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KommunikationErfolgreich um ein Unternehmensmandat pitchen

Abo-Inhalt19.09.20225186 Min. LesedauerVon Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht

| Pitchen von Anwälten? Ja! Sie haben richtig gelesen! Pitches stammen aus der Werbebranche und bezeichnen dort die Präsentation einer Werbeagentur, mit der sie sich um den Auftrag eines Unternehmens bewirbt (engl. to pitch = übermäßig anpreisen). Inzwischen schreiben viele Unternehmen aber auch Pitches für Anwaltskanzleien aus, bevor sie wichtige Mandate vergeben. Der folgende Beitrag erläutert, was Sie beachten müssen, wenn Sie zu einem solchen Pitch eingeladen sind und einsteigen möchten. |

1. Herzstück des Pitches = Bezug zum konkreten Mandat

Beim Pitchen geht es nicht vorrangig um die allgemeine Vorstellung der Kanzlei, sondern um ein konkretes Mandat, z. B. um die Rechtsberatung hinsichtlich Finanzierungen oder Mergers & Acquisitions. Die Daten Ihrer Kanzlei hat das Unternehmen in der Regel bereits erfasst, bevor Sie zum Pitch eingeladen wurden. Wenn Sie in diesem Wettbewerb bestehen wollen, müssen Sie sich sehr gut vorbereiten und im Prinzip gedanklich schon die ersten Schritte eines bestehenden Mandats gehen. Zeigen Sie, dass Sie das Unternehmensanliegen verstanden und durchdrungen haben, anstatt vergleichbare Mandate zu nennen, die Sie bereits erfolgreich geführt haben. Gehen Sie auf wichtige Zusatzaspekte ein, an die das Unternehmen möglicherweise nicht von sich aus gedacht hat. Setzen Sie Ihr Know-how und Ihr gutes Team ins rechte Licht!

2. Wägen Sie ab: Lohnt sich das Pitchen?

Zu einem Pitch werden in der Regel mehrere Kanzleien eingeladen. Die Pitches selbst werden normalerweise nicht honoriert. Um nicht unnötig Geld zu investieren, prüfen Sie daher zunächst, ob sich der Aufwand im konkreten Fall lohnt. Überdenken Sie dabei auch, ob Sie negative Folgen für Ihre Kanzlei erwarten, wenn Sie die Einladung zum Pitch ausschlagen.

Bei unkomplizierteren Aufträgen kann es sein, dass Sie zu einem rein schriftlichen Pitch ohne persönlichen Termin eingeladen werden. Manche Unternehmen treffen eine Vorauswahl, indem sie mit verschiedenen Kanzleien telefonieren und auf dieser Basis geeignete Kanzleien vorauswählen.

3. Intensive Vorbereitung ist ein Muss

Zu jedem Pitch gehört ein Briefing, in dem Sie u. a. Angaben zur gewünschten Form, zur Dauer der Präsentation und ggf. auch zu den Inhalten finden. Halten Sie sich unbedingt an diese Vorgaben. Auch die Information ist wichtig, wer von Unternehmensseite aus teilnehmen wird – denn dies kann Ihr Bearbeiterteam mitbestimmen. Informieren Sie sich selbst über das Unternehmen (z. B. Geschäftsmodell, Aufbau, Ziele und Philosophie, Entscheidungsprozesse), damit Sie Ihre Herangehensweise ans Mandat daran adaptieren können. Fundierte Zusatzinformationen über die Branche allgemein und evtl. über Wettbewerber sind unabdingbar.

Praxistipp | Versuchen Sie, für Ihre Vorbereitung das Mandat aus der Sicht des Auftraggebers zu sehen. Kernfrage ist, wobei genau Ihre Hilfe erforderlich ist. Dies ist sowohl für die richtige Auswahl der beteiligten Mitarbeiter als auch für die Zeit- und Aufwandsplanung entscheidend. Falls die benötigten Fakten durch das Briefing nicht absolut klar werden, fragen Sie nach. Viele Unternehmen bieten ohnehin an, bei Bedarf weitere Informationen zu liefern – ein solches Angebot sollten Sie stets annehmen, denn dies signalisiert zusätzlich Ihr Interesse.

4. Flexible Honorarmodelle anbieten

Ein wesentlicher Faktor beim Pitchen ist neben dem Fachlichen das Honorar. Je nach Unternehmen können verschiedene Modelle interessant sein: Der eine Auftraggeber hat nur einen begrenzten Etat zur Verfügung, der andere kann vielleicht nach Aufwand zahlen, wünscht aber Zwischenberichte pro Projektphase. Hier ist es sinnvoll, frühzeitig festzustellen, was für Ihre Kanzlei machbar wäre, und vorab intern einen möglichen Verhandlungsrahmen zu definieren. Im Idealfall können Sie mehrere Honorarmodelle zur Auswahl anbieten.

Praxistipp | Immer häufiger nehmen von Unternehmensseite auch Mitarbeiter aus Controlling oder Einkauf an Mandatspitches teil. Das dient oft dazu, die Honorarmodelle der sich vorstellenden Kanzleien vergleichbar zu machen. Indem Sie im Vorfeld feststellen, welche Modelle für das Unternehmen infrage kommen, können Sie sich besser vorbereiten.

5. Pitchen ist auch eine Teamfrage

Die Minimalbesetzung ist auf Kanzleiseite die Person, mit der der Unternehmensjurist später hauptsächlich zu tun hat. Viele Unternehmen sehen es aber lieber, wenn sie im Pitch alle Hauptpersonen kennenlernen, die am Mandat beteiligt sein würden. Dabei muss jeder Einzelne fachlich und persönlich für die jeweilige Aufgabe überzeugen. Stellen Sie sich als gut funktionierendes Team vor, das effizient und gern miteinander arbeitet. Dazu ist zu klären, welches Team eine besonders gute Arbeitsatmosphäre, Effizienz und Versiertheit ausstrahlt:

  • Wer übernimmt beim Mandat welche Rolle?
  • Wer bearbeitet das Mandat später operativ?
  • Wer übernimmt im Pitch welche Redebeiträge?
  • Wer antwortet auf fachliche Fragen (bzw. wer auf welche Art Fragen)?

Beachten Sie | Lassen Sie beim Termin interne Rivalitäten weg. Ziehen Sie unbedingt an einem Strang, anstatt sich als „Einzeldarsteller“ hervorzutun.

Praxistipp | Wer vertritt bei diesem Mandat die Rechtsabteilung des Unternehmens? Setzen Sie Ihr Team sorgfältig zusammen und achten Sie auf heterogen aufgestellte Teams (z. B. gendersensibel, interkulturell, inklusiv oder das Alter betreffend). Sie können vor großen und wichtigen Pitches sogar Rollenspiele durchführen, um die Präsentation optimal vorzubereiten. Wichtig dabei ist ein neutraler Beobachter, um die Probe am Ende genau auswerten zu können.

6. So stellen Sie Ihren Pitch richtig vor

Die beste Präsentation ist nichts wert, wenn Sie sie einfach „abspulen“. Vielmehr ist es entscheidend, auch beim Pitch selbst auf Feinheiten in der Kommunikation zu achten. Hören Sie zu! Gehen Sie auf die Fragen des potenziellen Auftraggebers ein. Stellen Sie selbst Fragen, die zeigen, dass Sie sich ganz auf Ihren Mandanten konzentrieren, dass Sie zu einem Perspektivwechsel bereit und in der Lage sind. Geben Sie dem Unternehmen das Gefühl, dass Sie genau dieses Mandat an erster Stelle sehen und alles daransetzen werden, um es zu einem Erfolg für das Unternehmen zu machen.

Praxistipp | Verzichten Sie beim Pitchtermin auf Versuche des Cross-Sellings, wenn Sie nicht explizit nach weiteren möglichen Dienstleistungen gefragt werden. Klären Sie alle wichtigen Punkte, aber überfrachten Sie Ihre Informationen nicht.

7. Pitchunterlagen sind kein Zwang

Viele Kanzleien fragen sich: Müssen wir Pitchunterlagen einreichen? Nein, das müssen Sie nicht. Entbehrlich ist insbesondere alles, was sich nicht präzise auf das ausgeschriebene Mandat bezieht. Wenn Sie sich aber für ein Pitchdokument entscheiden, fassen Sie sich kurz. Hilfreich ist ein inhaltlich und zeitlich gut strukturierter Projektplan, der vermittelt, wie Sie die Aufgaben umsetzen würden. Falls Sie Referenzen benennen, dann nur Mandanten, die vom Unternehmen kontaktiert werden können.

Praxistipp | Wenn Sie für Ihre Pitchunterlagen oder in der Präsentation Fotos des Unternehmens verwenden, sollten Sie auch im Detail wissen, was diese Fotos darstellen. Seien Sie auf „Test-Nachfragen“ gefasst!

8. Nach dem Pitch ist vor dem Pitch

Nach dem Pitchtermin sollte eine E-Mail oder ein Anruf beim Unternehmen selbstverständlich sein, um sich für den positiven Austausch zu bedanken. Intern sollten Sie den Termin besprechen und auswerten: Was ist gut gelaufen, was nicht, was können Sie beim nächsten Mal besser machen? Falls Sie das Mandat nicht erhalten, fragen Sie ruhig beim Unternehmen nach den Gründen. Auf diese Weise ist es manchmal schon zu späteren Mandaten gekommen. Denn eine einmalige Ablehnung bedeutet meistens nicht den generellen Ausschluss der Kanzlei. Und die Hinweise sind auch für andere Pitches hilfreich.

AUSGABE: AK 10/2022, S. 178 · ID: 48236942

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