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BetriebseinnahmeIncentive-Reisen: So ist der Benefit beim Vermittler zu versteuern
| Versicherer honorieren das Erreichen vorab definierter Umsatzgrenzen oder Vertragsabschlüsse oft mit Incentive-Reisen. Die Reisen selbst führen regelmäßig ins Ausland und bieten dem teilnehmenden Vermittler touristische Anreize. Doch was gilt für die Besteuerung? Muss der Vermittler den durch die Incentive-Reise erlangten Vorteil als Betriebseinnahme erfassen und versteuern? Und falls ja, gibt es für den Versicherer Möglichkeiten, um die Besteuerung zu vermeiden? |

Incentive-Reise als zusätzliche Betriebseinnahme
Erhält ein Vermittler von dem Versicherer eine Incentive-Reise, dann hat der Vermittler den Wert der Reise nach ständiger Rechtsprechung des BFH im Rahmen seiner Gewinnermittlung als Betriebseinnahme zu erfassen (BFH, Urteil vom 22.07.1988, Az. III R 175/85 und Urteil vom 20.04.1989, Az. IV R 106/87). Grund dafür ist, dass die Incentive-Reise im kausalen Zusammenhang mit einer Leistung des Vermittlers steht. Denn sie wird vom Versicherer nicht einfach so, sondern im Gegenzug für das vom Vermittler erreichte Umsatzziel oder für die erfolgten Vertragsabschlüsse gewährt.
Die Erfassung als Betriebseinnahme muss nicht nur erfolgen, wenn der Vermittler seinen Betrieb als Einzelunternehmen führt. Auch bei Personen- und Kapitalgesellschaften ordnet die Finanzverwaltung an, dass der Wert der Reise als Betriebseinnahme zu erfassen ist (BMF, Schreiben vom 14.10.1996, Az. IV B 2 – S 2143-23/96). Das gilt sogar, wenn der die Reise gewährende Versicherer die von ihm für die Incentive-Reise getätigten Aufwendungen nicht als Betriebsausgabe absetzen darf (BFH, Urteil vom 26.09.1995, Az. VIII R 35/93).
Wichtig | Wird ein Vermittler von einem Geschäftspartner bewirtet, dann muss der Vermittler den daraus erzielten Vorteil nicht als Betriebseinnahme versteuern (R 4.7 Abs. 3 EStR). Es liegt der Gedanke nahe, dass die in der Incentive-Reise enthaltenen Bewirtungskosten („All inklusive“) den Gewinn des Vermittlers daher nicht erhöhen. Allerdings darf der Bewirtungsanteil bei einer Incentive-Reise nicht aus den Gesamtkosten herausgerechnet werden, sondern muss versteuert werden (BMF, Schreiben vom 19.05.2015, Az. IV C 6 – S 2297-b/14/10001, Rz. 10, Abruf-Nr. 248181). Hintergrund ist, dass es sich bei einer Incentive-Reise um eine Gesamtleistung mit ausschließlich touristischem (privaten) Charakter handelt und die Regelung des R 4.7 Abs. 3 EStR nur bei einer gesonderten Bewirtung – z. B. im Restaurant – anwendbar ist.
So ist die Höhe der Betriebseinnahme zu ermitteln
Zunächst ist zu beachten, dass die als Betriebseinnahme anzusetzende Reise für steuerliche Zwecke in ihrer Gesamtheit zu beurteilen ist. Der Wert entspricht dabei nach den Leistungsmerkmalen und dem Erlebniswert regelmäßig einer am Markt angebotenen Gruppenreise, bei der Reiseziel, Reiseprogramm und Reisedauer festgelegt und der Teilnehmerkreis begrenzt sind. Aus diesem Grund können einzelne Teile der Durchführung und der Organisation aus der Sicht des Empfängers nur im Zusammenhang gesehen werden (BFH, Beschluss vom 27.11.1978, Az. GrS 8/77).
Bei der Wertermittlung ist der Wert der Reise in ihrer Gesamtheit mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Abs. 2 EStG). Maßgebend ist der Preis, der von Reiseveranstaltern am Markt angebotenen Gruppenreisen mit vergleichbaren Leistungsmerkmalen (z. B. Hotelkategorie, Besichtigungsprogramme usw.) entspricht. Dabei kommt eine Wertminderung wegen des vom Versicherer festgelegten Reiseziels, des Reiseprogramms, der Reisedauer und des fest umgrenzten Teilnehmerkreises nicht in Betracht. Auch Rabatte, die dem Versicherer bei der Buchung eingeräumt wurden, bleiben für die Bewertung beim Vermittler außen vor. Gleiches gilt korrespondierend für Preisaufschläge, die der Versicherer speziell für die Durchführung der Reise aufwendet (BMF, Schreiben vom 14.10.1996, Az. IV B 2-S 2143-23/96).
Beispiel |
Vorteil aus Incentive-Reise ist Betriebseinnahme ... Die Vermittler A gewährte Reise führt für fünf Tage nach Italien. Der Versicherer musste pro Person 2.000 Euro bezahlen. Dabei wurde ihm ein Gruppenrabatt gewährt. Vermittler A hat sich im Reisebüro nach einer vergleichbaren Gruppenreise erkundigt. Für diese müsste er nach Abzug von Rabatten 2.500 Euro bezahlen. Lösung: Vermittler A muss den Vorteil aus der ihm gewährten Incentive-Reise mit 2.500 Euro als Betriebseinnahme erfassen. |
Wichtig | Sollte der Versicherer dem Vermittler während der Reise ein zusätzliches „Urlaubsgeld“ zahlen – z. B. Shopping-Gutscheine –, dann muss der Vermittler diese ebenfalls als Betriebseinnahme erfassen. Sollte er zudem eine Begleitperson mitnehmen dürfen, dann sind auch die auf die Begleitperson entfallenden Kosten anzusetzen (FG Niedersachsen, Urteil vom 24.09.2008, Az. 4 K 12244/05, Abruf-Nr. 248182).
Das ist bei Verwendung der Reise zu veranlassen
Damit befindet sich die Incentive-Reise im Betriebsvermögen des Vermittlers. Doch dabei bleibt es nicht. Findet die Reise statt, treten unterschiedliche Rechtsfolgen ein – je nachdem,
- in welcher Rechtsform der Betrieb geführt wird und
- wer an der Reise teilnimmt – Vermittler oder Mitarbeiter.
Teilnahme an Reise durch Vermittler selbst
Beispiel |
So wirkt sich Incentive-Reise steuerlich aus Vermittler A führt seinen Betrieb als Einzelunternehmen. Die vom Versicherer gewährte Reise hat einen Wert von 2.500 Euro. A tritt die Reise an. Lösung: Zuerst erfasst A eine gewinnerhöhende Betriebseinnahme von 2.500 Euro, im Anschluss infolge des privat veranlassten Reiseantritts eine Entnahme über 2.500 Euro. Im Saldo verbleibt eine Gewinnerhöhung von 2.500 Euro. |
- Einzelunternehmen: Die privat veranlasste Teilnahme des Vermittlers an der Incentive-Reise führt zu einer gewinnneutralen Entnahme (§ 4 Abs. 1 S. 2 EStG). Denn die Incentive-Reise dient allgemein touristischen Interessen (§ 12 Nr. 1 EStG).Gewinnneutrale Entnahme
- Personengesellschaft: Leitet die Personengesellschaft die empfangene Reiseleistung an einen ihrer Gesellschafter weiter, kommt es ebenfalls zu einer gewinnneutralen Entnahme, weil die Reise privaten Interessen dient (BFH, Urteil vom 26.09.1995, Az. VIII R 35/93).
- Kapitalgesellschaft: Leitet die Kapitalgesellschaft die empfangene Reiseleistung an einen ihrer (beherrschenden) Gesellschafter weiter, so ist hierin regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen. Das bedeutet, dass sich das Einkommen der GmbH nicht mindert (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG) und der an der Reise teilnehmende Gesellschafter einen Kapitalertrag zu versteuern hat (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).Gesellschafter muss Kapitalertrag versteuern
Teilnahme an Reise durch Mitarbeiter
Vollkommen anders sehen die Rechtsfolgen aus, wenn der Vermittler nicht selbst die Reise antritt, sondern die Teilnahme einem seiner Mitarbeiter ermöglicht. In diesem Fall wird die zunächst vom Versicherer empfangene Reiseleistung für betriebliche Zwecke verwendet. Die Folge: Es ergeben sich in Höhe des zuvor als Betriebseinnahme erfassten Werts der Reise für den Vermittler Betriebsausgaben. Damit erfolgt auf Ebene des Vermittlers im Saldo keine Besteuerung der Reise, weil sich Betriebseinnahme und Betriebsausgabe der Höhe nach ausgleichen.
Abwandlung |
Vermittler A tritt die Reise nicht selbst an, sondern der bei ihm angestellte Außendienstmitarbeiter B. Lösung: Zuerst erfasst A eine gewinnerhöhende Betriebseinnahme von 2.500 Euro. Im Anschluss wird die Reise für betriebliche Zwecke verwendet, weil sie dem angestellten Vermittler B als Honorierung für dessen Arbeitsleistung zugewandt wird. Damit ergeben sich bei A Betriebsausgaben von 2.500 Euro. Im Saldo tritt keine Gewinnerhöhung für A ein und eine Steuerbelastung entsteht nicht. |
Wichtig | Weil die Reise dem Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis heraus gewährt wird, liegt für ihn steuer- und beitragspflichtiger Arbeitslohn vor (BFH, Urteil vom 09.03.1990, Az. VI R 48/87). Zwar kann die Steuer nach § 37b Abs. 2 EStG durch seinen Arbeitgeber (= Vermittler) mit 30 Prozent zu seinen Lasten pauschaliert werden. Die Beitragspflicht besteht jedoch fort, sodass Sozialabgaben abzuführen sind (§ 14 Abs. 1 SGB IV).
Die Besteuerung kann auch durch den Versicherer erfolgen
Die Besteuerung des Werts der Incentive-Reise durch den Vermittler infolge des Ansatzes einer gewinnerhöhenden Betriebseinnahme ist nicht unumstößlich. Denn § 37b EStG ermöglicht es dem Versicherer als Zuwendenden der Incentive-Reise, die für den Empfänger anfallende Steuerbelastung mit 30 Prozent des Werts zu pauschalieren und die Steuer zu tragen.
Der Vorteil: Der Vermittler muss den Vorteil nicht mehr selbst versteuern, und die Erfassung der gewinnerhöhenden Betriebseinnahme unterbleibt. Andernfalls würde der Wert der Reise doppelt der Besteuerung unterliegen.
Beispiel |
... führt zu gewinnneutraler Einlage Der Versicherer teilt dem Vermittler A mit, dass der Wert der Incentive-Reise bereits vom Versicherer gemäß § 37b EStG pauschal versteuert wurde. Lösung: Vermittler A hat keine gewinnerhöhende Betriebseinnahme zu erfassen. |
Wichtig | Wendet der Vermittler die bereits pauschal besteuerte Reise einem seiner Mitarbeiter zu, muss er die Reise zunächst gewinnneutral in seinen Betrieb einlegen. Im Anschluss erfolgt die betriebliche Verwendung der Reise und dadurch ergibt sich für den Vermittler ein Betriebsausgabenabzug.
Kontrollmechanismus der Finanzverwaltung
Die Praxis zeigt, dass viele Vermittler den Vorteil einer vom Versicherer gewährten Incentive-Reise nicht als Betriebseinnahme erfassen, obwohl der Versicherer keine Pauschalierung der Steuer nach § 37b EStG vorgenommen hat. Die Folge: Der Gewinn des Vermittlers wird zu gering ausgewiesen und daraus resultiert eine zu geringe Steuerfestsetzung.
Deckt diesen Sachverhalt das Finanzamt auf – z. B. im Rahmen einer Betriebsprüfung –, wird regelmäßig nicht nur die unterbliebene Gewinnerhöhung korrigiert, sondern es kann auch zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens kommen. Vor allem dann, wenn dem Finanzamt Unterlagen darüber vorliegen, dass der Versicherer den Vermittler bei Antritt bzw. Gewährung der Reise darauf hingewiesen hat, dass dieser den Vorteil aus der Incentive-Reise als Betriebseinnahme zu erfassen hat.
In der Praxis wird die fehlende Erfassung von Incentive-Reisen als gewinnerhöhende Betriebseinnahme regelmäßig durch Kontrollmitteilungen aufgedeckt. Findet z. B. beim Versicherer eine Betriebsprüfung statt, dann macht dieser die Aufwendungen für die Incentive-Reise als Betriebsausgabe geltend. Daraufhin fordert der Prüfer vom Versicherer die Teilnehmerlisten an (§ 93 und 160 AO). Liegt die entsprechende Liste vor, werden die Wohnsitz-Finanzämter der teilnehmenden Vermittler unterrichtet und darum gebeten, die Erfassung des Vorteils als Betriebseinnahme sicherzustellen.
AUSGABE: VVP 7/2025, S. 11 · ID: 50425113