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UrlaubWann beginnt die dreijährige Verjährungsfrist beim Thema Urlaub?
| Der gesetzliche Anspruch eines ArbN auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der ArbG den ArbN über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der ArbN den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. |
Sachverhalt
Der ArbG beschäftigte die ArbN von 1996 bis 2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses zahlte der ArbG an die ArbN zur Abgeltung von 14 Urlaubstagen 3.201,38 EUR brutto. Der weitergehenden Forderung der ArbN, Urlaub im Umfang von 101 Arbeitstagen aus den Vorjahren abzugelten, kam der ArbG nicht nach. Während das Arbeitsgericht die Klage – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – abwies, sprach das LAG Düsseldorf (21.2.20, 10 Sa 180/19, Abruf-Nr. 215601) der ArbN 17.376,64 EUR brutto zur Abgeltung weiterer 76 Arbeitstage zu. Dabei erachtete das LAG den Einwand des ArbG, die geltend gemachten Urlaubsansprüche seien verjährt, für nicht durchgreifend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des ArbG vor dem BAG (20.12.22, 9 AZR 266/20, Abruf-Nr. 232936) war erfolglos. Zwar fänden die Verjährungsvorschriften (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginne nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der ArbG den ArbN über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der ArbN den Urlaub aus freien Stücken nicht genommen habe.
Der Senat habe damit die EuGH-Vorgaben (22.9.22, C-120/21, Abruf-Nr. 231426) umgesetzt. Der ArbG habe die ArbN nicht durch Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche seien deshalb weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG) verfallen. Noch habe der ArbG erfolgreich einwenden können, der nicht gewährte Urlaub sei bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs habe die ArbN in der Verjährungsfrist von drei Jahren erhoben.
Relevanz für die Praxis
Nach dem EuGH tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, vorliegend hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der EU zurück, die Gesundheit des ArbN durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der ArbG auf sein eigenes Versäumnis beruft, den ArbN in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben.
AUSGABE: AA 2/2023, S. 26 · ID: 49016635