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DigitalisierungVideosprechstunde nach EBM und GOÄ: aktueller Stand der Abrechnungsmodalitäten
| Mit dem Boom der Videosprechstunde infolge der Coronapandemie wurden auch die Einsatzmöglichkeiten sowie die Abrechnungsmodalitäten stetig weiterentwickelt. Zuletzt hinzugekommen ist zum 01.07.2022 beispielsweise die Option für Vertragsärztinnen und -ärzte, Videosprechstunden auch im organisierten Notfalldienst zu nutzen und die Leistungen entsprechend abzurechnen. Mit dem folgenden Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die aktuell geltenden Abrechnungsregelungen zu Videosprechstunden nach EBM und GOÄ. |
EBM – welche Leistungen sind berechnungsfähig?
Bei den per Videosprechstunde berechnungsfähigen Leistungen kann unterschieden werden zwischen Leistungen, die die Durchführung der Videosprechstunde an sich betreffen und solchen ärztlichen Leistungen, die per Videosprechstunde erbracht und abgerechnet werden können.
EBM-Positionen für die Durchführung der Videosprechstunde
Zur ersten Gruppe zählt die Authentifizierung eines in der Praxis unbekannten Patienten (d. h., eines Patienten, der weder im laufenden noch im Vorquartal in der Praxis behandelt wurde) nach EBM-Nr. 01444 und der Zuschlag für die eigentliche Durchführung der Videosprechstunde nach Nr. 01450. Außerdem existiert noch eine Position für die Durchführung einer Videofallkonferenz mit Pflege(fach)kräften nach Nr. 01442.
EBM-Nrn. für die Durchführung der Videosprechstunde | ||||
Position | Leistung | Punkte | Euro* | Prüfzeit** |
01442 | Videofallkonferenz mit Pflegefachkräften *** | 86 | 9,69 | k. A. |
01444 | Zuschlag zur Versichertenpauschale, Authentifizierung eines unbekannten Patienten | 10 | 1,13 | k. A. |
01450**** | Zuschlag in Zusammenhang mit der Versichertenpauschale, Durchführung einer Videosprechstunde | 40 | 4,51 | k. A. |
EBM-Positionen für ärztliche Leistungen innerhalb einer Videosprechstunde
In der zweiten Gruppe ist die Vielfalt der Leistungen für Hausärzte und Internisten relativ überschaubar. Neben der Versichertenpauschale (Nr. 03000) sind vor allem die Zusatzpauschale (Nr. 03040) sowie die Zuschläge bei genehmigter Beschäftigung einer nichtärztlichen Praxisassistenz (NäPa) zu nennen (Nrn. 03060 und 03061). Dabei ist jedoch zu beachten, dass bei Haus- und Kinderärzten ein Abschlag der Bewertung in Höhe von 20 Prozent vorgenommen wird, sofern in einem Quartal die Arzt-Patienten-Kontakte (APK) ausschließlich per Video erfolgt sind.
Neu seit dem 01.07.2022 besteht die Möglichkeit, auch die Notfallpauschalen nach den EBM-Nrn. 01210 (Notfallpauschale I) und 01212 (Notfallpauschale II) im organisierten Notfalldienst per Videokontakt zu berechnen (AAA 08/2022, Seite 1). Erfolgt dann eine weitere Konsultation im Notfalldienst, gilt dies auch für die Pauschalen nach den Nrn. 01214, 01216 und 01218. Für Ärzte, Institute und Krankenhäuser, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, gelten diese Neuerungen nicht.
Die Pauschalen und Zuschläge werden jedoch nur dann in voller Höhe vergütet, wenn zusätzlich im Behandlungsfall ein direkter persönlicher Kontakt erfolgt. Abschläge werden vorgenommen, wenn es sich um ausschließliche APK per Videosprechstunde handelt: In diesen Fällen wird ein Abschlag von zehn Prozent vorgenommen. Das entspricht dann einer Bewertung
- von 108 Punkten für Nr. 01210 (12,17 Euro) und
- von 176 Punkten für Nr. 01212 (19,83 Euro).
Diese Abschläge werden von den KVen automatisch vorgenommen. Bei ausschließlichen Videokontakten im Behandlungsfall ist zudem die Pseudo-Nr. 88220 abzurechnen.
Merke | Zusätzlich berechnungsfähig sind auch im organisierten Notfalldienst der Zuschlag für die Authentifizierung unbekannter Patienten (Nr. 01444) sowie der Technikzuschlag nach Nr. 01450. |
Weitere, für Hausärzte in einer Videosprechstunde relevante und berechnungsfähige Leistungen sind das ärztliche Gespräch (Nr. 03230) sowie die psychosomatische verbale Intervention (Nr. 35110). Außerdem gibt es noch eine größere Menge von Leistungen des Kapitels 35 EBM, die – bei entsprechender Qualifikation – teilweise auch von Hausärzten im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht und abgerechnet werden können.
EBM-Nrn. für ärztliche Leistungen in einer Videosprechstunde | |||||
Position | Leistung | Punkte | Euro* (voller Betrag) | Euro* (abzgl.Abschlag) | Prüfzeit** |
01210 | Notfallpauschale I | 120 | 12,52 | 12,17 | k. A. |
01212 | Notfallpauschale II | 195 | 21,97 | 19,83 | k. A. |
01214 | Notfallkonsultationspauschale I | 50 | 5,63 | – | k. A. |
01216 | Notfallkonsultationspauschale II | 140 | 15,77 | – | k. A. |
01218 | Notfallkonsultationspauschale III | 170 | 19,15 | – | k. A. |
03000 | Versichertenpauschale | 114 - 225 | 12,84 - 25,35 | 10,27 - 20,78 | 9 - 16 Min. QB |
03040 | Versorgungszuschlag | 138 | 15,55 | 12,44 | k. A. |
03060 | Zuschlag für Beschäftigung einer NäPa | 22 | 2,48 | 1,98 | k. A. |
03061 | Zuschlag zur EBM-Nr. 03060 | 12 | 1,35 | 1,08 | k. A. |
03230 | Problemorientiertes ärztliches Gespräch | 128 | 14,42 | – | 10 Min. QB |
35110*** | Psychosomatische verbale Intervention | 193 | 21,74 | – | 15 Min. QB |
EBM – welche Mengen sind berechnungsfähig?
Grundsätzlich können seit dem 01.04.2022 maximal 30 Prozent der Behandlungsfälle eines Vertragsarztes pro Quartal als Fälle mit ausschließlichen Videokontakten (Kennzeichnung mit der Pseudo-Nr. 88220) abgerechnet werden (Allg. Best. 4.3.1 Abs. 4 Nr. 5 EBM).
Zudem kann jede einzelne EBM-Position, die grundsätzlich auch per Videokontakt abrechenbar ist, bis zu maximal 30 Prozent im Rahmen einer Videosprechstunde abgerechnet werden. Dabei werden die 30 Prozent bei den Leistungen des Kapitels 35 (mit Ausnahme der Nr. 35152) seit dem 01.07.2022 nach einem anderen Schema berechnet als alle anderen Positionen des EBM.
Berechnung bei Leistungen außerhalb von Kapitel 35 EBM und Nr. 35152
Die Bezugsgröße für die Begrenzung bei 30 Prozent ist für alle EBM-Positionen außerhalb des Kapitels 35 (ausgenommen Nr. 35152) die Gesamtmenge der im aktuellen Quartal vom Vertragsarzt abgerechneten jeweiligen Position.
Beispiel: 30-Prozent-Begrenzung Videosprechstunden (ohne Kap. 35 EBM) |
Eine Vertragsärztin rechnet in einem Quartal die Nr. 03230 im Behandlungsfall 570 mal ab. Davon können maximal 171 (30 Prozent) per Videokontakt abgerechnet werden. |
Berechnung bei Leistungen des Kapitels 35 EBM (ohne Nr. 35152)
Bei diesen Leistungen ist die Bezugsgröße das Punktzahlvolumen aller vom Vertragsarzt abgerechneten Ziffern des Kapitels 35 (außer Nr. 35152), die im Rahmen einer Videosprechstunde abgerechnet werden können.
Beispiel: 30-Prozent-Begrenzung Videosprechstunden (Kap. 35 EBM) |
Der Vertragsarzt rechnet im aktuellen Quartal ein Punktzahlvolumen für Leistungen des Kapitels 35 (außer Nr. 35152), die per Videokontakt abgerechnet werden können, insgesamt 15.440 Punkte ab. Davon sind dann maximal 4.632 Punkte (30 Prozent) im Rahmen der Videosprechstunde berechnungsfähig. |
GOÄ – was ist berechnungsfähig?
Unter dem Eindruck der Pandemie hat der Vorstand der Bundesärztekammer am 14./15.05.2020 erstmalig telemedizinische Leistungen für die Betreuung im Rahmen einer Videosprechstunde beschlossen. Dabei wurden in der GOÄ existente Positionen genommen, die für Videokontakte teils analog abzurechnen sind und teilweise mit geänderten Leistungsbeschreibungen versehen wurden. Ergänzt wurde diese Liste im Dezember 2021 durch die Nrn. 4 und 15 GOÄ (AAA 09/2020, Seite 10).
Im Dezember 2021 wurden dann weitere Leistungen zur Behandlung psychischer Erkrankungen definiert, die ebenfalls im Rahmen einer Videosprechstunde erbracht und abgerechnet werden können. Darunter sind auch Leistungen, die von Hausärzten und Internisten abgerechnet werden: Die Leistungen nach den Nrn. 801, 804, 806, 807, 808, 817, 835, 846, 849, 855, 856, 857, 860, 861, 863, 865, 870, 885 und/oder 886 GOÄ sind bei Erbringung mittels Videoübertragung analog berechnungsfähig.
Alle genannten GOÄ-Leistungen können auch gemäß § 5 Abs. 2 GOÄ über den Schwellensatz hinaus gesteigert werden. Auch die Abrechnung der Unzeitzuschläge ist erlaubt, wenn die Voraussetzungen dazu erfüllt sind.
GOÄ-Abrechnungspositionen für ärztliche Leistungen in einer Videosprechstunde | ||||
Position | Art der Abrechnung | Leistung | Punkte | Euro (2,3-fach) |
1 | analog | Beratung durch den Arzt mittels E-Mail (Chat und SMS ausgeschlossen) | 80 | 10,72 |
1 | originär | Beratung durch den Arzt mittels Videoübertragung | 80 | 10,72 |
2 | analog | Ausstellung von Rezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen mittels Videotelefonie, E-Mail durch MFA (Chat und SMS ausgeschlossen) | 30 | 3,15* |
3 | originär | Eingehende Beratung durch den Arzt mittels Videoübertragung | 150 | 20,11 |
4 | analog | Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) mittels Videoübertragung | 220 | 29,49 |
5 | analog | Visuelle symptomatische klinische Untersuchung mittels Videoübertragung | 80 | 10,72 |
15 | analog | Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen mittels Videoübertragung während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken | 300 | 40,22 |
60 | originär | Vorstellung eines Patienten und/oder Beratung über einen Patienten in einer interdisziplinären und/oder multiprofessionellen Videokonferenz, zur Diagnosefindung und/oder Festlegung eines fachübergreifenden Behandlungskonzepts | 120 | 16,09 |
60 | analog | Gemeinsame ärztliche telekonsiliarische Fallbeurteilung im Rahmen diagnostischer Verfahren (z. B. bildgebende Verfahren wie CT-, MRT-, Röntgenaufnahmen, Videoendoskopie etc. u/o histologischer Befundungen wie Schnittdiagnostik, Ausstrich) („Telekonsil“) | 120 | 16,09 |
70 | analog | Erstellung oder Aktualisierung und ggf. elektronische Übersendung eines Medikationsplans | 40 | 5,36 |
76 | analog | Verordnung und ggf. Einweisung in Funktionen bzw. Handhabung sowie Kontrolle der Messungen zu digitalen Gesundheitsanwendungen | 70 | 9,38 |
- Videosprechstunde: Umfangreiche Änderungen steigern die Attraktivität für Vertragsärzte (AAA 11/2019, Seite 4)
- AU-Feststellung per Videosprechstunde auch bei unbekannten Patienten (AAA 03/2022, Seite 15)
AUSGABE: AAA 9/2022, S. 6 · ID: 48503082