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Verbot der Parallelbehandlung – UrteilRezept vom Vertragsarzt während Krankenhausbehandlung? Erhöhte Vorsicht geboten!

Abo-Inhalt05.09.20227020 Min. LesedauerVon RAin Svenja Brungert, Münster

| Das Verbot vertragsärztlicher Parallelbehandlung kann bei Nichtbeachtung die Vertragsärztinnen und -ärzte zum Schadenersatz gegenüber der Krankenkasse verpflichten. Dabei muss der Schaden zwar schuldhaft verursacht werden. Doch es kann ausreichen, dass der Arzt konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines stationären Aufenthalts hat und sich dann nicht nach einem solchen erkundigt (Landessozialgericht [LSG] Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 02.02.2022, Az. L 3 KA 57/19). |

Sachverhalt

Der Patient eines in Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) tätigen Vertragsarztes erbat während eines stationären Krankenhausaufenthalts fernmündlich eine Arzneimittelverordnung und ließ diese sodann von einem Dritten abholen. Zuvor war der stationäre Aufenthalt des Patienten dokumentiert worden. Der Patient hatte in der Zwischenzeit auch angerufen und um einen kurzfristigen Termin gebeten, weshalb der Arzt von der Entlassung seines Patienten ausging. Bezüglich der eingelösten Verordnung wurde sodann ein sogenannter sonstiger Schaden nach § 48 BMV-Ä wegen des Verbots vertragsarztrechtlicher Parallelbehandlung gegenüber der BAG festgestellt. Die Folge: Die Krankenkasse, zu deren Lasten die Verordnung abgerechnet wurde, kann Ersatz der Kosten verlangen. Nach Widerspruch der BAG wurde dieser Bescheid indes aufgehoben und eine Ersatzpflicht verneint, wogegen die Krankenkasse wiederum klagte.

Entscheidung

Das LSG bejahte hingegen eine regressfähige Schadensverursachung. Zunächst sei unerheblich, ob die medizinisch notwendige Verordnung vom Therapieziel der Krankenhausbehandlung umfasst gewesen sei. Denn nach § 1 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sei die notwendige Arzneimittelversorgung grundsätzlich vom Krankenhaus sicherzustellen und mit der Vergütung abgegolten, die von der Krankenkasse für den Krankenhausaufenthalt entrichtet wird. Die Feststellung eines sonstigen Schadens im Sinne von § 48 Abs. 1 BMV-Ä sei ferner verschuldensabhängig. Die Umstände der Rezeptierung (telefonische Anfrage, Abholung durch Dritten und vorangegangene stationäre Behandlung) hätten in ihrer Gesamtheit jedoch dazu geführt, dass eine Erkundigungspflicht des Vertragsarztes entstanden sei.

Fazit | Bestehen irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass ein Patient um vertragsärztliche Leistungen bittet, obgleich er in stationärer Behandlung sein könnte, ist erhöhte Vorsicht geboten und im Zweifel eine Nachfrage an den Patienten zu richten. Nach dem Urteil des LSG besteht die Möglichkeit, andernfalls in Regress genommen zu werden, auch wenn kein sicheres Wissen bezüglich des Krankenhausaufenthalts vorliegt.

AUSGABE: AAA 9/2022, S. 12 · ID: 48445863

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