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SBStiftungsBrief

BarrierefreiheitsgesetzBarrierefreiheitsstärkungsgesetz: Was Stiftungen mit Blick auf ihre Homepage wissen müssen

Abo-Inhalt03.03.20253833 Min. LesedauerVon Rechtsanwalt Michael Röcken, Bonn

| Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28.06.2025 in Kraft und setzt die Anforderungen der Europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie um. Das BFSG bedeutet für (gemeinnützige) Stiftungen eine erhebliche Erweiterung der Pflichten im Bereich der digitalen Barrierefreiheit, insbesondere für die Stiftungshomepage. SB zeigt, welche Anforderungen hier zu erfüllen sind. |

Dieses Ziel verfolgt das Barrierefreiheitsgesetz

Das BFSG hat das Ziel, die Barrierefreiheit in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens zu fördern, damit Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität gleichberechtigt teilhaben können. Wichtigster Punkt ist somit aus Stiftungssicht die barrierefreie digitale Kommunikation. Webseiten und mobile Anwendungen müssen barrierefrei sein, um für alle, auch für Menschen mit Behinderungen, zugänglich zu sein. Aber auch bestimmte „Produkte“, die durch Stiftungen genutzt werden, sind hier erfasst.

Diese „Produkte“ in der Stiftung sind betroffen

Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 2 BFSG einen abschließenden Katalog von Produkten aufgenommen, die ab dem 28.06.2025 barrierefrei gestaltet sein müssen. Im Stiftungsbereich kommen insbesondere Zahlungs- und Selbstbedienungsterminals in Betracht.

Beispiel

Die Museumsstiftung unterhält ein Museum. Die Besucher können ihre Eintrittskarte an einem Terminal lösen und können dann das Museum betreten.

Verordnung über Barrierefreiheitsanforderungen zusätzlich zu beachten

Hier müssen Stiftungen nicht nur die gesetzlichen Vorgaben beachten, sondern auch eine bereits erlassene Verordnung, die Verordnung über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen nach dem Barrierefreiheitsgesetz (BFSGV). Nach § 7 BFSGV müssen diese Produkte

  • mit einer Sprachausgabe ausgestattet sein und
  • die Benutzung von Einzel-Kopfhörern ermöglichen.

Weiter muss das Gerät, soweit es mit Tasten und Bedienelementen ausgestattet ist, einen ausreichenden Kontrast bieten und mit taktiler Erkennbarkeit ausgestattet sein. Werden Audiosignale verwendet, müssen diese für Hörgeschädigte geeignet sein.

Wichtig | Die Geräte müssen entsprechende Informationen über diese Funktionen bereithalten. Stiftungen prüfen daher am besten schon jetzt, ob die genutzten Geräte diese Anforderungen erfüllen.

Bei Selbstbedienungsterminals gibt es eine Übergangsfrist

Nach der Übergangsbestimmung in § 37 BFSG dürfen Selbstbedienungsterminals, die vor dem 28.06.2025 rechtmäßig zur Erbringung von Dienstleistungen eingesetzt wurden und den Anforderungen nicht genügen, bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer, aber nicht länger als zehn Jahre nach ihrer Ingebrauchnahme, weiter eingesetzt werden.

Beispiel

Die Museumsstiftung hat erst im Jahr 2022 ein neues Terminal im Eingangsbereich installiert; die Bedienung entspricht nicht den Vorgaben des BFSG. Folge: Das Gerät müsste spätestens im Jahr 2032 ausgetauscht werden.

Muss das Gerät schon vorher (z. B. wegen eines Defekts) ausgetauscht werden, muss bei der Neuanschaffung auf die Barrierefreiheit geachtet werden.

Diese „Dienstleistungen“ in der Stiftung sind betroffen

Der Bereich von Dienstleistungen (= Telekommunikationsdienste) wird einen Großteil der Stiftungen betreffen. Vom BFSG erfasst sind Stiftungen, die Produkte und Dienstleistungen über ihre Homepage anbieten.

Beispiele

  • Eine Kultur-Stiftung bietet Veranstaltungen (Konzerte, Lesungen etc.) an. Diese können über die Homepage der Stiftung oder eine App gebucht werden.
  • Eine Museumstiftung bietet über die Homepage Artikel zum Verkauf an.

Wichtig | Der bloße Betrieb der Homepage fällt nicht in den Anwendungsbereich des BFSG; es muss zusätzlich eine Dienstleistung angeboten werden.

Welche Standards sind hier zu berücksichtigen?

Der Gesetzgeber unterstellt in § 4 BFSG, dass bei Produkten und Dienstleistungen, die harmonisierten Normen oder Teilen davon entsprechen, deren Fundstellen im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden sind, vermutet wird, dass sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Folgende Normen sind derzeit zu beachten:

Normen

CENELEC

für elektrotechnische Normen

ETSI

für Telekommunikationsnormen

CEN

für alle anderen Sektornormen

Wichtig | Hinsichtlich der digitalen Barrierefreiheit wird auf die EN 301 549 verwiesen. Die Bundesfachstelle verweist zusätzlich darauf, dass auf der Seite https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de sukzessive weitere Standards veröffentlicht werden. Stiftungen sollten diese Seite immer wieder auf entsprechende Aktualisierungen beobachten.

Welche Stiftungen sind betroffen?

Grundsätzlich sind alle Organisationen betroffen, die digitale Produkte und Dienstleistungen anbieten. Ausnahme: Die Anforderungen des Gesetzes gelten nicht für „Kleinstunternehmen“, die Dienstleistungen anbieten (§ 3 Abs. 3 BFSG). Als „Kleinstunternehmen“ (§ 2 Nr. 17 BFSG) gilt, wer

  • weniger als zehn Personen beschäftigt und
  • entweder einen Jahresumsatz von höchstens zwei Mio. Euro erzielt oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens zwei Mio. Euro aufweist.

Hier wird auf ein Beschäftigungsverhältnis abgestellt. Ergo werden ehrenamtliche Helfer nicht berücksichtigt, da sie in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen. Auch wenn ein Großteil der Stiftungen von den Anforderungen ausgenommen sein dürfte, sollten sie dieses Thema nicht völlig vernachlässigen. Denn es ist gut möglich, dass der Gesetzgeber nach einer bestimmten Dauer auch „Kleinstunternehmen“ erfasst. Drauf hat das BMAS in seinen „Leitlinien“ (mehr dazu unten) zum BFSG selber hingewiesen.

Wer ahndet Verstöße gegen das BFSG?

Die Bundesländer werden „Marktüberwachungsbehörden“ einrichten, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben überwachen sollen. Aber auch Verbraucher können Verstöße melden (§ 32 Abs. 1 BFSG). Stiftungen müssen also einkalkulieren, dass z. B. unzufriedene Kunden ein entsprechendes Verfahren einleiten könnten.

Verstöße gegen die Vorgaben des BFSG werden als Ordnungswidrigkeit (§ 37 BFSG) verfolgt. Sie können mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden.

Praxistipp | Das BMAS hat zum BFSG „Leitlinien“ verfasst, die als Wegweiser durch das BFSG dienen sollen. Sie sind bei der Bundesfachstelle Barrierefreiheit abrufbar (https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de). Die Bundesfachstelle bietet ferner Kleinstunternehmen kostenlose Beratungen an (§ 15 BFSG). Stiftungen sollten das Angebot nutzen und sich informieren. Die meisten Stiftungen dürften von der Anwendung des BFSG zwar nicht betroffen sein, wenn sie nur „Dienstleistungen“ anbieten. Wenn die Stiftung jedoch „Produkte“ vorhält bzw. nutzt, unterliegt sie dem BFSG.

Weiterführender Hinweis
  • „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze“ vom 16.07.2021 → Abruf-Nr. 246785

AUSGABE: SB 5/2025, S. 98 · ID: 50335813

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