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WirtschaftlichkeitsprüfungProphylaxeleistungen und pandemiebedingte Nachholeffekte sind keine Praxisbesonderheiten!
| Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung können weder Prophylaxeleistungen noch pandemiebedingte Nachholeffekte als Praxisbesonderheit geltend gemacht werden (Sozialgericht [SG] München, Urteil vom 20.07.2023, Az. S 38 KA 5022/23). |
Zahnarzt erreicht vor Gericht die Aufhebung der Honorarkürzung, aber ...
Eine Zahnarztpraxis klagte gegen eine Honorarkürzung im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die statistische Vergleichsprüfung ergab, dass die Praxis die BEMA-Nr. 105 (Mu) im Vergleich zum Landesdurchschnitt im streitgegenständlichen Quartal 03/20 um 201 Prozent überschritten hatte. Die KZV hatte das Honorar um 2.947,41 Euro gekürzt. Im Ergebnis gab das SG München der Klage der Zahnarztpraxis statt und hob die Honorarkürzung auf.
... das SG stützte sein Urteil nur auf einen Ermessensfehler der KZV ...
Das Gericht stützt seine Entscheidung auf Fehler in der Ermessenausübung. Die Prüfungsgremien hätten bei einer Kürzung berücksichtigen müssen, wie sich die Vergütungsberichtigung der Einzelleistung zur Restüberschreitung des Gesamtfallwerts auswirkt. Da die Zahnarztpraxis den Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe teilweise zweistellig unterschreitet, hätte dieser Aspekt bei der Kürzung der Einzelleistung reflektiert werden müssen.
... und nicht auf die vom Kläger vorgebrachten Einwände!
Zuvor führte die mit einem Zahnarzt fachkundig besetzte Kammer jedoch aus, dass Praxisbesonderheiten nur anzuerkennen seien, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf nachzuweisen sei. Prophylaxeleistungen, also Maßnahmen, die der Erkrankung der Zähne und des Zahnfleisches vorbeugen, seien Standardleistungen aller Zahnärzte und nicht als Praxisbesonderheit zu werten.
Zum pandemiebedingten Mehrbedarf durch Nachholeffekte stellte das Gericht fest, dass in den Quartalen der Pandemie gegenüber den Vorjahresquartalen kein spürbarer Leistungsrückgang festzustellen sei. Da alle Zahnarztpraxen gleichermaßen vom Pandemiegeschehen betroffen waren, lasse sich ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf nicht herleiten. Allerdings werde eine andere Bewertung erforderlich, wenn praxisindividuelle Umstände, z. B. eine andersartige Altersverteilung der Patienten, hinzukämen. Dies könne sich am prozentualen Anteil der Rentenversicherten zeigen und müsse geprüft werden.
Fazit | Zwar hat der Zahnarzt den Prozess gewonnen, aber das Gericht hat seinen Einwänden in den Urteilsgründen weitgehend Absagen erteilt. Ob der Praxis am Ende eine Kürzung erspart bleibt, ist abzuwarten. Die Prüfungsgremien müssen den Sachverhalt unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts lediglich neu bescheiden. |
AUSGABE: AAZ 4/2024, S. 2 · ID: 49877177