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VersicherungsrechtAktuelles aus dem Versicherungsrecht von A bis Z
| Jeden Monat entscheiden deutsche Gerichte Hunderte von Streitigkeiten zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern (VN). Hier finden Sie die Quintessenz der wichtigsten Urteile und Beschlüsse von A bis Z – sortiert nach Personen- und Sachversicherung. |
Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Personenversicherung |
Berufsunfähigkeitsversicherung |
Vereitelung des Anfechtungsrechts lässt Leistungsanspruch entfallen Vereitelt der VN einer Berufsunfähigkeitsversicherung gezielt das Recht des Versicherers auf Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung, indem er den bereits zuvor eingetretenen Versicherungsfall erst nach Ablauf der Frist aus § 124 Abs. 3 BGB meldet, kann dem Versicherer ein sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ergebendes Leistungsverweigerungsrecht zustehen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 11.09.2023, Az. 11 U 316/21, Abruf-Nr. 248475; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 23.10.2024, Az. IV ZR 229/23). |
Krankenversicherung |
Widerrufsrecht bei Ergänzung des Versicherungsvertrags Die Angabe einer Postfachadresse anstelle einer ladungsfähigen Anschrift stellt einen nur geringfügigen Belehrungsmangel dar, der einer Ausübung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB entgegensteht (OLG Nürnberg, Urteil vom 03.02.2025, Az. 8 U 1284/24, Abruf-Nr. 248086). |
Rentenversicherung |
OLG Stuttgart: Klausel zur Kürzung der Allianz Riester-Rente unwirksam Unwirksam ist eine Klausel, die in einem als Altersvorsorgevertrag zertifizierten fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag im Fall geänderter Rechnungsgrundlagen zur Kürzung des Rentenfaktors berechtigt, wenn sie keine Rückanpassung des Rentenfaktors für den Fall sich bessernder Rechnungsgrundlagen vorsieht und der Vertrag dem VN auch keine hinreichende Möglichkeit bietet, auf die Rentenabsenkung durch höhere Einzahlungen zu reagieren (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.01.2025, Az. 2 U 143/23, Abruf-Nr. 247393 – anhängig beim BGH, Az. IV ZR 34/25). |
Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Sachversicherung |
Betriebshaftpflichtversicherung |
Mangelbeseitigungsnebenkostenklausel in der BHV: Darlegungs- und Beweislast für Folgeschäden Bestimmen die Versicherungsbedingungen einer Betriebshaftpflichtversicherung, dass Erfüllungsnebenschäden nicht gedeckt sind, ohne dass ein Folgeschaden eingetreten ist, ist der VN für das Vorliegen eines solchen Folgeschadens darlegungs- und beweisbelastet. Nur die – wenn auch konkrete – Möglichkeit eines Folgeschadens reicht dafür nicht (OLG Bremen, Urteil vom 14.02.2025, Az. 3 U 13/24, Abruf-Nr. 247997). |
Haftpflichtversicherung |
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LG Duisburg präzisiert Begriff des Schadenereignisses in den AHB 2008 Im Falle einer pflichtwidrig unterlassenen Sterilisation ist erst die Empfängnis der geschädigten Patientin bzw. der zur Empfängnis führende Geschlechtsverkehr das versicherte Schadensereignis i. S. v. Ziff. 1.1 AHB 2008 (LG Duisburg, Urteil vom 11.02.2025, Az. 6 O 227/24, Abruf-Nr. 247392). |
Kfz-Versicherung |
Schadenberechnung bei erneuter Abrechnung auf Totalschadenbasis nach einem Zweitunfall Der Sachschaden nach einem Zweitunfall ist in konsequenter Durchführung der Differenzhypothese durch Vergleich des Restwerts vor und nach dem Zweitunfall zu ermitteln. Überzahlungen der Schädiger infolge des Erstunfalls hat sich der Geschädigte dabei ohne Verstoß gegen das sog. Bereicherungsverbot nicht auf seinen Schadensersatzanspruch infolge des Zweitunfalls anrechnen zu lassen (LG Ellwangen, Urteil vom 14.05.2025, Az. 1 S 94/24, Abruf-Nr. 248418). |
Erstattung der Sachverständigenkosten anlässlich eines durch Versicherer veranlassten Besichtigungstermins Dem Geschädigten steht ein Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten zu, die ihm durch die Hinzuziehung des von ihm beauftragten Sachverständigen anlässlich eines durch den Versicherer veranlassten Besichtigungstermins entstanden sind (LG Bonn, Urteil vom 05.05.2025, Az. 20 O 137/23, Abruf-Nr. 248018, mitgeteilt von Rechtsanwalt Thomas Engelberg, Siegburg). |
AG Augsburg: Fehler im Schadengutachten sind für den Geschädigten häufig nicht laienerkennbar Streiten die Experten darum, ob eine Schadenposition zutreffend ist, kann eine Laienerkennbarkeit nicht vorliegen. Allein die Tatsache, wie intensiv über die Erforderlichkeit der gegenständlichen Positionen gestritten wird, zeigt schon, dass – selbst wenn die hier gegenständlichen Positionen tatsächlich nicht zur Schadenbehebung erforderlich gewesen sein sollten – von einer Erkennbarkeit für den Geschädigten keine Rede sein kann (AG Augsburg, Verfügung vom 12.05.2025, Az. 72 C 571/25, Abruf-Nr. 248078, eingesandt von Rechtsanwalt Alexander Civric, Augsburg). |
Wenn Schadengutachten Grundlage der Reparatur ist – auch die Werkstatt darf auf Schadengutachten vertrauen Es ist verkehrsüblich, dass das Schadengutachten den Reparaturumfang bestimmt, soweit nicht im Einzelfall andere Absprachen zwischen Geschädigtem und Werkstatt getroffen werden. Nach Ansicht des AG Hamburg ist es als unstreitig anzusehen, dass Grundlage der Reparatur das Schadengutachten ist, das den Reparaturumfang bezeichnet. Die Werkstatt ist nicht gehalten, Unstimmigkeiten im Gutachten aktiv zu suchen und den Geschädigten darauf aufmerksam zu machen (AG Hamburg, Urteil vom 27.02.2025, Az. 31b C 36/24, Abruf-Nr. 247571, eingesandt von Rechtsanwalt Christof Simon, Schulenberg und Simon, Hamburg). |
Prüfbericht bei fiktiver Abrechnung ohne Bedeutung – wenn Versicherer ausschließlich darauf Bezug nimmt Legt der Versicherer bei der fiktiven Abrechnung lediglich einen Prüfbericht vor und behauptet nur, alle Positionen, die darin im Hinblick auf das Schadengutachten beanstandet sind, seien nicht zu erstatten, ist das ein unbeachtlicher Vortrag (AG Lindau, Az. 1 C 376/24, Abruf-Nr. 247570, eingesandt von Rechtsanwalt Jürgen Hohl, Langenargen). |
Reparaturkosten: Teilweises Folieren führt voraussichtlich zu Farbunterschieden Sachverständig unterstützt kommt das LG Stuttgart im Rahmen einer fiktiven Abrechnung zu dem Ergebnis: Bei einem folierten Fahrzeug führt die nur teilweise Folierung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Farbunterschieden. Das wäre nur vermeidbar, wenn bei der teilweisen Folierung im Rahmen der Reparatur Folie aus derselben Charge wie bei der ursprünglichen Folierung verwendet würde. In Übertragung der Rechtsprechung des BGH zur Beilackierung kommt es nicht darauf an, dass die Erforderlichkeit erst endgültig erwiesen ist, wenn die Reparatur durchgeführt ist (LG Stuttgart, Az. 56 O 182/24, Abruf-Nr. 247576, eingesandt von Rechtsanwalt Tilo Neuner-Jehle). |
Rechtsschutzversicherung |
Deckungsanspruch in der Rechtsschutzversicherung für Schadenersatzklage gegen Arzneimittelhersteller Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht einer beabsichtigten, auf § 84 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 AMG gestützten Schadenersatzklage wegen behaupteter Impfschäden gegen den Hersteller eines mRNA-Impfstoffes gegen COVID-19, ist der Zeitpunkt der Bewilligungsreife. Wird die Rechtslage später zum Nachteil des VN geklärt, kann sich der Versicherer darauf nicht berufen. Jedenfalls zum hier gegebenen Zeitpunkt der Bewilligungsreife im August 2022 bestand auf Grundlage des Sachvortrags des Versicherten hinreichende Erfolgsaussicht bezüglich der Anspruchsvoraussetzung des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG (Nutzen-Risiko-Abwägung – OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2025, Az. 12 U 141/24, Abruf-Nr. 248419). |
- Wer nach diesem ersten Überblick tiefer einsteigen möchte, findet alle Urteile im Volltext auf iww.de/vvp. Geben Sie dazu in den Suchschlitz (oben rechts auf der Website) die genannte sechsstellige Abruf-Nr. ein.
AUSGABE: VVP 7/2025, S. 19 · ID: 50359567