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PraxisfallAnforderungen bei einem Minderheitenbegehren

Abo-Inhalt01.03.20233235 Min. Lesedauer

| Beantragen Mitglieder beim Registergericht die Einberufung einer Mitgliederversammlung auf Verlangen einer Minderheit, muss der Vorstand zunächst ausreichend Zeit und Gelegenheit erhalten, selbst eine beschlussfähige Versammlung einzuberufen. |

Frage: In unserem Schulträgerverein kam es nach der Kündigung einer Lehrkraft zu erheblichen Streitigkeiten. Eine Mehrheit der Mitglieder will deswegen den Vorstand abberufen und hatte dazu mit der erforderlichen Minderheit beim Vorstand die Einberufung einer Mitgliederversammlung beantragt. Nachdem der Vorstand dem Antrag innerhalb von drei Wochen nicht nachkam, haben wir beim Registergericht den Antrag gestellt, uns zur Einberufung der Versammlung zu ermächtigen. Das Registergericht hat das Begehren zunächst zurückgewiesen mit der Begründung, die dem Vorstand gesetzte Frist sei zu kurz gewesen. Außerdem müssen wir nachweisen, dass wir eine neutrale Person mit der Versammlungsleitung beauftragen. Nun hat der Vorstand zwar eine Versammlung einberufen, aber nur einen Teil der Mitglieder eingeladen. Seiner Behauptung nach habe der Verein nur zwölf Mitglieder. Uns liegt aber eine Liste mit über 40 vor. Wie sollen wir jetzt weiter vorgehen?

Antwort: Zunächst haben sie keine andere Wahl, als den Vorgaben des Registergerichts zu folgen und abzuwarten, ob es eine Nachfrist setzt.

Einladung durch den Vorstand geht vor

Das Registergericht hat sicher Recht damit, dass die dem Vorstand gesetzte Frist zu kurz war. Er muss nicht nur die Ladungsfrist, die die Satzung vorgibt, beachten, sondern auch ausreichend Zeit haben, die Versammlung vorzubereite. Wenn der Vorstand jetzt mit der von Ihnen beantragten Tagesordnung zur Versammlung einlädt, ist er seiner Verpflichtung nachgekommen. Sie müssen zunächst abwarten, ob die Versammlung tatsächlich wegen Formfehlern nicht beschlussfähig ist. Sind tatsächlich Mitglieder nicht eingeladen worden, müssen sie die Beschlüsse der Versammlung mit dieser Begründung anfechten. Die Anfechtung kann ein Mitglied direkt bei der Versammlung zu Protokoll geben oder im Nachgang schriftlich vornehmen. Es genügt dabei, wenn Sie nachweisen, dass mindestens ein Mitglied nicht eingeladen wurde.

Nach dieser Anfechtung der Beschlüsse können Sie das Minderheitenbegehren weiter betreiben. Das Registergericht muss Ihrem Antrag dann aber nicht zwingend stattgeben. Es kann dem Vorstand auch erneut Zeit geben, zu einer beschlussfähigen Versammlung einzuladen.

Neutralität der ermächtigten Mitglieder nicht erforderlich

Eine „Neutralität“ der Mitglieder, die zur Einberufung der Versammlung ermächtigt werden, ist dagegen nicht gefordert. Das wäre auch widersinnig, weil regelmäßig Mitglieder ermächtigt werden und diese grundsätzlich parteiisch sind. Außerdem geht es hier lediglich um die Durchführung der Versammlung und nicht um eine richterliche Unbefangenheit. Die Entscheidung in der Sache liegt ja bei den Mitgliedern.

AUSGABE: VB 3/2023, S. 20 · ID: 49217231

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