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BuchführungVorsicht Betriebsprüfung! Wurden alle Einnahmen korrekt erfasst?

Abo-Inhalt23.05.20233986 Min. LesedauerVon StB vBP Prof. Dr. Johannes G. Bischoff und StB Dipl.-Finw. Julia Kekule, Köln

| In diesem Beitrag zu den Schwerpunkten einer Betriebsprüfung beim Zahnarzt soll der Fokus auf der „Vollständigkeit der Erlöse“ liegen. Hierbei geht es um die Überprüfung der erklärten Einnahmen, wobei der Betriebsprüfer die zahnärztlichen Abrechnungsprogramme besonders intensiv unter die Lupe nimmt. In diesem Zusammenhang ist dringend zu beachten, dass der Datenzugriff auch auf die vorgelagerten Systeme zulässig ist (§ 147 Abs. 6 Abgabenordnung [AO]). |

Die Prüfungsvorbereitung durch die Finanzverwaltung

Nicht unterschätzt werden darf, dass der Betriebsprüfer in der Regel mit der Praxissoftware vertraut ist und die programmseitigen Auswertungsmöglichkeiten kennt. Vor Beginn der Außenprüfung informiert sich der Prüfer über das eingesetzte Abrechnungssystem. Dazu wird häufig bereits zusammen mit der Prüfungsanordnung ein Fragebogen übermittelt, auf dem auch Angaben zu dem eingesetzten Buchhaltungssystem (bzw. der Software, mittels derer die Einnahmen-Überschussrechnung [EÜR] erstellt worden ist) sowie zu vorgelagerten Systemen (z. B. dem Abrechnungsprogramm) zu machen sind.

Auf Heilberufe spezialisierte Prüfer stehen teilweise in einem Erfahrungsaustausch miteinander, um sich gegenseitig über Neuerungen zu informieren. Einige Finanzverwaltungen führen zudem Datenbanken, in denen Informationen zu den eingesetzten Programmen gesammelt werden, etwa zu ...

  • Programmbeschreibungen,
  • Bedienungsanleitungen und
  • Handbüchern der Softwarehersteller.

Die Betriebseinnahmen

Die Einnahmen eines Zahnarztes können aus vielen Einnahmequellen herrühren. Aus einer vertragszahnärztlichen Zulassung werden Zahlungen der KZV vereinnahmt, daneben regelmäßig aus Privatliquidationen sowie ggf. aus einem Prophylaxe-Shop. Zudem können Betriebseinnahmen etwa aus einer Tätigkeit für Studien sowie aus Vortrags- und Autorentätigkeiten resultieren. In diesem Zusammenhang sollte nicht vergessen werden, die Betriebseinnahmen auf Steuerbefreiungen zu untersuchen.

Beziehen Zahnärzte, die in der Forschung tätig sind, Beihilfen aus öffentlichen Mitteln für Zwecke der Wissenschaft, sind diese Beihilfen nach § 3 Nr. 11 Einkommensteuergesetz (EStG) (sog. Forschungs-Beihilfen) und/oder § 3 Nr. 44 EStG (sog. Forschungs-Stipendien) einkommensteuerfrei.

Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit als Ausbilder, Übungsleiter, Erzieher, Betreuer oder einer vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeit können, sofern bestimmte Voraussetzungen nach § 3 Nr. 26 EStG erfüllt sind, als steuerfreie Aufwandsentschädigungen bis zur Höhe von derzeit insgesamt 3.000 Euro (vor 2021: 2.400 Euro) steuerfrei sein. Soweit Zahnärzte in freier Praxis z. B. im Rahmen der „Arbeitskreise Jugendzahnpflege in Hessen“ (AkJ) tätig werden (sog. Patenschaftszahnärzte), üben sie diese Tätigkeit nebenberuflich aus, sodass die entsprechenden Vergütungen bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach § 3 Nr. 26 EStG begünstigt sind.

Auch die den ehrenamtlichen Mitgliedern der „verkammerten Berufe“ für die Mitarbeit in den Kammern gewährten Aufwandsentschädigungen können unter bestimmten Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG und § 3 Nr. 13 EStG unterliegen.

Exemplarische Prüfungshandlungen

Im Rahmen der Betriebsprüfung wird der Prüfer zunächst Internetrecherchen als Informationsquelle nutzen. Die auf der praxiseigenen Website angebotenen Leistungen sowie die dortige Vorstellung des Praxisinhabers können aufschlussreich sein, weil sich hier regelmäßig Angaben über Veröffentlichungen des Zahnarztes, Vortragstätigkeiten sowie seine Mitgliedschaften und Vorsitze in Verbänden finden. Auch eine Ermittlung der weiteren Aktivitäten des Zahnarztes über Suchmaschinen ist inzwischen der Regelfall, so lassen sich Vortragstermine, Artikel in Fachzeitschriften usw. schnell aufspüren.

Unterlagen- und Datenanforderung

Vor Beginn der Prüfung fordert der Betriebsprüfer den Zahnarzt bzw. dessen Steuerberater regelmäßig auf, die prüfungsrelevanten Daten auf einem Datenträger zur Verfügung zu stellen (Z3-Zugriff), um diese in die Prüfsoftware der Finanzverwaltung (IDEA) einzulesen und auszuwerten. Der Prüfer kann sich zusätzlich umfangreiche Unterlagen zur Kontrolle der Einnahmenseite vorlegen lassen, beispielsweise

  • die vollständigen KZV-Abrechnungen,
  • Rechnungsausgangsbücher sowie
  • Listen über offene Posten und erbrachte, aber noch nicht abgerechnete Leistungen.

Das aus dem System generierte Rechnungsausgangsbuch kann mittels IDEA auf Unregelmäßigkeiten überprüft werden, mögliche Unstimmigkeiten können sich insbesondere aus einer nicht fortlaufenden Rechnungsnummerierung oder einem Zeitreihenvergleich ergeben. Der Prüfer kann im Rahmen der Praxisbesichtigung auch direkt auf das Abrechnungssystem zugreifen (Z1-Zugriff).

Daneben werden die statistischen Auswertungsmöglichkeiten in den eingesetzten Programmen vom Prüfer gerne genutzt, so etwa

  • die Patientenstatistik zur Ermittlung von Patienten mit nahezu beliebigen Eigenschaften,
  • Fallstatistik zur Ermittlung von Abrechnungsfällen mit unterschiedlichsten Ausgabelisten (z. B. Patientenliste, Gebührenliste, Zeitstatistik, Überweisungsstatistik),
  • Tages- und Honorarstatistik (zur Honorarermittlung und Kontrolle der Budgetauslastung),
  • Laborbudgetstatistik,
  • Röntgen- und Nuklearbuchstatistik.

In der Regel besteht bei den statistischen Auswertungsmöglichkeiten auch eine Exportmöglichkeit (z. B. im CSV-Format), die vom Prüfer für weitere Prüfungshandlungen genutzt werden kann.

Da die Mitwirkungspflichten, die dem Zahnarzt im Rahmen der Betriebsprüfung obliegen, im Spannungsverhältnis zu den berufsrechtlichen und strafbewehrten Verschwiegenheitspflichten stehen, ist zur Einhaltung der beruflichen Verschwiegenheitspflicht rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Dies kann z. B. durch geeignete Zugriffsbeschränkungen oder „digitales Schwärzen“ der zu schützenden Informationen erfolgen.

Ausgangsrechnungen, Stornobuchungen

Enthalten die ausgestellten Rechnungen des Zahnarztes unterschiedliche Briefköpfe, ergeben sich Folgefragen – insbesondere dann, wenn in den Rechnungen unterschiedliche Bankverbindungen angegeben wurden. Der Prüfer wird schnell feststellen können, ob Kontobewegungen bei allen Bankverbindungen auch Eingang in die Finanzbuchhaltung gefunden haben.

Treten Lücken in der Rechnungsnummerierung auf, die nicht plausibel erklärt werden, vermutet der Prüfer, dass Rechnungen erstellt und die berechneten Beträge vom Zahnarzt bar (oder auf einem „privaten“ Konto) vereinnahmt wurden, sodann die Rechnung wieder gelöscht und das Geld in der Gewinnermittlung des Zahnarztes nicht als Einnahme erfasst wurde. Auch nach der Rechtsprechung des BFH sind solche Lücken in der Rechnungsnummernabfolge Anhaltspunkt für eine unvollständige Erfassung von Einnahmen und können deshalb ggf. zu einer Zuschätzung führen.

FG Köln zu fortlaufenden Rechnungsnummern

Das Finanzgericht (FG) Köln hat für den Fall der Gewinnermittlung durch EÜR entschieden, dass keine Pflicht zur Vergabe einer Rechnungsnummer nach einem bestimmten lückenlosen numerischen System bestehe (Urteil vom 07.12.2017, Az. 15 K 1122/16). Vom BFH ist diese Frage jedoch bislang noch nicht entschieden worden. Darüber hinaus muss im Falle einer Betriebsprüfung die Vollständigkeit der Ausgangsrechnungen nachgewiesen werden. Dieser Nachweis lässt sich bei nicht numerisch fortlaufenden Rechnungsnummern nur erschwert erbringen. Die Beweislast trägt insoweit der Praxisinhaber.

Praxistipp | Es empfiehlt sich daher, trotz der in diesem Urteil benannten Erleichterungen im Rahmen der Praxissoftware Rechnungen numerisch fortlaufend zu nummerieren.

In diesem Zusammenhang werden vom Prüfer auch die stornierten Rechnungen und Stornobuchungen intensiv untersucht; die hierfür vorgebrachten Gründe werden kritisch beäugt. Genauer hinterfragt wird außerdem die Plausibilität von Zeiträumen, in denen keine oder deutlich weniger Rechnungen geschrieben wurden.

Der Nachweis für fehlende Rechnungsnummern ist daher sorgfältig zu führen. So sollte bei aufgrund eines inhaltlichen Fehlers stornierten Rechnungen die Erstrechnung mit der neu erstellten Rechnung zusammen abgelegt werden. Wurden Preisnachlässe gewährt oder Rechnungen in Gänze erlassen, sollte dies dokumentiert und möglichst vom Patienten gegengezeichnet werden.

Plausibilisierung von Betriebsausgaben

Der Betriebsprüfer wird auch die ihm zur Verfügung gestellten Daten aus der Finanzbuchhaltung intensiv auswerten, so werden die als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen auf Unstimmigkeiten untersucht. Mögliche Aufgriffspunkte sind z. B.

  • Ausgaben für Bleaching-Material, wenn keine Erlöse aus Bleichbehandlungen erklärt wurden, sowie
  • der Abgleich von eingekauftem Cerec-Material und der Anzahl der gefertigten Inlays, Kronen und Implantate.
  • Hinterfragt wird darüber hinaus die Nutzung der medizinischen Geräte, also der Vergleich der „Laufzeit“ zu den erklärten Erlösen.
  • Zudem wird geprüft, ob die Einnahmen aus dem Prophylaxe-Shop in einem passenden Verhältnis zum Wareneinkauf stehen.
  • Auch Fremdlaborrechnungen werden einer personenbezogenen Kontrolle unterzogen, d. h. ob Fremdlaborleistungen für Patienten bezogen wurden, für die keine Leistungen erbracht worden sind.
  • Die von dem Zahnarzt besuchten Fortbildungsveranstaltungen können einer näheren Betrachtung unterzogen und im Hinblick darauf geprüft werden, ob diese zu den erklärten Behandlungen passen.

Der Prüfer analysiert außerdem, ob das Verhältnis der Einnahmen zu den Ausgaben der Zahnarztpraxis stimmig erscheint. Hierfür können Werte von Vergleichspraxen mit ähnlicher Kostenstruktur herangezogen werden. Die Daten hierfür stammen z. B. aus folgenden Quellen:

  • den Erhebungen des Statistischen Bundesamts zur Kostenstruktur bei Zahnarztpraxen und
  • der GOZ-Analyse der Bundeszahnärztekammer.
Weiterführende Hinweise

AUSGABE: ZP 6/2023, S. 9 · ID: 49264422

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