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KündigungsfreiheitWenn die Arbeit endet, bevor sie angefangen hat

Abo-Inhalt29.01.20248 Min. LesedauerVon RAin Heike Mareck, Externe Datenschutzbeauftragte, Dortmund

| Der neue Arbeitsvertrag ist bereits unterschrieben, doch kurz vor dem ersten Tag kündigt eine Seite den Vertrag. Was gilt nun rechtlich, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Job antritt? Und was passiert, wenn der Arbeitgeber sich kurzfristig gegen den neuen Arbeitnehmer entscheidet? |

Der Arbeitnehmer kündigt den Arbeitsvertrag vor Antritt

Kann ein Arbeitsvertrag vor Arbeitsantritt direkt wieder gekündigt werden? Ja, sofern die Kündigung vor dem ersten Tag im Vertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde.

Merke | Die im Vertrag vereinbarte Kündigungsfrist gilt auch bei der Kündigung vor Arbeitsantritt. Diese beginnt mit dem Eingang der Kündigung, nicht mit dem vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginn. Zu diesem Ergebnis kam auch das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 25.03.2004, Az. 2 AZR 324/03). Beispiel: Wenn eine Kündigungsfrist von vier Wochen vereinbart wurde, kann noch vor dem ersten Arbeitstag gekündigt werden, wenn das Schreiben vier Wochen vor dem vereinbarten Zeitpunkt des Arbeitsantritts eintrifft.

Die Länge der Kündigungsfrist hängt vom jeweiligen Vertrag ab. Enthält dieser keine Regelungen hierzu, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 BGB. Zudem ist zu berücksichtigen, ob eine Probezeit vereinbart wurde.

Beispiel

Ein IT-Informatiker unterschreibt am 01.12.2023 einen Arbeitsvertrag. Arbeitsbeginn ist laut Vertrag der 01.02.2024, die Kündigungsfrist beträgt in der Probezeit zwei Wochen. Anschließend erhält der IT-Informatiker ein besseres Angebot und kündigt den Vertrag. Der Arbeitgeber erhält das Schreiben am 15.12.2023. Weil die Kündigungsfrist am 29.12. ausläuft, muss der IT-Informatiker den Job nicht antreten.

Ist im Arbeitsvertrag festgelegt, dass die Kündigungsfrist erst ab Vertragsbeginn läuft, muss der Arbeitnehmer die neue Stelle zum vereinbarten Termin in jedem Fall antreten. Der Arbeitnehmer kann dann direkt kündigen.

Merke | Wie sieht es mit einer Vertragsstrafe aus? Wenn im Vertrag keine Vertragsstrafe für einen solchen Fall geregelt wurde, wird bei einer Kündigung vor Arbeitsantritt durch den Arbeitnehmer eine solche auch nicht fällig. Der Arbeitgeber kann aber eine entsprechende Klausel in den Vertrag mit aufgenommen haben. Wie hoch diese Summen im Einzelnen sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Als grobe Richtung gilt: Bei einer zweiwöchigen Kündigungsfrist ist ein halbes Bruttomonatsgehalt angemessen, bei vierwöchiger Kündigungsfrist ist es ein volles Bruttomonatsgehalt.

Arbeitnehmer sollten keinesfalls einfach den Arbeitsantritt ignorieren, wenn sie den Job nicht antreten wollen, aber eine ordnungsgemäße Kündigung nicht möglich war. Dieses könnte der Arbeitgeber zum Anlass nehmen, Schadenersatz vom Arbeitnehmer zu fordern. Dies ist zwar in solchen Konstellationen selten, aber eben nicht ausgeschlossen.

Die Frist wurde versäumt, der Arbeitnehmer erscheint am ersten Tag im neuen Job. Gibt es noch eine Chance für den Arbeitnehmer? Ja, er kann den Arbeitgeber bitten, mit ihm einen Aufhebungsvertrag zu schließen.

Der Arbeitgeber kündigt vor Arbeitsantritt

Arbeitgeber müssen keinen Grund darlegen, wenn sie einen Vertrag bereits vor Arbeitsantritt kündigen. Da noch keine sechs Monate Betriebszugehörigkeit gegeben sind, besteht zu diesem Zeitpunkt kein Kündigungsschutz. Sollte ein Betriebsrat bestehen, muss dieser nicht einbezogen werden, weil der Empfänger der Kündigung noch nicht Zugehöriger des Betriebs ist.

Merke | Aber: Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen sich an die vertraglich vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsfrist halten. Unabhängig, ob vor oder nach Antritt der neuen Stelle gekündigt wird. Die Kündigungsfrist beginnt grundsätzlich nicht erst mit Arbeitsantritt, sondern mit Eingang der Kündigung beim Empfänger.

In Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber auch fristlos kündigen oder den Arbeitsvertrag anfechten. Zum Beispiel, wenn herauskommt, dass der Arbeitnehmer in der Bewerbung Qualifikationen angibt, die er gar nicht besitzt. Wenn er also falsche Tatsachen vorgespiegelt hat. Auch wenn eine Person in der Öffentlichkeit in einer Weise auftritt, die dem neuen Arbeitgeber Schaden zufügt, ist eine fristlose Kündigung noch vor dem ersten Arbeitstag möglich, wenn bei diesem Auftreten eindeutiger Bezug zum neuen Arbeitgeber hergestellt wird.

Arbeitgeber können angehende Arbeitnehmer vor Arbeitsantritt kündigen. Wird dabei die Kündigungsfrist eingehalten, gibt es keine Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer dafür einen anderen Job gekündigt oder ein anderes Angebot abgelehnt hat. Ein Anspruch auf das Gehalt besteht nur, wenn die Kündigung vor Arbeitsbeginn die Kündigungsfrist nicht wahrt. Tritt der Arbeitnehmer den neuen Job an, hat er Anspruch auf das vereinbarte Gehalt für die Zeit, die er arbeitet. Spricht der Arbeitgeber am ersten Tag der Arbeit eine Kündigung aus, muss er bis zum Ablauf der Kündigungsfrist das Gehalt zahlen. Der Arbeitnehmer ist aber verpflichtet, zur Arbeit zu erscheinen, falls nichts anderes vereinbart wird.

Praxistipp | Diese Probleme können durch einen Aufhebungsvertrag umgangen werden, den beide Seiten einvernehmlich schließen. Dieser kann z. B. das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist beenden. So kann der Arbeitnehmer freigestellt werden und Abfindung erhalten, die das wegfallende Gehalt kompensiert.

AUSGABE: ZP 2/2024, S. 6 · ID: 49794155

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