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Digitale ApothekeEinführung des E-Rezepts: Diese Fragen und Probleme sind eindeutig geklärt

Top-BeitragAbo-Inhalt26.01.2024350 Min. LesedauerVon Apothekerin Anja Hapka, Essen

| Zum 01.01.2024 wurde das E-Rezept verpflichtend im gesamten Bundesgebiet eingeführt. Bereits kurz danach traten diverse Probleme auf und es gab viele offene Fragen, die zu Verunsicherung in den Apothekenteams führten. AH fasst für Sie zusammen, was zum jetzigen Zeitpunkt bereits eindeutig geklärt ist. |

E-Rezept oder Papierrezept – was ist möglich und erlaubt?

Das E-Rezept wurde zwar verpflichtend zum 01.01.2024 eingeführt, dennoch sind Papierrezepte gemäß Muster 16 weiterhin in folgenden Fällen gestattet:

Merke | Gemäß § 7 Abs. 1 S. 4 Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) V besteht für die Apotheke keinerlei Risiko bei der Abrechnung einer Papierverordnung: „Eine Prüfpflicht, warum statt einer elektronischen Verordnung eine papiergebundene Verordnung ausgestellt wurde, besteht seitens der Apotheke nicht.“

  • Bei technischen Problemen in der Arztpraxis
  • Bei Hausbesuchen
  • Bei Anwendung des Ersatzverfahrens für im Ausland versicherte Patienten (dies betrifft Personen mit einer Europäischen Krankenversichertenkarte [EHIC] oder Global Health Insurance Card (GHIC) aus EU-Mitgliedsländern sowie Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz, Großbritannien und Nordirland; möglich ist auch die Vorlage einer Provisorischen Ersatzbescheinigung [PEB] beim Arzt)
  • Bei Rezepten zulasten sonstiger Kostenträger (Asylstelle, Berufsgenossenschaft, Bundespolizei, Bundeswehr, Gemeindeunfallversicherung, Kassenärztliche Vereinigung, Polizei, Postbeamtenkrankenkasse, Sozialamt)

Technisch sind E-Rezepte derzeit möglich bei der Verordnung von

  • verschreibungspflichtigen und apothekenpflichtigen Arzneimitteln (auch im Rahmen des Entlassmanagements),
  • Rezepturen und Wirkstoffverordnungen (alternativ als Freitextverordnung oder als strukturierte Verordnung möglich; die Voraussetzung seitens der Arztpraxis für die strukturierte Verordnung ist hierbei, dass die Verordnungssoftware diese Funktionalität auch für das Papierrezept anbietet),
  • Blutprodukten, die ausschließlich in Apotheken abgegeben werden können,
  • Einzelimporten nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG) sowie
  • Zytostatikazubereitungen nach § 11 Apothekengesetz (ApoG; das bezieht sich gemäß Abs. 2 auf anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt und unmittelbar an den anwendenden Arzt abgegeben werden).

Hingegen noch nicht möglich ist das Ausstellen von E-Rezepten für

Merke | Privatversicherte bekommen von ihrer Versicherung keine elektronische Gesundheitskarte ausgehändigt. Sie können E-Rezepte jedoch mittels einer App in der Apotheke einlösen, falls sie über eine digitale Identität verfügen. Die Abrechnung mit der Versicherung bzw. der Beihilfe erfolgt dann ebenfalls digital über diese App.

  • Betäubungsmittel (BtM-Rezepte) und Verschreibungen von Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Lenalidomid, Pomalidomid und Thalidomid (T-Rezepte),
  • Hilfsmittel, Verbandstoffe, Teststreifen und Medizinprodukte nach § 31 SGB V,
  • Blutprodukte, die von pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändlern gemäß § 47 AMG direkt an Ärzte abgegeben werden,
  • Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) wie Apps,
  • enterale Ernährung und
  • Sprechstundenbedarf.

Gesetzlicher Anspruch auf einen Token

Patienten haben einen gesetzlichen Anspruch auf den Ausdruck ihres E-Rezepts. Das ergibt sich aus § 360 Abs. 9 S. 1 SGB V, denn dort heißt es: „Versicherte können gegenüber den […] genannten Leistungserbringern […] wählen, ob ihnen die für den Zugriff auf ihre ärztliche oder psychotherapeutische Verordnung […] erforderlichen Zugangsdaten barrierefrei entweder durch einen Ausdruck in Papierform oder elektronisch bereitgestellt werden sollen.“

Mehrfachverordnungen auf dem E-Rezept

Seit dem 01.04.2023 sind gemäß § 31 Abs. 1b SGB V, § 11 Abs. 2a Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) und § 4 Abs. 3 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) auch elektronische Mehrfachverordnungen (sogenannte Wiederholungsrezepte) möglich. Nach der Erstabgabe sind hierbei bis zu drei wiederholte Abgaben des identischen Arzneimittels vorgesehen. Wie üblich handelt es sich bei jeder Verschreibung um ein einzelnes E-Rezept, sodass ein Wiederholungsrezept insgesamt bis zu vier E-Rezepte umfassen kann, die getrennt voneinander (auch in unterschiedlichen Apotheken) eingelöst werden können.

Der Arzt legt den Beginn des möglichen Einlösezeitraums durch den Patienten für jedes E-Rezept der Mehrfachverordnung separat fest. Die maximale Gültigkeit für ein Wiederholungsrezept beträgt 365 Tage ab dem Signierdatum der Verordnung, der Arzt kann jedoch auch eine kürzere Einlösefrist festlegen. Wünscht der Patient einen Papierausdruck, so erhält er für jede Wiederholungsverordnung einen separaten Token. Die Teile der Mehrfachverordnung, die noch nicht gültig sind, bleiben automatisch gesperrt, bis das frühestmögliche Einlösedatum erreicht ist. Für die Apotheke ist jeder Teil der Mehrfachverordnung separat abrechenbar.

Beachten Sie | Es sind keine Wiederholungsverordnungen auf Papierrezepten möglich!

Pflichtangaben auf dem E-Rezept

Auf dem E-Rezept müssen als Angaben zur verschreibenden Person der Name, der Vorname, die Berufsbezeichnung, die Anschrift und Telefonnummer der Praxis, die lebenslange Arztnummer (LANR) und die Betriebsstättennummer (BSNR) enthalten sein.

Beachten Sie | Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMVV muss eine ordnungsgemäße Verschreibung die Berufsbezeichnung der verschreibenden Person enthalten. Die Apotheke muss dabei nur überprüfen, ob diese sinnhaft ist, weitergehende Pflichten zur Überprüfung der Form dieser Angabe existieren nicht.

Als Angaben zur versicherten Person sind der Name, das Geburtsdatum, die Bezeichnung und das Institutionskennzeichen (IK) der Krankenkasse, die Anschrift der versicherten Person, ihre Krankenversichertennummer, ihr Versicherungsstatus sowie ihr Zuzahlungsstatus gefordert.

Die elektronische Verschreibung muss das Datum der Ausfertigung (dies ist in diesem Fall identisch mit dem Datum der qualifizierten elektronischen Signatur [QES] des Arztes), die Bezeichnung des Fertigarzneimittels bzw. des Wirkstoffs inklusive seiner Stärke und Darreichungsform, die abzugebende Menge, die Dosierung, bei in der Apotheke herzustellenden Arzneimitteln die Zusammensetzung und eine Gebrauchsanweisung sowie die QES des verordnenden Arztes enthalten. Die Gesellschafterversammlung der gematik hat am 22.06.2023 in diesem Zusammenhang beschlossen, dass die verordnende und die signierende Person nicht übereinstimmen müssen, da sich § 2 AMVV nur auf die QES des Arztes bezieht.

Korrekturmöglichkeiten bei Fehlern

Bei fehlerhaft ausgestellten E-Rezepten ist es für die Apothekenteams unbedingt notwendig zu wissen, welche Fehler sie selbstständig heilen und welche nur in Zusammenarbeit mit der Arztpraxis behoben werden können. Fehlende Angaben dürfen nicht durch die Apotheke ergänzt werden, wenn es sich dabei um den Arztnamen, die Berufsbezeichnung, die Telefonnummer, die LANR oder BSNR der Praxis oder aber um die Krankenkasse bzw. das dazugehörige IK handeln sollte. Von der Verschreibung abweichende Abgaben müssen stets von der Arztpraxis korrigiert werden, sobald ein Aut-idem-Kreuz gesetzt wurde oder ein Arzneimittel von der Substitutionsausschlussliste betroffen ist. In allen genannten Fällen muss die Apotheke Kontakt zur Arztpraxis aufnehmen, das fehlerhafte E-Rezept zur Korrektur freigeben und die Arztpraxis ein neues, korrigiertes Rezept ausstellen lassen.

Alle Korrekturen, für die ein spezieller Schlüssel existiert, dürfen selbstständig von der Apotheke vorgenommen werden. Dabei ist stets an die entsprechende Dokumentation zu denken. Der Schlüssel Nr. 12 wird für alle Änderungen bei der Abgabe verwendet, die explizit gestattet sind, für die es jedoch keinen eigenen Schlüssel gibt (wie z. B. Abweichung von der Stückzahl, der Stärke oder der Packungsgröße bei Lieferengpässen, solange die verordnete Gesamtwirkstoffmenge nicht überschritten wird).

Beachten Sie | Zur Auflistung aller Schlüssel, zum korrekten Umgang mit den Schlüsseln und zur Dokumentationspflicht siehe auch AH 05/2022, Seite 8.

Das E-Rezept in der Heimversorgung

Wie beim Papierrezept gilt auch bei einer elektronischen Verordnung, dass Ärzte die von ihnen ausgestellten Rezepte (bis auf wenige Ausnahmen wie z. B. bei der Zubereitung von Zytostatika) nicht per Direktzuweisung an die Apotheke übermitteln dürfen. Dies ist auch auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten nicht erlaubt, selbst wenn die Übertragung des E-Rezepts mithilfe eines sicheren KIM-Dienstes (KIM = Kommunikation im Medizinwesen) erfolgen sollte.

Derzeit sind erst ca. 5 Prozent aller vollstationären Pflegeeinrichtungen in Deutschland an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen, die es dem Arzt ermöglicht, direkt bei der Heimvisite ein E-Rezept auszustellen. In den meisten Fällen ist es daher für alle Beteiligten noch die praktikabelste Lösung, dass der Arzt das E-Rezept in der Praxis ausstellt und den Token ausdruckt, der dann wiederum von einem Botendienst abgeholt wird und auf diesem Weg in die Apotheke gelangt. Alternativ darf der Arzt bei der Heimvisite auch ein Papierrezept ausstellen, wenn das Heim noch nicht über eine Anbindung an die TI verfügt. Eine flächendeckende Anbindung der Heime an die TI ist vom Gesetzgeber erst zum 01.07.2025 verpflichtend vorgesehen. Die Ärzte plädieren daher dafür, den Heimen als bevollmächtigten Vertretern der Patienten den Zugriff auf den E-Rezept-Server zu gestatten.

Chargenübermittlung beim E-Rezept

Die Pflicht zur Übermittlung der Charge bei der Abrechnung eines E-Rezepts ergibt sich aus Anlage 1 § 2 Abs. 2 der Arzneimittelabrechnungsvereinbarung nach § 300 Abs. 3 SGB V zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und dem Deutschen Apothekerverband e. V. (DAV). Dort wird gefordert, dass der Abgabedatensatz die Chargenbezeichnung (Ch.-B.) von allen nach § 10 Abs. 1c AMG authentifizierungspflichtigen Arzneimitteln enthalten muss, sofern auf der äußeren Umhüllung ein Data-Matrix-Code als Sicherheitsmerkmal vorhanden ist.

Am 01.01.2024 trat eine Änderungsvereinbarung zur Arzneimittelabrechnungsvereinbarung nach § 300 Abs. 3 SGB V in Kraft, um den Spezialfall der Verblisterung zu regeln:

Änderungsvereinbarung

Soweit die Übermittlung der Chargenbezeichnung beim „Stellen“ von Arzneimitteln technisch nicht möglich ist, wird bis zur Schaffung entsprechender technischer Möglichkeiten analog § 312 Abs. 1 Nr. 3 SGB V ausnahmsweise bis zum 30.06.2025 von der Verpflichtung zur Chargendokumentation abgesehen. Anstelle der tatsächlichen Chargenbezeichnung ist „STELLEN“ in das entsprechende Datenfeld einzutragen. Dabei sind die Abrechnungs- und rahmenvertraglichen Regelungen im Übrigen einzuhalten, insbesondere ist sicherzustellen, dass die in Anlage 9 § 2 S. 1 des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V beschriebenen Mitwirkungspflichten auf Nachfrage erfüllt werden.

AUSGABE: AH 3/2024, S. 2 · ID: 49880768

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