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VollstreckungspraxisVollstreckungs-Tipps des Monats

Abo-Inhalt27.06.20254 Min. Lesedauer

| Unser Leser, Christian Löwe, Berlin, hatte bei einem seiner Schuldner vermutet, dass dieser Wertgegenstände besaß, sie aber bei einem Dritten versteckt hatte. Dank seiner Hartnäckigkeit hatte unser Leser am Ende Erfolg. |

Vollstreckungs-Tipp des Monats 1: Und es hat „Klick“ gemacht ...

Unser Leser vermutete, dass Schuldner S., der sich als vermögenslos darstellte, noch etwas „in petto“ hatte. S. war früher nämlich als bekannter Fotograf tätig gewesen und seine Sammlung alter Kameras sogar in Fachaufsätzen erwähnt worden, worauf Gläubiger G., selber Fotograf, hingewiesen hatte. Außerdem hatte S. Kurse in Sachen Fotografie gegeben.
Von G. erfuhr unser Leser auch, dass die von S. genutzte Technik aufwendig und anspruchsvoll und nur mit sehr teurem Equipment umzusetzen war. S. hatte aber in der Vermögensauskunft keinerlei Angaben zu einer möglichen Ausrüstung gemacht. Ob es dennoch etwas zu holen gab oder S. noch die o. g. Kurse veranstaltete, ließ sich mit vertretbarem Aufwand nicht ermitteln.
Da kam „Kommissar Zufall“ zuhilfe: Die Nichte des G., Abiturientin mit dem Hobby Fotografie, erzählte diesem, sie habe den Sommerkurs einer kleinen Fotoschule entdeckt und wolle sich dort einschreiben. Der Kurs sei aber recht teuer und sie wisse auch nicht, ob es sich eher um eine Art „Insiderkurs“ für professionelle Fotografen handele. In diesem Fall sei der Kurs nichts für sie.
Sie bat um eine Einschätzung des G. Der staunte nicht schlecht: Auf der Social-Media-Seite der Fotoschule schwärmten Schüler von Bildschärfen und Modellen und nannten auch deren Namen. Dozent S. verfüge nicht nur über fantastisches Fachwissen, sondern besitze sehr seltene Kameras, mit denen er seine Schüler üben ließe – das sei einmalig. Und Dozent S. war niemand anderes als Schuldner S.!
Unser Leser fackelte nicht lange: Er konfrontierte S. mit seinem Wissen und machte klar, dass er die Kameras direkt pfänden könnte. Jetzt machte es bei S. im wahrsten Sinne des Wortes „Klick“, denn die Absage seiner Kurse wollte er nicht riskieren und die Kameras natürlich nicht verlieren. Er gab auch den Lagerort der Kameras bekannt: den Tresor des befreundeten Schmuckhändlers L. S. zahlte ohne Weiteres die gesamte Forderung.

Bei unserem nächsten Fall schrieb uns unsere Leserin, Rechtsanwaltsfachangestellte Mandy Köhler, Nürnberg, zu einem heiklen Thema, bei dem strafrechtliche, steuerrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen aufeinandertreffen. Es ging um einen „ausgebufften“ Schuldner, der ein Gewerbe betreibt und Geld mithilfe der Plattform TikTok und einem Strohmann – wohl unbemerkt – am Fiskus wie auch am Gläubiger vorbei in sein privates Vermögen schleuste.

Vollstreckungs-Tipp des Monats 2: Schuldnertrick mit TikTok

Aus der Sicht unserer Leserin stellte sich der Sachverhalt wie folgt dar: Schuldner S., ein Unternehmer, veranlasste einen Bekannten, den B., auf TikTok live Positives über das Unternehmen des S. zu streamen. Mit ihm schloss er eine Vereinbarung des „Supportens“. Das heißt: S. kaufte auf TikTok über sein Firmenkonto Coins und damit für B. im Livestream „Geschenke“. B. überließ das Geld, das er daraus erhielt, über ein PayPal-Konto dem S. auf dessen PayPal Konto.
S. verknüpfte sogar sein PayPal-Konto mit dem Account des B. und konnte sich das Geld so selbst auf sein eigenes Konto ziehen. Seine o. g. Ausgaben gab S. gegenüber dem Finanzamt als „Marketingkosten“ an.
Um beim Finanzamt wegen regelmäßiger Geldeingänge nicht aufzufallen, ließ S. das Geld einfach auf dem PayPal-Konto ruhen und entnahm immer nur die Beträge, die einkommenssteuerfrei waren. Den Rest beließ er dort. So sollte nur schwer nachvollziehbar sein, dass Geld aus der Firma regelmäßig auf das Konto des S. floss. Unsere Leserin vermutete, dass das Unternehmen des S. so mittelfristig vermögenslos werden und die Geldzuwächse in das Privatvermögen des S. gelangen sollten. Der – geringe – Verlust aufgrund des Gebührenabzugs durch TikTok sollte über die Steuervergünstigung wieder wettgemacht werden, die durch die „Marketingausgaben“ erfolgte.
Auch strafrechtlich meinte S., alles bedacht zu haben. Denn dass die Staatsanwaltschaft an Informationen über sein Vorgehen vom in China ansässigen Unternehmen TikTok gelangt, hielt er für unmöglich. Das wäre auch für die Gläubiger des S. fatal, denn sie gingen leer aus.
Da ein Gläubiger das „Spiel“ des S. jedoch durchschaute, wurde die Angelegenheit nun zur Anzeige gebracht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Oft sind es ungewöhnliche Vollstreckungsmethoden oder sogar Zufälle, die helfen, dem Schuldner auf die Schliche zu kommen und die Vollstreckung erfolgreich zu beenden. Diese Fälle sammeln wir und veröffentlichen sie an dieser Stelle im Leser-Erfahrungsaustausch.

Schildern auch Sie uns Ihren „schönsten Fall“. Wird er veröffentlicht, erhalten Sie ein Einsenderhonorar von 50 EUR. Unsere Anschrift: IWW Institut, Redaktion „Vollstreckung effektiv“, Aspastraße 24, 59394 Nordkirchen, Fax: 02596 922-99, E-Mail: ve@iww.de.

AUSGABE: VE 7/2025, S. 125 · ID: 50433367

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