FeedbackAbschluss-Umfrage

WettbewerbsrechtDas sind die Regeln zur Kündigungshilfe gegenüber (Neu-)Kunden – ein Überblick

Top-BeitragAbo-Inhalt16.05.20256173 Min. Lesedauer

| Versicherungsvertreter und -makler unterstützen (neue) Kunden oft bei der Beendigung bestehender Versicherungsverträge – etwa durch von ihnen vorformulierte Kündigungsschreiben. Sind diese Kündigungsschreiben erlaubt? Vom Grundsatz her ja, so die gängige Rechtsprechung. Beurteilt wird diese Art Kündigungshilfe als zulässige Dienstleistung unter Mitbewerbern. Davon gibt es jedoch Ausnahmen. VVP gibt einen Überblick. |

AdobeStock_1339610050_Topnews.jpg (Bild: © Studio Romantic - stock.adobe.com)
Bild vergrößern
Bild: © Studio Romantic - stock.adobe.com

Rechtliche Grundlagen und Zulässigkeit der Kündigungshilfe

Grundsätzlich ist Kündigungshilfe für Versicherungsvertreter und -makler eine zulässige Dienstleistung. Das sieht auch der BGH so:

  • Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht besteht grundsätzlich kein Anspruch auf den Fortbestand eines einmal begründeten Vertragsverhältnisses. Das Abwerben von Kunden ist zulässiger Teil des Wettbewerbs, auch wenn die Kunden noch an den Mitbewerber gebunden sind (BGH, Urteil vom 05.10.1966, Az. Ib ZR 136/64).
  • Die Kündigungshilfe durch bloße Hinweise auf Notwendigkeit, Frist und Form einer Kündigung ist wettbewerbskonform (BGH, Urteil vom 08.11.2001, Az. I ZR 124/99, Abruf-Nr. 060224).
  • Entsprechendes gilt, wenn einem vertraglich noch anderweitig gebundenen Kunden ein vorbereitetes Kündigungsschreiben zur Verfügung gestellt wird, das nach Einfügung des Kündigungstermins nur noch zu unterschreiben ist. Ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher wird allein durch eine solche Dienstleistung nicht unsachlich zum Abschluss eines Vertrags mit einem Mitbewerber veranlasst (BGH, Urteil vom 07.04.2005, Az. I ZR 140/02, Abruf-Nr. 051501).

Unlauteres Mittel macht Kündigungshilfe wettbewerbswidrig

Setzen Versicherungsvertreter oder -makler unlautere Mittel bei der ansonsten erlaubten Kündigungshilfe ein, ist die Abwerbung von Kunden dagegen wettbewerbswidrig. So ist es unlauter, wenn Mitbewerber nach den allgemeinen Voraussetzungen der §§ 3, 4 Nr. 4 UWG gezielt behindert werden. Und zwar unabhängig davon, ob dies im Zusammenhang mit einer Kündigungshilfe geschieht oder mit einer Kundenabwerbung verbunden ist.

Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn

  • gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder
  • die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können (BGH, Urteil vom 22.06.2011, Az. I ZR 159/10, Abruf-Nr. 113128).

Kontaktverbot im Rahmen der Kündigungshilfe unzulässig

Versicherer versuchen immer wieder, Vermittlern zu verbieten, im Rahmen der Kündigungshilfe von Versicherungsverträgen sich mit einem vorgefertigten Kündigungsformular an Kunden zu wenden. Doch solch umfassende generellen Kontaktverbote sind unzulässig (OLG Dresden, Urteil vom 17.07.2015, Az. 14 U 584/15, Abruf-Nr. 199504, OLG Thüringen, Urteil vom 27.03.2019, Az. 2 U 397/18, Abruf-Nr. 213433, OLG Oldenburg, Urteil vom 29.05.2017, Az. 6 U 208/16, Abruf-Nr. 220039).

Es ist sogar eine systematische Kündigungshilfe – insbesondere zur ordnungsgemäßen Auflösung von Versicherungsverträgen – erlaubt; die Kündigungshilfe dürfen Versicherungsvermittler auch unaufgefordert anbieten. Denn Maßnahmen, die dem Kunden einen Wechsel des Vertragspartners erleichtern, fördern auf zulässige Weise den Wettbewerb (Köhler/Feddersen, UWG, 43. Aufl., München 2025, § 4, Rz. 4.39 und 4.47 – mit weiteren Nachweisen).

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Im Rahmen des zulässigen Abwerbens können Sie Kündigungshilfe leisten: Durch Hinweise auf die Notwendigkeit, Frist und Form einer Kündigung und durch ein vorbereitetes Kündigungsschreiben, das der Kunde nur noch unterschreiben muss, solange Sie die Entscheidungsfreiheit des Kunden wahren, Ihre Beratungspflichten ernst nehmen und die Beratung ordentlich dokumentieren. Die Rechtsprechung sieht hier eine zulässige Dienstleistung, solange keine unlauteren Methoden angewandt werden. Wichtige Spielregeln sind:

Praxistipp | Beachten Sie, dass Sie keine verbotene Rechtsdienstleistung im Zusammenhang mit der Kündigung erbringen dürfen. Erlaubt ist bei der Kündigungshilfe die Übermittlung eines Musterschreibens nach Wunsch des Kunden. Auch die allgemeine Vertragsinformation, wie die Mitteilung von Kündigungsfristen, ist als Nebenleistung erlaubt. Verboten ist es dagegen, weitergehende Ansprüche aus dem Vertrag im Einzelfall zu prüfen, wie z. B. die Wirksamkeit einzelner Vertragsklauseln.

  • Verwendung vorgefertigter Kündigungsschreiben: Sie dürfen vorgefertigte Kündigungsschreiben und Formulare einsetzen, solange der Kunde sie selbst unterzeichnet und sich nicht gedrängt fühlt.
  • Entscheidungsfreiheit wahren: Ihr Kunde muss eigenverantwortlich entscheiden können, ob und welche Verträge er kündigt. Sie dürfen Ihren Kunden in seiner Entscheidungsfreiheit nicht beschränken.
  • Beratungspflicht: Ihre Kündigungshilfe löst immer eine Beratungspflicht aus. Sie müssen daher den Kunden über wesentliche Unterschiede und Risiken zwischen Alt- und Neuvertrag informieren. Das gilt auch bei Kündigungshilfen auf ausdrücklichen Kundenwunsch.
  • Dokumentation: Dokumentieren Sie die Beratung zur Kündigung und die Gründe dafür. Nur so können Sie Haftungsrisiken vermeiden.

AUSGABE: VVP 6/2025, S. 3 · ID: 50421012

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2025

Bildrechte