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AHApotheke heute

SteuergestaltungBilanzierungswahlrechte steuergestaltend nutzen: Von RAP bis Investitionsabzugsbetrag

Abo-Inhalt23.05.20255567 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Es gibt viele steuerliche Wahlrechte, mit denen sich der Gewinn der Apotheke aktiv und legal von einer Periode in eine andere Periode verschieben lässt. Durch den progressiven Einkommensteuersatz können so Steuern gespart werden. AH stellt Ihnen in diesem Beitrag sieben klassische Wahlrechte kurz vor. |

Wahlrecht 1: Auf Rechnungsabgrenzungsposten verzichten

Wird eine Einnahme oder Ausgabe vor dem Abschlussstichtag getätigt, ist die Zahlung aber erst nach dem Abschlussstichtag erfolgswirksam zu berücksichtigen und die zeitliche Zuordnung der Zahlung bestimmbar, so ist für die Zahlung zum Abschlussstichtag ein Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) zu bilden (§ 5 Abs. 5 S. 1 Einkommensteuergesetz [EStG]). So lautet der Grundsatz. Es gibt jedoch eine Ausnahme. Wenn die einzelne Einnahme oder Ausgabe die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) von 800 Euro nicht übersteigt, kann auf die Bildung eines RAP verzichtet werden (§ 5 Abs. 5 S. 2 EStG).

Beispiel 1

Ein Apotheker hat am 01.11.2024 120 Euro Kfz-Steuern für ein Botenfahrzeug für die Zeit vom 01.11.2024 bis zum 31.10.2025 bezahlt.

Lösung: Die Zahlung erfolgte im Jahr 2024, bezieht sich aber anteilig (zu 10/12) auf 2025. Da die Zahlung nicht mehr als 800 Euro beträgt, hat A ein Wahlrecht. Grundsätzlich muss er zum 31.12.2024 einen gewinnerhöhenden RAP über 100 Euro (120 Euro × 10/12 Monate) bilden und 2025 auflösen. Dann mindert sich der Gewinn des Jahres 2024 um 20 Euro und der Gewinn des Jahres 2025 um 100 Euro. Alternativ kann er auf den RAP verzichten und die 120 Euro vollständig 2024 absetzen. Auch wenn die Auswirkung bezogen auf ein einzelnes Fahrzeug gering ist, können sich bei größeren Fahrzeugflotten schnell vierstellige Beträge ergeben.

Wahlrecht 2: Teilwertabschreibungen prüfen

Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens sind mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu bilanzieren. Ist das Wirtschaftsgut abnutzbar, z. B. die Ladeneinrichtung der Apotheke, dann ist von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten die Abschreibung abzuziehen. Es kann aber sein, dass der Teilwert geringer ist als der so ermittelte Bilanzansatz. In diesem Fall steht dem Apotheker ein Wahlrecht zu. Bei einer dauernden Wertminderung kann er – muss er aber nicht – das Wirtschaftsgut auf den niedrigeren Teilwert abschreiben (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 2 EStG). Teilwert ist dabei der Betrag, den ein Erwerber der ganzen Apotheke im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber die Apotheke fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG).

Beispiel 2

In der Apotheke existiert ein Warenposten mit Anschaffungskosten von 1.000 Euro. Aufgrund gesunkener Wiederbeschaffungskosten (Preissenkung des Herstellers) ist der Teilwert zum Bilanzstichtag 31.12.2024 auf 700 Euro gesunken. Der Preis erhöht sich bis zur Bilanzaufstellung nicht.

Lösung: Der Apotheker hat ein Wahlrecht. Er kann den Warenposten entweder mit 1.000 Euro bilanzieren oder eine Teilwertabschreibung auf 700 Euro vornehmen. Im letzteren Fall mindert sich der Gewinn für 2024 um 300 Euro.

Wahlrecht 3: Sofortabzug für GWG oder lieber abschreiben?

Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sind grundsätzlich linear über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abzuschreiben (§ 7 Abs. 1 EStG). Damit mindern die Anschaffungskosten ratierlich über viele Jahre gleichmäßig den Gewinn. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um einen darin enthaltenen Vorsteuerbetrag, jedoch nicht mehr als 800 Euro, kann der Apotheker alternativ gemäß § 6 Abs. 2 EStG sofort im Anschaffungszeitpunkt eine Vollabschreibung als GWG vornehmen.

Beispiel 3

Ein Apotheker hat für seine Apotheke ein Regal gekauft. Es hat 700 Euro netto gekostet und eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 13 Jahren.

Lösung: Der Apotheker kann das Regal über 13 Jahre linear abschreiben, also mit jährlich 54 Euro. Er kann aber auch den Sofortabzug als GWG geltend machen. In diesem Fall erfolgt eine gewinnmindernde Sofortabschreibung über 700 Euro.

Praxistipp | Unabhängig von der 800-Euro-Grenze kann Computerhardware, Betriebs- und Anwendersoftware immer sofort abgeschrieben werden (z. B. auch ein Notebook für 2.500 Euro!), da für diese Wirtschaftsgüter als betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer lediglich ein Zeitraum von einem Jahr anzusetzen ist (Bundesfinanzministerium [BMF], Schreiben vom 26.02.2021, Az. IV C 3 - S 2190/21/10002 :013, Abruf-Nr. 220811).

Wahlrecht 4: Sammelposten nutzen

Übersteigen die Anschaffungskosten für das einzelne, selbstständig nutzbare Wirtschaftsgut des Anlagevermögens 250 Euro, aber nicht 1.000 Euro, können Apotheker gemäß § 6 Abs. 2a EStG für alle in einem Jahr angeschafften Wirtschaftsgüter innerhalb dieser Preisspanne einen Sammelposten bilden. Dieser wird linear auf das Jahr der Anschaffung und die vier folgenden Jahre verteilt und mindert den Gewinn jährlich um 1/5.

Entscheidet sich der Apotheker für den Sammelposten, so gilt dieser für alle entsprechenden Wirtschaftsgüter: Der Sofortabzug als GWG ist nur noch für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten unter 250 Euro zulässig.

Beispiel 4

Der Apotheker aus Beispiel 3 hat 2024 zusätzlich zu dem Regal für 700 Euro ein weiteres Regal für 900 Euro netto angeschafft (Nutzungsdauer 13 Jahre).

Lösung: Nun hat der Apotheker die Wahl. Er kann beide Regale gesondert linear abschreiben (Regal 1 mit jährlich 54 Euro und Regal 2 mit jährlich 70 Euro). Alternativ kann er Regal 1 als GWG sofort abschreiben (700 Euro) und nur Regal 2 linear abschreiben (13 Jahre à 70 Euro). Er kann aber auch einen Sammelposten bilden. Dieser umfasst dann beide Regale, beträgt 1.600 Euro (700 + 900 Euro) und ist in den Jahren 2024 bis 2028 mit jährlich 1/5, also 320 Euro, abzuschreiben.

Wahlrecht 5: Zur degressiven Abschreibung übergehen

Alternativ zur linearen Abschreibung, zum Sofortabzug als GWG und zur Sammelpostenregelung können bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach Wahl des Apothekers auch degressiv abgeschrieben werden (§ 7 Abs. 2 EStG). Dies gilt zumindest dann, wenn das Wirtschaftsgut nach dem 31.12.2019 und vor dem 01.01.2023 angeschafft oder hergestellt wurde. Bei der degressiven Abschreibung wird der anzuwendende lineare Abschreibungssatz mit dem Faktor 2,5 multipliziert, er darf aber maximal 25 Prozent betragen. Dieser Abschreibungssatz bezieht sich immer auf den noch nicht abgeschriebenen Restbuchwert des Wirtschaftsguts, sodass sich die Abschreibung von Jahr zu Jahr verringert. Zudem ist es zulässig, in späteren Jahren von der degressiven Abschreibung zurück zur linearen Abschreibung zu wechseln (§ 7 Abs. 3 EStG). In diesem Fall errechnet sich die neue lineare Abschreibung durch Verteilung des Restwerts auf die Restnutzungsdauer. Ein Wechsel von der linearen zur degressiven Abschreibung ist dagegen ausgeschlossen.

Beispiel 5

Apotheker A hat im Januar 2022 eine neue Ladeneinrichtung für 20.000 Euro erworben. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt 8 Jahre.

Lineare AfA (12,5 %)

Degressive AfA (25 %)

Degressive AfA und Wechsel zur linearen AfA

Anschaffungskosten

20.000 Euro

20.000 Euro

20.000 Euro

AfA 2022

2.500 Euro

5.000 Euro

5.000 Euro

AfA 2023

2.500 Euro

3.750 Euro

3.750 Euro

AfA 2024

2.500 Euro

2.813 Euro

2.813 Euro

AfA 2025

2.500 Euro

2.110 Euro

2.110 Euro

AfA 2026

2.500 Euro

1.582 Euro

1.582 Euro

AfA 2027

2.500 Euro

1.187 Euro

1.582 Euro

AfA 2028

2.500 Euro

890 Euro

1.582 Euro

AfA 2029

2.500 Euro

2.668 Euro

1.581 Euro

Summe AfA

20.000 Euro

20.000 Euro

20.000 Euro

Beachten Sie | Eine degressive Abschreibung ist auch bei Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsguts nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025 zulässig. Dabei wird der lineare Abschreibungssatz jedoch nur mit dem Faktor 2,0 multipliziert und darf höchstens 20 Prozent betragen (§ 7 Abs. 2 EStG).

Wahlrecht 6: Sonderabschreibungen nutzen

Viele Apotheker können neben der linearen oder degressiven Abschreibung die Sonderabschreibung für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gemäß § 7g Abs. 5 EStG nutzen und diese flexibel auf das Anschaffungsjahr und die vier Folgejahre verteilen. Die Höhe der maximalen Sonderabschreibung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Anschaffung des Wirtschaftsguts. Liegt dieser vor dem 01.01.2024, beträgt die Sonderabschreibung maximal 20 Prozent der Anschaffungskosten. Für nach dem 31.12.2023 angeschaffte Wirtschaftsgüter beträgt die Sonderabschreibung hingegen bis zu 40 Prozent. Voraussetzung ist nach § 7g Abs. 6 Nr. 1 und 2 EStG lediglich, dass

Beispiel 6

Ein Apotheker hat im Januar 2024 für 40.000 Euro ein Botenfahrzeug erworben (Nutzungsdauer sechs Jahre). Er möchte für dieses zusätzlich zu der linearen Abschreibung von jährlich 6.667 Euro eine Sonderabschreibung geltend machen. Wie kann er die Sonderabschreibungen nutzen?

Jahr

Gleichmäßig

Zu Beginn

Am Ende

In der Mitte

Variabel

Nicht voll

2024

3.200 Euro

16.000 Euro

4.000 Euro

2025

3.200 Euro

2.000 Euro

8.000 Euro

2026

3.200 Euro

16.000 Euro

2.800 Euro

4.000 Euro

2027

3.200 Euro

2028

3.200 Euro

16.000 Euro

7.200 Euro

Summe

16.000 Euro

16.000 Euro

16.000 Euro

16.000 Euro

16.000 Euro

12.000 Euro

  • 1. die Apotheke im Jahr vor der Anschaffung des Wirtschaftsguts einen Gewinn von maximal 200.000 Euro erzielt hat und
  • 2. das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung und im folgenden Wirtschaftsjahr vermietet oder in der inländischen Betriebsstätte der Apotheke ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (private Mitbenutzung maximal 10 Prozent).

Beachten Sie | Wird eine Sonderabschreibung geltend gemacht, ist nach Auslaufen des Begünstigungszeitraums von fünf Jahren die weitere lineare Abschreibung durch Verteilung des Restwerts auf die Restnutzungsdauer neu zu berechnen (§ 7a Abs. 9 EStG). Effektiv führt die Sonderabschreibung also nicht zu zusätzlichen Abschreibungen, sondern zu einer flexibel einsetzbaren Gewinnverschiebung.

Wahlrecht 7: Mit Investitionsabzugsbeträgen gestalten

§ 7g Abs. 1 EStG schafft für Apotheker die Möglichkeit, bereits jetzt für die künftige Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die mindestens bis zum Ende des dem Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs vermietet oder in einer inländischen Betriebsstätte der Apotheke ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden, bis zu 50 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten gewinnmindernd abzuziehen. Apotheker können also bereits heute ihren Gewinn für zukünftige Investitionen mindern, noch bevor tatsächliche Ausgaben getätigt wurden. Das Beste daran ist aber, dass dem Finanzamt nicht mitgeteilt werden muss, um welche zukünftigen Wirtschaftsgüter es sich genau handelt, und dass Apotheker dies nicht einmal selbst genau wissen müssen. Die einzigen Hürden sind:

Beispiel 7

Ein Apotheker ist ledig. Er hat 2024 einen Gewinn von 110.000 Euro erzielt und sein zu versteuerndes Einkommen (z. v. E.) beträgt 100.000 Euro. In diesem Fall muss der Apotheker für 2024 grundsätzlich 31.363 Euro Steuern zahlen. Das ist ihm aber zu viel, denn er möchte im Jahr 2027 ein neues Botenfahrzeug für 60.000 Euro erwerben und braucht dafür Geld. Deshalb mindert er bereits jetzt seinen Gewinn für 2024 um 30.000 Euro, indem er für das Botenfahrzeug einen Investitionsabzugsbetrag geltend macht. Dadurch reduziert sich sein z. v. E. auf 70.000 Euro und die Steuer auf 18.763 Euro. Der Apotheker spart also 12.600 Euro Steuern.

  • 1. Der Abzugsbetrag ist dem Finanzamt mit einem amtlich vorgeschriebenen Datensatz zu übermitteln.
  • 2. Der Gewinn darf ohne den Abzug maximal 200.000 Euro betragen.
  • 3. Die Summe der geltend gemachten Abzugsbeträge darf im Jahr des Abzugs und der drei Vorjahre je Betrieb nicht mehr als 200.000 Euro betragen.

Der Apotheker kann sich jedoch nicht unbegrenzt Zeit lassen, um die begünstigte Investition zu tätigen. Die Investition, für die der Abzugsbetrag gebildet wurde, muss spätestens im dritten Jahr, das auf das Jahr der Bildung des Investitionsabzugsbetrags folgt, ausgeführt werden. Ist dies geschehen, wird der zuvor gebildete Investitionsabzugsbetrag gewinnerhöhend aufgelöst. Parallel können aber die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts um bis zu 50 Prozent gewinnmindernd herabgesetzt werden. Dies hat zur Folge, dass sich die Auflösung des Abzugsbetrags effektiv nicht gewinnerhöhend auswirkt, allerdings die künftige Abschreibung des neuen Wirtschaftsguts geringer ausfällt.

Beispiel 8 (Fortsetzung Beispiel 7)

Im Jahr 2027 erfolgt die Investition und der Apotheker schafft ein Botenfahrzeug für 60.000 Euro an (Nutzungsdauer sechs Jahre).

Lösung: Ohne Investitionsabzugsbetrag wäre das Botenfahrzeug ab 2027 mit jährlich 10.000 Euro abzuschreiben. Durch die Bildung des Abzugsbetrags hat sich der Gewinn des Jahres 2024 bereits um 30.000 Euro gemindert. Der Abzugsbetrag wird nun 2027 aufgelöst (Gewinn + 30.000 Euro) und gleichzeitig werden die Anschaffungskosten des Botenfahrzeugs um 30.000 Euro reduziert (Gewinn – 30.000 Euro). Damit bleibt der Finanzierungseffekt erhalten. Allerdings reduziert sich die Abschreibung des Pkw auf jährlich 5.000 Euro (30.000 Euro ÷ 6 Jahre).

Beachten Sie | Ohne Investition innerhalb des dreijährigen Zeitraums ist der Abzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 3 EStG rückgängig zu machen. Das Finanzamt erhöht in diesem Fall rückwirkend den Gewinn des Jahres, in dem der Abzugsbetrag ursprünglich gebildet wurde. Die Brisanz: Die rückwirkende Steuererhöhung führt regelmäßig zu Nachzahlungszinsen i. S. d. § 233a Abgabenordnung (AO). Diese betragen für jedes Jahr 1,8 Prozent der Steuernachzahlung.

AUSGABE: AH 6/2025, S. 16 · ID: 50397938

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