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BerufsunfähigkeitsversicherungEnge Maßstäbe für Auslegung von Gesundheitsfragen in BU und Begründung einer Anfechtung

Abo-Inhalt05.06.20256448 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht, und Rechtsanwalt Norman Wirth, Wirth-Rechtsanwälte, Berlin

| Das OLG Hamm setzt enge Maßstäbe an die Auslegung von Gesundheitsfragen sowie an die formelle Wirksamkeit von Rücktritt und Anfechtung durch den Berufsunfähigkeitsversicherer. Vor dem Hintergrund hat es einen BU-Versicherer zur rückwirkenden Zahlung einer Rente in Höhe von über 60.000 Euro und zur Beitragsbefreiung verurteilt. |

Um diese Streitfragen ging es vor Gericht

Im Mittelpunkt standen zwei Fragen im Antragsformular, die der Versicherungsnehmer (VN) jeweils mit „nein“ beantwortet hatte:

  • B4.2: „Sind Sie in den letzten fünf Jahren untersucht, beraten oder behandelt worden hinsichtlich: Atmungsorgane (z. B. wiederholte oder chronische Bronchitis, Asthma)?”
  • B4.9: „… Wirbelsäule, Sehnen, Bänder, Muskeln, Knochen oder Gelenke (z. B. Rückenerkrankungen, Arthrose, Rheuma)?”

Der Versicherer warf dem VN vor, eine frühere Bronchitis sowie eine diagnostizierte Skoliose verschwiegen zu haben.

OLG Hamm: Gesundheitsfragen sind eng am Wortlaut auszulegen

Doch das OLG stellte klar: Die Fragen sind eng am Wortlaut auszulegen. Eine einmalige akute Bronchitis ist nach dem eindeutigen Zusatz („wiederholte oder chronische“) nicht anzugeben. Ebenso sei die bloße Erwähnung einer Skoliose in einem Röntgenbefund aus dem Jahr 2006 – also außerhalb des abgefragten Fünf-Jahres-Zeitraums – kein auskunftspflichtiges Ereignis, zumal keine Behandlung oder Beratung diesbezüglich stattgefunden habe (OLG Hamm, Urteil vom 04.04.2025, Az. 20 U 33/21, Abruf-Nr. 248300).

OLG Hamm präzisiert Anforderungen an Anfechtungsgründe

Auch die falsch beantwortete Frage nach solchen Versicherungsanträgen, die der VN innerhalb der letzten fünf Jahre bei weiteren Berufsunfähigkeitsversicherungen gestellt hatte, blieb für diesen ohne rechtliche Folgen.

Zwar hatte der VN frühere Anträge auf Berufsunfähigkeitsversicherungen nicht vollständig angegeben. Doch diese Umstände waren erst im Prozess – also außerhalb der einjährigen Anfechtungsfrist (§ 124 BGB) – als Anfechtungsgrund nachgeschoben worden. Das OLG betonte, dass die Anfechtungsgründe bereits in der Erklärung selbst oder jedenfalls innerhalb der Frist von einem Jahr nach § 124 BGB benannt werden müssen. Ein pauschales Berufen auf alte Arztberichte reicht dafür nicht aus und das Berufen erst im Prozess war verfristet.

AUSGABE: VVP 8/2025, S. 22 · ID: 50433508

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