, wie z. B. Stuttgart 21 und der Sanierung ganzer Streckenabschnitte, die (bis 2048) in Etappen umgesetzt werden.
Weiterführende Hinweise
  • Elektromobilität Teil 3: Elektrofahrzeuge: THG-Quote verkaufen und bares Geld kassieren, AK 23, 161
  • Elektromobilität Teil 2: (Hybrid-)Elektrofahrzeuge: Lohnsteuerliche Vorteile bei Ladevorrichtungen nutzen, AK 23, 141
  • Elektromobilität Teil 1: „(Hybrid-)Elektrofahrzeuge: Lohnsteuerliche Vergünstigungen beim Dienstwagen und Laden“, AK 23, 122
  • Ein Jobrad bietet Mitarbeitern und Kanzleiinhabern Steuervorteile, AK 24, 67
  • Die lohn- und umsatzsteuerlichen Spielregeln bei der Überlassung von E-Bikes an Mitarbeiter, AK 22, 105
  • (Lohn-)Steuergestaltung mit dem „49-EUR-Ticket“, AK 23, 104

AUSGABE: AK 4/2024, S. 63 · ID: 49873962

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