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KommunikationSo begegnen Sie trauernden Apothekenkunden einfühlsam und hilfreich

Abo-Inhalt22.07.2024288 Min. LesedauerVon Dr. Doortje Cramer-Scharnagl, Edewecht

| Die Möglichkeiten, trauernden Kunden Trost zu spenden, sind durch den Apothekenalltag begrenzt. Dennoch kommt es vor, dass ein Kunde nach einem schweren Verlust das Gespräch sucht. Um mit einer solchen Situation gut umzugehen und die Betroffenen zu unterstützen, ist ein im Team abgestimmter Leitfaden hilfreich. |

Widmen Sie Trauernden Ihre ganze Aufmerksamkeit

Die Kommunikation mit trauernden Kunden ist eine besondere Herausforderung – vor allem, wenn Sie unerwartet von einem kürzlichen Verlust erfahren. Mit der richtigen Reaktion unterstützen Sie den Trauerprozess und helfen den Betroffenen. Dies gilt auch dann, wenn der Verlust schon einige Zeit zurückliegt. Besprechen Sie, wie Sie in der Apotheke generell auf trauernde Kunden eingehen wollen. Natürlich darf jeder Mitarbeiter seinen eigenen Stil haben, Authentizität ist sogar wünschenswert. Ein paar Rahmenbedingungen sollten aber festgesteckt werden:

Merke | Eine den Umständen in der Apotheke angemessene, persönliche Trauerbegleitung kann für Kunden ein wichtiges Erlebnis im Trauerprozess darstellen und so die Bindung an die Apotheke festigen.

  • Wie viel Zeit darf den Trauernden gewidmet werden?
  • Wann ist es angebracht, für ein Gespräch den Beratungsraum aufzusuchen?

Wenn Sie im Umgang mit Trauernden Unsicherheit, Stress oder gar Panik verspüren, hilft Ihnen eine einfache Grundregel: Konzentrieren Sie sich auf Ihr Gegenüber. Wenden Sie sich ihm mit dem ganzen Körper zu. Hören Sie aktiv zu und verstärken Sie dies durch nonverbale Signale. Reichen Sie, falls Tränen kommen, ein Taschentuch. Beim ersten Kontakt gilt es, eher weniger als mehr zu reden. Drängen Sie Ihren Zuspruch auf keinen Fall auf und sei er noch so gut gemeint. Wer trauert, bestimmt das Maß der Zuwendung.

Praxistipp | Indem Sie dem Kunden Ihre volle Zuwendung schenken, wird die ihm gewidmete Zeit intensiver und wertvoller für ihn. So reichen die wenigen Minuten aus, die Sie an einem betriebsamen Arbeitstag vielleicht nur aufbringen können.

Tipps für das Gespräch mit Trauernden

Im Gespräch mit Trauernden kommt es vor allem auf Ehrlichkeit und Einfühlungsvermögen an.

Gestehen Sie eigene Sprachlosigkeit ein

Wenn Sie nicht wissen, wie Sie am besten reagieren oder was Sie sagen sollen, sprechen Sie das offen an. Auch Sprachlosigkeit ist Bestandteil einer professionellen Reaktion, wenn sie angemessen kommuniziert wird.

Beispiele

„Mir fehlen die Worte. Ihr Bruder schien sich so gut von der Krankheit erholt zu haben.“

„Ich weiß überhaupt nicht, was ich jetzt sagen soll.“

Beachten Sie | Selbst Standardwendungen als Beileidsbekundung können beiden Gesprächspartnern Halt geben, sofern sie ehrlich geäußert werden.

Schaffen Sie eine persönliche Verbindung

Indem Sie kurz und zurückhaltend von einer eigenen angenehmen Erinnerung an den Verstorbenen berichten, schaffen Sie eine emotionale Verbindung mit dem Hinterbliebenen. Das ist eine wichtige Grundlage dafür, dass er sich in seiner Trauer angenommen fühlt. Kehren Sie danach aber sofort wieder zum Trauernden zurück, denn nicht Ihre Erinnerungen stehen im Mittelpunkt, sondern die Ihres Gegenübers.

Beispiele

„Ich habe sie immer bewundert, dass sie noch so aktiv war. Wie kam es denn zu dem Unfall?“

„Er war ja einer meiner ersten Kunden, daran erinnere ich mich genau – er hatte viel Verständnis für meine anfänglichen Probleme mit der neuen Systemsoftware. Die Situation jetzt muss schwierig für Sie sein, nicht wahr?“

Beachten Sie | Das Frageanhängsel „nicht wahr?“ im zweiten Beispiel gibt dem Trauernden die Möglichkeit, Ihre Einschätzung der Situation eher als fragendes Interesse denn als vorweggenommene Behauptung zu werten.

Reagieren Sie verständnisvoll auf ungewohnte Emotionen

Manchmal zeigen Trauernde „unangemessene“ Gefühle wie Wut, Zynismus, Angst, Erleichterung oder Schadenfreude. Bewerten Sie das nicht und bleiben Sie gelassen. Trauer hat viele Komponenten und für die Trauerreaktion spielt eine große Rolle, was im Leben davor alles geschehen ist. Es kann sogar vorkommen, dass ein Trauernder in der Apotheke laut wird. Dann bieten Sie am besten an, das Gespräch im Beratungsraum fortzuführen.

Beispiele

„Auch solche Gefühle dürfen da sein, das ist doch klar. Manchmal hilft das sogar zu erkennen, was man jetzt gerade braucht.“

„Sie sind jetzt verständlicherweise sehr aufgewühlt. Wenn Sie möchten, können wir in den Beratungsraum gehen, da kann ich Ihnen ungestörter zuhören.“

Empfehlen Sie aktiv Hilfsangebote

Wenn Sie den Eindruck haben, dass der Trauernde einen intensiveren Gesprächsbedarf hat, empfehlen Sie Anlaufstellen für Trauernde. Solche Angebote gibt es nicht nur regional, z. B. von psychologischen Beratungsstellen oder Kirchengemeinden. Auch die klassische Telefonseelsorge steht zur Verfügung und selbst online gibt es seriöse Angebote zur Trauerbegleitung.

Beispiel

„Haben Sie jemanden, der jetzt für Sie da ist und mit dem Sie reden können? Wenn nicht, gebe ich Ihnen gerne einen Flyer mit Angeboten in der Region, wo Trauernde Gesprächspartner finden können. Ich habe z. B. sehr Gutes über das Trauercafé in XY gehört.“

No-Gos in der Reaktion auf Trauer

  • Vermeiden Sie es, den Tod von sich aus zu relativieren („Ihre Mutter war sowieso sehr krank.“ „Jetzt hat sie es überstanden, sie hat es geschafft.“).
  • Niemand kann wirklich nachempfinden, wie es einem trauernden Menschen geht. Deshalb sollte man sich auch kein Urteil darüber erlauben („Ich weiß, wie Sie sich fühlen. Aber das wird schon wieder.“).
  • Verzichten Sie auf falschen Trost, der meist nur verletzend wirkt („Nun müssen Sie sich endlich nicht mehr um die schwierige Pflege kümmern.“ „Wie gut, dass Sie noch weitere Geschwister haben.“).

Was tun beim Wunsch nach medikamentöser Hilfe?

Um ohne den geliebten Menschen wieder zurück ins Leben zu finden, brauchen Trauernde viel Zeit und Geduld mit sich selbst. Wenn möglich, ist das bewusste Durchleben des Trauerprozesses ohne Medikamente meist der beste Weg, der am schnellsten zum Ziel führt. Und dennoch: In der akuten Phase der Trauer sehnen sich viele Betroffene nach medikamentöser Unterstützung in Form von Schlaf-, Schmerz-, Beruhigungs- oder Aufputschmitteln. Hausärzte verordnen dann bisweilen Tranquilizer, milde Neuroleptika oder auch niedrig dosierte Antidepressiva.

Klären Sie in diesem Fall Ihre Kunden sorgfältig und einfühlsam über die jeweiligen Wirkungen und Nebenwirkungen auf. Weisen Sie darauf hin, dass Medikamente zwar akute Beschwerden lindern können, die Trauer aber nicht schneller oder leichter bewältigt werden kann. Als Alternative können Sie z. B. pflanzliche Mittel empfehlen. Erfragen Sie aktiv die persönlichen Umstände (z. B. „Wie viel Unterstützung haben Sie?“, „Können Sie sich eine Auszeit gönnen oder müssen Sie für Ihre kleinen Kinder/im Beruf/als pflegende Angehörige schnell wieder ‚funktionieren‘?“, „Können Sie sich krankschreiben lassen? Wie lange wäre das möglich?“) und schlagen Sie ggf. vor, nochmals Rücksprache mit dem Arzt zu halten.

Fazit | Nur wer Raum für seine Trauer findet – auf Wunsch auch im Gespräch in der Apotheke –, kann den Trauerprozess irgendwann gut abschließen.

AUSGABE: AH 8/2024, S. 6 · ID: 49936428

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