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ABC der Abrechnung„Z“ – Zeckenbissverletzung

31.03.2022555 Min. LesedauerVon Dr. med. Heiner Pasch, Kürten

| Eine Patientin (29 Jahre) kommt in die Praxis ihrer Hausärztin, nachdem sie beim Duschen eine größere, festsitzende Zecke (8 mm) in der linken Leiste entdeckt hat. Die Patientin wohnt in einem Dorf im Schwarzwald und hatte am Vortag einen Waldspaziergang mit ihrer Tochter gemacht. Da die Patientin Angst vor Infektionen hat, bittet sie die Ärztin, die Zecke auf jeden Fall restlos zu entfernen. Gleichzeitig fragt sie nach nötigen Impfungen. Chronische behandlungsbedürftige Erkrankungen sind bei ihr nicht bekannt. Es besteht keine Dauermedikation. Die Durchsicht des mitgebrachten Impfausweises offenbart eine letzte Tetanus-Impfung vor 15 Jahren. |

AAA_Grafik_ICD_Z_Zeckenbiss.eps (© IWW Institut)
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© IWW Institut

Diagnose und weiteres Prozedere

Bei der Patientin wird eine Zeckenbissverletzung im Bereich der linken Leiste diagnostiziert (ICD: T14.03G). Die Hausärztin entfernt nach vorheriger Desinfektion die Zecke mithilfe einer Splitterpinzette. Zurück bleibt ein Zeckenrest, da die Zecke schon sehr festsitzt und sich nur schwer komplett entfernen lässt. Den Rest kann die Hausärztin nach einem kleinen Schnitt und vorheriger Lokalanästhesie auch entfernen.

Die Patientin wird anschließend darüber informiert, dass sich in den nächsten zwei bis drei Wochen eine Verfärbung zeigen könnte, die unter Umständen ein Hinweis auf eine Borreliose ist. Schließlich wird noch der Tetanusschutz durch Verabreichung einer Kombiimpfung aufgefrischt (Tetanus, Diphtherie, Pertussis und Poliomyelitis; kurz: TdapIPV). Tatsächlich zeigte sich bei einem erneuten Kontakt nach zwei Wochen eine flächenhafte Rötung mit einem Durchmesser von etwa 15 mm und mit betonter Randzeichnung. Es liegen keine subjektiven Beschwerden vor. Die Diagnose wird entsprechend ergänzt. Sie lautet Erythema migrans (ICD A69.2G).

Nach serologischer Bestätigung erfolgt die Therapie mit Doxycyclin oral. Nach drei weiteren Wochen ist die Patientin symptomfrei. Da die Familie in einem FSME-Hochrisikogebiet lebt, vereinbart die Mutter nach Ende der Behandlung eine Impfung für alle Familienmitglieder gegen FSME. Nach entsprechender Aufklärung wird diese Impfung der gesamten Familie verabreicht.

Abrechnung EBM

Im Rahmen der Erstkonsultation wird die Versichertenpauschale (EBM-Nr. 03000) sowie der die Nr. 02300 für die Wundversorgung abgerechnet. Die Nr. 02300 wäre sowohl bei unproblematischer Zeckenentfernung als auch bei instrumenteller bzw. chirurgischer Entfernung der Zecke anzusetzen, da in der Regel keine Naht erforderlich ist. Zusätzlich werden von der KV die zutreffenden Pauschalen hinzugefügt. Das längere ärztliche Gespräch (Abrechnung mit Nr. 03230) erfolgt, da die Patientin in Sorge um Folgeerkrankungen ist.

Die Auffrischimpfung (TdapIPV) wurde entsprechend der regional jeweils gültigen Impfvereinbarung mit der Nr. 89400R abgerechnet. Beim nächsten Kontakt und der Diagnose eines Erythema migrans kommt erneut die Nr. 03230 zur Abrechnung, ebenfalls für die Besprechung der FSME-Impfindikation.

EBM

Punkte

Euro*

Leistung

Prüfzeit

in Min.**

Bemerkungen

03003

114

12,84

Versichertenpauschale, 29 Jahre

11 / QP

PC-Eingabe: 03000,

einmal im BHF***

02300

68

7,66

Wundversorgung

3 / TP

Wundversorgung ohne Naht

03230

128

14,42

Ärztliches Gespräch

10 / TP

auch nur mit Bezugsperson möglich

89400R

je nach KV****

TdapIPV-Auffrischimpfung

k. A.

regional unterschiedliche Honorare gemäß der jeweiligen Impfvereinbarung

Abrechnung GOÄ

Bei der Abrechnung nach GOÄ steht – bei einem neuen Behandlungsfall – zu Anfang immer die Beratung (Nr. 1 GOÄ) und die Untersuchung (hier die Nr. 5 GOÄ). Für die Entfernung der Zecke gibt es verschiedene Möglichkeiten.

  • Wird die Zecke problemlos mit der Pinzette oder der Zeckenzange entfernt, kann die Nr. 2007 GOÄ analog abgerechnet werden.
  • Muss hingegen eine instrumentelle Entfernung erfolgen, kann hierfür die Nr. 2009 GOÄ (Entfernung eines unter der Haut gelegenen fühlbaren Fremdkörpers) erfolgen, unter Umständen zusätzlich zur Nr. 490 GOÄ (Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke).

Eine evtl. erforderliche Impfung zur Auffrischung des Tetanusschutzes wird mit der Nr. 375 GOÄ (Schutzimpfung) abgerechnet.

Bei der zweiten Konsultation mit der Diagnostizierung eines Erythema migrans kommt erneut eine Beratung zustande, in diesem Falle eher die Nr. 3 GOÄ, zusätzlich wieder die Nr. 5 GOÄ für eine Untersuchung. Dasselbe gilt auch für die letzte Konsultation mit der Besprechung der Impfnotwendigkeit gegen FSME.

Bei allen abzurechnenden Leistungen ist zu überlegen, ob ein erhöhter Faktor indiziert und abrechenbar ist. So kann es bei der Zeckenentfernung eine ängstlich ausgelöste Abwehrhaltung sein, die einen höheren Faktor erlaubt. Bei den Beratungen kann es eine übermäßig lange Zeitdauer sein: Bei der Nr. 1 GOÄ wäre es beispielsweise bei mehr als sechs Minuten der Fall, bei der Nr. 3 GOÄ bei mehr als 15 Minuten. Ebenso können Auslagen gemäß den Vorgaben des § 10 GOÄ in Rechnung gestellt werden, so auch wenn z. B. Impfstoffe aus dem privaten Praxisbedarf entnommen werden.

GOÄ

Punkte

Euro/ 2,3-fach

Leistung

Bemerkungen

1

80

10,72

Beratung, auch telefonisch

Einmal im BHF* neben Sonderleistungen

3

150

20,11

Eingehende Beratung

Mindestens zehn Minuten; bei längerer Dauer den Faktor erhöhen

5

80

10,72

Symptomorientierte Untersuchung

Einmal im BHF* neben Sonderleistungen

250

40

4,20

Venöse Blutabnahme

Für die Zeckenserologie

375

80

10,72

Impfung

Sachkosten abrechnen, falls der Impfstoff aus dem Praxisbedarf entnommen wird

490

61

8,18

Infiltrationsanästhesie kleiner Bezirke

Sachkosten für das Medikament abrechnen

A 2007

40

5,36

Zeckenentfernung, analog zu Nr. 2007 GOÄ

Berechnungsfähig bei unproblematischer Entfernung

2009

100

13,41

Fremdkörperentfernung

Berechnungsfähig bei instrumenteller bzw. chirurgischer Entfernung

„Zeckenbissverletzung“ – Abrechnungsvorschlag

Leistung

EBM

GOÄ

Anmerkungen

Position

Punkte

Euro*

Position

Punkte

Euro/ 2,3-fach

Erstkonsultation (Diagnose: Zeckenbissverletzung; ICD-10-Code: T14.03G)

Versichertenpauschale (29-jährige Patientin)

03003

114

12,84

–**

EBM: PC-Eingabe: 03000

Beratung

–***

1

80

10,72

Nur 1x im BHF**** neben Sonderleistungen

Symptomorientierte Untersuchung

–***

5

80

10,72

Bei Untersuchung in mehreren Körperregionen erhöhter Faktor möglich

Zeckenentfernung

02300

68

7,66

A 2007

40

5,36

Instrumentelle Zeckenentfernung

02300

68

7,66

2009

100

13,41

Lokalanästhesie

–***

490

61

8,18

Sachkosten: Medikament

TdapIPV-Impfung

89400R

375

80

10,72

EBM: Hier sind die KV-spezifischen Impfvereinbarungen zu beachten.

GOÄ: Evtl. sind Sachkosten berechnungsfähig.

Zweiter Praxiskontakt (Diagnose: Erythema migrans, A69.2G, Achtung: neuer BHF)

Ärztliches Gespräch

03230

128

14,42

3

150

20,11

Mindestens zehn Minuten; bei längerer Dauer:

  • EBM: Mehrfach berechnungsfähig
  • GOÄ: Faktorsteigerung

Symptomorientierte Untersuchung

–***

5

80

10,72

Nur einmal im BHF**** neben Sonderleistungen

Venöse Blutabnahme

–***

250*****

40

4,20

EBM: Diese Leistung ist in der Versichertenpauschale enthalten.

Dritter Kontakt

Ärztliches Gespräch

03230

128

14,42

3

150

20,11

Mindestens zehn Minuten; bei längerer Dauer:

  • EBM: Mehrfach berechnungsfähig
  • GOÄ: Faktorsteigerung

Symptomorientierte Untersuchung

–***

5

80

10,72

Nur 1x im BHF**** neben Sonderleistungen

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: AAA 4/2022, S. 17 · ID: 48104308

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