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QM-Refresher (Teil 4)Praxiswissen & Praxisziele – So bringen Sie Ihre Praxis mit Qualitätsmanagement erfolgreich voran
| QM ist weniger eine Technik als vielmehr eine innere Haltung, seine Praxis erfolgreich voranzubringen. Deshalb modifiziere ich den oft negativ assoziierten Begriff „Qualitätsmanagement“ gerne in „Praxis voranbringen“ |
Etablierte Strukturen schaffen Zeit für Patienten!
Auf die Frage „Was wünschen Sie sich für Ihre Praxis?“ höre ich in meinen Erstgesprächen oft folgende Antworten:
- „Wir möchten Struktur reinbringen!“
- „Wir möchten wissen, was genau von uns gefordert wird!“
- „Ich möchte bei einer Begehung wissen, wo ich welche Unterlagen finde!“
- „Wir möchten klare Zuständigkeiten etablieren!“
Meist geht es um die folgenden Schmerzpunkte:
- Mehr (Rechts-)Sicherheit„Wo tut es uns denn weh?“
- Bessere Zusammenarbeit
- Weniger Fluktuation
- Mehr Zufriedenheit im Team
- Weitere oder andere Patientengruppen akquirieren
- Die gesetzlichen Anforderungen der Hygiene und Arbeitssicherheit richtig und strukturiert umsetzen
Oder um es in meinen Worten zu sagen: Einen Arbeitsplatz schaffen, an dem man …
- sich wohlfühlt,
- etwas voranbringt,
- seine Stärken und Talente einbringen kann und
- der sinnstiftend ist.
Einen Arbeitsplatz, an dem die Vorgaben so strukturiert umgesetzt werden, dass aufgrund der dadurch etablierten Routinen mehr Zeit für die Patienten bleibt. Arbeitsplätze, die in alle Richtungen harmonieren: im Umgang mit zufriedenen Patienten, netten Kollegen und einem wertschätzenden Chef. Hierfür ist neben der Haltung „Wir möchten immer besser werden“ eine Struktur erforderlich, die alle verstehen – vom Azubi bis zur QMB selbst.
Zum Thema „Struktur aufsetzen und vorhandenes Inselwissen in verfügbares Praxiswissen umwandeln“ empfehle ich Ihnen meinen Beitrag „Inselwissen – die unterschätze Gefahr: Machen Sie den Wissensschatz Ihrer Praxis verfügbar“ (ZP 09/2020, Seite 11). Er liefert konkrete Tipps zum Sortieren des Dokumenten-Dschungels und Sie erfahren, wie Sie den Wissensschatz Einzelner in frei zugängliches Praxis-Know-how verwandeln.
Messen und Bewerten von Praxiszielen ...
Die QM-Richtlinie des G-BA fordert, dass „wesentliche Zielvorgaben zur Verbesserung der Patientenversorgung oder Einrichtungsorganisation definiert, deren Erreichungsgrad erfasst, regelmäßig ausgewertet und gegebenenfalls Konsequenzen abgeleitet werden.“ Hierbei handelt es sich aber tatsächlich nur um den Minimalstandard. Falls Sie also von der KZBV stichprobenartig ausgewählt werden und mittels Fragebogen über Ihren QM-Status-quo berichten sollen, wird explizit Folgendes abgefragt:
- Definieren Sie regelmäßig praxisinterne Qualitätsziele zur Patientenversorgung oder Praxisorganisation?
- Erheben und bewerten Sie regelmäßig die Zielerreichung Ihrer praxisinternen Qualitätsziele im Rahmen einer Selbstbewertung?
- Zu welchen praxisinternen Qualitätszielen erfassen Sie Kennzahlen?
Der Fragenbogen der KZBV nennt dazu beispielhaft folgende Ziele:
- Verkürzung der Wartezeiten in der Praxis
- Reduzierung der Anzahl von Beschwerden
- Reduzierung der Anzahl von kritischen Ereignissen
- Ausbau des Präventionsangebotes
- Reduzierung von (von Patienten-Seite aus) nicht abgesagten Terminen
Hiermit wäre das Soll erfüllt, dies ist jedoch viel zu kurz gedacht. Bevor Sie operative Ziele festlegen, ist es unabdingbar, sich zunächst (wieder) auf den Zweck Ihres Unternehmens zu besinnen. Warum haben Sie gegründet? Was möchten Sie mit Ihrer Praxis erreichen? Wie positionieren Sie sich? Warum ist Ihre Praxis so besonders? Wovon ist der Umgang untereinander geprägt? Wie begegnen Sie den Patienten? Und ganz wichtig: Wie möchten Sie nicht agieren? Was möchten Sie auf keinen Fall?
All dies schafft Identität. Es lenkt den Blick von innen auf die Schwachstellen, die es gemeinsam zu lösen gilt. Eine klare Vision kann unglaublich inspirierend und sinnstiftend sein. Mitarbeiter, die sich mit der Vision der Praxis identifizieren können, werden sich deutlich engagierter einbringen. Ist ein Mitarbeiter in positiver Weise gefordert, also weder über- noch unterfordert, wird er vermutlich lange und engagiert an Bord bleiben.
... gefolgt von den Wegen zur Zielerreichung
Sobald die fundamentalen Themen „Vision“ und „Positionierung“ stehen, ist man unweigerlich mit der Frage konfrontiert: „Wie kommen wir dort hin?“
Jetzt geht es um die operativen Ziele. Und darum, welche Prozesse aufgesetzt werden müssen, um diese Ziele zu erreichen.
Kennzahlen sollten hierbei m. E. sparsam angewandt werden und nur, wenn sie zweckdienlich sind. Ein Beispiel: Sie haben das Gefühl, dass bei Weitem nicht so viele HKPs abgerechnet werden wie geplant und die Abrechnungsquote höher sein sollte? Prüfen Sie Ihren Verdacht in vier Schritten:
Praxistipp | Tappen Sie an dieser Stelle bitte nicht in die „Richtig-Falsch-Falle“. Viele meiner Kunden sind beim Thema QM gehemmt, Maßnahmen einzuleiten, da sie befürchten, etwas falsch zu machen. Es gibt hier kein Richtig oder Falsch. Was in der einen Praxis wunderbar funktioniert, kann in einer anderen seinen Zweck krachend verfehlen. Besser als in „Richtig oder Falsch“ und damit in „Schwarz-Weiß“-Kategorien zu denken, ist es, zu überlegen, ob der individuelle Lösungsansatz hilfreich sein könnte. Trifft dies zu, ist es einen Versuch wert. Wir erhalten am laufenden Band Feedback. Deshalb prüfen Sie bitte regelmäßig, ob Ihre Maßnahmen in der Praxis hilfreich waren. Falls nicht, braucht es den nächsten Versuch. Konkrete Kennzahlen können diesen Feedback-Prozess unterstützen, wichtiger ist allerdings der Fokus auf die Maßnahmen. |
- Schritt 1: Berechnen Sie die aktuelle Quote der geplanten und der abgerechneten HKPs.Gibt es überhaupt eine Zielquote für durchgeführte HKPs?
- Schritt 2: Legen Sie fest, welche Quote Sie bis zum Datum X erreichen wollen.
- Schritt 3: Und hier befinden wir uns mitten im gelebten QM. Besprechen Sie zum Beispiel im Rahmen einer Teambesprechung:
- Was könnten die Ursachen für die geringe Quote sein?
- Was können wir verbessern?
- Welche Stellschrauben gibt es?
- Und was vereinbaren Sie konkret? Wer setzt was bis wann um?
- Schritt 4: Überprüfen Sie nach einem klar definierten Zeitraum, ob die Aktionen erfolgreich waren und schärfen Sie diese ggf. nach.
Ziele müssen SMART sein!
Müssen Ziele immer messbar sein? Nein. Aber sie können. Es gibt weitere hilfreiche Kriterien. Dann sind Ziele SMART. Was bedeutet das?
- Spezifisch: Möglichst präzise formuliert.SpezifischMessbarAkzeptiertRealistischTerminiert
- Messbar: Nicht so: „Wir möchten in nächster Zeit einige Mitarbeiter schulen. „Stattdessen: „Wir möchten bis Ende des Jahres einen Mitarbeiter zur ZMP weiterbilden.“ Seien Sie konkret.
- Akzeptiert: Ziele sollten für Ihre Mitarbeiter so attraktiv sein, dass sie bereit sind, sich dafür einzubringen.
- Realistisch: Das Erreichen der Ziele muss machbar sein.
- Terminiert: Setzen Sie konkrete Termine.
Müssen Ziele immer SMART sein? Nein, es müssen nicht alle Kriterien erfüllt sein!
SMARTe Ziele sind sinnvoll, wenn Sie etwas Bekanntes vertiefen wollen. Innovative Ziele können nicht SMART sein. Eine Deadline ist hingegen äußerst sinnvoll.
- Im nächsten Beitrag steht das Thema „Praxisabläufe erfolgreich organisieren“ im Fokus. Sie erfahren, wie Sie die Prozesse erfolgreich optimieren und die Rahmenbedingungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit schaffen.
AUSGABE: ZP 4/2023, S. 18 · ID: 48460894