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Betriebliche AltersversorgungGesetzlicher Insolvenzschutz: Auch den sach- lichen Geltungsbereich des BetrAVG beachten!

Top-BeitragAbo-Inhalt30.05.20251442 Min. LesedauerVon Dr. Claudia Veh, Deloitte

| Der gesetzliche Insolvenzschutz in der betrieblichen Altersversorgung ist essenziell, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer zugesagte Rentenleistungen auch dann erhalten, wenn der Arbeitgeber insolvent ist. Dabei ist nicht nur der persönliche, sondern auch der sachliche Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) zu beachten. VVP erläutert, warum dies so wichtig ist. |

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Insolvenzschutz – und der Geltungsbereich des BetrAVG

Geht ein Unternehmen in die Insolvenz, ist dies für die dort beschäftigten Arbeitnehmer eine belastende Situation. Sie sorgen sich nicht nur um ihren Arbeitsplatz, sondern haben auch Fragen, die die betriebliche Altersversorgung betreffen: Wer erbringt die versprochenen Leistungen, wenn das Unternehmen aufgrund Insolvenz nicht mehr dazu in der Lage ist?

Für diese Fälle existiert in Deutschland der Pensions-Sicherungs-Verein aG (PSV). Er tritt auf Basis der §§ 7 ff. BetrAVG in gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und laufende Leistungen der bAV ein. Dies gilt jedoch nur für Zusagen, die in den Geltungsbereich des BetrAVG fallen. Dafür muss sowohl der persönliche als auch der sachliche Geltungsbereich des BetrAVG erfüllt sein (vgl. PSV-Merkblatt 300/M1).

Der persönliche Geltungsbereich des BetrAVG

Bei der Prüfung des persönlichen Geltungsbereichs ist zu klären, ob der Versorgungsberechtigte Arbeitnehmer oder Unternehmer ist. Denn das BetrAVG als Arbeitnehmerschutzgesetz schützt keine Personen, die arbeitsrechtlich Unternehmerstatus haben. Die Frage, ob eine im Unternehmen tätige Person als Arbeitnehmer oder als Unternehmer einzustufen ist, wird vor allem an den Stimmrechten bzw. der Beteiligung an der Gesellschaft festgemacht.

  • Hat die versorgungsberechtigte Person keine Beteiligung an der Gesellschaft und kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung, fällt sie in den Geltungsbereich des BetrAVG und damit auch in den Schutz des PSV.
  • Gibt es in einer Kapitalgesellschaft nur einen Geschäftsführer bzw. eine Person mit geschäftsführerähnlicher Leitungsmacht und ist diese Person zu weniger als 50 Prozent am Unternehmen beteiligt, hat sie Arbeitnehmerstatus. Ab einer Beteiligung von 50 Prozent gilt sie als Unternehmer.
  • Gibt es im Unternehmen mehrere Geschäftsführer bzw. Personen mit geschäftsführerähnlicher Leitungsmacht, werden für die Frage des arbeitsrechtlichen Status die Anteile bzw. Stimmrechte dieser Personen aufgrund unterstellter gleichgerichteter Interessen zusammengerechnet:
    • Bei einer Summe von weniger als 50 Prozent besteht Insolvenzsicherung für alle.
    • Ab einer Summe von 50 Prozent besteht Insolvenzschutz für keinen.

Allerdings gibt es hiervon Ausnahmen:

  • Sofern ein Geschäftsführer mindestens 50 Prozent der Anteile bzw. Stimmrechte auf sich vereint, besteht für diesen Geschäftsführer kein gesetzlicher Insolvenzschutz, für die anderen richtet sich der gesetzliche Insolvenzschutz nach den o. g. Grundsätzen. Sprich: Sofern die Summe der anderen Geschäftsführer genau 50 Prozent beträgt, besteht kein gesetzlicher Insolvenzschutz. Ergibt die Summe weniger als 50 Prozent, schon.
  • Sofern ein Geschäftsführer mehr als 50 Prozent der Anteile oder Stimmrechte innehat, besteht für ihn keine Insolvenzsicherung, für den oder die übrigen Gesellschafter hingegen schon.
  • Bei einer Minderheitsbeteiligung einzelner Geschäftsführer am Kapital und/oder Stimmrecht von unter zehn Prozent wird automatisch von einem Arbeitnehmerstatus ausgegangen, d. h. für diese Personen besteht gesetzlicher Insolvenzschutz.

Doch nicht nur der persönliche Geltungsbereich ist bei der Frage zu prüfen, ob das BetrAVG und damit der gesetzliche Insolvenzschutz Gültigkeit hat. Auch der sachliche Geltungsbereich muss erfüllt sein.

Der sachliche Geltungsbereich des BetrAVG

Der PSV sichert nur Leistungen, bei denen es sich um betriebliche Altersversorgung im Sinne des BetrAVG handelt. Dies sind Leistungen der Alters-, Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenversorgung, die aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses (§ 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG) oder vergleichbaren Vertragsverhältnisses (§ 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG) zugesagt worden sind.

Liegt der Anlass für die Versorgungszusage (auch) in der Gesellschafterstellung des Versorgungsberechtigten und/oder gehen die zugesagten Leistungen über das hinaus, was bei einem Gesellschaftsfremden in vergleichbarer Position wirtschaftlich vernünftig und zur Alters-, Invaliditäts- und/oder Hinterbliebenenversorgung angemessen ist, kann es sich ganz oder teilweise um (Mit-)Unternehmerlohn handeln. Für diesen besteht keine Insolvenzsicherung, und zwar unabhängig davon, ob die betreffende Person unter den persönlichen Geltungsbereich des BetrAVG fällt. Diese Erfahrung machte jetzt auch ein GGf vor dem OLG Köln.

Der aktuelle Fall: Familien-GmbH mit vielen Gesellschaftern

Dort ging es um eine Familien-GmbH, in der Pensionszusagen für die Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) seit jeher eine hohe Bedeutung hatten. So war dem Vater des Klägers K schon 1957 eine Pensionszusage erteilt worden. Für K wurde ab 1992 eine Pensionszusage implementiert, die sich nach einer Wartezeit von fünf Jahren auf eine Alters- und Invalidenrente in Höhe von 60 Prozent der durchschnittlichen Bezüge der letzten drei Geschäftsjahre belief. Bei Ausscheiden vor Ablauf der Wartezeit sollte der Rückstellungsbetrag ausgezahlt werden.

Im Jahr 1993 wurde im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag des K geregelt, dass das Ruhegehalt 60 Prozent des durchschnittlichen Gehalts und der durchschnittlichen Tantieme der letzten drei Geschäftsjahre betragen sollte. Das Ruhegehalt solle nicht unter den doppelten Betrag der höchsten Tarifstufe sinken, die dem Angestelltentarif entsprach. Weiter sollte es herabgesetzt werden können, wenn es den vierfachen Betrag dieser Gehaltsstufe überstieg.

Die Anteile an der GmbH verteilten sich auf fünf Familienstämme mit Anteilen zwischen 0,115 Prozent und 47,97 Prozent, wobei die Beteiligung des K während seiner Dienstzeit vom 01.01.1992 bis 30.06.2013 zwischen zwei Prozent und rund fünf Prozent lag. Am 10.11.1994 wurde K neben seiner Geschäftsführer-Tätigkeit für die GmbH noch Geschäftsführer eines Tochterunternehmens der GmbH. Im Jahr 2011 trat der Schwiegersohn eines weiteren Geschäftsführers in die Geschäftsleitung ein. Er erhielt ebenfalls eine Pensionszusage. Zwischen 1962 und 1969 war in der GmbH auch ein nicht beteiligter und nicht familiär verbundener Geschäftsführer tätig, der keine Pensionszusage erhalten hatte. Im Jahr 2011 wurde K als Geschäftsführer abberufen.

Rechtsstreit nach Abberufung als Geschäftsführer und Insolvenz

Ein gerichtlicher Vergleich sah vor, dass das Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis zum 30.06.2012 enden sollte. Mit Vollendung des 65. Lebensjahres forderte K seine Altersrente in Höhe von 10.722,84 Euro monatlich. Die Gesellschaft weigerte sich, die Rente zu zahlen. K beschritt den Rechtsweg – mit Erfolg: Das LG Detmold verurteilte die GmbH, dem K die ausstehenden Renten in Höhe von 171.565,44 Euro zzgl. Zinsen zu zahlen und ab August 2020 die monatliche Rente zu leisten; die GmbH ging in Berufung. K leitete daraufhin die Vollstreckung ein und pfändete die Konten der GmbH. In der Folge ging die GmbH in die Insolvenz, das Berufungsverfahren wurde ausgesetzt.

Weigerung des PSV zur Zahlung der Leistungen

K wollte nun, dass der PSV in die Pensionsleistungen unter Berücksichtigung der Kappungsgrenze des § 7 Abs. 3 BetrAVG eintritt. Der PSV lehnte ab. Er war der Meinung, der Anlass für die Zusage sei die Tatsache, dass K Gesellschafter und mit einem der beiden Gesellschafterstämmen familiär verbunden gewesen sei. Es handele sich also um Unternehmerlohn. Und für den greife die gesetzliche Insolvenzsicherung nicht.

K klagte und scheiterte sowohl vor dem LG Köln als auch vor dem OLG Köln (Urteil vom 25.02.2025, Az. 14 U 4/24, Abruf-Nr. 247613).

Kein Erfolg beim OLG: Gesamtbildung der Umstände entscheidend

Das OLG stellte fest: Der persönliche Geltungsbereich des BetrAVG erfordert, dass die Tätigkeit des Versorgungsberechtigten für ein (fremdes) Unternehmen erbracht wird (vgl. § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG), was impliziert, dass Mehrheitsgesellschafter nicht vom Schutz des BetrAVG erfasst sind. Bei Anteilen unter zehn Prozent kann generell keine unternehmerische Leitungsmacht unterstellt werden, was bedeutet, dass bei einer Beteiligung von unter zehn Prozent der persönliche Geltungsbereich grundsätzlich als erfüllt gelten kann.

Doch unabhängig von der unternehmerischen Leitungsmacht ist stets auch der sachliche Geltungsbereich zu prüfen. Denn es besteht kein Insolvenzschutz für Zusagen, die aufgrund einer Gesellschafterstellung erteilt wurden. Ebenso wenig geschützt sind Zusagen, die aufgrund verwandtschaftlicher, ehelicher oder freundschaftlicher Gründe erteilt wurden.

  • Ein Indiz für einen Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung liegt, so das OLG, immer dann vor, wenn ein Unternehmen allen Gesellschaftern und nur ihnen ein Versorgungsversprechen erteilt hat.
  • Bei Familienmitgliedern ist zu untersuchen, ob nur Familienmitglieder oder alle Arbeitnehmer eine Versorgung erhalten haben.

Weiter ist zu fragen, ob die zugesagte Leistung nach Art und Höhe auch bei Fremdkräften wirtschaftlich vernünftig und üblich ist. Die Darlegungs- und Beweislast für den betrieblich bedingten Anlass der Zusage trägt K.

Das Ergebnis der Prüfung hat im Urteilsfall ergeben, dass der sachliche Geltungsbereich des BetrAVG nicht erfüllt ist. Die bAV-Zusage des K fällt also nicht in den Schutz des PSV.

Zwar lag die Beteiligung des K unter zehn Prozent, d. h. allein aus seiner Gesellschafterstellung kann nach Ansicht des OLG nicht abgeleitet werden, dass er nicht dem persönlichen Schutzbereich des BetrAVG unterfällt. Aber das Gesamtbild der Umstände ergibt, dass die Zusage aus familiärer Verbundenheit mit einer der Gesellschafterfamilien und seiner eigenen Gesellschafterstellung erteilt wurde. Schon sein Vater gehörte zu einem der „großen“ Familienstämme; zusammen mit einem weiteren Gesellschafter hielt der Familienstamm seit 1978 über 50 Prozent der Anteile.

  • Die Gesellschafterstellung allein war zwar kein maßgebliches Kriterium für die Pensionszusage, aber zumindest ein relevantes – und damit ein Baustein für die notwendig zu treffende Gesamtabwägung. Für die von K angeführten 13 anderen Mitarbeiter mit einer bAV bestanden deutlich niedrigere Direktversicherungszusagen, die nicht mit einer Direktzusage gleichgesetzt werden konnten. Dass zudem für den nicht mit der Familie und der Gesellschaft verbundenen Fremd-Geschäftsführer, der von 1962 bis 1969 im Unternehmen tätig war, keine Pensionszusage bestanden hat, bekräftigte zudem, dass K die Zusage aufgrund der Gesellschafterstellung und der familiären Verbundenheit erhalten hatte.
  • Zudem erschien dem OLG ein Ruhegehalt, das 70 Prozent höher war als sein letztes reguläres Gehalt, nicht mit dem Versorgungszweck einer Zusage vereinbar.

Wichtig | Damit ist K mit seinem Begehren gescheitert. Da die Revision nicht zugelassen worden ist, dürfte ihm nur geblieben sein, seine Ansprüche beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Das Urteil des OLG macht erneut bewusst: Bei der Prüfung des Geltungsbereichs des BetrAVG ist nicht nur isoliert auf den persönlichen Geltungsbereich zu achten. Es ist stets auch die Frage zu stellen, ob der Versorgungsberechtigte die bAV-Zusage aufgrund seiner Tätigkeit für die Gesellschaft und nicht aufgrund seiner Gesellschafterstellung oder familiärer Verbundenheit erhält. Nur wenn die Zusage nicht aus Anlass der Gesellschafterstellung und nicht aufgrund familiärer Verbundenheit erteilt worden ist, ist die Zusage über den PSV insolvenzgesichert.

Praxistipps |

  • Bei der Erteilung von Versorgungszusagen sollte stets geprüft werden, ob der Versorgungsberechtigte in den persönlichen Geltungsbereich des BetrAVG fällt. Hier liefert das PSV-Merkblatt 300/M1 eine gute Richtschnur.
  • Parallel sollte genau geprüft werden, ob auch der sachliche Geltungsbereich erfüllt ist. Denn nur dann tritt der PSV im Fall einer Insolvenz in die bAV ein.
  • Vor allem in den Fällen, in denen nur die GGf eine Pensionszusage erhalten, und die angestellten Arbeitnehmer nicht, was eine in KMU sehr häufige Konstellation ist, sollte genau dokumentiert werden, dass die Pensionszusagen aus Anlass der Tätigkeit als Gf für die GmbH erteilt werden und nicht aufgrund der Tatsache, dass die Versorgungsberechtigten an der Gesellschaft beteiligt sind.
  • Zu beachten ist weiter, dass der PSV nur Anrechte bis zu einer Höhe des Dreifachen der im Zeitpunkt der ersten Fälligkeit maßgebenden monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV sichert. In 2025 sind das monatliche Renten in Höhe von 11.235 Euro bzw. bei Kapitalleistungen von 1.348.200 Euro.
  • Sofern eine Anwartschaft diese Grenzen überschreitet bzw. wenn der persönliche und/oder der sachliche Geltungsbereich nicht erfüllt ist, sollte ein privatrechtlicher Insolvenzschutz etabliert werden. Dies kann durch die Verpfändung von Finanzierungsinstrumenten (z. B. Rückdeckungsversicherung oder alternative Finanzierungstitel) erfolgen oder durch eine Treuhandlösung (CTA – Contractual Trust Arrangement).
  • Da sich die Laufzeit einer Pensionszusage regelmäßig über mehrere Jahrzehnte erstreckt, sollte dem Insolvenzschutz bereits aus persönlichem Interesse des Versorgungsberechtigten hohe Priorität eingeräumt werden. Das gilt auch dann, wenn im Zeitpunkt der Erteilung einer Pensionszusage das Risiko niedrig erscheint, dass die Gesellschaft einmal insolvent wird. Die Praxis lehrt, dass sich die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens durchaus auch schnell ändern kann.

Wichtig | Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die mitunter jahrzehntelange Entrichtung von Beiträgen an den PSV keine Leistungspflicht des PSV begründet. Der PSV tritt nur dann in gesetzlich unverfallbare Anwartschaften und laufende Leistungen ein, wenn der persönliche und sachliche Geltungsbereich des BetrAVG erfüllt ist.

AUSGABE: VVP 7/2025, S. 6 · ID: 50391608

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