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Praxisnachfolge (Teil 3)Die Abgabe einer Zahnarztpraxis – Phase 3: Nachfolgersuche und Verkauf
| Im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen drei wichtige Fragen im Abgabeprozess: Wenn kein Familienangehöriger oder ein bereits angestellter Zahnarzt die Praxis übernehmen möchte, wie finde ich dann einen geeigneten Nachfolger? Was ist neben juristischen und steuerlichen Aspekten, die hier nicht im Detail behandelt werden, im Rahmen des Verkaufs zu beachten? Wie kann ein sinnvolles Übergabekonzept, das zusammen mit dem Nachfolger erarbeitet wird, aussehen? |
Inhaltsverzeichnis
Nachfolgersuche
Arbeitet in der Praxis bereits ein (Junior-)Partner oder ein angestellter Zahnarzt mit, der Interesse an der Praxis bekundet, so entfällt eine Nachfolgersuche. Das Gleiche gilt bei der geplanten Übergabe an einen Familienangehörigen. In allen anderen Fällen beginnt unweigerlich die Suche nach einem geeigneten Praxisnachfolger. Hierbei kann man entweder selbst die Initiative ergreifen oder einen Vermittler einschalten.
Anzeigen in gedruckten bzw. digitalen Medien
Eine Möglichkeit der Nachfolgersuche besteht im Schalten einer aussagekräftigen Anzeige in geeigneten gedruckten und/oder digitalen Medien. Ein Anzeigenzyklus nimmt ca. zwei bis drei Monate in Anspruch und umfasst folgende Schritte:
- Anzeige wird geschaltet, z. B. in den „Zahnärztlichen Mitteilungen“ (ZM; zm-rubrikenmarkt.de),2 bis 3 Monate werden vergehen, bis es zu Verhandlungen kommt
- Anzeige erscheint,
- Zuschriften treffen ein,
- Kontaktaufnahme mit dem Interessenten startet,
- Interessent(en) besichtigen die Praxis und es wird entschieden, ob Verhandlungen aufgenommen werden.
Da man nicht davon ausgehen kann, bereits nach der ersten Anzeigenschaltung einen geeigneten Nachfolger gefunden zu haben, empfiehlt es sich, zwei oder drei Anzeigen hintereinander zu schalten.
Digitale Praxisbörsen
Es gibt mittlerweile einige digitale Praxisbörsen, über die man eine Nachfolgersuche starten kann. Man kann z. B. auf der Website seiner zuständigen KZV nachsehen, ob sie eine diesbezügliche Praxisbörse anbietet. Eine überregionale Praxisbörse ist auf der Website der Deutschen Apotheker- und Ärztebank zu finden unter apobank.de/praxis-apotheke/abgeben/praxisboerse. Auch hier ist es wichtig, die Praxis treffend, in kompakter, aber ansprechender Weise zu präsentieren.
Vermittler
Generell muss man zwischen gewerblichen Vermittlern, die auf Provisionsbasis arbeiten, und den Dentaldepots, die vordergründig keine Provision nehmen, unterscheiden:
- Da der Markt für Zahnarztpraxen ein Käufermarkt ist, weil sich mehr Zahnärzte zur Ruhe setzen als niederlassen wollen, wird die Provision für den gewerblichen Vermittler (entweder ein Festhonorar oder ein prozentualer Anteil am Verkaufserlös) nicht zwischen Käufer und Verkäufer geteilt, sondern zumeist vom Verkäufer getragen. Da der Vermittler von der Provision lebt, hat er ein starkes Interesse, möglichst zügig einen Käufer für die Praxis zu finden und einen hohen Verkaufspreis zu erzielen.Gewerblicher Vermittler arbeitet im Sinne des Verkäufers
- Die Dentaldepots haben weniger die Interessen des abgebenden als die des übernehmenden Zahnarztes im Blick. Der Praxisübernehmer ist aus Sicht des Depots ein neuer Kunde, der sich vertraglich verpflichtet hat, in bestimmtem Umfang Einrichtungsgegenstände, Materialien usw. über das Depot zu beziehen. Vereinfacht gesagt, wird die „Provision“ für die Praxissuche vom neuen Zahnarzt über nicht gewährte oder weniger gewährte Preisnachlässe beim Kauf von Einrichtungsgegenständen etc. bezahlt. Das hört sich für den Verkäufer erst einmal positiv an, da er im Gegensatz zum Einschalten eines gewerblichen Vermittlers keine Provision bezahlen muss. Er sollte aber bedenken, dass das Depot dementsprechend seine Interessen hinsichtlich eines möglichst hohen Kaufpreises u. U. als nachrangig ansieht. Dem Depot ist es wichtiger, dass der Erwerber genügend finanziellen Spielraum für Investitionen in die Praxissubstanz hat.Dentaldepots schauen eher auf den Käufer als neuen Kunden
Merke | Sachverständige vermitteln i. d. R. keine Praxen, da dies nicht mit ihrem Status als unabhängige Fachleute zu vereinbaren ist.
Verkauf
Wurde ein Praxisnachfolger bzw. Kaufinteressent gefunden, beginnen die eigentlichen Vertragsverhandlungen, in die rechtzeitig ein Steuerberater und ein mit der Thematik vertrauter Jurist eingebunden werden sollte.
Unterlagen der Zahnarztpraxis
Damit sich der Kaufinteressent ein Bild von der Zahnarztpraxis machen und insbesondere auch deren Besonderheiten und Schwerpunkte einschätzen kann, wird er verschiedene Unterlagen in Ruhe studieren wollen. Alle Unterlagen sind in Kopie und gegen Quittung auszuhändigen. Zudem muss der Kaufinteressent sich verpflichten, die Unterlagen vertraulich zu behandeln und nicht an Unbeteiligte weiterzugeben (Verschwiegenheitsverpflichtung). An folgende Unterlagen ist dabei zu denken:
- Wurde bereits ein Gutachten über den Praxiswert erstellt, sollte dieses anhand von neueren betriebswirtschaftlichen Daten und Kennzahlen aktualisiert werden. Wurden aufgrund von Empfehlungen eines älteren Gutachtens bereits Verbesserungsmaßnahmen und/oder Investitionen durchgeführt, sollte auf die positiven Effekte dezidiert hingewiesen werden.Praxiswertgutachten
- Sofern die Daten nicht bereits in ein Praxiswertgutachten aktuell eingeflossen und nachlesbar sind, wird der Praxiskäufer regelmäßig z. B. folgende aktuelle Unterlagen einsehen wollen: Einnahmen-Überschuss-Rechnungen sowie aktuelle BWA, Anlagenverzeichnis, Patientenzahlen und -struktur, Leistungsspektrum, KZV-Quartalsübersichten, QM-Unterlagen.Betriebswirtschaft-liche Unterlagen
- Zu den Vertragsunterlagen zählen z. B. der bestehende Mietvertrag (Laufzeit, Optionen der Verlängerung, kann der Nachfolger in den Vertrag eintreten?), Arbeitsverträge der Angestellten, u. U. ein Gesellschaftsvertrag, Wartungsverträge, Leasingverträge etc.Vertragsunterlagen
Vertragsverhandlungen
Vorauszuschicken ist, dass die Erstellung des Kaufvertrags bzw. eines Vorvertrags immer unter dem Vorbehalt der Zulassung des gewünschten Nachfolgers durch die zuständige KZV steht. Liegt bereits ein aktuelles Praxiswertgutachten vor, so kann der dort festgestellte Praxiswert als Ausgangspunkt für die eigentlichen Verhandlungen dienen. Beispielhaft sei die Entwicklung der Übernahmepreise (Goodwill und Sachvermögen) sowie der Praxisinvestitionen von Einzelpraxisübernahmen, die im Jahr 2020 mit 67 % zu der bevorzugten Art der Niederlassung zählte, aufgeführt.
Tabelle 1: Übernahme als Einzelpraxis – Entwicklung der Praxisinvestitionen 2017 bis 2020 (Euro) | ||||
Übernahmepreis | Investitionen* | Praxisinvestitionen Übernahme EP (Veränderung VJ) | Im Vergleich: Neugründung EP | |
2017 | 184.000 | 125.000 | 309.000 | 441.000 |
2018 | 178.000 | 162.000 | 340.000 (+ 10,0 %) | 522.000 |
2019 | 176.000 | 178.000 | 354.000 (+ 4,1 %) | 493.000 |
2020 | 208.000 | 168.000 | 376.000 (+ 6,2 %) | 507.000 |
Der letztendlich vereinbarte Kaufpreis (Übernahmepreis) sowie die anderen vertraglich zu fixierenden Punkten hängen nicht nur vom Verhandlungsgeschick der Verhandlungspartner ab, sondern können auch noch von verschiedenen anderen Faktoren beeinflusst werden. Sympathie oder Antipathie können eine Rolle spielen, aber auch Gründe, die außerhalb der eigentlichen Praxissphäre liegen, wie z. B. die Heimatverbundenheit des Interessenten oder die Ehefrau, die einen Arbeitsplatz in der Nähe in Aussicht hat. Es ist in jedem Fall sinnvoll, nicht alleine in diese wichtigen Verhandlungen zu gehen, sondern von Anfang an einen Juristen und bei einigen Punkten, wie z. B. dem Verkaufszeitpunkt oder der Aufteilung des Kaufpreises, auch einen Steuerberater einzubeziehen.
Auch wenn diese Vertragsverhandlungen für beide Seiten einen ausgesprochen wichtigen Prozess mit nachhaltigen Auswirkungen für den Eintritt ins Rentenalter bzw. den Start ins Berufsleben darstellen, so sollte auch hier ein gewisser Zeitrahmen nicht überschritten werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Vertragsverhandlungen nach spätestens drei Monaten abgeschlossen sein sollten, da danach die Chance auf eine Einigung deutlich sinkt.
Finanzierung des Kaufpreises
Parallel zu den Vertragsverhandlungen bzw. auch noch unmittelbar im Anschluss muss sich der Kaufinteressent um die Finanzierung des Kaufpreises bzw. um die Kreditkonditionen bei der Bank seines Vertrauens kümmern. Üblich ist eine Absicherung des Kaufpreises durch eine unbedingte und unbefristete Bürgschaft. Es ist sicherzustellen, dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen der Verkäufer den Kaufpreis gegen Übergabe der Praxis an den Käufer erhält, wobei es auch hier unterschiedliche Modelle gibt (Einmalzahlung, Ratenzahlung oder Zahlung auf Rentenbasis), die der vorherigen, insbesondere steuerrechtlichen, ausführlichen Beratung bedürfen. Nach erfolgter Zahlung ist die Bankbürgschaft zurückzugeben.
Übergabe
Die gemeinsame Erstellung eines Übergabekonzeptes während und nach den Vertragsverhandlungen soll einen möglichst reibungslosen Übergang gewährleisten, damit Patienten und Team der Praxis ohne Abwanderungen erhalten bleiben. Folgende Punkte sollten bedacht werden.
Rechtzeitige Information an Personal und Patienten
Bevor falsche Informationen in Umlauf kommen, sollte der Praxisverkäufer das Praxisteam in angemessener Form schriftlich darüber informieren, wann welche Änderungen bevorstehen. Die Arbeitsverträge gehen im Normalfall kraft Gesetzes (§ 613a BGB) auf den Erwerber über. Die Information an die Patienten kann z. B. in einem gemeinsamen Schreiben vom bisherigen Praxisinhaber, der sich für das langjährige Vertrauen bedankt, und dem neuen Praxisinhaber, der sich kurz vorstellt, verfasst werden. (Unter datenschutzrechtlichen Bestimmungen darf der neue Inhaber die Patienten alleine erst nach deren Zustimmung anschreiben.) Die eigentliche Übergabe der Patientenkartei erfolgt selbstredend nach dem bekannten „Zwei-Schränke-Modell“. Die Patienten müssen sich erst schriftlich damit einverstanden erklären, dass „ihre“ Akte vom neuen Praxisinhaber eingesehen und fortgeführt werden darf.
Zeitlich begrenzte Mitarbeit des abgebenden Zahnarztes
Gerade im Hinblick auf eine möglichst reibungslose Übergabe der Patienten hat es sich als sinnvoll und zielführend erwiesen, dass der Praxisverkäufer noch einen begrenzten Zeitraum (mit abnehmender Wochenarbeitszeit) in seiner alten Praxis mitarbeitet. Diese Option ist stark von den Persönlichkeiten der beiden Zahnärzte abhängig. Oft kann jedoch der junge Zahnarzt vom Erfahrungsschatz des älteren profitieren und umgekehrt kann der ältere Zahnarzt gleitend und nicht abrupt aus dem Berufsleben ausscheiden.
Investitionen in die Praxissubstanz und anstehende Renovierungen
Auch wenn sich die Praxis in einem gepflegten, einsatzfähigen Zustand befindet, möchte der neue Zahnarzt normalerweise eigene Akzente setzen. In jedem Fall sollten Art und Umfang der Renovierungen und Investitionen in die Praxissubstanz so geplant werden, dass die Praxis möglichst nicht geschlossen werden muss. Der alte Praxisinhaber kann hier u. U. mit der Empfehlung bewährter, qualifizierter Handwerker und seinem Wissen bei der Planung behilflich sein.
Checkliste zur „Übergabe“ der vertraglichen Beziehungen
Hierzu zählen neben dem bereits erwähnten Mietvertrag sowie den Verträgen mit dem Personal z. B. folgende Punkte:
- Sofern noch nicht geschehen, müssen die KZV, das Gewerbeaufsichtsamt, die Bank, das Finanzamt, der Abrechnungsdienstleister und sonstige Institutionen über die geänderten Eigentumsverhältnisse informiert werden.
- Der Praxisverkäufer sollte auf den Zahlungseingang der Rechnungen achten, die vor dem Übergabestichtag geschrieben wurden.
- Es muss geprüft werden, ob der Praxiskäufer – wenn gewünscht – bestehende (Wartungs-)Verträge übernehmen kann.
- Verträge, die nicht mehr benötigt werden, sind rechtzeitig zu kündigen.
Blick auf die Zeitschiene
Der Zeitrahmen ist so individuell wie die einzelne Praxis. Unserer Erfahrung nach sollte man mindestens drei Jahre vor der angedachten Praxisabgabe mit der Planung anfangen. Die Deutsche Apotheker- und Ärztebank empfiehlt fünf Jahre. Es können aber auch bei optimalen Voraussetzungen nur 15 Monate nötig sein. Keinesfalls sollte die rechtzeitige Einbindung des Steuerberaters und eines mit der Thematik vertrauten Juristen versäumt werden!
Tabelle 2: Der Zeitrahmen | ||
Aufgabe/Teilschritt | Zeitrahmen | Hinweise |
Kassensturz / Vermögensanalyse | 3 Monate | Ist mein Lebensstandard in der Rentenphase gesichert? |
Praxisanalyse | 2 u. U. bis zu 6 Monate | Je nach Qualität der Unterlagen und deren Auswertung |
Praxisbewertung | 3 Monate | U. U. eine erste Analyse/Bewertung 2–3 Jahre vor geplanter Abgabe, damit genügend Zeit bleibt für wertsteigernde Maßnahmen |
Wertsteigernde Maßnahmen / Optimierungsprozess | Je nach Maßnahme: 1–2 Monate bis zu 1–2 Jahren | Möglichst keine „Alterspraxis“ übergeben |
Nachfolgersuche | 0–6 Monate | Bei Übergabe innerhalb der Familie oder an einen angestellten Zahnarzt entfällt die Suche |
Vertrag / Vertragsverhandlungen | Nicht länger als 3 Monate | Steuerlichen und juristischen Berater rechtzeitig und zwingend einbinden |
Übergabe(-Konzept) | 3 Monate | Parallel zu und im Anschluss an Vertragsverhandlungen |
Zeitlich begrenzte Mitarbeit zur Patientenbindung | Einige Monate | Nicht zwingend, aber meistens empfehlenswert |
Die in diesem Beitrag nicht angesprochenen Teilschritte vom Kassensturz bis zu den wertsteigernden Maßnahmen lesen Sie in den Teilen 1 und 2 dieser Serie.
- Die Abgabe der Zahnarztpraxis – Phase 1: Rahmenbedingungen und Kassensturz (ZP 12/2023, Seite 4)
- Die Abgabe einer Zahnarztpraxis – Phase 2: Benchmarking und Wertermittlung (ZP 01/2024, Seite 15)
AUSGABE: ZP 2/2024, S. 16 · ID: 49853747