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Betriebswirtschaftliche ApothekensteuerungWichtige Kennzahlen für Apotheken: Lagerumschlag

Abo-Inhalt23.02.2024266 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen

| Der Lagerumschlag (auch als Umschlag, Lagerumschlagshäufigkeit, Umschlagshäufigkeit bezeichnet) setzt eine Größe des Verkaufs in Beziehung zu einer Größe des Lagers. Zu hohe Lagerbestände kosten Geld, entweder wenn sie mit Krediten finanziert werden (Fremdfinanzierung des Lagers) oder wenn sie verhindern, dass liquide Mittel auf dem Kapitalmarkt angelegt werden können (Eigenfinanzierung des Lagers). Zu niedrige Lagerbestände gefährden hingegen die Absatzfähigkeit. |

Mengenmäßiger Lagerumschlag

Der mengenmäßige Lagerumschlag (LUMenge) setzt die Abverkäufe bzw. den Absatz – abgebildet in Packungseinheiten (PE) – ins Verhältnis zum durchschnittlichen Lagerbestand in einem Betrachtungszeitraum (z. B. ein Jahr):

AH_Formel_Lagerumschlag_1.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Der durchschnittliche mengenmäßige Bestand lässt sich wie folgt berechnen:

AH_Formel_Lagerumschlag_2.eps (© IWW Institut)
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Beispiel

Betrachten wir einen Artikel: Der Anfangsbestand betrug 800 PE, der Endbestand 1.200 PE, verkauft wurden in einem Jahr 4.000 PE. Dann ist der LU 4. Das bedeutet, das Lager schlägt sich viermal in diesem Zeitraum um bzw. es reicht im Abverkauf für durchschnittlich 90 Tage (360 Tage ÷ 4).

AH_Formel_Lagerumschlag_3.eps (© IWW Institut)
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Nun könnte die Apotheke mit einem entsprechenden zeitlichen Vorlauf bis zu der Belieferung viermal im Jahr 1.000 PE bestellen, um den Absatz sicherzustellen und Defekte zu vermeiden. Die dargestellte Berechnung geht allerdings davon aus, dass die Lagerzugänge und -abgänge weitgehend gleichmäßig verlaufen. Dies wird nicht immer der Fall sein, insbesondere nicht bei saisonabhängigen Arzneimitteln. Daher ist darauf zu achten, dass zu bestimmten Zeiten höhere Mengen und zu anderen Zeiten niedrigere Mengen bestellt werden, um sich der Nachfrage anzupassen. Es ist aber auch vorstellbar, einmal den gesamten Jahresbedarf zu bestellen. An dieser Stelle kommen Überlegungen zum wertmäßigen LU ins Spiel.

Wertmäßiger Lagerumschlag

Der wertmäßige LU benötigt einen Preis, um die Mengen zu bewerten. Zwei Möglichkeiten sind denkbar: die Bewertung mit Verkaufspreisen (VK) oder mit Einkaufspreisen (EK), jeweils ohne Mehrwertsteuer. Um Zähler und Nenner vergleichen zu können, sollten die jeweiligen Mengen an Packungen mit denselben Preisen bewertet werden (also VK oder EK). Nun können aber in dem zu betrachtenden Zeitraum (z. B. ein Jahr) Preisschwankungen auftreten. Bei geringen Preisschwankungen können Durchschnittspreise für den gesamten Betrachtungszeitraum verwendet werden, bei hohen Schwankungen empfiehlt es sich, Durchschnittspreise für Teilperioden, z. B. Monate, heranzuziehen.

Gehen wir zunächst davon aus, dass VK zur Bewertung der PE verwendet werden und dass der durchschnittliche VK 6 Euro pro Packung beträgt, dann ist der wertmäßige durchschnittliche Bestand an Waren in unserem Beispiel:

AH_Formel_Lagerumschlag_4.eps (© IWW Institut)
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Der wertmäßige LU zu VK ist dann:

AH_Formel_Lagerumschlag_5.eps (© IWW Institut)
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Es kann nicht überraschen, dass der mengenmäßige und der wertmäßige LU zu demselben Ergebnis führen, denn schließlich werden der Zähler (Absatz) und der Nenner (durchschnittlicher LU) mit demselben Bewertungsfaktor erweitert. Und dabei spielt es auch keine Rolle, ob die VK oder die EK herangezogen werden, um den wertmäßigen LU zu berechnen. Unterstellt man als EK z. B. 5 Euro, erhält man für den wertmäßigen LU dasselbe Ergebnis:

AH_Formel_Lagerumschlag_6.eps (© IWW Institut)
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Die Berechnung des wertmäßigen Lagerbestands – und zwar mit EK – liefert somit noch eine Information, die die rein mengenmäßige Betrachtung nicht bietet: die Höhe der Kapitalbindung. Je geringer der LU ist, desto mehr Kapital wird im Lager gebunden und desto höher sind die Kosten der Kapitalbindung. Unterstellen wir, dass der Sollzins bei der Fremdfinanzierung des Lagers 8 Prozent p. a. beträgt. Durchschnittlich sind in unserem Beispiel 5.000 Euro pro Jahr im Lager gebunden. Damit betragen die Kapitalbindungskosten 400 Euro (0,08 × 5.000 Euro). Wenn der durchschnittliche Lagerbestand halbiert werden kann, steigt der LU von 4 auf 8 und die Kapitalbindungskosten sinken von 400 auf 200 Euro. Bei einem Blick auf das gesamte Lager einer Apotheke und das dort gebundene Kapital reden wir schnell einmal über sechs- oder vielleicht auch siebenstellige Eurobeträge.

Empfehlungen für die Apothekenpraxis

Die Daten der folgenden Tabelle stammen aus dem Warenwirtschaftssystem einer Apotheke. Bei einigen Arzneimitteln schlägt sich das Lager recht schnell um, wenn man z. B. die Werte von zehn und größer betrachtet, bei anderen recht langsam, wenn man sich etwa die Zahlen von fünf und weniger ansieht.

Tabelle: Rohertrag, Umsatz und Absatz von Arzneimitteln in der Warengruppe „Schmerzfrei“

Artikelbezeichnung

Menge

Rohertrag

Umsatz

Absatz

Rohertrag/Packung

LU

GRIPPOSTAD C

24 Stück

2.266,40

5.018,06

606

3,74

3,6

IBU RATIOPHARM 400MG AK

20 Stück

2.099,45

3.232,68

831

2,53

9,9

PARACETAMOL RATIO 500MG

20 Stück

1.624,01

2.602,05

1.382

1,18

4,4

IBU LYSIN RATIOPHARM 68

20 Stück

1.316,42

1.975,04

277

4,75

6,7

ASPIRIN COMPLEX BEUTEL

10 Stück

1.195,77

2.291,07

297

4,03

5,4

THOMAPYRIN CLASSIC SCHM

20 Stück

1.194,40

2.680,30

622

1,92

6,3

ASPIRIN COMPLEX BEUTEL

20 Stück

884,30

1.780,31

142

6,23

3,5

IBU RATIOPHARM 400MG AK

10 Stück

855,57

1.192,18

487

1,76

9,9

IBUHEXAL AKUT 400

20 Stück

707,70

1.198,15

271

2,61

13,6

BUSCOPAN PLUS

20 Stück

642,04

1.251,36

136

4,72

9

DOLORMIN EXTRA

20 Stück

638,87

1.326,03

154

4,15

17,5

IBU 400 AKUT 1A PHARMA

50 Stück

542,62

1.137,25

164

3,31

22,3

ASPIRIN PLUS C

10 Stück

508,68

1.132,13

246

2,07

9,4

ASPIRIN PLUS C

20 Stück

427,90

1.068,16

143

2,99

8

FORMIGRAN

2 Stück

425,66

852,46

97

4,39

2

Niedrige Werte lassen sich steigern, wenn der durchschnittliche Lagerbestand abgebaut wird. Dies ist – bei gleichbleibendem Absatz – dadurch möglich, dass die Zahl der Bestellungen erhöht wird, mit jeweils kleineren Bestellmengen. Dadurch steigen allerdings auch die Bestellkosten. Dies geschieht zum einen durch die zusätzliche Zeit für die Abwicklung von Bestellungen und die Entgegennahme sowie das Einräumen der Ware, was sich in höheren Handlungskosten niederschlägt. Zum anderen können bei niedrigeren Bestellmengen die Einstandspreise höher sein, etwa durch geringere Mengenrabatte oder Mindermengenzuschläge. Dies führt bei gleichbleibenden Verkaufspreisen zu einem niedrigeren Rohertrag.

Zu beachten ist auch, dass bei einer Reduzierung der Bestellmengen das Risiko steigt, nicht verkaufen zu können, weil die Ware nicht vorrätig ist (Defekte, Nullverkäufe). Dieses Risiko lässt sich begrenzen, indem ein Sicherheits- bzw. Mindestbestand eingeplant wird. Zu prüfen ist auch, ob auf Artikel mit sehr niedrigem LU verzichtet werden kann, sofern die Kunden bereit sind, auf andere Arzneimittel auszuweichen.

Fazit | Der Abbau von Lagerbeständen ist so lange sinnvoll, wie die Abverkaufsfähigkeit nicht beeinträchtigt wird und die zusätzlichen Bestellkosten die eingesparten Kosten der Lagerhaltung nicht übersteigen. Nicht vergessen werden sollte, dass sich der LU auch durch einen erhöhten Abverkauf steigern lässt.

AUSGABE: AH 3/2024, S. 6 · ID: 49869630

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