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PersonalErhalt der Arbeitsfähigkeit in Mangelberufen als Führungsaufgabe

Top-BeitragAbo-Inhalt05.05.20253964 Min. LesedauerVon Katja Löffler, M.Sc. Wirtschaftspsychologie, Dipl. Kffr. (FH), PTA, Grasbrunn

| Die Berufe Apotheker und PTA gelten seit einigen Jahren als Mangelberufe. Viele Mitarbeiter verlassen die öffentliche Apotheke bzw. bevorzugen Tätigkeiten in der Industrie oder der Verwaltung. Gleichzeitig steigen die krankheitsbedingten Fehlzeiten. Der Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern aller Altersgruppen bildet die Grundlage für die Wettbewerbsfähigkeit und den langfristigen Erfolg von öffentlichen Apotheken. |

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Altersverteilung

Der demografische Wandel macht auch vor den Apotheken nicht halt. Etwa 30 Prozent der Apotheker sind älter als 60 Jahre und werden in den kommenden Jahren in Rente gehen. Gleichzeitig gibt es aufgrund der demografischen Entwicklung weniger Jüngere, die in die Apothekenberufe einsteigen. Dies führt zu einem Anstieg des Durchschnittsalters der Mitarbeiter. Aufgrund der geänderten Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner wird sich dieser Trend noch verstärken. So werden in Zukunft mehr Mitarbeiter – insbesondere Mitarbeiterinnen – im Rentenalter weiter in der Apotheke arbeiten.

Herausforderungen für Apotheken

Der Fachkräftemangel, das steigende Durchschnittsalter der Belegschaft und der Gesamtbevölkerung sowie die weiter steigende Lebenserwartung stellen die Apothekeninhaber vor zahlreiche neue Herausforderungen:

  • Mit zunehmendem Alter steigen die krankheitsbedingten Fehlzeiten, insbesondere aufgrund von Muskel-, Gelenk- und Rückenbeschwerden, aber auch von psychischen Erkrankungen.
  • Mit steigender Lebenserwartung und besseren Überlebenschancen bei schwerwiegenden Erkrankungen steigt der Arzneimittelbedarf der Bevölkerung. Das bedeutet eine höhere Arbeitsintensität für das Apothekenpersonal.
  • Jüngere Arbeitnehmer haben im Durchschnitt eine geringere Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber. Sie sind eher bereit, bei entsprechenden alternativen Angeboten und besseren Karrieremöglichkeiten ihren derzeitigen Arbeitsplatz aufzugeben und sich nach anderen Betätigungsfeldern umzusehen.
  • Die Innovationskraft einer Apotheke sichert ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit, denn Innovationen verbessern die langfristige Leistungsfähigkeit. Dies funktioniert am besten in altersgemischten Teams, in denen ein gutes Teamklima herrscht.
  • Aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels in Apotheken werden verstärkt Fachkräfte aus dem Ausland rekrutiert. Da deren Ausbildungen meist nicht den deutschen Standards entsprechen, sind langwierige Anerkennungsverfahren notwendig.

Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit

Um den massiven Herausforderungen des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels zu begegnen und Mitarbeiter möglichst lange in der Apotheke beschäftigen zu können, spielt der Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit von Mitarbeitern aller Altersgruppen eine wichtige Rolle. Die Arbeitsfähigkeit umfasst die physischen und psychischen Fähigkeiten, die Arbeitnehmer benötigen, um die an sie gestellten Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Sie zielt auf ein langfristig angelegtes Gleichgewicht zwischen den Arbeitsanforderungen und den individuellen Fähigkeiten des Einzelnen ab. Damit Mitarbeiter möglichst lange arbeitsfähig bleiben, sollten die Arbeitsbedingungen genauer analysiert und verbessert werden. Weniger Lärm, ergonomische Arbeitsplätze, weniger Zeitdruck, geringere Arbeitsbelastung, Entscheidungsfreiheit und Autonomie, Unterstützung durch Vorgesetzte etc. wirken sich positiv auf den Erhalt der Arbeitsfähigkeit aus.

Unter Beschäftigungsfähigkeit wird die Fähigkeit von Menschen verstanden, generell am Arbeits- und Berufsleben teilnehmen zu können. Dazu benötigen sie nicht nur fachliche, sondern auch überfachliche Kompetenzen, insbesondere Sozial- und Methodenkompetenzen. Beispiele für überfachliche Kompetenzen sind Eigenverantwortung, Gesundheitskompetenz, Lernfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Belastbarkeit, Umgang mit neuen Situationen, Frustrationstoleranz etc.

Karrierechancen anbieten

Karrierechancen haben einen großen Einfluss auf die Mitarbeiterloyalität bzw. -bindung. Viele jüngere Apotheker und PTA kritisieren die fehlenden Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten in der öffentlichen Apotheke. Dabei bestehen neben der Möglichkeit einer Filialleitung zahlreiche weitere Optionen, z. B. als Expertin für konkrete Beratungsschwerpunkte, als Abteilungsleitung für Personalthemen, Marketing, Controlling oder Einkauf, als HV-Leitung etc.

Praxistipp | Zur Beurteilung der Mitarbeiterbindung können Krankenstand und Fluktuation erste Hinweise geben. Liegen diese über dem Bundes- oder Branchendurchschnitt, ist eine vertiefte Analyse angezeigt. Mitarbeiterbefragungen liefern wertvolle Informationen zur Mitarbeiterbindung

Wissensaustausch und -weitergabe sind wichtig

Wissen, insbesondere Spezialwissen, ist häufig bei einzelnen Personen konzentriert. Die Weitergabe im Team sowie zwischen den Generationen funktioniert erfahrungsgemäß nicht optimal, sollte aber von Führungskräften aktiv gefördert werden.

Beispiele für die Wissensweitergabe

  • Durch generationenübergreifende Projekte in Apotheken mit Mentoren und praxisorientierte Arbeitsgruppen bzw. Arbeits- oder Lerntandems können Ältere und Jüngere voneinander lernen. Auch bei der Integration ausländischer Fachkräfte sind Lernpaten eine sinnvolle Unterstützung.
  • Fachspezifisches Wissen kann in internen Schulungen, bei Teammeetings oder in Kleingruppen weitergegeben werden.
  • Mithilfe einer internen Wissensdatenbank können Spezialwissen, unternehmensinternes Wissen, wichtige Fragen, Fallbeispiele, konkrete Ideen oder Problemlösungsansätze in einer internen Cloud gespeichert werden. Alle Mitarbeiter, auch in den Filialen, können dann schnell und einfach darauf zugreifen.

Eine weitere Möglichkeit der Wissensweitergabe ist das informelle Lernen, das die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit deutlich erhöht. Informelles Lernen findet nicht in Schulen, Universitäten oder bei Schulungen oder Fortbildungen statt, sondern ist eher ein Nebenprodukt der täglichen Diskussionen oder Problemlösungsversuche im Arbeitskontext. Dabei werden Erfahrungswissen, Sozial- und Methodenkompetenzen eher beiläufig erworben.

Weiterbildung lohnt sich immer

Ältere Mitarbeiter werden häufig von Fort- und Weiterbildungen ausgeschlossen, obwohl der Wunsch nach Weiterbildung in allen Mitarbeitergenerationen besteht. Häufig wird argumentiert, dass sich Investitionen in ältere Mitarbeiter nicht mehr lohnen würden. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Angestellte auch im Rentenalter weiterarbeiten, sollte hier ein Umdenken einsetzen. Auch Mitarbeiter, die kein Interesse an Aufstieg oder Karriere haben, sind unabhängig von ihrem Alter an fachlichen Weiterbildungen interessiert. Zudem zeigen Studien, dass kognitive Fähigkeiten mit dem Alter nicht abnehmen. Es gibt lediglich Unterschiede bei der Verarbeitungsgeschwindigkeit von Informationen, der sogenannten fluiden Intelligenz. Diese ist bei Jüngeren höher als bei Älteren. Im Gegensatz dazu nimmt die kristalline Intelligenz mit dem Alter zu. Sie umfasst das im Laufe des Lebens erworbene Wissen, auf das Ältere effektiver zugreifen können.

Digitaler Fortschritt bietet Chancen

Die Entwicklung von neuen Technologien und digitalen Tools wie Robotik, Abholautomaten, digitale Sichtwahl, Laborprogramme oder künstliche Intelligenz (KI) bietet Apotheken vielfältige Chancen, um einerseits Arbeitsabläufe zu erleichtern und andererseits das Dienstleistungsangebot zu erweitern. Außerdem lassen sich mithilfe der Digitalisierung neue, innovative Arbeitsmodelle wie Telepharmazie oder Homeoffice-Arbeitsplätze leichter umsetzen. Mithilfe von KI werden Apothekenmitarbeiter in Zukunft von Routineaufgaben entlastet. Gleichzeitig können sie sich verstärkt auf anspruchsvollere Tätigkeiten konzentrieren. Voraussetzung ist, dass Ängste vor der neuen Technik ernst genommen und die Mitarbeiter bei der Einführung unterstützt werden. Damit alle Mitarbeitergenerationen gleichermaßen von den Möglichkeiten der digitalen Technologien profitieren, benötigen sie passende Zusatzqualifikationen und eine Erweiterung ihrer Kompetenzen und Handlungsspielräume.

Mitarbeitergesundheit erhalten und fördern

Um die Arbeitsfähigkeit von Beginn des Berufslebens an zu erhalten, gewinnt das Thema Gesundheit und Prävention zunehmend an Bedeutung. Ein echtes betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) setzt hier an. Oft werden jedoch einzelne Maßnahmen wie Gesundheitskurse, Rückenschule oder ein Yogakurs von Arbeitgebern fälschlicherweise als BGM verstanden. BGM hingegen umfasst drei Säulen:

  • 1. Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin
  • 2. Betriebliche Gesundheitsförderung – hierzu zählen Präventionsangebote und Einzelmaßnahmen
  • 3. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)

Von BGM-Maßnahmen profitieren nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Apotheken, z. B. durch geringere Fehlzeiten, höhere Kundenzufriedenheit, bessere Dienstleistungsqualität, stärkere Mitarbeiterbindung, besseres Betriebsklima, höhere Motivation.

Verschiedene Maßnahmen zum Erhalt der Mitarbeitergesundheit

  • Mithilfe von Arbeitsplatzbegehungen die Arbeitsbedingungen analysieren und verbessern, psychische Belastungsfaktoren evaluieren
  • Arbeitssicherheitsmaßnahmen umsetzen
  • Betriebsärztliche Beratungen und Untersuchungen anbieten
  • Systematische Eingliederung von Mitarbeitern nach längerer Krankheit (innerhalb eines Jahres mindestens sechs Wochen) durch BEM
  • Prävention forcieren
  • Vorbild sein durch gesundheitsbewusste Führung
  • Flexibilität bei Arbeitszeit und Arbeitsort erhöhen

Fazit: Stärken der Mitarbeiter aller Altersgruppen nutzen

Wenn Apotheken zukunftsfähig bleiben wollen, müssen sie die unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen ihrer Mitarbeiter aller Altersgruppen nutzen. Apotheken, die sich aktiv für den Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter aller Altersgruppen einsetzen, erhöhen die Mitarbeiterbindung, reduzieren Fehlzeiten und sind innovativer sowie wettbewerbsfähiger.

Weiterführende Hinweise
  • Enste, P., Merkel, S. & Hilbert, J. (2020). Zukunft der Apotheken in Westfalen-Lippe. Forschung Aktuell. Gelsenkirchen: Westfälische Hochschule.
  • Fitte, C. & Teuteberg, F. (2019). Ein Rezept für die Apotheke 2.0. HMD-Praxis der Wirtschaftsinformatik, 56(1), 223 – 240: https://doi.org/10.1365/s40702-018-00485-3
  • Klaffke, M. (Hrsg.). Generationen-Management. Wiesbaden: Springer Fachmedien.

AUSGABE: AH 6/2025, S. 2 · ID: 50339568

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