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StiftungsvorstandDienstvertrag mit dem Vorstand der Stiftung: Hierauf ist bei der Vertragsgestaltung zu achten
| Ein rein ehrenamtliches Engagement ist bei vielen Stiftungen gar nicht mehr vorstellbar, weil eine zu große Verantwortung an dem Amt des Stiftungsvorstands hängt. Häufig verhält es sich jedoch so, dass Stiftungen Zahlungen leisten, ohne die rechtlichen Grundlagen zu beachten, was im schlimmsten Fall die Aberkennung der Steuerbegünstigung nach sich ziehen kann. Der folgende Beitrag erläutert, welche Satzungsregelungen erforderlich sind und worauf es bei der Gestaltung des Dienstvertrags mit dem Vorstand der Stiftung ankommt. |
Satzungsregelungen im Hinblick auf Vorstand der Stiftung
Nach § 84 BGB neuer Fassung (n. F.) muss die Stiftung einen Vorstand haben. Der Vorstand führt die Geschäfte der Stiftung. Das aktuelle Stiftungsrecht verweist über § 86 BGB auf § 26 BGB.
Satzungsregelung zur Vergütung des Vorstands
Durch den Verweis in § 86 BGB auf § 27 Abs. 3 S. 2 BGB ist der Stiftungsvorstand unentgeltlich tätig. Durch die Stiftungsrechtsreform wird der Grundsatz der Unentgeltlichkeit in § 84a Abs. 1 S. 2 BGB n. F. geregelt.
Sowohl nach dem alten (§ 40 BGB) als auch nach dem neuen Stiftungsrecht (§ 84a Abs. 1 S. 3 BGB n. F.) kann aber durch die Satzung bestimmt werden, dass die Mitglieder des Vorstands eine Vergütung erhalten können, die keine bloße Aufwandsentschädigung ist. Allein eine Regelung zur Vergütung im Dienstvertrag des Vorstands reicht nicht.
Die Satzungsregelung zur Vergütung des Vorstands muss klar und verständlich sein (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2019, Az. 6 B 57/19, Abruf-Nr. 229044).
Satzungsregelung für weitere Organe
Auch weitere Organe können durch Satzung bestimmt werden, z. B. Stiftungsrat bzw. Kuratorium. Ein weiteres Organ ist bei Stiftungen sinnvoll. Zum einen schafft man so ein Kontrollorgan für den Stiftungsvorstand. Zum anderen kann das Organ für die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern sowie den Abschluss und die Beendigung des Dienstvertrags mit dem Vorstand zuständig sein. So lassen sich Interessenkonflikte vermeiden, und das Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB wird umschifft.
Wichtig | Da es diesbezüglich keine Vorgaben gibt, ist der Stifter frei in seiner Entscheidung, wie er zusätzliche Organe bezeichnet und welche Kompetenzen er diesen zuweist. Nachfolgend finden Sie Satzungsregelungen
Musterformulierung / Satzungsregelung Vergütung des Vorstands |
Vergütung des Vorstands und Zuständigkeit regeln § … Stiftungsvorstand
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Musterformulierung / Satzungsregelung für ein Kuratorium |
§ … Kuratorium
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- zur Vergütung des Vorstands sowie
- zur Schaffung eines Kuratoriums.
Gestaltung des Dienstvertrags für Vorstand einer Stiftung
Soweit die Vorstandsmitglieder entgeltlich tätig werden sollen, um der Stiftung ihre gesamte Arbeitskraft widmen zu können, bedarf es neben der Bestellung zum Vorstand eines Anstellungsvertrags. Beim Anstellungsvertrag der Vorstände einer Stiftung handelt es sich um einen Dienstvertrag (§ 611 BGB) und nicht etwa um einen Arbeitsvertrag (§ 622 BGB), wenn der Vorstand nach beiderseitigem Willen vergütet werden soll und die Vergütung über eine bloße Aufwandsentschädigung hinausgeht (OLG Hamm, Teilurteil vom 08.05.2017, Az. I-8 U 86/16, Abruf-Nr. 229042).
Wichtig | Die Bezeichnung als „Arbeitsvertrag“ ist unschädlich, wenn sich aus den Regelungen dienstvertragliche Verpflichtungen ergeben (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.04.2021, Az. 11 U 123/20, Abruf-Nr. 229043).
Nachfolgend finden Sie eine Musterformulierung mit den wesentlichen Punkten für einen Dienstvertrag, die mit einem Rechtsanwalt abgestimmt und an die Bedürfnisse der Stiftung angepasst werden sollten. Im Anschluss an die Musterformulierung finden Sie Erläuterungen.
Musterformulierung / Dienstvertrag mit dem Vorsitzenden einer Stiftung |
Dienstvertrag zwischen der ...-Stiftung, vertreten durch den Vorsitzenden des Kuratoriums ... (Name, Anschrift) – nachfolgend: Stiftung – und Herrn ... (Name des Vorsitzenden der Stiftung, Anschrift) – nachfolgend: Vorsitzender – |
§ 1 Bestellung zum Vorstand
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§ 2 Aufgabenbereich
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§ 3 Vergütung
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§ 4 Urlaub
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§ 5 Krankheit Wird der Vorstand durch Dienstunfähigkeit in Folge Krankheit an der Leistung seiner Dienste verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch die Stiftung für die Zeit der Dienstunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. |
§ 6 Entlastung
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§ 7 DO-Versicherung
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§ 8 Geltungsdauer
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§ 9 Schlussbestimmungen
Ort, Datum ... ... ... Unterschrift Vorsitzender des Kuratoriums Unterschrift Vorsitzender der Stiftung |
Erläuterungen
Im Rubrum des Dienstvertrags ist aufzunehmen, mit wem die Stiftung den Dienstvertrag schließt (hier: mit dem Vorsitzenden der Stiftung) und wer die Stiftung in diesem Fall vertritt (hier: Vorsitzender des Kuratoriums).
§ 1: Bestellung zum Vorstand
Das Organ- und das Anstellungsverhältnis sind nach dem Trennungsgrundsatz in ihrem Bestand voneinander unabhängig (BGH, Urteil vom 11.10.2010, Az. II ZR 266/08, Abruf-Nr. 110023; OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.04.2021, Az. 11 U 123/20, Abruf-Nr. 229043). Die Begründung des Organverhältnisses als Vorstand beurteilt sich nach der Satzung der Stiftung. Auf die Bestellung zum Vorstand nimmt der Dienstvertrag Bezug (hier in § 1 Nr. 1).
Im Dienstvertrag ist in § 1 Nr. 2 eine Probezeit bestimmt. Das ist zulässig, auch wenn – wie hier in § 8 Nr. 1 – der Dienstvertrag befristet wird (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.04.2021, Az. 11 U 123/20, Abruf-Nr. 229043).
§ 2: Aufgabenbereich und Vertretung der Stiftung
Der Vorstand ist für die Geschäftsführung der Stiftung zuständig. Sein Aufgabenbereich ist ihm durch die Satzung zugewiesen. Dies wird in den Dienstvertrag übernommen (§ 2 Nr. 1). Zusätzlich kann der Dienstvertrag weitere Pflichten des Stiftungsvorstands enthalten, wie Geheimhaltungspflichten.
Die Stiftung wird durch den Vorstand gerichtlich und außergerichtlich vertreten (§§ 86, 26 BGB; § 84 BGB n. F.). Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, so wird die Stiftung durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder vertreten (§§ 86, 26 Abs. 2 BGB; § 84 Abs. 2 BGB n. F.); eine andere Satzungsregelung ist möglich. Die Vertretungsberechtigung ist in der Satzung geregelt und wird hier klarstellend im Dienstvertrag aufgenommen (hier in § 2 Nr. 4).
§ 3: Vergütung
Die Stiftung sollte die Brutto-Jahresvergütung nennen. In punkto Höhe gilt: Die Vergütung muss angemessen sein. Sonst liegen Mittelfehlverwendungen vor, die zum Entzug der Gemeinnützigkeit führen können. Nach der Rechtsprechung des BFH sind bei der Prüfung der Angemessenheit auch sonstige Vergütungsbestandteile, also die „Gesamtausstattung“, zu berücksichtigen. Es können auch weitere Nebenleistungen, z. B. ein Dienstwagen, Handy etc. berücksichtigt werden (BFH, Urteil vom 12.03.2020, Az. V R 5/17, Abruf-Nr. 217488).
Wichtig | Die Vergütung des Vorstands einer Stiftung ist sozialversicherungspflichtig und nicht beitragsfrei, so die aktuelle Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 23.02.2021, Az. B 12 R 15/19 R, Abruf-Nr. 220830; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.01.2022, Az. L 1 BA 28/19, Abruf-Nr. 228969).
§ 4: Urlaub
Das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gilt nur für Arbeitnehmer. Gleichwohl wird auch Organmitgliedern ein Urlaubsanspruch zuerkannt, sodass dies auch im Dienstvertrag aufzunehmen ist. Als Orientierung dient der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen (bei Fünf-Tage-Woche), in der Praxis bewegt man sich bei 25 bis 30 Tagen. Im Dienstvertrag können zudem weitere Freistellungsansprüche, z. B. Sonderurlaub, geregelt werden.
§ 5: Krankheit
Der Stiftungsvorstand kann erkranken und seinen Pflichten nicht nachkommen. Weil auch das Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) nicht für Organmitglieder gilt (§ 1 EFZG), ist auch hier eine Regelung im Dienstvertrag erforderlich. Im Hinblick auf das Selbstlosigkeitsgebot sollte im Dienstvertrag analog § 3 Abs. 1 EFZG bestimmt werden, dass der Anspruch sechs Wochen umfasst.
§ 6: Entlastung
Der Stiftungsvorstand kann durch ein Kontrollorgan, hier das Kuratorium, entlastet werden, wenn die Satzung dies vorsieht (OLG Oldenburg, Urteil vom 08.11.2013, Az. 6 U 50/13, Abruf-Nr. 140288; offengelassen: BGH, Urteil vom 20.11.214, Az. III ZR 509/13, Abruf-Nr. 173593). Der Anspruch auf Entlastung kann auch in den Dienstvertrag aufgenommen werden.
§ 7: D&O Versicherung
Der Vorstand kann Fehler machen. Einen Schutz kann er durch eine Directors&Officers (D&O)-Versicherung erlangen. Die Stiftung kann sich zum Abschluss einer solchen Versicherung im Dienstvertrag verpflichten.
§ 8: Geltungsdauer
Der Dienstvertrag muss spiegelbildlich die Satzungsregelung wiedergeben, weil Dienst- und Organverhältnis nach den jeweiligen dafür geltenden Vorschriften beendet werden müssen. Da auch das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) nur für die Befristung von Arbeitsverhältnissen (§ 1 TzBfG) gilt, sind die dortigen Beschränkungen bei einem Organverhältnis nicht zu beachten. Damit kann und sollte der Dienstvertrag befristet werden. Gleichzeitig sollte die Kündigungsmöglichkeit vorgesehen werden.
Wichtig | Soll der Dienstvertrag eine Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung vorsehen, sollte dies mit dem Finanzamt abgestimmt werden. Denn dies könnte als Verstoß gegen den Selbstlosigkeitsgrundsatz (§ 55 Abs. 1 Nr. 3, 1. Alt. AO) gesehen werden.
- Dienstvertrag mit Vorsitzenden der Stiftung samt Satzungsregelungen auch zum Download auf sb.iww.de → Abruf-Nr. 48330419
AUSGABE: SB 6/2022, S. 108 · ID: 48294780