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EnergiepreispauschaleDie Energiepreispauschale bei Stiftungen: BMF erweitert Adressatenkreis
| Die jüngst verabschiedete Energiepreispauschale (EPP) von 300 Euro sorgt bei Arbeitgebern für Wirbel. Das BMF hat mit den obersten Finanzbehörden der Länder FAQ zur EPP abgestimmt und klärt darin eine Reihe von Einzelfragen. So ist u. a. nunmehr der Kreis der Begünstigen bei Stiftungen größer, als zunächst anhand des Gesetzeswortlauts anzunehmen war. SB bringt Sie auf den Stand. |
Inhaltsverzeichnis
- Wer erhält die Energiepreispauschale
- Auszahlung der EPP an Arbeitnehmer
- EPP über Lohnsteueranmeldung zurückholen
- Steuerliche Behandlung bei der Stifung als Arbeitgeberin
- Stiftung mit ausschließlich Ehrenamtlern
- Zu Unrecht ausgezahlte EPP
- Zu Unrecht nicht vorgenommene Auszahlung der EPP
- Der zusammenfassende Überblick
Wer erhält die Energiepreispauschale
Am 01.09.22 hat jede Stiftung, die als Arbeitgeberin zur Abgabe von Lohnsteueranmeldungen verpflichtet ist, zu prüfen, für welche Arbeitnehmer sie die EPP in Höhe von 300 Euro auszahlen muss (§ 117 Abs. 1 EStG). Anspruchberechtigt sind nach dem BMF alle bei ihr am 01.09.2022 beschäftigten unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer, die
- 1. bei ihr in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen und
- 2. bei ihr in eine der Steuerklassen I bis V (nicht VI) eingereiht sind.
Entscheidend für die Auszahlung durch die Stiftung sind exakt die Arbeitnehmer und Steuerklassen, die am 01.09.2022 vorhanden sind (Stichtagsbetrachtung).
Anspruch auf die EPP haben gemäß § 113 EStG zunächst alle unbeschränkt steuerpflichtigen Personen i. S. v. § 1 Abs. 1 EStG. Personen- und Kapitalgesellschaften profitieren nicht; dafür aber Steuerzahler mit Einkünften aus
- Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG),
- Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
- selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) und
- nichtselbstständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG)
Gesetzlich geregelt ist, dass der Anspruch auf die EPP am 01.09.2022 entsteht. Es kommt aber nicht darauf an, dass das Beschäftigungsverhältnis am 01.09. noch oder schon besteht. Der 01.09.2022 ist also kein Stichtag für die Anspruchsvoraussetzung. Anspruch auf die Zahlung hat jede Person, die irgendwann im Jahr 2022 eine der obigen Einkunftsarten erzielt hat. Allerdings hängt von diesem Stichtag ab, wer die EPP auszahlt. Nur wenn zum 01.09.2022 ein Beschäftigungsverhältnis zur Stiftung besteht, ist die Stiftung als Arbeitgeberin für die Auszahlung zuständig. Andernfalls kann der Steuerpflichtige die EPP im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung beantragen und bekommt sie direkt vom Finanzamt ausgezahlt.
Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer
Den Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer hat das BMF in den FAQ vom 17.06.2022 in II. 2. konkretisiert (Abruf-Nr. 229830). Für Stiftungen relevant sind folgende Gruppen:
Vertragsmuster / Bestätigung des ersten Dienstverhältnisses |
„Hiermit bestätige ich … (Arbeitnehmer), dass mein am 01.09.2022 bestehendes Dienstverhältnis mit … (Arbeitgeber) mein erstes Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) ist. Mir ist bekannt, dass bei einer unrichtigen Angabe der Tatbestand einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit vorliegen kann. Wichtig | Die Energiepreispauschale steht jeder anspruchsberechtigten Person nur einmal zu, auch wenn im Jahr 2022 mehrere Tätigkeiten ausübt werden. In den Fällen einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) darf der Arbeitgeber die Energiepreispauschale nur dann an den Arbeitnehmer auszahlen, wenn es sich bei der Beschäftigung um das erste Dienstverhältnis (Haupt-Dienstverhältnis) handelt. Dadurch soll verhindert werden, dass die Energiepreispauschale an einen Arbeitnehmer mehrfach ausgezahlt wird. |
- Arbeiter, Angestellte, AuszubildendeFür Stiftung relevante Arbeitnehmer
- Arbeitnehmer der Stiftung in der passiven Phase der Altersteilzeit
- Personen, die ein Wertguthaben bei der DRV Bund ansparen
- Freiwillige i. S. v. § 2 Bundesfreiwilligendienstgesetz (BFDG) und Freiwillige i. S. v. § 2 Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG)
- Arbeitnehmer, die steuerpflichtige oder steuerfreie Zuschüsse der Stiftung als Arbeitgeberin erhalten (z. B. nach § 20 MuSchG)
- Im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Grenzpendler und Grenzgänger
- Werkstudenten und Studenten im entgeltlichen Praktikum
- Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen tätig sind
- Arbeitnehmer mit einem aktiven Dienstverhältnis zur Stiftung, die dem Progressionsvorbehalt unterliegende Lohnersatzleistungen beziehen (z. B. Kranken-, Mutterschafts-, Elterngeld). Bei Arbeitnehmern in Elternzeit muss der Arbeitnehmer der Stiftung als Arbeitgeberin nachweisen, dass er im Jahr 2022 – zumindest zeitweise – Elterngeld bezieht (Vorlage des Elterngeldbescheids). Ohne diesen darf die Stiftung die EPP Arbeitnehmern in Elternzeit nicht auszahlen. Ruht die Beschäftigung im Jahr 2022 folglich aufgrund der Kindererziehung, ohne dass Elterngeld bezogen wird, besteht kein Anspruch auf Auszahlung der EPP durch die Stiftung.
- Kurzfristig und geringfügig Beschäftigte („Minijobber“). Bei geringfügig Beschäftigten („Minijobber“) ist allerdings Voraussetzung, dass der Minijobber der Stiftung schriftlich bestätigt, dass es sich bei dem Minijob um sein erstes Dienstverhältnis handelt. Dabei können Minijobber, die auch ein Hauptarbeitsverhältnis haben, nicht wählen, von welchem Arbeitgeber sie die EPP erhalten. Sie erhalten die EPP immer vom Arbeitgeber des am 01.09.2022 geltenden Hauptarbeitsverhältnisses. Nach Ansicht des BMF in VI. 8. kann die Bestätigung wie folgt ausformuliert sein:Bestätigung des ersten Dienstverhältnisses erforderlich
- Personen, die ausschließlich steuerfreien Arbeitslohn beziehen (z. B. ehrenamtlich tätige Übungsleiter oder Betreuer).
Empfänger von Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld I und II oder Sozialhilfe erhalten die EPP, wenn die Stiftung die Ehrenamts- oder Übungsleiterpauschale zahlt. Das BMF stellt in den FAQ XI klar, dass der Ehrenamts- und Übungsleiterfreibetrag bei einkommensabhängigen Sozialleistungen wie z. B. ALG anrechnungsfrei sind. Das gilt auch für die EPP, weil sie ebenfalls eine staatliche Sozialleistung darstellt.
Honorarkräfte
Freie Mitarbeiter (Honorarkräften) der Stiftung erzielen keine Einkünfte aus § 19 EStG, weil kein Beschäftigungsverhältnis mit der Stiftung besteht. Hier wird daher die Pauschale mit den Einkommensteuervorauszahlungen verrechnet. Dazu müssen lediglich im Jahr 2022 entsprechende Einkünfte vorliegen.
Auszahlung der EPP an Arbeitnehmer
Die Stiftung als Arbeitgeberin muss die EPP auszahlen. Dies hat gemäß § 117 Abs. 2 S. 1 EStG im September 2022 zu erfolgen. Maßgebend für die Auszahlung an den Arbeitnehmer ist also die Lohnabrechnung, die im September 2022 erstellt wird (egal, ob am Anfang oder Ende des Monats).
Wichtig | Meldet die Stiftung die Lohnsteuer lediglich quartalsweise an, darf sie die Auszahlung auch erst im Oktober 2022 vornehmen. Meldet sie die Lohnsteuer nur jährlich an, darf sie auf die Auszahlung insgesamt verzichten (§ 117 Abs. 3 EStG). Ihre Arbeitnehmer erhalten die EPP dann über die Abgabe der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2022.
Bei der Auszahlung muss die Stiftung beachten, dass die Pauschale kraft gesetzlicher Fiktion (§ 119 Abs. 1 S. 1 EStG) bei Arbeitnehmern steuerpflichtigen Arbeitslohn i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt. Sie hat die 300 Euro in der Lohnabrechnung daher als sonstigen Bezug auszuweisen und Lohnsteuer einzubehalten. Sozialabgaben fallen nicht an, da es sich um kein Arbeitsentgelt handelt. Deshalb bleiben die 300 Euro auch für die Vorsorgepauschale nach § 39b Abs. 2 S. 5 Nr. 3 Buchst. a) bis c) EStG unberücksichtigt. Gleichermaßen handelt es sich bei der EPP um keine für Riester oder die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes maßgebende beitragspflichtige Einnahme.
Bei pauschal besteuerten Minijobbern unterliegt die EPP gemäß § 119 Abs. 1 S. 2 EStG nicht der Besteuerung. Sie erhalten die Pauschale „brutto wie netto“. Die Pauschale wird auch nicht auf die 450-Euro-Grenze angerechnet.
Hat die Stiftung die EPP ausgezahlt, muss sie in der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitnehmers den Großbuchstaben „E“ angeben (Ausnahme: Minijobber).
EPP über Lohnsteueranmeldung zurückholen
Die Stiftung als Arbeitgeberin holt sich die EPP über die Lohnsteueranmeldung vom Finanzamt zurück. Sie mindert dazu die eigentlich an das Finanzamt abzuführende Lohnsteuer um die von ihr an alle ihre Arbeitnehmer ausgezahlte EPP (quasi als „Vorsteuer“ – in der Lohnsteuervoranmeldung August 2022 existiert eine eigenständige Kennzahl); und zwar bei
- monatlichem Anmeldungszeitraum mit der Anmeldung August,
- bei vierteljährlichem Anmeldungszeitraum mit der Anmeldung III/2022 und
- bei jährlichem Anmeldungszeitraum mit der Anmeldung für 2022.
Sollte die Minderung die eigentlich von der Stiftung zu zahlende Lohnsteuer übersteigen, erhält die Stiftung vom Finanzamt eine entsprechende Gutschrift.
Beispiel |
Stiftung A (Monatszahler) hat für August 2022 (fällig am 10.09.2022) eine Lohnsteuer von 5.000 Euro angemeldet. Im September 2022 zahlt sie ihren fünf Arbeitnehmern eine EPP von jeweils 300 Euro brutto (Summe 1.500 Euro) aus. Die Lohnsteuer für September 2022 beträgt 7.000 Euro (inkl. Lohnsteuer auf die ausgezahlte EPP i. H. v. 1.500 Euro). |
Lösung: A entnimmt die von ihr ausgezahlte EPP i. H. v. 1.500 Euro der Lohnsteuer für August 2022. A meldet daher zum 10.09.2022 die 5.000 Euro Lohnsteuer an und zieht die 1.500 Euro ausgezahlte EPP ab (einzutragen in einer extra Kennzahl). An das Finanzamt zahlt sie die Differenz von 3.500 Euro. Für September 2022 meldet sie die Lohnsteuer von 7.000 an. |
Steuerliche Behandlung bei der Stifung als Arbeitgeberin
Die Auszahlung der EPP ist bei der Stiftung als Arbeitgeberin eine Betriebsausgabe, die Refinanzierung über die Lohnsteuer-Anmeldung eine Betriebseinnahme. Im Ergebnis sind die Zahlungsvorgänge zur EPP – mit Ausnahme des administrativen Aufwands – also ohne Folgen für den steuerlichen Gewinn.
Stiftung mit ausschließlich Ehrenamtlern
Zahlt eine Stiftung ausschließlich Vergütungen im Rahmen von Ehrenamts- und Übungsleiterpauschale – was der Ausnahmefall sein dürfte, führt sie keine Lohnsteuer ab. Die Ehrenamtler müssen dann, um die EPP zu erhalten, für 2022 eine Einkommensteuererklärung abgeben – selbst dann, wenn sie keine anderen steuerpflichtigen Einkünfte haben.
Praxistipp | Stiftungen weisen in einem solchen Fall ihre Ehrenamtler auf dieses Verfahren hin. |
Zu Unrecht ausgezahlte EPP
Stellt sich für die Stiftung später heraus, dass sie einem Arbeitnehmer die EPP zu Unrecht ausgezahlt hat (z. B. weil der Arbeitnehmer erst ab dem 15.09.2022 beschäftigt wird oder rückwirkend die Steuerklasse in Steuerklasse VI geändert wurde), hat sie
- 1. die EPP vom Arbeitnehmer zurückzufordern,
- 2. die Lohnsteueranmeldung für den Auszahlungsmonat zu korrigieren (Rückforderung der zu Unrecht einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuer auf die zu Unrecht ausgezahlte EPP) und
- 3. die Lohnsteueranmeldung für den Refinanzierungsmonat (i. d. R. August 2022) zu korrigieren (Verminderung der auf die Lohnsteuer anzurechnenden EPP um 300 Euro).
Zu Unrecht nicht vorgenommene Auszahlung der EPP
Stellt sich hingegen für die Stiftung heraus, dass sie einem Arbeitnehmer die EPP zu Unrecht nicht ausgezahlt hat, hat die Stiftung
- 1. die Auszahlung spätestens bis zur Übermittlung der Lohnsteuerbescheinigung für 2022 vorzunehmen und
- 2. sich die dann ausgezahlte EPP über eine Korrektur der Lohnsteueranmeldung für den Refinanzierungszeitraum (regelmäßig August 2022) vom Finanzamt zurückzuholen.
Wichtig | Wurde die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt, darf die Stiftung die EPP nicht mehr auszahlen. Der Arbeitnehmer erhält die EPP mit Steuerfestsetzung für 2022 (Abgabe einer Einkommensteuererklärung erforderlich).
Der zusammenfassende Überblick
Die nachfolgende Übersicht fasst die Spielregeln nochmals zusammen.
Übersicht / Diese Personen profitieren in der Stiftung von der EPP |
Diese Personen in der Stiftung haben (unberücksichtigt von Nebeneinkünfte unter anderem Anspruch auf die EPP. |
AUSGABE: SB 7/2022, S. 123 · ID: 48403925