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ArbeitsrechtArbeitszeiten: Darf der Arbeitgeber Plus- und Minusstunden miteinander verrechnen?

Abo-Inhalt20.03.20233896 Min. LesedauerVon beantwortet von RA, FA MedR, ArbR und HGR, Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Hagen

| Frage: „Wir haben eine Frage zur Handhabung anfallender Überstunden (Plusstunden) und Unterstunden (Minusstunden): Einer unserer Mitarbeiter hat einen Arbeitsvertrag über 20 Stunden pro Woche. Auftragsbedingt konnte er entweder früher gehen oder später zur Arbeit kommen. Somit entstanden bei dem Mitarbeiter zwölf Unterstunden (Minusstunden). Sind wir als Arbeitgeber berechtigt, Plus- und Minusstunden miteinander zu verrechnen?“ |

Antwort: Eine etwaige Verrechnung von Minusstunden setzt eine entsprechende arbeitsvertragliche Vereinbarung voraus. Als Arbeitgeber wären Sie zum Abzug von Minusstunden (Verrechnung) nur dann berechtigt, wenn Ihr Mitarbeiter tatsächlich die Möglichkeit hatte, einen Ausgleich der Stunden herbeizuführen, dies aber gewissermaßen unterlassen hat. Insoweit erlaube ich mir den Verweis auf die ständige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte: Demnach kann eine Verrechnung von Minusstunden nur bei entsprechender arbeitsvertraglicher Vereinbarung stattfinden.

Einschlägige Entscheidungen zur Verrechnung von Arbeitszeiten

  • Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 21.03.2012, Az. 5 AZR 670/11
  • Landesarbeitsgericht [LAG] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 03.04.2014, Az. 5 Sa 579/13
  • LAG Hamm, Urteil vom 11.12.2019, Az. 6 Sa 912/19
  • LAG Nürnberg, Urteil vom 19.05.2021, Az. 4 Sa 423/20

Daher ist eine rechtliche Prüfung der Vereinbarungen erforderlich, die dem Arbeitsverhältnis zugrunde liegen. Erst dann kann rechtssicher beurteilt werden, ob Sie als Arbeitgeber einen etwaigen Anspruch auf Verrechnung bzw. Rückforderung der 12 Minusstunden haben.

Ein Arbeitszeitguthaben (Plusstunden) kann hingegen durch Freizeitausgleich abgebaut werden, indem der Arbeitnehmer von seiner Pflicht freigestellt wird, Arbeitsleistungen zu erbringen. Hierfür hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zum Abbau eines vorhandenen Freizeitguthabens an Tagen, die für diesen an sich Arbeitstage wären, von seiner Pflicht, Arbeitsleistungen zu erbringen, zu befreien (BAG, Urteil vom 20.11.2019, Az. 5 AZR 578/18).

Eine bloße Freistellung allein genügt indes nicht. Der Arbeitnehmer muss erkennen können, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich zum Abbau des Guthabens (!) freistellt. Nach Ihren Schilderungen konnte der Mitarbeiter entweder früher gehen oder später zur Arbeit kommen, um Plusstunden abzubauen. Dies dürfte zulässig sein.

AUSGABE: ZP 6/2023, S. 17 · ID: 49259103

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