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AM-RLVerordnungseinschränkungen und -ausschlüsse durch die Arzneimittel-Richtlinie

Abo-Inhalt27.02.20231121 Min. Lesedauer

| Durch die Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL, online unter iww.de/s7590) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) werden verschiedene Arzneimittel von der Verordnung zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen oder eingeschränkt. Da diese Verordnungsausschlüsse und -einschränkungen häufig Aufgreifkriterium für Prüfanträge der Krankenkassen sind, ist deren Kenntnis für Ärztinnen und Ärzte von Bedeutung. |

Wo sind die relevanten Informationen in der AM-RL zu finden?

In § 16 AM-RL werden Ausführungen dazu gemacht, welche Arzneimittel von der Verordnung zulasten der GKV ausgenommen oder in dieser eingeschränkt sind und warum dies so ist. So dürfen Arzneimittel von Versicherten nicht beansprucht, von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten nicht verordnet und von Krankenkassen nicht bewilligt werden, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse

  • 1. der diagnostische oder therapeutische Nutzen oder
  • 2. die medizinische Notwendigkeit oder
  • 3. die Wirtschaftlichkeit nicht nachgewiesen ist.

Da diese Vorgaben schwer „greifbar“ sind, werden sie in der AM-RL dahingehend konkretisiert, dass diese Voraussetzungen insbesondere zutreffen, wenn

  • 1. ein Arzneimittel unzweckmäßig ist oder
  • 2. eine andere, wirtschaftlichere Behandlungsmöglichkeit mit vergleichbarem diagnostischen oder therapeutischen Nutzen verfügbar ist oder
  • 3. ein Arzneimittel nicht der Behandlung von Krankheiten dient oder die Anwendung aus medizinischen Gründen nicht notwendig ist oder
  • 4. das angestrebte Behandlungsziel ebenso mit nichtmedikamentösen Maßnahmen medizinisch zweckmäßiger und/oder kostengünstiger zu erreichen ist oder
  • 5. anstelle von fixen Wirkstoffkombinationen das angestrebte Behandlungsziel mit therapeutisch gleichwertigen Monopräparaten medizinisch zweckmäßiger und/oder kostengünstiger zu erreichen ist.

Außerdem werden in Anlage III der AM-RL die in ihrer Verordnung eingeschränkten und von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel tabellarisch in einer Übersicht zusammengestellt. Die Tabelle führt die für die genannten Arzneimittel rechtlichen Grundlagen und Hinweise auf.

Merke | In der zweiten Spalte der Tabelle in Anlage III der AM-RL mit den rechtlichen Grundlagen werden auch Hinweise zur Verordnung entsprechender nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel bei Kindern bis zum vollendeten 12.  Lebensjahr und bei Jugendlichen mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr gegeben. Für diese – bei den genannten Personengruppen grundsätzlich verordnungsfähigen – Arzneimittel finden sich dort Hinweise, wenn sie außerhalb der genannten Ausnahmen wegen eines besonderen Gefährdungspotenzials (z. B. Hypnotika) unzweckmäßig oder wenn sie (z. B. Hustenmittel) unwirtschaftlich sind (siehe Tabelle).

Tabelle: Anlage III AM-RL (Auszug)

Arzneimittel und sonstige Produkte

Rechtliche Grundlagen und Hinweise

31. Hustenmittel: fixe Kombinationen von Antitussiva oder Expektorantien oder Mukolytika untereinander oder mit anderen Wirkstoffen

  • Gesetzlicher Verordnungsausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten
  • Verordnungsausschluss aufgrund von Rechtsverordnung für fixe Kombinationen von Expectorantien mit Antitussiva
  • Verordnungsausschluss verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach dieser Richtlinie
  • Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist eine Verordnung auch für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr unwirtschaftlich

32. Hypnotika/Hypnogene oder Sedativa (schlaferzwingende, schlafanstoßende, schlaffördernde oder beruhigende Mittel) zur Behandlung von Schlafstörungen,

  • ausgenommen zur Kurzzeittherapie bis zu vier Wochen
  • ausgenommen für eine länger als vier Wochen dauernde Behandlung in medizinisch begründeten Einzelfällen,
  • ausgenommen zur Behandlung eines gestörten SchlafWach-Rhythmus (Nicht-24-Stunden-Schlaf-WachSyndrom) bei vollständig blinden Personen,
  • ausgenommen für die Behandlung von Schlafstörungen (Insomnie) bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 2 bis 18 Jahren mit Autismus-Spektrum-Störung und/oder Smith-Magenis-Syndrom, wenn Schlafhygienemaßnahmen unzureichend waren.

Eine längerfristige Anwendung von Hypnotika/Hypnogenen oder Sedativa ist besonders zu begründen.

  • Verordnungsausschluss aufgrund von Rechtsverordnung für Allobarbital, Amobarbital, Aprobarbital, Barbital, Cyclobarbital, Pentobarbital, Phenobarbital (außer zur Anwendung bei Epilepsie), Proxybarbal, Secobarbital, Vinylbital
  • Verordnungseinschränkung verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach dieser Richtlinie
  • Diese nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel sind, von den genannten Ausnahmen abgesehen, auch für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und für Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr aufgrund des besonderen Gefährdungspotenzials unzweckmäßig

Eine unwirtschaftliche Verordnungsweise kann außerdem vorliegen, wenn Arzneimittel, bei denen der Behandlungserfolg wegen individuell unterschiedlichen Ansprechens nicht vorhersehbar ist, ohne besondere Erfolgskontrolle verordnet werden. Ein Beispiel hierfür ist die Verordnung von Antidementiva. So wird in Anlage III AM-RL die weitere Verordnung von Antidementiva ausgeschlossen, sofern der Versuch einer Therapie mit Monopräparaten über 12 Wochen Dauer (bei Cholinesterasehemmern und Memantine über 24 Wochen Dauer) erfolglos geblieben ist. Nach erfolgreichem Therapieversuch hingegen ist die Weiterverordnung zulässig. Art, Dauer und Ergebnis des Einsatzes von Antidementiva sind dabei zu dokumentieren.

Wann ist eine Verordnungsfähigkeit ausnahmsweise doch gegeben?

Der behandelnde Arzt kann die durch die AM-RL in ihrer Verordnung eingeschränkten und von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Diese Ausnahme sieht der Gesetzgeber in § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V vor.

Merke | In diesen Fällen ist die Begründung der Verordnung in der Patientenakte zu dokumentieren.

AAA_Grafik_Verodnung von Arzneimitteln.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut
Weiterführende Hinweise
  • Lifestyle-Arzneimittel: Wo verläuft die Grenze zu verordnungsfähigen Arzneimitteln? (AAA 10/2022, Seite 9)
  • OTC-Arzneimittel: Welche Ausnahmen gibt es für die Verordnung und wann drohen Prüfungen? (AAA 08/2022, Seite 10)
  • OTC, Lifestyle, Off-Label-Use etc. – Aufbau der AM-RL und Bedeutung für die Verordnung (AAA 07/2022, Seite 11)

AUSGABE: AAA 3/2023, S. 17 · ID: 48727760

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